IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2004, Seite 10 ff.


BRANCHE AKTUELL


Am Endverbraucher orientieren

VDS-Mitgliederversammlung: Rückbesinnung auf "gemeinsame Werte"

Das eigene und branchenbezogene Selbstverständnis, Schwerpunkte der aktuellen und künftigen Verbandsarbeit, die konjunkturelle Entwicklung auf den drei Vertriebsstufen sowie nicht zuletzt die Neupositionierung der Großhandelsausstellungen - dieses Themen-Quartett prägte die Mitte Oktober 2004 in Hamburg durchgeführte Mitgliederversammlung der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS). Der Appell, die Branche gerade aus Endverbrauchersicht für die Zukunft fit zu machen und dabei die Dachorganisation von Industrie, Großhandel und Handwerk als gemeinsame Plattform und Koordinator zu nutzen, zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung.

Fritz-Wilhelm Pahl erinnerte in seinem Grundsatzstatement u.a. daran, dass die weltweite Globalisierung weder an den Grenzen Deutschlands noch an denen der Sanitärwirtschaft und der in ihr tätigen Unternehmen halt mache. Deshalb benötigt, forderte der VDS-Vorsitzende, die Branche "sehr schnell eine Rückbesinnung auf die Werte, die uns zum Sanitär-Weltmeister werden ließen". Außerdem gelte es zu klären, wie die Vertriebspartner mit Blick auf die deutlich verschärften Wettbewerbsbedingungen künftig miteinander umgehen wollten. Zu den wichtigsten Aufgaben des paritätisch besetzten VDS-Vorstandes gehöre es, die Gesamtinteressen der Branche zu formulieren. Es spreche für die Streitkultur und die Diskussionsqualität, dass es unter der Moderation des Vorsitzenden bisher immer gelungen sei, die Verbandsmeinung am Ende einvernehmlich und einstimmig zu artikulieren. In der täglichen Praxis gehe diese Einigkeit jedoch manchmal verloren. Insofern gibt es, räumte Pahl ein, Handlungsbedarf. Auch deshalb rief er die zehn Mitgliedsverbände und ihre Repräsentanten dazu auf, sich aktiv in die VDS einzubringen.

Gelobte Vielfalt

Auch 2004 bildet(e) die systematische Öffentlichkeitsarbeit das Herzstück der VDS-Aktivitäten, berichtete Geschäftsführer Jens J. Wischmann. Er wies das exemplarisch an konkreten Beispielen nach. Dazu zählten die Verbraucher- und Beratungsbroschüre "Rein & Fein", eine regelmäßige Endverbraucher-PR mit breit gestreuten Aussendungen, diverse exklusive Medienkooperationen im Print- und TV-Sektor, Durchführung und Vermarktung von Forsa-Umfragen, die publikumspresseorientierte Kooperation mit der Bad-Botschafterin Sandra Völker, Pressekonferenzen und weitere Aktionen. Per Ende September 2004 habe dies zu insgesamt 900 Presseveröffentlichungen mit einer Auflage von knapp 50 Mio. Exemplaren geführt.

Für die fröhliche Zufriedenheit von Vorstand und Geschäftsführung der VDS gab es in Hamburg durchaus gute Gründe. Dazu gehörte auch das Lob aus dem Mitgliederkreis für die intensive (Öffentlichkeits-)Arbeit des Verbandes. Von links: Dr. Rolf-Eugen König, Jens J. Wischmann, Fritz-Wilhelm Pahl, Karl-F. Schlüter und Dr. Karl Spachmann.

Wischmann kündigte ferner eine komplette Aktualisierung des Internetauftritts www.gutesbad.de an, der mit durchschnittlich 90.000 Zugriffen im Monat auf eine unverändert gute Resonanz stoße. Zudem stelle die VDS den Mitgliedsverbänden noch im Laufe dieses Jahres erstmals einen umfassenden Marktforschungs-Report zur Verfügung. Dabei seien die Resultate der jüngsten ifo-Marktdatenerhebung ein zentrales Element. Danach schließe die Sanitärwirtschaft das Umsatzjahr 2004 mit einem leichten nominalen Plus von rund 2% auf 14,5 Mrd. Euro ab. Der moderate Wachstumstrend setzt sich den Prognosen zufolge auch 2005 fort (siehe auch Beitrag "Umsatz-Talfahrt gestoppt", Heft 23/2004, Seite 14 f.).

Zwei Highlights

Die Schwerpunkte der VDS-Aktivitäten des kommenden Jahres liegen nach Aussage des Geschäftsführers neben der Fortschreibung der kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit und neuen Themen wie CE-Kennzeichnung sowie Schallschutz vor allem bei einem umfassenden Maßnahmenpaket zur "ISH 2005". Dazu zähle erstens die national ausgerichtete Endverbraucherkommunikation mit einer gezielten Ansprache von Tagespresse, Wohnzeitschriften und TV-Sendern. Zweitens werde zur Messe selbst für die Sanitärwirtschaft im Rahmen der "outLook"-Reihe ein Wettbewerb unter dem Namen "Shaping water" mit begleitender Sonderschau realisiert. Dazu gebe es ein umfassendes Rahmenprogramm, das sich mit Workshops, Präsentationen und Diskussionsrunden primär an Architekten, Planer und Designer wende.

Eine weitere zentrale Branchenaktivität ist der Aktionstag "Neue Bäder erleben", dessen Konzept den Mitgliedern vorgestellt und von ihnen praktisch einstimmig befürwortet wurde. Er findet am 2. April 2005 statt und hat das primäre Ziel, die Ausstellungen von Handel und Handwerk in das Bewusstsein der Endverbraucher zu rücken. Über das von der VDS entwickelte und realisierte Maßnahmenprogramm, das neben einer bundesweiten PR-Flankierung ein geschlossenes Aktionspaket zur Vor-Ort-Umsetzung vorsieht, soll die Fachöffentlichkeit Mitte Dezember 2004 im Detail informiert werden, hieß es in Hamburg.

Uneinheitliche Tendenz

Die Meldungen der Vertreter von Industrie, Großhandel und Handwerk zur aktuellen Geschäftsentwicklung vermittelten ein differenziertes Bild. Speziell die Herstellerverbände gaben - je nach Produktgruppe - eine starke Schwankungsbreite zu Protokoll. Sie reichte (jeweils per Ende August) von plus 8% bis minus 5%. Einigkeit herrschte darin, dass sich das zweite Halbjahr erheblich schwächer präsentiere als die ersten sechs Monate. Dies werde sich im Gesamtresultat für 2004 entsprechend niederschlagen.

Tendenziell ähnlich sah der Großhandel den Verlauf. Das per Ende August verzeichnete Plus von 6% (Sanitär plus 5%, Heizung plus 6,7%) lasse sich bis Jahresende nicht halten. Für das ganze Jahr rechne man daher nur noch mit einer Steigerungsrate im unteren einstelligen Sektor.

Eine gegenüber der Situation bei den anderen zwei Vertriebsstufen konträre Entwicklung konstatierte das Handwerk. Nach einem Umsatzminus von knapp 6% im ersten Halbjahr 2004 erwarte man für die zweite Hälfte ein Minus von 3%. Erhebliche Sorgen bereiten auf allen Vertriebsstufen die aus der Energie- und Rohstoffkostenexplosion resultierenden Preiserhöhungen, die infolge der nur begrenzt möglichen Weitergabe an den Markt zu erheblichen Ertragsproblemen führten. Laut Votum der Handwerkerseite ist auch das ein Grund für den zunehmenden Direktbezug, den andererseits in erster Linie die Duschabtrennungs-, Acrylwannen- und Badmöbelproduzenten als substanzielle Belastung des Branchengefüges bezeichneten.

Einen breiten Raum nahm in der Hansestadt die Diskussion über die geplante Neupositionierung der Großhandels-Ausstellungen ein. Voll konzentriert waren dabei auch (von links) der abd-Vorsitzende Alexander K. Althof, der abd-Geschäftsführer Herbert Decker und Werner Hirschler als Vorsitzender des VDS-PR-Ausschusses.

Über Ängste und Reaktionen

Einen breiten Raum nahm in der Hansestadt (natürlich) die Diskussion über die geplante Neupositionierung der Großhandels-Ausstellungen ein. Pahl hob zu Beginn die Notwendigkeit hervor, die "beträchtlichen Ausstellungsinvestitionen" in Kooperation mit dem Handwerk künftig besser zu nutzen. Die so verstandenen Öffnungsbestrebungen seien deshalb nicht zuletzt mit Blick auf eine marktgerechte Endverbraucherorientierung im Prinzip außerordentlich positiv. Im gegenseitigen Dialog komme es jedoch darauf an, die "Ängste des Handwerks einzufangen und abzubauen". Spontane Wortmeldung eines anwesenden Herstellervertreters: "Auch bei uns gibt es Ängste - jedoch in anderer Richtung."

Dr. Karl Spachmann, der im VDS-Vorstand die Industrie repräsentiert, begrüßte die DGH-Initiative als eine "notwendige Reaktion auf eine deutlich veränderte Gesamtsituation". Der Status quo im traditionellen Vertriebsweg habe sich nicht zuletzt deshalb verschoben, weil sich direkt beziehende Handwerker "andere Partner suchen". Auch er plädierte deshalb dafür, "gemeinsame Werte" neu zu beleben.

Über Ursachen und Konsequenzen

An das auslösende Element der Diskussion erinnerte Dr. Rolf-Eugen König. Der stellvertretende VDS-Vorsitzende und zugleich 1. Vorsitzende des DG Haustechnik meinte damit den "dramatischen Einbruch" bei Duschabtrennungen, Acrylwannen und Badmöbeln im professionellen Vertriebsweg. Er habe Industrie und Großhandel veranlasst, über ein neues Konzept zur Stabilisierung der Dreistufigkeit und damit zur Eindämmung des Direktbezugs einerseits und der Baumarkt-Konkurrenz andererseits nachzudenken. Gleichzeitig gehe es darum, die nur in den Ausstellungen mögliche emotionale Begeisterung der Endverbraucher für ein neues Bad in konkretes Handeln umzusetzen. Hinzu komme, dass die von weiten Industriekreisen - auch in Hamburg - geforderte Bruttopreissenkung aufgrund der Kostensituation im Handwerk bestenfalls langfristig möglich sei.

All das veranlasste den DG Haustechnik, so König weiter, zu seiner Initiative. Basis sei die "Dresdener Erklärung", die Kaufabschlüsse ohne Einbeziehung des Handwerks ausdrücklich ausschließe. Es gehe also nicht um eine Konkurrenz zum Handwerk, sondern darum, Endkunden für die Badprofis zu gewinnen. Nationale Handlungs- und Realisierungsregelungen seien schon kartellrechtlich unmöglich. Daher könne es in der Praxis nur lokale und regionale Vereinbarungen geben.

Gemeinsame Marktbelebung

Für das Handwerk begrüßte VDS-Vorstandsmitglied Karl-F. Schlüter diese Klarstellungen, die eine vernünftige Dialogbasis schafften. Allerdings wäre es wünschenswert gewesen, die Kommunikation mit dem Handwerk bereits in einer frühen Phase zu führen. Die Ängste einzelhandelsaktiver Installateure seien verständlich und deshalb ernst zu nehmen.

Nach der abschließenden Diskussion, in der sich die Industrievertreter nochmals vorbehaltlos für die so definierte Ausstellungsöffnung und ihre aktive Vermarktung aussprachen, zog Pahl folgendes Resümee: "Die Initiative des Großhandels ist ein Paradigmenwechsel. Lassen Sie uns das Thema sachlich diskutieren, denn es geht um einen gemeinsamen Aufbruch in der Branche, um den Badmarkt zu beleben."

Nachgefragt

Der Vorsitzende des Deutschen Großhandelsverbandes Haustechnik (DGH), Dr. Rolf-Eugen König, zur angestrebten Öffnung der Großhandelshäuser.

IKZ-HAUSTECHNIK: Anlässlich der VDS-Mitgliederversammlung haben Sie als Vertreter des DGH erneut den Willen zu einer handwerksorientierten Lösung der Großhandelsdiskussion bekräftigt. Konkret sagen Sie: "Es wird keine Öffnung am Handwerk vorbei geben" und "wir wollen dem Handwerk die Ängste nehmen". Wie sind diese Aussagen zu verstehen?

Dr. Rolf-Eugen König: Die Mitglieder des DG Haustechnik sind technische Fachgroßhändler - und wollen es auch bleiben! Es wird keinen DG Haustechnik-Großhändler mit angeschlossenem Einzelhandelsbetrieb geben. Das Handwerk ist und bleibt der Kunde des SHK-Großhandels, weshalb wir in unserer Dresdner Erklärung auch festgelegt haben, dass wir nur im Auftrag des SHK-Handwerks gegebenenfalls einen Abschluss mit einem Endverbraucher in unserer Fachausstellung tätigen werden. Übrigens: Ca. 85% des Geschäftes werden weiterlaufen wie bisher. Diese 85% des Geschäftes entstehen auf Initiative und Vermittlung des SHK-Handwerkers.

IKZ-HAUSTECHNIK: Kritiker bemängeln ein in sich geschlossenes Konzept zur Großhandelsöffnung. Die Dresdner Initiative "Wir beraten und verkaufen nur im Auftrag des dreistufig arbeitenden SHK-Handwerkers. Grundsätzlich gibt es keine Rechnung an den Endverbraucher..." sei zu schwammig verfasst und böte viel Raum für Spekulationen.

Dr. Rolf-Eugen König: Nach vielen innerverbandlichen Diskussionen sind wir zu der Ansicht gelangt, dass es eine "Durchführungsverordnung" für alle Mitglieder nicht geben kann. Die Marktwirtschaft ist zu bunt, um hier eine einfarbige Lösung vorzuschreiben. Auch kartellrechtliche Überlegungen haben uns veranlasst, keine allgemeingültigen Vorgaben zu verabschieden. Deswegen haben wir in der Dresdner Erklärung die Formulierung gewählt: "Gegenseitige, regionale Vereinbarungen sind die Basis des Einzelgeschäftes!".

IKZ-HAUSTECHNIK: Bundesweit gibt es Großhändler, die an Handwerker und Endkunden gleichermaßen verkaufen. Überdies zeigt auch das Beispiel der Badwelt, dass eine Öffnung des Großhandels auch unter Wahrung aller Interessen durchaus kein unlösbares Problem darstellt. Wäre es denkbar, Segmente der vorhandenen und funktionierenden regionalen Konzepte zu übernehmen?

Dr. Rolf-Eugen König: Die hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen anzutreffende Badwelt hatte eine andere Historie. Bei der Badwelt ging es in erster Linie darum, Privatverkäufe im Großhandel wieder in die Dreistufigkeit einzugliedern. Unser neuer Ansatz zielt darauf, Umsatzanteile für Sanitärprodukte vor der Wand, die uns von so genannten Direktanbietern streitig gemacht werden, wieder in die Dreistufigkeit zurückzuholen. Eine Übertragbarkeit der Badwelt auf ganz Deutschland dürfte daran scheitern, dass der Organisationsgrad im Handwerk vor allen Dingen in den neuen Bundesländern sehr gering ist. Da aber rund 50 % der Innungsmitglieder der Gründung einer Badwelt zustimmen müssen, würden wir viele Handwerker als mögliche Kunden ausschließen, was aus betriebswirtschaftlichen Gründen unmöglich ist. Dort aber, wo die Badwelt aktiv ist, laufen Gespräche hinsichtlich einer Weiterentwicklung dieses Konzeptes. Die Badwelt kann damit eine von vielen sinnvollen Lösungen sein.

 

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