IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/2004, Seite 3


EDITORIAL


Stau am Bau

Es klingt paradox: Das Baugeld ist für Privatleute weiterhin günstig, die Verbraucherpreise steigen moderat und die Konjunkturdaten weisen seit Monaten nach oben. Alles in allem gute Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung im Wohnungsbau und damit gute Voraussetzungen für den SHK-Betrieb, das Tal der Auftragsflaute endlich zu durchschreiten - sollte man meinen. Aber dennoch, es geht nicht so recht voran am Bau. Schlimmer noch: Die Anzahl der Baugenehmigungen nimmt im Vergleich zu den Vorjahreswerten ab, um etwa 10%. Von einer Erholung also keine Spur. Woran kann es liegen, dass die Bauwirtschaft - im Vergleich zur steigenden Gesamtwirtschaft - aus den Negativzahlen einfach nicht herauskommt?

Nun, die Bauwirtschaft ist eben nur ein Teil der Gesamtwirtschaft. Ohne den Export würden die inländischen Konjunkturdaten nach unten weisen. Dieser Umstand spiegelt sich in den Arbeitslosenzahlen wider: Im September dieses Jahres meldeten sich im Vergleich zum selben Monat 2003 rund 50.000 Menschen mehr arbeitslos. Eine rein statistische Zahl, die von der Bundesregierung mit allerlei Tricks niedriger gehalten wird als sie tatsächlich ist. Der Giftpfeil Arbeitsmarkt sitzt tief im Exportweltmeister Deutschland.

Einerseits wird das Heer der Arbeitslosen also stetig größer, andererseits nimmt die Zahl der offenen Stellen seit Jahren ab. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden.

Der anhaltend hohe Rohölpreis, bedingt durch die ungebremste Nachfrage insbesondere in China, verteuert die Güter auch hierzulande. Dieser Umstand schlägt sich auf Zurückhaltung bei den Konsumenten nieder. Doch ein Hauptgrund der einfach nicht anspringenden Binnenkonjunktur liegt in der allgemeinen Unsicherheit bei den Verbrauchern. Die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes lässt das Geld auf den Konten in Eisesstarre verfallen. Während die Meldungen in den Medien über längere Arbeitszeit und schmerzhafte Lohn- bzw. Gehaltseinschnitte bei den Arbeitnehmern - insbesondere bei Großunternehmen wie zuletzt bei Karstadt, Siemens oder Opel - die Temperatur weiter auf Tiefstwerten halten, zeigt der Arbeitsplatzabbau von Betrieben in der heimischen Umgebung dem potenziell Bauwilligen, wie schnell auch ihn es treffen kann. Dieser subjektive Eindruck wird von einem Ungerechtigkeitsgefühl überschattet, das aufkommt, wenn Millionenabfindungen an Flop-Manager gezahlt werden.

Doch es gibt auch Lichtblicke: Der alternde Wohnungsbestand, die Zunahme von Singlehaushalten und die wachsende spezifische Wohnfläche je Person lässt vermuten, dass in den nächsten Jahren ein erhöhter Handlungsbedarf im Neubausektor und im Gebäudebestand entsteht. Nach und nach wird sich die Stimmung in der Bevölkerung bessern, sodass wieder Geld für Investitionen im Bausektor ausgegeben wird. Der Stau am Bau wird sich auflösen.

Detlev Knecht
stv. Chefredakteur IKZ-HAUSTECHNIK


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