IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/17 2004, Seite 18


BRANCHE-AKTUELL


"Der Trick mit dem Druck"

Vorwürfe erhebt das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" gegen die Erdgasversorger hierzulande. Laut einem Bericht verdünnen sie ihren Rohstoff - zum Nachteil der Kunden.

Gas werde zunehmend gestreckt, mal mit billig zugekauftem Gas, mal mit einem Flüssiggas-Luftgemisch und manchmal einfach nur mit Luft. Dadurch steigt der Verbrauch, zitiert das Blatt einen Experten vom Bundesindustrieverband Heizungs-, Klima-, Sanitärtechnik/Technische Gebäudesysteme e.V. (BHKS). Zwar sei die Verdünnung häufig eine technische Notwendigkeit, um einen stabilen Gasdruck sicherzustellen, schreibt der Spiegel, die Kosten aber hat offenkundig der Verbraucher zu zahlen. Zitat: "Durch den Trick mit dem Druck sinkt in den meisten Fällen der Brenn- bzw. Heizwert - bisweilen um mehr als 20 Prozent. In der Folge benötigen die Geräte mehr Stoff (Anmerkung der Redaktion: Gemeint ist Erdgas), weil sie auf einen bestimmten Brennwert festgelegt sind."

Zwar schreibt das Nachrichtenmagazin auch, dass sich die Gasversorger mit diesen "offenbar nicht so seltenen Eingriffen" durchaus auf "legalem Terrain" bewegen, doch gewinnt der kritische Leser durchaus den Eindruck, die Gasversorger "mauscheln" bei der Abrechnung. Zumal laut Spiegel bereits 1989 einige kommunale Unternehmen aufflogen, "weil sie mehr Gas an ihre Kunden verkauften, als sie selbst von ihren Lieferanten bezogen hatten."

Den Stein ins Rollen gebracht haben offenbar kuriose Gasabrechnungen im Hannoversch Münden aus der Heizperiode 2001. In mehr als 200 Haushalten fielen die Gasabrechnungen deutlich höher aus, obwohl viele ihr Heizverhalten eingeschränkt hatten. Beispielhaft ist der Fall eines Sechsfamilienhauses aufgeführt, wo nach dem Auszug von drei Parteien der Wasser- und Stromverbrauch deutlich sank (um 40 bzw. 32 Prozent), Gas aber mit fünf Prozent mehr in Rechnung gestellt wurde. Inzwischen habe sich eine Bürgerinitiative gegründet, um dieses Phänomen aufzuklären.

Zu Recht stellt sich die Frage, wie sich diese Preiserhöhungen erklären. Hat der Versorger tatsächlich die Gasqualität vermindert oder wurde lediglich der Preis angehoben? Zumindest der geschilderte Fall des Sechsfamilienhauses ließe sich leicht erklären, schließlich ist es ist kein Geheimnis, dass bei einem teilweise leerstehenden Mehrfamilienhaus die Allgemeinheit einen Teil der Heizkosten für die nicht belegten Wohnungen (die ja zumindest überschlägig beheizt werden) zahlt.

Derweil distanziert sich der BHKS von den im Spiegel zitierten Expertenaussagen. Sie seien so nicht getroffen worden, heißt es aus der Verbandszentrale. Der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) und die Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfachs (DVGW) haben eine gemeinsame Stellungnahme zu den - wenn auch versteckten - Vorwürfen herausgegeben. Darin heißt es: "Grundsätzlich ist Erdgas ein Naturprodukt und unterliegt deshalb natürlichen, geringfügigen Schwankungen im Brennwert. Das technische Abrechnungsverfahren der deutschen Gaswirtschaft wird durch das DVGW-Arbeitsblatt G 685 geregelt. Schwankungen im Brennwert werden dabei ausdrücklich berücksichtigt und abrechnungstechnisch geregelt. Die letzte Überarbeitung dieses Arbeitspapiers wurde unter Mitwirkung der Eichverwaltungen der Bundesländer und der physikalisch-technischen Bundesanstalt durchgeführt. Es handelt sich hierbei entsprechend um ein verbindliches, einvernehmlich von den Aufsichtsbehörden und der Branche erstelltes technisches Regelwerk.

Um für den Verbraucher eine Versorgungssicherheit mit Erdgas bei gleich bleibend hoher Qualität zu garantieren, ist es erforderlich, Gasströme untereinander gelegentlich auch mit Luft zu konditionieren. Dadurch entsteht für den Endverbraucher keinerlei Qualitätsminderung. Das DVGW-Arbeitsblatt G 685 gewährleistet, dass in jedem Fall der korrekte Energieinhalt des gelieferten Gases abgerechnet wird. Wie überall im geschäftlichen Verkehr wird diese Tätigkeit der Versorgungsunternehmen von den Eichbehörden überwacht."

Der Geschäftsführer des städtischen Gasversorgers in Hannoversch Münden hat laut Spiegel-Bericht übrigens eine simple Erklärung für die Verbrauchssteigerungen. "Es war halt kälter als sonst."


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