IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 15/2004, Seite 3


EDITORIAL


Gefährliche Allianz(en)

Versicherungsgesellschaften klagen über unverhältnismäßig hohe Ausgaben für die Schadensregulierung. Mehr als 70 Prozent ihrer eingenommenen Prämien müssten sie dafür ausgeben. Unsaubere Rechnungen und Versicherungsbetrug - so soll aus unterschiedlichen Studien hervorgehen - seien mitverantwortlich für diese Situation. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur konsequent, wenn die Konzerne versuchen, notwendige Versicherungsleistungen möglichst Preiswert durchführen zu lassen.

Wie das funktionieren kann, zeigt ein Blick auf die Automobilbranche: Bereits vor Jahren gelang es den Versicherern, die hohen Mietwagenkosten im Unfall-Ersatzgeschäft durch Gründung von Gemeinschaftsunternehmen unter das ortsübliche Preisniveau zu drücken. Heute gehen die bedeutenden Autoversicherer einen Schritt weiter und nutzen ihre Marktmacht, um mit "Partnerwerkstätten" individuelle Vereinbarungen zur Vergütung von Reparaturleistungen zu treffen - immer das Ziel vor Augen, die Schadenskosten zu minimieren.

Wie sollte es anders sein, spiegelt sich diese Entwicklung auch in der SHK-Branche wider. Einige Versicherer haben mittlerweile Tochterunternehmen gegründet, die Reparaturaufträge wie die Beseitigung von Leitungswasserschäden an Partner-Handwerksbetriebe vergeben. Abgerechnet wird zu einheitlichen Preisen innerhalb spezieller Rahmenverträge. Andere Gesellschaften greifen über Töchter sogar auf eigene Montagetrupps zurück. Der Fachhandwerker vor Ort hat das Nachsehen, wenn etwa bei einem Rohrbruch die Versicherungsgesellschaft einen Partner-Fachbetrieb zur Leckortung vorschlägt - selbst wenn es sich bei dem Geschädigten um einen Stammkunden handelt. Eventuelle Folgeaufträge bleiben gleichfalls aus - die werden kurzerhand vom Mitbewerber erledigt.

"Wildern im fremden Revier" wurde das früher genannt.

In ähnliche Richtung zielt der Haus- und Wohnungsschutzbrief der Allianz-Versicherung, eine Art Pannenbrief für das Heim. Neben Schlüsseldienst- und Rohrreinigungsleistungen verspricht dieses Versicherungsangebot mehrere meisterpflichtige Services rund um Elektro-, Sanitär- und Heizungsschäden - und das für nur 4,86 Euro pro Monat. Dass sich der Schutzbrief bei intensiverem Studium der inbegriffenen Leistungen als wenig nützlich erweist und laut Verbraucherschützer "so überflüssig ist wie ein Kropf", sei nur am Rande erwähnt.

Unter dem Deckmantel "Komplettservice aus einer Hand" erfolgt die Bereitstellung und Organisation der Allianz-Dienstleistungen bundesweit durch die Agemis GmbH, die wiederum Partnerbetriebe, mit denen Rahmenabkommen bestehen, beauftragt - zu festgelegten Konditionen, versteht sich.

Von einer Konkurrenz zum Handwerk zu sprechen ist derzeit wohl nicht angebracht, eher von Seitenhieben, denn schließlich sind es ja immer noch Fachleute, die die Leistungen erbringen. Auch gibt es sicher Betriebe, die derartige Partnerschaften mit Versicherungskonzernen als fruchtbar erachten und die Preise als auskömmlich ansehen. Was aber, wenn es den Konzernen in den Sinn kommt, ins Kerngeschäft der Betriebe einzusteigen und umfangreichere Serviceleistungen wie Heizkesselwartungen anzubieten? Quasi den Pannenbrief-Plus mit Gebäude- und Anlagencheck. Das Netzwerk dazu steht doch ohnehin. Und ein solches Angebot könnte beispielsweise der Allianz deutlich mehr Ertrag bescheren als die monatlichen 4,86 Euro.

Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima hat indes reagiert und wird mit der Allianz am 12. August ein Gespräch auf Vorstandsebene führen. Das erklärte Ziel ist eine Reduzierung der Hausratversicherungsprämien für Hausbesitzer, die ihre haustechnischen Installationen über Wartungsverträge betreuen lassen.

Markus Sironi
Chefredakteur IKZ-HAUSTECHNIK


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