IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2004, Seite 46 f.


RECHT-ECK


Unternehmenssicherung bei Scheidung

Eherecht erwartet Fairness

Karl-Heinz Badura

Vor allem mittelständische Unternehmer, die ihr Einkommen oftmals kurzfristig im Tagesgeschäft oder in Abhängigkeit saisonaler Besonderheiten verdienen, müssen aus unternehmerischer Vorsicht dafür sorgen, dass eine private Krise wie typischerweise die Ehescheidung das Geschäft nicht vernichtet. Die jüngste BGH-Entscheidung zur Handhabung von Eheverträgen sollte Anlass sein, sich mit den Folgen einer möglichen Scheidung vertraut zu machen.

Der Gesetzgeber hat für diese spezielle Gefährdungslage einer Trennung der Eheleute keine Vorsorge getroffen. Er überlässt es folglich den Ehepartnern, sich im Rahmen der Vertragsfreiheit angemessen auf eine für beide Seiten faire Lösung zu verständigen.

Dies kann in der Form erfolgen, dass der Unternehmerehegatte einen Ausgleich, basierend auf dem Vermögenswert des Unternehmens, einfach ausschließt, indem er (partiell oder total) eine Gütertrennung vereinbart. Damit erreicht er, dass ein Streit über den Wertansatz des Unternehmens - ein trefflicher Streit, bei dem es kein richtiges und kein falsches Ergebnis gibt - von vornherein unterbleibt.

Unterlässt der Unternehmer eine solche Vorsichtsmaßnahme, kann dies gerade für mittelständische Unternehmer zum Liquiditätstod führen: Man stelle sich bloß vor, dass in der heutigen Situation der Unternehmer die Hälfte des Verkehrswertes seines Unternehmens in cash seinem Ehepartner im Falle der Scheidung auszahlen müsste. Dies wäre ein Unterfangen, das selbst - oder sogar gerade - bei exzellenter Ertragslage des Unternehmens liquiditätsmäßig nicht zu schaffen wäre. Denn: welche Bank gibt schon auf den zukünftigen Ertragswert eines Unternehmens Kredite in Höhe von 50 Prozent? Der Unternehmer müsste überdies die Refinanzierung nach Steuern bewältigen.

Langfristig kaum zu reparierende Folgen

Praktisch bedeutet dies: Hat der Unternehmer etwa einen Betrieb mit einem Ertragswert von drei Millionen Euro, weil er in der Vergangenheit stabile Erträge pro Jahr in Höhe von 300.000 Euro erzielen konnte, so müsste er schlimmstenfalls 1,5 Millionen Euro seinem Ehepartner in cash zahlen. Bei der Refinanzierung würde die Bank selbstverständlich die Erträge, selbst wenn sie ungekürzt übernommen würden, um die darauf lastende Ertragsteuer mindern, sodass dem Unternehmer "nur" 150.000 Euro jährlich nach Steuern verblieben. Würde er hiermit den Kredit von 1,5 Millionen Euro bedienen müssen, hätte er für zehn Jahre keinerlei Geld mehr übrig für Unternehmensfortentwicklung, Stabilisierung, ja nicht einmal für seinen eigenen Lebensunterhalt.

Folglich ist es für den Unternehmer lebenswichtig, seine Firma aus einem möglichen Eherechtsstreit, bei dem es um den Ausgleich des hälftigen Unternehmenswertes gehen kann, ausschließen zu dürfen.

Neue Rechtssicherheit durch den BGH

Entsprechendes hat der BGH kürzlich mit einem lange erwarteten und Rechtssicherheit schaffenden Urteil auch so entschieden (Aktenzeichen: XII. ZR 265/2). Anders dagegen im Bereich der Scheidungsfolgen, die sich auf die Sozialgemeinschaft auswirken können.

Möchte der Unternehmer nicht nur keine Vermögensteilhabe akzeptieren, sondern darüber hinaus auch den Unterhalt seines Ehepartners so beschneiden, dass letztlich dessen finanzielle Existenz gefährdet wäre (und er damit der Sozialgemeinschaft zur Last fiele), so überschreitet er die Grenzen dessen, was als "fair" angesehen werden kann.

Fairness im Eherecht

Es entspricht unserem Rechtssystem, unfaires Verhalten in praktisch allen Rechtsgeschäften ab einer bestimmten Intensität zu sanktionieren: Sei es ein schikanöses Bestehen auf Rechtspositionen, sei es die schamlose Ausnutzung einer Notlage, sei es die unangemessene Mitbelastung eines Angehörigen bei Kreditaufnahmen und ähnliche Fälle. Stets hat die Rechtsprechung basierend auf den gesetzlichen Ermächtigungen wie § 138 BGB (sittenwidrige Schädigung), § 226 BGB (Schikaneverbot), § 242 BGB (Treu und Glauben) Auswüchse von einseitiger Benachteiligung begradigt. Dies gilt auch im Eherecht.

Fairness ist angesagt

Jede Ehe prägt natürlich auch den Lebensstil und damit den Finanzbedarf der Ehepartner: Wer sich gerade bei langjährigen Ehen, in denen sich etwa der häusliche Partner dadurch verdient machte, dass er sich der Kindererziehung unter Verzicht auf eigene Karriere widmete, an einen gewissen Standard gewöhnt hat, soll nicht durch eine Ehescheidung "in Schutt und Asche" gestoßen werden können. Seine Verdienste um die Karriere des anderen liegen ja gerade darin, dass er das Familienleben so organisierte, dass der andere hierdurch keine Belastungen erfuhr, sei es physischer oder erst Recht psychischer Art etwa dadurch, dass seine Kinder "auf die schiefe Bahn" gerieten.

Das ist ein hoher ideeller Wert, den die Gesellschaft auch anerkennt. Es wäre "unfair", sich eines auf diese Art verdienten Ehepartners zu Lasten der Sozialkasse entledigen zu können, wobei die monetären Vorteile aus der oft entbehrungsreichen Zeit des häuslichen Partners ausschließlich bei dem anderen verblieben. Das hat der BGH klargestellt, sei nicht hinzunehmen. Die Macho-Ehe ist kein Idealbild für Ehepartner.

Ebenso wenig wird hingenommen, dass nach einem gemeinsam verbrachten Leben der eine in dem von ihm aufgebauten Reichtum weiterleben kann, wogegen der andere im Alter in der Armut landet. Beide Elemente - Unterhalt und Alterssicherheit - gehören dem Kernbereich der Scheidungsfolgen an, die nicht "unfair" zu Lasten des einen oder anderen modifiziert werden dürfen. Hier kann die Justiz eine "Fairnessprüfung" vornehmen. Auch dies hat der BGH klargestellt.

Verträgliche Gestaltungen zwischen den Partnern

Das Urteil des BGH ruft somit auf, durch faire Eheverträge die Scheidungsfolgen für beide Seiten verträglich zu gestalten, ohne die Sozialgemeinschaft zu belasten: Wer den anderen Ehepartner nicht an dem eigenen Vermögenszuwachs teilhaben lassen will, kann dies durch Gütertrennung oder eben entsprechend modifizierte Zugewinngemeinschaft erreichen. Dann aber hat er im Unterhaltsbereich dafür zu sorgen, dass der geschiedene Ehepartner, seinem Leistungsbeitrag der Ehe entsprechend und angemessen, versorgt wird.

Dass dies in vielen Fällen, besser, Nerven schonender und die Berührung der Ehepartner minimierend dadurch geschehen könnte, dass eben doch dem ausscheidenden Ehepartner ein Ertrag bringendes Vermögen aus demjenigen des anderen mitgegeben wird, sei nur am Rande erwähnt: Wenn etwa die Vermögensanlage in Ertrag bringenden Häusern besteht, kann es sinnvoller sein, statt Unterhaltsleistungen dem ausscheidenden Ehegatten ein Haus mitzugeben, aus dem er eigene Erträge zur Stabilisierung seines Lebensunterhaltes ziehen kann.

Unterhaltsansprüche: Kinder haben keinen Rechtsanspruch auf Luxus

Müssen Kinder alimentiert werden, so steht ihnen auch seitens gut verdienender Eltern keine "Luxusversorgung" zu. Dies haben die Richter des Familiensenats beim Oberlandesgericht Nürnberg in einem eben entschiedenen Fall so festgestellt: Danach wurde die Forderung nach einer monatlichen Unterhaltszahlung an die 18-jährige Tochter von 1700 Euro auf 865 Euro quasi halbiert. Die uneheliche Tochter, die bei ihrer in Teilzeit tätigen Mutter (Monatsverdienst: 800 Euro) lebte, hatte von ihrem Vater (Monatseinkünfte: 15.000 Euro), der den 3,5-fachen Satz nach der so genannten Düsseldorfer Tabelle zahlte, ein Auto für 7000 Euro sowie zwei Urlaube im Jahr und eine eigene Wohnung mit Ausstattung gefordert. Diese Ansprüche wurden als überzogen abgelehnt.

Gebot der Alterssicherheit

Ebenso muss, der Dauer der Ehezeit und der Leistungen angemessen, für eine Alterssicherheit gesorgt werden, was erst recht gilt, wenn der häusliche Partner auf Renten ansparende Tätigkeiten zugunsten des anderen verzichtet hat.

Er darf nicht damit "bestraft" werden, dass er nach einer Scheidung nun keine Alterssicherung (mehr) hat, der andere Ehepartner aber Versorgungsanwartschaften hat aufbauen können, die er künftig ungekürzt genießen könnte, wogegen die Sozialgemeinschaft den häuslichen Ehepartner im Alter aufzufangen hätte.

Es gilt hier wie im Sport: "Fair geht vor". Auf einen fairen Vertrag, in guten Zeiten der Ehe gefertigt, kann man sich selbst in schlechten Tagen verlassen.


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