IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2004, Seite 72 f.


REPORT


Workshop der Initiative Kupfer:

Wasser - gut gespart ist halb gewonnen?

Obwohl Wasser eine erneuerbare Ressource und bei uns in Form von Grundwasser reichlich vorhanden ist, scheuen viele Verbraucher weder Kosten noch Mühen, den Verbrauch beispielsweise durch Regenwassernutzungsanlagen noch weiter zu verringern. Die Auswirkungen des Wassersparens bleiben dabei jedoch meist außen vor. Denn Wassersparen kann auch eine Vielzahl von Nachteilen haben: neben mikrobiologischen Veränderungen der Wasserbeschaffenheit insbesondere durch Stagnationen können sich auch Probleme bei der Anlagenplanung ergeben. Gerade die öffentliche Wasserversorgung krankt seit Jahren am Wassersparfieber, wie Anfang Mai dieses Jahres ein Presseworkshop der Initiative Kupfer in Rüdesheim aufzeigte.

Hans-Jürgen Leist, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hannover, sprach sich deshalb entschieden gegen weitere Wassersparmaßnahmen aus: "Wir leben in einer humiden Klimaregion, Wasser kann nicht angespart werden. Ganz im Gegenteil: Auf Grund hoher Niederschläge und einer rückläufigen Grundwasserförderung sind viele Regionen aktuell mit steigenden Grundwasserständen konfrontiert, die sowohl bei der Landwirtschaft als auch im Siedlungsbereich zu Problemen führen."

Dazu kommen laut Leist erhebliche Beeinträchtigungen des Rohrnetzes, das auf eine wesentlich größere Durchflussmenge ausgerichtet ist. Neben einer Erhöhung der Korrosionsrate ist auch die Gefahr einer Wiederverkeimung gegeben, was letztendlich zu Qualitätsverlusten führt, die den Verbraucher verstärkt zu einem erhöhten Flaschen- und Mineralwasserverbrauch bewegen. "Dadurch bedingt", so Leist weiter, "wird wieder weniger Wasser verbraucht. Dies führt in seiner Konsequenz volkswirtschaftlich zu einer Erhöhung der Kosten der Wasserversorgung sowie zu einem gesteigerten Material- und Energieverbrauch, da das öffentliche Leitungsnetz nicht verkleinert werden kann und rund 80 bis 90 Prozent der Kosten der öffentlichen Wasserversorgung auf diesen Fixkostenanteil entfallen."

Folgeschäden treten vermehrt auf

Probleme gibt es inzwischen auch mit Abwassereinrichtungen. Sie setzen ebenfalls einen gewissen Mindestdurchfluss voraus, der gegenwärtig aufgrund verschiedener Einflussgrößen immer weniger erreicht wird. Geruchsbelästigungen, Bildung toxischer und explosiver Gase, Korrosionen auch in nachgelagerten Anlagen wie Pumpen und ein verstärktes Spülen des Netzes sind die Folgen. "Dadurch bedingt können die Gesamtkosten für die öffentliche Wasserversorgung bei rückläufigem Verbrauch nochmals steigen - Wasser sparen macht also nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell in Deutschland keinen Sinn", fasste Leist seine Ausführungen zusammen.

Die Auswirkungen von Stagnation im Verteilungsnetz auf die mikrobiologische Wasserbeschaffenheit beleuchtete Dr. Burkhard Wricke, Leiter des TZW Dresden, ausführlicher.

Risiko von Aufkeimungserscheinungen bei Stagnation

Mit dem Ziel, Ursachen und Prozessabläufe der Veränderung der mikrobiologischen Beschaffenheit in Stagnationsbereichen im Verteilungsnetz aufzuklären und darauf aufbauend Strategien und Handlungsempfehlungen zur Verhinderung von Aufkeimungserscheinungen zu entwickeln, wurden durch die Außenstelle des DVGW-TZW in Dresden in Zusammenarbeit mit der Lausitzer Wasser GmbH & Co KG (LWG) und den Stadtwerken Hannover AG im Zeitraum 1999 bis 2002 umfassende Untersuchungen in realen Trinkwasserverteilungsnetzen durchgeführt. "Im Ergebnis der Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Aufkeimung in Stagnationsbereichen insbesondere durch die vorhandene Biofilmbeschaffenheit und den Nährstoffgehalt des Wassers beeinflusst wird", erläuterte Dr. Wricke die Resultate. Die Untersuchungen zeigten deutlich, dass ein Risiko von Aufkeimungserscheinungen im Leitungsnetz insbesondere dann besteht, wenn der Biofilm nur gering ausgebildet ist, geschädigt wird oder es zu einer plötzlichen Erhöhung der Nährstoffkonzentration kommt.

Voraussetzung der Vermeidung bakteriologischer Probleme bei der Stagnation ist laut TZW Dresden somit die Sicherung eines stabilen, gut ausgebildeten Biofilms. Zur generellen Vermeidung erhöhter Koloniezahlen in gering durchflossenen Bereichen sollte deshalb der Betrieb des Netzes dahingehend optimiert werden, dass diese Abschnitte regelmäßig durchflossen werden.

Desinfektion kann mikrobiologische Probleme bereiten

Interessanterweise führten Desinfektionsmaßnahmen und Spülungen oftmals nicht zum gewünschten Ergebnis. Insbesondere in langsam durchflossenen Zonen und Stagnationsbereichen kam es unmittelbar nach der Desinfektion immer wieder zu erhöhten Koloniezahlen. "Zur Stabilisierung der bakteriologischen Verhältnisse ist ein einfacher oder häufiger Wasseraustausch im betroffenen Abschnitt völlig ausreichend", so Dr. Wricke.

Stagnation und unzureichender Wasserdurchfluss bereiten jedoch nicht nur im Verteilungsnetz immer wieder Probleme, auch in der Hausinstallation kann sich dadurch die Wasserqualität verändern. Ursachen, Auswirkungen und Lösungsansätze dieses Phänomens zeigte Dr. Peter Arens vom Deutschen Kupferinstitut, Düsseldorf, auf.

Arens verwies in seinem Vortrag immer wieder auf die konsequente Einhaltung der Regelwerke zur Trinkwasserverordnung, durch die sich auch bakteriologische Beeinträchtigungen vermeiden lassen: "Aus hygienischer Sicht sollte man bei der Dimensionierung von Rohrsystemen deshalb immer den kleineren Rohrdurchmesser wählen. Nur so ist ein optimaler Wasserwechsel gewährleistet." Auch planerisch sollten spätere Stagnationszeiten so weit wie möglich - etwa durch eine regelgerechte Stockwerksverteilung - minimiert werden. Kurze Stichleitungen, die Entfernung von nicht genutzten Leitungen und die Anordnung des Hauptverbrauchers an das Ende einer Stichleitung sind hier ebenso wichtige Faktoren wie die richtige Werkstoffauswahl.

Die Referenten des Workshops (v.l.): Dr. Peter Arens, Dr. Gerhard Schüz (Moderator, Chairman der Initiative Kupfer), Dr. Burkhard Wricke, Hans-Jürgen Leist.

In diesem Zusammenhang wies Dr. Arens insbesondere auf die positiven mikrobiologischen Eigenschaften von Kupferwerkstoffen hin, die sich auch in einer Untersuchung des renommierten niederländischen KIWA-Institutes bezüglich der Legionellenvermehrung gezeigt haben. Hierbei wiesen Kupferleitungen rund zehnmal weniger Legionellen auf als Leitungen aus anderen Werkstoffen und ließen sich zudem auch sehr effizient desinfizieren.

Fast vier Stunden diskutierten Vertreter der Fachmedien, Referenten und Mitglieder der Initiative Kupfer durchaus kontrovers über das Thema "Wasser - gut gespart ist halb gewonnen?". Fazit der Veranstaltung: Obwohl Wasser sparen oftmals durchaus sinnvoll sein kann, gibt es aus trinkwasserhygienischen Aspekten zahlreiche Gründe, den Durchfluss von Wasser im öffentlichen und privaten Rohrnetz nicht unter ein Mindestmaß fallen zu lassen. Mit anderen Worten: Wasser sparen ja, aber mit Verstand.

Internetinformationen:
www.kupfer.de


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