IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2004, Seite 66 ff


REPORT


Ruf nach schnellen Lösungen

Bewegung und Stillstand - zwei in der SHK-Branche eng beieinander liegende Begriffe

In einer für den dreistufigen Vertriebsweg möglicherweise entscheidenden Phase stellt das IndustrieForum Sanitär (IFS*) seine Position hinsichtlich der Messelandschaft und des viel diskutierten Direktbezugs dar. Zu beiden Themen äußerten sich unmissverständlich Präsidium und Geschäftsführung Mitte Mai dieses Jahres im Rahmen einer Fachpressekonferenz.

 

Wir müssen die Erosionen im dreistufigen Vertriebsweg stoppen.
Dr. Karl Spachmann

Der vor gut drei Jahren gegründete Zusammenschluss hat nach Aussage von Dr. Karl Spachmann, Präsident des IFS, das Ziel, die dreistufig orientierte Industrie mit einer Stimme zu vertreten. Eine wichtige Basis dafür war und ist die eindeutige Priorität beim professionellen Vertriebsweg. Dessen jüngere Entwicklung zeige jedoch ein "langsames Verschwimmen" der über Jahrzehnte hinweg erfolgreichen Regeln. Heute beziehe z.B. das Handwerk Badprodukte in steigendem Maße direkt bei Herstellern. Der Großhandel wiederum führe Waren, die gleichzeitig auch zweistufig vertrieben würden. Zudem sei der nennenswerte Direktverkauf an Endkunden durch ihn ein Faktum.

Wenn also Handwerk und Großhandel "neue Freiheitsrechte" für sich reklamierten, wäre es für die Industrie logisch, dies ebenfalls zu tun. Spachmann wörtlich: "Wir können und werden nicht sehenden Auges zulassen, wie andere Anbieter Marktpotenziale in Deutschland ausschöpfen, bis am Ende unsere Unternehmen in ihrer Existenz gefährdet sind."

Fachmessen keine Marktmacher

Spachmann ging in seinem Grundsatzstatement zudem auf die anhaltende Diskussion über die Inlandsmessen ein. Von den gängigen Formeln "1 + 4", "1 + 3" oder "1 + 2" habe man sich auf IFS-Ebene verabschiedet. Relevant seien künftig ausschließlich die Attraktivität des jeweiligen Veranstaltungsangebots, das Messeergebnis, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Sanitärindustrie und vor allem die regionale Nachfragekraft. Die "ISH" als Branchen-Leitmesse mache dabei nur insoweit eine Ausnahme, als die Internationalität der Besucher den regionalen Faktor überlagere. Mit Blick auf die diesjährigen Messen sprach Spachmann von "erfüllten Erwartungen in Essen und besonders in Nürnberg". Beide Plätze stünden deshalb derzeit nicht zur Disposition. Für Hamburg und speziell für Berlin bzw. Leipzig gebe es dagegen aus heutiger Sicht keine überzeugenden Argumente.

Den Großhandels-Hausmessen räumt das IFS eine "schwierigere Positionierung" ein. Viele Veranstaltungen böten eine gute Plattform für die Marktbearbeitung der Industrie. Gleichwohl bereite ihre wachsende Zahl und die daraus resultierende Konkurrenz zu den Regionalmessen Sorge.

 

Trotz des erfreulichen Starts rechnen wir am Ende dieses Jahres nur mit einer schwarzen Null im inländischen Umsatz.
Wolfgang Burchard

Konzentration auf Inlandszahlen

Mit den konjunkturellen Aspekten der deutschen Sanitärindustrie beschäftigte sich Wolfgang Burchard. Für das erste Quartal 2004 konnte der Geschäftsführer des IFS nach einer langen Durststrecke erstmals wieder positivere Werte melden, die besonders auf einem erfreulichen März-Aufschwung basierten. Auf Grundlage der Ergebnisse aller IFS-Mitglieder verfehlte danach nur die Sanitärarmaturen-Sparte von Januar bis März das nominale Umsatzniveau der entsprechenden Vorjahresperiode um -1 Prozent.

Burchard warnte aber davor, das relativ gute Quartalsresultat auf das Gesamtjahr hochzurechnen und verwies auf gedämpfte Konjunkturprognosen, höhere Rohstoffpreise, das weiter kühle Konsumklima und die anhaltende Unsicherheit der Verbraucher. Deshalb gehe das IFS für 2004 beim Inlandsumsatz seiner Mitglieder lediglich von einer "schwarzen Null" aus.

Dreistufiges Desaster

Dem Direktbezug des Sanitär-Fachhandwerks und seinen Auswirkungen auf das Branchengefüge widmete sich Karl-Heinz Wennrich, seit Ende April dieses Jahres im IFS-Präsidium. Er vertritt als Vorstandsmitglied der Burgbad AG eine Produktgruppe, für die "das ‚Fünf vor zwölf’-Beispiel eine freundliche Untertreibung darstellt". Neu an dem Phänomen "Direktbezug" sei u.a. das rasante und sich weiter beschleunigende Wachstum, das dieser Liefer- bzw. Beschaffungsweg entgegen allen Markttrends verzeichne.

Für das Segment Duschabtrennungen, das über die längste "Tradition" in puncto Direktbezug verfüge, lassen sich deutliche Marktanteilsverluste der Dreistufler erkennen, während gleichzeitig die Quote der zweistufig abgewickelten Duschabtrennungsgeschäfte nach oben schnellt. Eine ähnliche Tendenz konstatierte das Mitglied des IFS-Präsidiums bei Acrylwannen. In der Badmöbel-Sparte, die einen flächendeckenden Direktvertrieb bis vor wenigen Jahren praktisch nicht kannte, habe sich die Situation binnen kürzester Zeit dramatisch zugespitzt. So geht der Arbeitskreis Badmöbel (ABM) davon aus, dass zur Zeit fast 25 Prozent von dem über die sanitäre Vertriebsschiene abgewickelten Jahresumsatz auf den Direktbezug gehen. Vor allem mit Blick auf den permanenten Markteintritt neuer Anbieter sei mit einem weiteren rasanten Wachstum des zweistufigen Inlandsgeschäftes zu rechnen.

 

Das Jahr 2004 kann zu einem Schicksalsjahr der Sanitärbranche werden.
Karl-Heinz Wennrich

Aufgrund dieser Fakten "brauchen wir dringend" gemeinsame konstruktive Lösungen. Das IFS hoffe dabei u.a. auf die Bereitschaft der Vertriebspartner, auch unbequeme Vorschläge im Interesse der Gesamtbranche vorurteilsfrei und sachorientiert zu diskutieren bzw. zu begleiten. In dem Bestreben, direktbeziehende Handwerker wieder zurückzugewinnen, habe die Duschabtrennungsindustrie bereits vor zwei Jahren einen 16-Punkte-Katalog eingebracht. Dazu gehören folgende Lösungsansätze:

Wennrich: "Möglicherweise ist unter dem Eindruck der erheblich verschärften Situation die Dialogbereitschaft zu solchen Punkten heute stärker ausgeprägt als damals."

Neue Initiativen

Auch ein vom letzten IFS-Mitgliedertreffen verabschiedeter Denkansatz ziele auf ein zentrales Element der Thematik. Der Industriekreis sieht danach in der Förderung einzelhandelstreibender Handwerker mit Ausstellung durch eine Direktbelieferung der Markenproduzenten eine weitere Chance, das große Renovierungspotenzial auszuschöpfen.

Und wenn sich nichts bewegt? "Dann kann", so Wennrich deutlich, "2004 zumindest aus dem Blickwinkel der dreistufigen Badmöbler zu einem Schicksalsjahr für die Sanitärbranche werden."

 


*) Dem IndustrieForum Sanitär gehören Bette, Burgbad, Dornbracht, Duravit, Duscholux, Geberit, Grohe, Hansgrohe, Hoesch, Hüppe, Ideal Standard, Kaldewei, Keramag, Keuco, Kludi, Koralle, Sanipa, Viega und Villeroy & Boch an (Stand: April 2004). Mit einem Gesamtumsatz von knapp 3,9 Mrd. Euro repräsentieren sie rund 73 Prozent aller 176 inländischen -Hersteller.


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