IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/2004, Seite 50 ff.


SOLARTECHNIK


Rekordjahr erwartet

Der deutsche Solarmarkt startet zu neuen Ufern

Gerhard Stryi-Hipp*

2004 wird zum neuen Rekordjahr für die Solarbranche. Der Saisonauftakt lässt einen starken Zuwachs erwarten, sowohl des Solarstrom- als auch des Solarwärme-Marktes. Die Politik hat ihre Hausaufgaben gemacht und Ende 2003 die notwendigen Beschlüsse gefasst. Sie ermöglichen ein kontinuierliches Marktwachstum der Solartechnik nicht nur 2004, sondern auch in den folgenden Jahren. Der Solarmarkt tritt damit in eine neue Phase ein.

Optisch ansprechende Integration von Solarstrom- und Solarwärmekollektoren auf einem Steildach.
(Bild: Schüco International KG)

Am 1. Januar 2004 trat das Photovoltaik-Vorschaltgesetz in Kraft. Eine verbesserte Vergütung von Solarstrom ersetzt seither das 2003 ausgelaufene 100.000 Dächer-Programm. Neu sind die differenzierten Vergütungssätze: Für Strom von Solaranlagen bis 30 Kilowatt Leistung, die auf Gebäuden montiert sind, erhält der Betreiber 57,4 Eurocents pro Kilowattstunde, 54,6 Eurocents für den Anlagenteil zwischen 30 und 100 Kilowatt und 54,0 Eurocents für den Anlagenteil über 100 Kilowatt. Wird die Anlage in die Fassade eingebaut, erhöht sich der Betrag um fünf Eurocents. Alle anderen Anlagen erhalten 45,7 Eurocents pro Kilowattstunde.

Die neue Vergütungsregelung hat die Nachfrage sprunghaft ansteigen lassen. In guten Einstrahlungsgebieten ergibt sich eine marktübliche Rendite für Solarstromanlagen von etwa 6,5 Prozent. Der Bundesverband Solarindustrie (BSi) erwartet durch die differenzierte Vergütung einen neuen Schub für den zuletzt stagnierenden Markt der Kleinanlagen auf privaten Hausdächern. Weiter zunehmen wird die Anzahl mittelgroßer Anlagen mit Leistungen bis 100 Kilowatt. Sie werden entweder als Gemeinschaftsprojekte auf öffentlichen Gebäuden und Gewerbebetrieben oder in zunehmendem Umfang von ländlichen Betrieben etwa auf Scheunendächern realisiert. Wegen des Wegfalls der Größenbegrenzung für Freiflächenanlagen bei den neuen Vergütungssätzen werden auch diese zulegen und damit attraktive Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger bieten, die kein eigenes Dach besitzen.

Wohin entwickelt sich der Solarstrom-Markt? Viele Hausbesitzer und Landwirte haben auf eine solche Regelung gewartet und wollen jetzt investieren. Viele Projektentwickler haben Großprojekte geplant und vorbereitet, die sie jetzt realisieren. Das angestaute Nachfragevolumen drängt ungehindert zur Realisierung und führt in diesem Jahr zu einem deutlichen Marktschub in der Photovoltaik. Der BSi geht davon aus, dass in diesem Jahr der Markt um mehr als 50 Prozent wachsen wird, mittelfristig wird sich die Situation normalisieren und ein kontinuierliches Marktwachstum von 20 bis 25 Prozent pro Jahr erwartet.

Kontinuität in der Solarwärme bis 2006

Im vergangenen Jahr hat sich der Solarwärme-Markt mit einem Plus von 40 Prozent vom Einbruch im Vorjahr erholt. Etwa 750.000 Quadratmeter Sonnenkollektoren wurden 2003 installiert. In diesem Jahr kommt der Markt nun richtig in Fahrt. Die Hälfte der Anträge im Marktanreizprogramm wurden zwischen September und Dezember 2003 gestellt - und damit nicht mehr im letzten Jahr realisiert. Dieses Auftragspolster ist die Basis für den hervorragenden Start in die diesjährige Saison. Für 2004 erwartet der BSi einen neuen Rekord mit erstmals mehr als einer Million Quadratmeter installierter Sonnenkollektoren.

Seit 1. Januar 2004 gilt die neue Richtlinie im Marktanreizprogramm. Sie gibt dem Markt Sicherheit für die kommenden Jahre, da das Programm bis 2006 angelegt ist. Es begleitet die Umsetzung der Zielvorgabe aus der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen, bis 2006 die gesamt installierte Kollektorfläche auf zehn Millionen Quadratmeter zu verdoppeln. Erstmals hat die Politik damit ein Ausbauziel für die Solarwärme formuliert. Es erfordert ein durchschnittliches Wachstum von 35 Prozent pro Jahr.

Die Solarwärmetechnik ist ein Element der Gebäudesanierung. Im KfW-Gebäudesanierungsprogramm stellt die Bundesregierung seit 2003 zinsgünstige Kredite zur Verfügung. Der Gebäudebestand soll wärmetechnisch auf Vordermann gebracht werden mit dem Austausch alter Fenster oder mit einer Wärmedämmung von Dach und Fassade. Als besonders wirkungsvolle Maßnahme zur Energieeinsparung gilt der Ersatz alter Heizkessel durch moderne Brennwertkessel in Kombination mit Solaranlagen. Deshalb profitiert diese Maßnahme ebenfalls von den günstigen Konditionen.

Die 2002 eingeführte Energieeinsparverordnung berücksichtigt erstmals, wie Wärme in einem Neubau bereitgestellt wird. Ob der geforderte Primärenergieverbrauch eingehalten wird, hängt auch vom Einbau einer Solaranlage ab. Die Solartechnik ist ein Baustein, um die Vorgaben der Energieeinsparverordnung erreichen zu können. Sie wird damit künftig eine größere Rolle im Neubau spielen.

Solarwärme stößt in neue Marktsegmente vor

Im Eigenheimbereich ist die Solarnutzung fast schon der Standard, im Mietwohnungsbereich steht sie noch ganz am Anfang. Sowohl private Vermieter als auch Wohnungsbaugesellschaften tun sich noch schwer, ihren Mietern eine zukunftsweisende, solar unterstützte Warmwasserbereitung zu bieten - obwohl diese in größeren Gebäuden sehr effektiv arbeiten. Probleme macht vielfach die Umlage der Investitionskosten für eine Solaranlage. Auf die Heizkosten dürfen sie nicht umgelegt, sondern müssen als Modernisierung verbucht werden. Eine Solaranlage reduziert zwar die Heizkosten, da sie aber die Kaltmiete erhöht, schrecken viele Vermieter zurück. Deshalb empfiehlt sich die Installation einer Solaranlage im Rahmen der Modernisierung der Heizungsanlage oder der Verbesserung des Gebäude-Wärmeschutzes. Dann führt sie oft nur zu einer unwesentlichen Steigerung der Investitionskosten.

Im Eigenheimbereich ist die Solarnutzung fast schon der Standard, im Mietwohnungsbereich steht sie noch ganz am Anfang.
(Bild: Westfa GmbH)

Weitere neue Anwendungsgebiete der Solarwärme finden sich in Hotels und Krankenhäusern oder zur Versorgung von Siedlungen mit solarer Nahwärme. Mit hocheffizienten Kollektoren lässt sich Hochtemperatur-Wärme für gewerbliche Anwendungen erzeugen. Eine Anwendung ist die solare Kühlung: solar erzeugte Wärme treibt Kühlmaschinen an. Erste Anlagen laufen im Probebetrieb. Angesichts der immer heißer werdenden Sommer ist ein großer Bedarf für solare Kühlgeräte zu erwarten.

Für nahezu jeden Anwendungfall bieten die Solarmodul-Hersteller heute eine passende Lösung.
(Bild: Kyocera Fineceramics GmbH)

Die Integration der Solarwärme- in die Heiztechnik ist praktisch abgeschlossen. Der Massenmarkt mit mehr als einer Million Quadratmeter Sonnenkollektoren in mehr als 100.000 Anlagen eröffnet ein neues Optimierungspotenzial in der Produktion. Weiterentwicklungen finden im Detail statt: noch attraktiveres Design, bessere Integration in die Dachhaut und in die Fassade, leichtere Bedienbarkeit und noch mehr Betriebssicherheit. Auch die Kombination von Solarstrom- und Solarwärmeanlage auf dem Dach gewinnt an Bedeutung.

Solarstromanlage auf einem Mehrfamilienhaus.
(Bild: Gehrlicher Umweltschonende Energiesysteme GmbH)

Die Marktperspektive der kommenden Jahre stimmt sehr positiv und belohnt die Solarbranche, die in den vergangenen Jahren intensiv in die Weiterentwicklung der Solartechnik investiert hat und heute noch effizientere, attraktivere und kostengünstigere Produkte bereitstellt.


*) Gerhard Stryi-Hipp, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarindustrie (BSi) www.bsi-solar.de


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]