IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2004, Seite 30 ff.


BARRIEREFREIES WOHNEN


Das ideale Bad

"Ein ausgezeichnetes Produkt"

Dipl.-Kfm. Marcus Sauer*

Ein erfolgreiches Produkt wie "das ideale Bad" sollte nicht nur funktionalen Ansprüchen gerecht werden, sondern auch den Erwartungen eines jeden Nutzers - gleich welchen Alters - nach Komfort, Qualität, Ästhetik und Design entsprechen. Für den Fachhandwerker stehen damit im Fokus: die individuellen Nutzerwünsche.

Die Frage, wie ein ideales barrierefreies Bad aussehen sollte, ist ebenso schwer zu beantworten wie die Frage nach dem idealen Urlaubsort, dem idealen Geschenk oder dem idealen Ehepartner: Eine Standardlösung gibt es nicht. Es kommt immer darauf an...

Eine ganze Reihe von Faktoren sollen oder müssen bei der Badplanung berücksichtigt werden. Denn jeder Nutzer eines Bades hat seine eigene Vorstellung davon, unter welchen Bedingungen sein Bad für ihn ideal ist. Demzufolge ist ein "ideales" Bad immer auch ein "individuelles" Bad. Genau das muss ein Fachhandwerker berücksichtigen. Zwar lassen sich in den meisten Fällen Standardprodukte einsetzen - um eine Standardlösung darf es sich aber keinesfalls handeln. Aus diesem Grunde bedarf es eines ausführlichen Beratungsgespräches. Fragestellungen wie nachfolgend beispielhaft genannt liefern wichtige Erkenntnisse über die speziellen Kundenbedürfnisse und -wünsche.

Komfort-Merkmal in allen Lebenslagen: die bodengleich eingebaute Dusche mit entsprechender Duschabtrennung.
Bild: GGT, Iserlohn

Nachdem der Fachhandwerker auf diese Weise die individuellen Anforderungskriterien ermittelt hat, ist ein Blick in die einschlägigen Normen und Vorschriften unerlässlich. Wird für einen privaten Haushalt geplant, sollte die DIN 18025 mit ihren zwei Teilen (Teil 1: "Wohnungen für Rollstuhlbenutzer"; Teil 2: "Barrierefreie Wohnungen") zu Rate gezogen werden. Gerade im privaten Bereich aber muss sich der Fachhandwerker nicht sklavisch an die Vorschriften halten, sondern ein Bad planen, das den Bedürfnissen seiner Nutzer entspricht und die baulichen sowie räumlichen Gegebenheiten berücksichtigt.

Das ideale Bad muss variabel sein. Körperliche Einschränkungen der Bewohner, vor allem aber durch den Lebenslauf hervorgerufene Veränderungen der Bewegungsabläufe, sind zu berücksichtigen. Daher sollte auch nicht erst ab einem Alter von "50+" an eine Dusche ohne Stolperkante gedacht werden, sondern viel früher. Ziel eines idealen Bades muss es sein, dieses Bad den wechselnden Bedürfnissen seiner Nutzer anpassen zu können. Und das mit einfachen Mitteln in allen Lebensphasen. Ob Kind, älterer Mensch oder Kranker - komfortable Bäder weisen bei der Nutzung für jeden Menschen Vorteile auf.

Die ideale Badgröße

Das ideale Bad verlangt nicht nach überdimensionierten Grundflächen. Wie eine seitens der VDS (Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft) in Auftrag gegebene GFK-Studie zeigt, sind bundesdeutsche Badezimmer im Durchschnitt kaum größer als 7m2. Die Aufgabe des Planers und des Fachhandwerkers muss es demzufolge sein, auch auf einer solch bescheidenen Fläche das ideale Bad zu realisieren. Entscheidend ist eine vorausschauende Planung, die sich durch pfiffige Details auszeichnet. Ganz besonders gilt das natürlich für die Renovierung/Modernisierung.

Bewegungsflächen spielen in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Sie sollten so bemessen sein, dass vielleicht auch ein Rollstuhlfahrer alle Sanitärobjekte problemlos anfahren kann.

Je flexibler die Einrichtung, desto besser. Können mit geringem Aufwand Einrichtungsgegenstände entfernt oder gegen andere Objekte ausgetauscht werden, lässt sich das ideale Bad bei eventuellen Veränderungen problemloser und kostengünstiger anpassen.


Schulungen zum "Fachbetrieb für senioren- und behindertengerechte Installation" bei der GGT in Iserlohn

Termine 2004

15. bis 17. September 2004

10. bis 12.November 2004

1. bis 3. Dezember 2004

Infos und Anmeldung: Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik,
Max-Planck-Straße 5, 58638 Iserlohn, Telefon:02371/9595-0,
Fax: 02371/9595-20, E-Mail: Feedback@gerontotechnik.de.

Durch Vorwandsysteme geschickt platzierte Zwischen- und Trennwände schaffen ein neues Raumgefühl - die passende Beleuchtung setzt das "Komfortbad für ALLE" ins rechte Licht. Dabei sollte die Lichtstärke für den älteren Menschen deutlich höher - im Idealfall doppelt so hoch - sein als in einem herkömmlichen Bad. Halogen-Licht kann bei älteren Menschen zu einer erhöhten Blendwirkung führen. Besser ist es, den Raum indirekt zu beleuchten und im Bereich des Spiegels seitlich angebrachte Leuchten zu verwenden. Unterschiedliche Farben und/oder Bodenbeläge ermöglichen notwendige Kontraste.

Auf diese Weise kann der Raum warm und ansprechend gestaltet werden - es müssen nicht immer weiße Fliesen sein.

Der Einstieg in eine bodengleiche Dusche ist für Rollstuhlfahrer bequemer als bei jeder Dusche mit Kante; das Bad lässt sich zudem einfacher reinigen. Mit den richtigen Materialien kann sich ein sehr schickes Gesamtbild ergeben - wie das rollstuhlgerechte Bad des zweifachen Paralympics-Siegers Gustav Gross beweist.
Bild: Glamü, Heitersheim

Einfacher wird das natürlich bei einem Neubau. Hier kann der Grundriss von Anfang an großzügiger geplant werden, sodass ausreichende Bewegungsflächen zur Verfügung stehen. Auch hier fällt es wieder schwer, eine konkrete Größe zu empfehlen. Der Planer muss die individuellen Bedürfnisse seines Kunden berücksichtigen und eine darauf abgestimmte Lösung entwickeln.

Bei der Renovierung eines Hauses oder einer Wohnung einer "50+"-Familie, bei der vielleicht gerade die Kinder ausgezogen sind und die sich jetzt etwas gönnen will, kann großzügiger geplant werden. Vielleicht lassen sich den Bewohnern neue Sichtweisen vermitteln, bei denen sich aus dem - meist größeren, aber nicht mehr benötigten - Kinderzimmer ein komfortables Bad machen lässt. Hier ist die Kreativität des Installateurs gefordert, der seinen Kunden durchaus dazu veranlassen darf, in neue Richtungen zu denken.

Bodengleiche Dusche

Neue Sicht- und Denkweisen können auch in kleinerem Rahmen vermittelt werden. Beispielsweise dann, wenn die bodengleiche oder nahezu bodengleiche Dusche als Komfort-Merkmal angeboten wird: Der Einstieg in eine solche Dusche ist bequemer als bei jeder Dusche mit Kante und das Bad lässt sich einfacher reinigen. Mit den richtigen Materialien kann sich sogar ein sehr schickes Gesamtbild ergeben - ein Designer-Badezimmer mit bodengleicher Dusche. Damit ist der Nutzer auch im Alter sicher, wenn er vielleicht körperlich Probleme hat. So muss er keine Einstiegskante überwinden und kann diesen Bereich nötigenfalls mit dem Rollstuhl befahren. Er ist auch gerüstet, wenn er - selbst in jungen Jahren - durch eine Verletzung gehandicapt ist.

Mit der richtigen Duschabtrennung und einem entsprechend positionierten Bodenablauf lässt sich auch verhindern, dass das komplette Bad beim Duschen "überschwemmt" wird - auch dieser Sorge von Hausfrauen oder -männern kann der Installateur mit guten Argumenten begegnen.

Wenn ausreichend Platz vorhanden ist, sollte auf die Badewanne nicht verzichtet werden. Die Badewanne wird dann zu einem Wellness-Produkt. Gebadet wird nur dann, wenn man sich "etwas gönnen" möchte. Insbesondere in jungen Jahren steht die Badewanne also unter dem Komfort-Aspekt. Es kann aber auch sein, dass eine Badewanne für pflegerische Maßnahmen bei älteren Menschen erforderlich wird. Auch für kleinere Kinder ist es oft praktischer und spannender, in einem Schaumbad zu plantschen als unter die Dusche zu gehen. Also bietet sich auch für die Badewanne ein generationsübergreifender Bedarf.

Themenbereiche

Ausgabe

Was ist Gerontotechnik?

22/2002

Wie sieht der Markt aus?

4/2003

Überblick über die DIN-Normen

9/2003

Rund um das Thema Armaturen

12/2003

Waschtisch und Accessoires

14/2003

WC-Einrichtungen

 

Dusche und Accessoires

 

Badewanne und Accessoires

 

Das ideale Bad

 

Kostenträger und Finanzierung

19/2003

Kommunikationsproblem und Vermarktung

 

Marketing

 

Fazit

 

Die richtige Höhe für Waschtisch und WC

Laut DIN 18025 Teil 1 wird eine rollstuhlgerechte Toilette in einer Sitzhöhe von 48cm montiert. Das muss aber nicht zwangsläufig in allen Anwendungsfällen die ideale Montagehöhe sein. Auch hier sollte auf die Belange der Nutzer Rücksicht genommen werden. Vor allem, wenn große und kleine Menschen das Bad nutzen, muss ein Kompromiss gefunden werden, der für beide bequem ist. Leben kleine Kinder in der Wohnung, lässt sich ein Vorwandsystem verwenden, bei dem die Sitzhöhe der Toilette nachträglich ohne großen Aufwand verändert werden kann. Dies hilft nicht nur den Kindern, die langsam größer werden, sondern auch älteren Menschen, denen irgendwann das Aufstehen schwerer fällt.

Ein höhenverstellbarer Waschtisch könnte gut geeignet sein für Rollstuhlfahrer, aber auch für kleine Kinder, die so nicht mehr auf einen gefährlichen Hocker, Untersetzer oder Stuhl klettern müssen.

Haltegriffe im idealen Bad?

In das ideale Bad müssen zunächst keine Haltegriffe. Es sollte aber daran gedacht werden, Griffe im Bereich von Toilette und Waschtisch bei Bedarf anbringen zu können. Die Vorwandkonstruktion muss also entsprechend verstärkt sein.

Auch bei der Auswahl von Accessoires kann vorausschauend geplant werden. So gibt es mittlerweile eine Reihe von Herstellern, die ihre klassischen Serien durch Griffsysteme ergänzen. So kann das komfortable Bad mitwachsen, wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein Haltegriff benötigt wird. Es entsteht bei einer Nachrüstung kein Design-Bruch durch Produkte, die nicht ins Gesamtbild der Badausstattung passen.

Haltegriffe bieten Komfort und Sicherheit in jedem Bad. Das Modell im linken Bild wurde von Emco in enger Zusammenarbeit mit der GGT entwickelt und gewann 2003 den Innovationspreis. Die Haltegriffe im rechten Bild (FSB) wurden ebenfalls in Zusammenarbeit mit der GGT optimiert. Dem Wunsch der Nutzer entsprechend weist das System eine ovale Form aus und bietet mit dem Wannensitz auch gleich einen Wickeltisch für Kleinkinder oder die Ablage für den "Cocktail im Wonnebad".
Bild: GGT, Iserlohn

Was gibt es sonst noch zu beachten?

Für alle Produkte, egal, ob Accessoires, Badmöbel, Keramik oder auch die Duschtrennwand, sollte ein pflegeleichtes oder pflegefreundliches Material verwendet werden. Das kann z.B. die speziell beschichtete, reinigungsfreundliche Oberfläche sein. Es kann aber auch bedeuten, dass Objekte verwendet werden, die nur wenige "Schmutzkanten" haben, um die Reinigung zu erleichtern. Ablagemöglichkeiten sollten ebenfalls in ausreichender Zahl und mit genügend Platz eingeplant werden. Denn auch hier besteht generationsübergreifender Bedarf, beispielsweise bei der Frage, wohin beim Duschen mit der Brille, der Zeitung oder dem Spielzeug?

Alle Bedienelemente im Bad sollten gut zugänglich sein. Dazu können auch Fenstergriffe zählen, die niedriger angebracht werden oder mit einer Fernbedienung zu steuern sind.

Dass der Planer an genügend Steckdosen denkt, sollte selbstverständlich sein. Er kann aber auch einplanen, Kabel oder Leerrohre dort vorzusehen, wo vielleicht mal eine Höhenverstellung nachgerüstet werden muss oder Objekte montiert werden, die zusätzlichen Strom benötigen. Dies erspart bei Bedarf aufwendiges Entfernen und Erneuern von Fliesen, nur um ein paar Leitungen zu verlegen.

Umfragen haben unter anderem auch gezeigt, dass das ideale Bad am besten lautlos und ohne Schmutz in einer Nacht- und Nebelaktion eingebaut wird. Diesem Wunsch kann ein Handwerker nicht entsprechen. Trotzdem sollte er den Aufwand für den Kunden so gering wie möglich halten. Dazu gehört die Planung, Ausführung und Montage aus einer Hand, ohne dass der Kunde verschiedene Gewerke untereinander koordinieren muss. Wichtig ist auch, dass ein solches Projekt bezahlbar bleibt. Bezahlbar heißt aber nicht "billig", sondern steht für ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn der ältere Kunde den für sich maximalen Nutzen erzielen kann, ist er durchaus bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Er weiß, dass gute Leistung Geld kostet.

Das ideale Bad auch für Mieter?

Verschiedene Studien, die für den deutschen Markt durchgeführt wurden, zeigen, dass insbesondere Menschen der Generation 50+ in Wohneigentum leben. So war ein Ergebnis der GGT-Studie "Das Badezimmer des älteren Menschen" vom Mai 2002, dass mehr als 60% der befragten älteren Menschen in Eigentumswohnungen oder eigenen Häusern leben. In den Häusern und Wohnungen aus den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren sind rund die Hälfte der Bäder noch nicht renoviert worden. Hier besteht also erheblicher Nachholbedarf.

Komfortabel, sicher und praktisch: Bei dieser optimal höhenverstellbaren Waschplatzlösung bewegt sich nicht nur das Waschbecken elektrisch nach oben, sondern die gesamte Einheit samt Schränken, Spiegel, Beleuchtung und Stromanschluss.
Bild: GGT, Iserlohn

Die Situation in Mietwohnungen ist ähnlich - auch hier besteht ein Renovierungsstau. Allerdings sind die Vermieter nicht immer offen für aufwendige Sanierungsarbeiten, auch wenn sich dadurch der Wert einer Wohnung steigern ließe und damit spätere Vermietungsmöglichkeiten verbessert würden.

So kommt es immer häufiger vor, dass Mieter selbst handeln, um ihr Bad an ihre Bedürfnisse anzupassen. Das reicht von Duschsitzen und Griffsystemen, die angeschraubt werden, bis hin zum Umbau der Dusche zu einer bodengleichen Dusche.

Seit Anfang 2002 sind die Vermieter sogar gesetzlich dazu verpflichtet, derartigen Projekten zuzustimmen - ein neuer Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch (§554a) stellt die Interessen der Mieter nun denen der Vermieter gleich. Nur in begründeten Fällen darf der Vermieter bauliche Maßnahmen ablehnen. Der Mieter bleibt zwar noch immer auf den Kosten sitzen und muss in Einzelfällen sogar Sicherheiten stellen, die einen "Rückbau" ermöglichen. So manches Gespräch mit dem Vermieter hat aber schon Wunder gewirkt und der Vermieter hat dem Umbau nicht nur zugestimmt, sondern auch mitfinanziert. Immerhin sind ältere Menschen dankbare Mieter, die möglichst lange als Mieter erhalten bleiben sollen - sie zahlen regelmäßig ihre Miete, feiern selten laute Parties und gelten im Allgemeinen als verantwortungsbewusste Mieter.

 

Internetinformationen:
www.gerontotechnik.de
www.glamue.de


*) Dipl.-Kfm. Marcus Sauer Projektleiter Sanitär Deutsche Gesellschaft für Gerontotechnik, Iserlohn.


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