IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/2004, Seite 58 f.



Was hat sich geändert?

Das neue Kündigungsschutzgesetz

RA Felicitas Floßdorf*

Im Dezember 2003 wurde das so genannte Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt beschlossen. Das Gesetz ist zum Jahresbeginn 2004 in Kraft getreten und beinhaltet unter anderem Änderungen im Kündigungsschutzgesetz.

Das neue Kündigungsschutzgesetz, welches seit dem 1.1.2004 gilt, enthält u. a. folgende wichtige Änderungen:

Am besten lassen sich die Änderungen im Rahmen einer Kurzdarstellung von Inhalt und Anwendungsbereich der KSchG aufzeigen!

Der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG gilt für alle Arbeitnehmer, die in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Hierzu ist erforderlich, dass das Arbeitsverhältnis

Bislang galt das Kündigungsschutzgesetz nur in Betrieben mit regelmäßig mehr als 5 Mitarbeitern. Fortan kann der Arbeitgeber bis zu 10 Arbeitnehmer beschäftigen, bevor das Kündigungsschutzgesetz greift. Allerdings gilt dieser neue Schwellenwert nur für Neueinstellungen, also für Arbeitnehmer, deren vereinbarter Arbeitsbeginn nach dem 31. Dezember 2003 liegt. Für Arbeitnehmer, die am 31. Dezember 2003 bereits in dem Betrieb beschäftigt waren, gilt die bisherige Regelung mit einem Schwellenwert von 5 Arbeitnehmern weiter, sodass diese Arbeitnehmer auch weiterhin Kündigungsschutz haben.

Ist das Kündigungsschutzgesetz auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar, ist die Kündigung durch den Arbeitgeber an besondere Voraussetzungen geknüpft. So muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Das ist sie nur dann, wenn sie auf personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe gestützt wird, die allerdings so wichtig sein müssen, dass die Kündigung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips nach einer umfassenden Interessenabwägung angemessen ist.

Das Kündigungsschutzgesetz unterscheidet zwischen drei Arten von Kündigungen, welche im Folgenden dargestellt werden. Änderungen hat es allerdings nur im Bereich der betriebsbedingten Kündigungen gegeben.

1. Die personenbedingte Kündigung

Gründe hierfür können beispielsweise eine lang andauernde Erkrankung, häufige Kurzerkrankungen oder die Verbüßung einer Freiheitsstrafe sein. Liegt ein solcher Grund vor, ist zu prüfen, ob eine negative Zukunftsprognose gegeben ist. Dies ist zu bejahen, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung absehbar ist, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig teilweise oder überhaupt nicht mehr in der Lage sein wird, die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen. Weiterhin muss geprüft werden, ob beispielsweise durch die entstandenen und prognostizierten Fehlzeiten eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen verursacht wird. Hiervon kann dann ausgegangen werden, wenn erhebliche Störungen im betrieblichen Ablauf oder gravierende wirtschaftliche Belastungen durch die Fehlzeiten des Arbeitnehmers entstehen. Schließlich ist zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer im Betrieb besteht (Vorrang der Änderungskündigung). Abschließend erfolgt noch eine Interessenabwägung. Hierbei können beispielsweise folgende Punkte zu berücksichtigen sein: Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter, Familienstand und Unterhaltsverpflichtungen, Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt, Größe und wirtschaftliche Lage des Unternehmens.

2. Die verhaltensbedingte Kündigung

Zunächst muss bei einer solchen Kündigung ein verhaltensbedingter Grund vorliegen. Verhaltensbedingte Gründe sind beispielsweise Arbeitsverweigerung, Unpünktlichkeit, Verletzung von Rauchverboten, Verletzung von Anzeige- und Nachweispflichten bei Krankheit usw. Verhaltensbedingt bedeutet, dass ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten seine arbeitnehmervertraglichen Pflichten vernachlässigt bzw. verletzt. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, ist eine im Einzelfall ausgesprochene Kündigung gleichwohl nur dann wirksam, wenn sie unter Berücksichtigung des so genannten Verhältnismäßigkeitsprinzips erfolgt und einer Interessenabwägung standhält. Man spricht vom ultimaratio-Prinzip im Kündigungsschutzrecht. Aus diesem Prinzip ergibt sich, dass vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich eine vorherige Abmahnung des Arbeitnehmers bezüglich ähnlich gelagerter Pflichtverstöße erforderlich ist. Außerdem ist auch vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Vor allem die Betriebszugehörigkeit bzw. die Dauer des reibungslosen Ablaufes des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer spielen hier eine wichtige Rolle.

3. Die betriebsbedingte Kündigung

Auch hier muss zunächst ein Kündigungsgrund vorliegen. Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung können beispielsweise eine Betriebseinschränkung, eine Betriebsstilllegung, Umsatzrückgang oder Auftragsmangel darstellen. Bei Vorliegen eines solchen Grundes ist dann zu prüfen, ob keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer im Betrieb besteht. Hierbei sind grundsätzlich auch gleichwertige oder schlechtere Arbeitsplätze einzubeziehen. Schließlich ist eine betriebsbedingte Kündigung nur wirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt hat. Auch im Rahmen dieser Sozialauswahl gelten seit Jahresbeginn 2004 neue Regelungen. Zwar hat der Gesetzgeber das grundlegende Verfahren nicht geändert, er hat es aber modifiziert. Die Sozialauswahl erfolgt zukünftig in drei festgelegten Stufen:

(1) Feststellung der Erforderlichkeit der Sozialauswahl,
(2) Durchführung der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz,
(3) Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl.

Die wesentlichen Änderungen ergeben sich bei der 2. und 3. Stufe der Sozialauswahl.

Gesetzliche Kriterien für die Sozialauswahl

Bisher war nur geregelt, dass der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen musste. Welche Gesichtspunkte der Arbeitgeber dabei zu berücksichtigen hatte, ergab sich nicht aus dem Gesetz, sodass im Rahmen der Sozialauswahl große Unsicherheit bestand. Um diese Ungewissheit zukünftig zu vermeiden, wurden für die Sozialauswahl folgende zu berücksichtigende Grunddaten festgelegt:

Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl

Eine weitere wesentliche Änderung erfolgt auch im Bereich der Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl. Im Interesse der Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Betriebes sollen künftig betriebliche Erfordernisse gegenüber sozialen Gesichtspunkten in den Vordergrund treten. Jetzt sollen Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl herausfallen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegen.

Abfindung neu geregelt

Neu ist auch der gesetzlich geregelte Abfindungsanspruch nach § 1 a KSchG. Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung erhalten Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit einer einfachen außergerichtlichen Klärung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Kündigt der Arbeitgeber betriebsbedingt, kann der Arbeitnehmer zwischen der Kündigungsschutzklage oder einer Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes je Beschäftigungsjahr wählen, wenn die Voraussetzungen für den gesetzlichen Abfindungsanspruch vorliegen. Voraussetzungen für den gesetzlichen Abfindungsanspruch sind:

Bei Vorliegen der Voraussetzungen entsteht der Abfindungsanspruch mit Ablauf der Kündigungsfrist, d.h., im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber hat es allerdings in der Hand, ob das Wahlrecht des Arbeitnehmers überhaupt entsteht. Unterlässt er den Hinweis auf den gesetzlichen Abfindungsanspruch des neuen § 1 a KSchG, kann dieser erst gar nicht entstehen.


*) RA Felicitas Floßdorf, Referat Recht, Fachverband Sanitär Heizung Klima Nordrhein-Westfalen.


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