IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2004, Seite 59 ff.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Unternehmensleitbilder schaffen Vertrauen

Planung, Implementierung und Kontrolle

Das Berufsbild des Handwerkers wird mehr und mehr durch Verkaufsarbeit geprägt. Während die ausschließliche Dominanz der Technik verloren gegangen ist, nimmt die Unternehmensführung und der Verkauf einen ebenso großen Stellenwert ein.

Der grundsätzliche Gedanke zur Einführung eines Unternehmensleitbildes basiert auf der Vereinheitlichung und strikten Einhaltung von Unternehmensphilosophien. Ohne Ziel kein Weg. Was sich hier so einfach anhört bereitet in der Umsetzung enorme Probleme. Ohne einheitliche Vorgehensweise wird es einem Unternehmen und dessen Mitarbeitern nur unzureichend gelingen, eine Unternehmensphilosophie in seiner ganzen Bandbreite in den Markt zu tragen. Zu groß sind die Unterschiede in der gedanklichen und praxisorientierten Umsetzung und dessen, was erreicht werden soll und unter welchen Bedingungen dies geschieht. Umso notwendiger ist hier eine schriftliche Fixierung von Grundsätzen, um dem eigentlichen Sinn des Unternehmensleitbildes, nämlich eine klare und einheitliche Umsetzung zu realisieren, Rechnung zu tragen.

Wirkung von Unternehmensgrundsätzen

1. Mitarbeitermotivation.
2. Verhaltenssteuerung von Mitarbeitern.
3. Richtungsweisende Wirkung für das gesamte Unternehmen.
4. Festlegung des Unternehmenszwecks und dessen Selbstverständnis.
5. Klare Skizzierung von Zielen.
6. Herausstellen von Stärken und Möglichkeiten des eigenen Unternehmens.

Hohe Marktanforderungen verlangen strikte Kundenorientierung

Die Anforderungen, die heute an moderne Unternehmen gestellt werden, unterscheiden sich gravierend von denen, die noch vor 10 Jahren als ausreichend anzusehen waren. Ein Unternehmen muss in heutiger Zeit ein sehr viel größeres Maß an Flexibilität und Erneuerungsfähigkeit aufweisen. Der Anteil an standardisierten Angeboten bei Produkten und Dienstleistung erschweren die Situation zusätzlich. Das bedeutet, dass die Orientierung an den Bedürfnissen des Kunden wesentlich stärker in den Vordergrund tritt.

Die Effekte, die aus der Erstellung eines Leitbildes entstehen, sind vielfältig. Dazu gehört z.B. die Klärung und Festlegung von Zielen, die Motivation der Mitarbeiter, die Erleichterung der Führung von Mitarbeitern durch die Nennung von Zielen, das Schaffen von Rahmenbedingungen für die Planung, die Stärkung der Innovationsfähigkeit oder auch die Verbesserung des Firmenimages im internen und externen Umfeld.

Anforderungen und Aufbau eines Leitbildes.

Entwicklung eines Leitbildes

Vor der eigentlichen Entwicklung steht die Entscheidung ein Leitbild zu erstellen. Die Umsetzung sollte durch einen Beschluss offiziellen Charakter bekommen, der das Projekt "Leitbild" ins Leben ruft. Der Zeitpunkt zur Erstellung eines Leitbildes sollte so gewählt sein, dass auch eine vernünftige Umsetzung erfolgen kann. Also nicht unbedingt in saisonalen Hochphasen oder zeitgleich zum Start eines großen Projektes oder anderer Umsetzungen innerhalb des Unternehmens.

In der Formulierung der Leitsätze muss auf eine klar strukturierte und einfache Darstellung geachtet werden. Es muss für jeden klar nachvollziehbar und verständlich sein, was mit den einzelnen Leitsätzen ausgesagt werden soll. Denn daraus muss sich für alle Mitarbeiter ein deutliches Bild zur Umsetzung herauskristallisieren lassen.

Phase 1: Erstellung eines Unternehmensleitbildes.

Die Vorgehensweise zur Entwicklung eines Leitbildes vollzieht sich in aller Regel in drei Schritten:

1. Phase: Erfassung des Ist-Zustandes

In dieser Phase steht die Analyse- und Diagnose der bestehenden Situation im Vordergrund. Zu betrachten ist dabei die derzeitige Umsetzung von Unternehmenszielen unter Berücksichtigung des Marktes, der Umwelt, der Finanzen, der angebotenen Produkte und Dienstleistungen und des Personals. Dabei ist die genaue Definition der Unternehmensziele und deren Umsetzung zu ermitteln. Hier soll der Bezug zur Organisation und ihrer Realität vorgenommen werden.

Phase 2: Erstellung eines Konzeptes für die Formulierung eines Leitbildes.

Alle Informationen nutzen

Schon in dieser ersten Phase ist es wichtig, alle möglichen Informationswege zu nutzen. Sehen Sie die Dinge nicht ausschließlich aus Ihrer Sicht, sondern beziehen Sie Ihre Mitarbeiter mit ein. Nicht allein der Information wegen ist diese Vorgehensweise anzuraten. Später ergeben sich aus der Analyse weitere Schritte, die von allen Beteiligten im Unternehmen mitgetragen werden müssen. Um Schwierigkeiten in der Akzeptanz vorzubeugen und eine schnelle Umsetzung des späteren Leitbildes vornehmen zu können, sollten alle Mitarbeiter mit einbezogen werden. Je nach Unternehmensgröße bieten sich Arbeitsgruppen an, die zu bestimmten Themen prägnante Leitsätze erarbeiten.

Des Weiteren sind Informationen von Ihren Kunden mit einzubeziehen. Dabei können sich entscheidende Ergebnisse herauskristallisieren, die aus Sicht des Kunden in Bezug auf Auftragsentwicklung und Umsetzung betrachtet, in Ihrer internen Analyse vielleicht noch gar nicht berücksichtigt wurden.

Auszüge aus dem vom Autor entwickelten 99-Punkte-Programm der vertriebsorientierten Unternehmensanalyse

Diese und ähnliche Fragen sollten Sie sich stellen, um eine Unternehmensphilosophie als Erfolgsinstrument in Ihrem Unternehmen zu nutzen:

1. Ist ein Unternehmensleitbild (Leitsätze) im Unternehmen installiert?

2. Wird die Einhaltung der Leitsätze überwacht?

3. Sind die Leitsätze beim Kunden bekannt?

4. Gibt es Kritik an den Leitsätzen aus den Reihen der Mitarbeiter?

5. Werden die Leitsätze regelmäßig überarbeitet bzw. neuen Erfordernissen angepasst?

2. Phase: Erstellung eines Konzeptes

Nachdem in Phase 1 der Status quo durchleuchtet wurde, geht es nun um die Zielsetzung und die Modalitäten zur Umsetzung. Dabei ist zu beachten, dass alle Überlegungen einen realistischen Hintergrund behalten. Es macht keinen Sinn, die Frage nach den Zielen des Unternehmens mit utopischen Vorstellungen zu versehen. Nur wenn das Bild durch die klare Definition der Ziele und der Wege dorthin für alle tragbar ist, wird es auch umsetzbar. Die klassischen Fragen, die zur Klärung der Soll-Situation beitragen, sind Wegbereiter zur Formulierung der eigentlichen Leitsätze (s. Bild "Phase 2"). Es ist in diesem Stadium auch wichtig zu fragen, wie groß der finanzielle und zeitliche Aufwand in der Formulierung und Umsetzung, aber auch in der Kontrolle sein darf. Ein zu großer Aufwand in der Umsetzung und der Erfolgskontrolle kann das ganze Projekt gefährden.

3. Phase: Umsetzung

Um ein Leitbild zu konkretisieren, bedarf es nun der Erarbeitung eines Maßnahmen- bzw. Aktionsplanes. Während Leitbilder entwickelt werden, gilt es mit Hilfe folgender Fragen Wege zur Umsetzung der einzelnen Leitlinien im Unternehmen zu finden:

Versuchen Sie ihre eigenen Leitlinien zu formulieren und hieraus ein Leitbild für ihre Firma abzuleiten. Es muss von allen getragen werden. Hierzu bietet sich schon in Phase 2 an, Workshops zu bilden und in einem zeitlich definierten Rahmen und mit Beteiligung der Mitarbeiter die Ziele und Umsetzungsmaßnahmen zu erarbeiten. Um die Ernsthaftigkeit und die Neutralität in diesen Workshops zu dokumentieren, aber auch um den Erfolg zu sichern, ist die Einschaltung eines Moderators sinnvoll. Er hat als versierter Profi die Aufgabe, verschiedene Interessenlagen zu vertreten und diese in schriftlicher Form zu verpacken. Ziel muss es sein, allen Beteiligten eine Identifikation mit den Richtlinien zu ermöglichen. Nur wenn es gelingt, dass jeder Mitarbeiter sich als ein Teil dieses Leitbildes in Form einer Beteiligung sieht und sich damit identifiziert, wird die Umsetzung in die Praxis erfolgreich sein.

Unternehmensleitbild der Schalm GmbH, Mönchengladbach.

Widerstände und Begleiterscheinungen

Jede Veränderung in einem Unternehmen bringt auch Widerstände mit sich. Insbesondere bei Neuerungen, die grundlegende Veränderungsprozesse in der Organisation und in der Durchführung nach sich ziehen. Es muss für alle klar sein, dass diese Maßnahmen Ziele verfolgen, die jeden Einzelnen betreffen und einen positiven Charakter haben. So ist ein Ziel die Effizienzsteigerung des gesamten Unternehmens zur Erhaltung (oder Schaffung) von Arbeitsplätzen und nicht umgekehrt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als handele es sich um die Vorbereitung zu Sanktionen oder ein Hilfsmittel zur einfachen Kündigung von Mitarbeitern. Diese vertrauensbildenden Maßnahmen sind notwendig, um die Mitarbeit aller Firmenangehörigen zu erhalten. Dabei soll kein Bereich und keine Person ausgespart werden.

Kurzfristige Etappenziele sollten dazu dienen, Erfolgserlebnisse auszulösen und somit das Engagement der Mitarbeiter weiter zu fördern und zu steigern. Nur wenn auch ein Feedback erfolgt und jeder Einzelne sich mit dem Erfolg identifizieren kann, wird die Implementierung eines Leitbildes - auch nachhaltig - erfolgreich sein.

Für einzelne Mitarbeiter besteht die Möglichkeit, die eigene persönliche Entwicklung innerhalb des Unternehmens von der Zielerreichung abhängig zu machen. Diese Art der Motivation lässt ein hohes Engagement erwarten und eignet sich besonders für Mitarbeiter, die über kurz oder lang Führungsaufgaben übernehmen sollen.

Ständiger Entwicklungsprozess des Leitbildes

Die erfolgreiche Ersterstellung und Umsetzung des Leitbildes ist ein erster Schritt. Ein Leitbild lebt. Es darf jederzeit sinnvoll und nutzbringend ergänzt und auf neue Gegebenheiten im Unternehmen, im Markt oder in der Tätigkeit eingestellt werden. Ein gelebtes Leitbild ist die Voraussetzung für die Nachhaltigkeit der Wirkung und für den Erfolg eines Unternehmens.


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