IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2004, Seite 20 ff.


SANITÄRTECHNIK


TRGI fordert zusätzliche aktive Sicherungsmaßnahmen

Gas-Strömungswächter bieten Sicherheit gegen Manipulationen

Klaus Held*

Nach der Ergänzung des DVGW-TRGI-Regelwerks vom Dezember vergangenen Jahres sind Gasströmungswächter nun bei allen Neuinstallationen von Gasanlagen vorgeschrieben. Die damit verbundenen Konsequenzen für die Planung und Installation werden nachfolgend aufgezeigt.

Erdgas als umweltfreundliche Energiequelle wird heute in mehr als 70% der deutschen Neubauinstallationen eingesetzt. Insgesamt nutzen ca. 17 Millionen Haushalte Gas als Energie zum Heizen, zur Warmwasserbereitung oder zum Kochen. Weitere Einsatzzwecke wie Wäschetrockner, Terrassenstrahler oder Grillstationen werden in der Zukunft verstärkt hinzu kommen. Das Sanitär- und Heizungsgewerbe profitiert davon in erheblichem Maß, hat aber auch deutlichen Anteil an der Marktdurchdringung dieses Energieträgers. Dem Endgebraucher wird hier von den Energieversorgern in Zusammenarbeit mit Handwerk und Industrie ein attraktives und sicheres Produkt zu günstigen Konditionen angeboten: komfortable Wärme.

Statistisch gesehen sind Unfälle oder Störungen an Gasanlagen äußerst selten, verglichen mit Unfällen, bei denen elektrischer Strom eine Rolle spielt. Diese wenigen Unfälle können jedoch in ihrer Wirkung erhebliche Auswirkungen erreichen. Durch die oft damit einhergehenden Personen- und Gebäudeschäden ist eine Verbreitung in den Medien regelmäßig gegeben. Mit insgesamt negativen Auswirkungen auf die Akzeptanz von Erdgas durch eine deutliche Verunsicherung der Nutzer. So liegt der Anteil der Gasherde in Deutschland deutlich unter der weiten Verbreitung zum Beispiel in anderen europäischen Ländern.

Bild 1: Erdgas ganz sicher: Gas-Strömungswächter schützen vor Eingriffen Unbefugter.

Ein Großteil dieser bedauerlichen Schäden an Gasinstallationen ging in der nahen Vergangenheit leider auf kriminelle Eingriffe zurück. Daneben sind aber auch Suizidfälle, sowie Schäden durch Do-it-yourselfer bekannt geworden, die zum Teil auch Personenschäden billigend in Kauf nahmen. Gemeinsames Ziel der Marktpartner muss es also sein, das Produktpaket so sicher wie möglich zu gestalten. Außerdem liegt es in der Verantwortung der informierten Fachleute, alle bekannten und als technisch wirkungsvoll erkannten Sicherungsmaßnahmen sinnvoll einzusetzen.

Neue technische Entwicklungen

Neben der Eigensicherheit der Gasgeräte ist bisher die thermische Absicherung als Bestandteil der Installationen ins Normenwerk aufgenommen worden. Um den Schutz gegen Eingriffe in die Gasinstallationen zu verbessern, wurden von der Industrie weltweit verschiedene technische Entwicklungen betrieben. In einer vom DVGW durchgeführten Studie wurde der Gas-Strömungswächter als besonders wirkungsvoll, sicher im Dauerbetrieb und als leicht zu implementieren erkannt.

Bild 2: Funktionsdarstellung Gas-Strömungswächter.

Bei den Gas-Strömungswächtern handelt es sich um ein federbelastetes Ventil, dass bei Überschreiten von fest eingestellten Durchflussmengen die Gasversorgung selbsttätig unterbricht. Der kritische Fall kann durch Trennen der Rohrleitungen, Manipulation an Gaszählern, Lösen von Stopfen oder Entfernen von Gasgeräten verursacht werden.

Bei normalem Betrieb mit Durchflussmengen bis zum fest vorgegebenen Gas-Nenndurchfluss (Vn) bleibt das Ventil stabil offen (Bild 1). Der Nenndurchfluss entspricht dabei der Summe der Anschlusswerte in m3/h Gas der angeschlossenen Gasgeräte. Wird jedoch der Nenndurchfluss um den Sicherheitsfaktor (fs) überschritten und der Schließdurchfluss (Vs) erreicht, schließt das Ventil automatisch. Das Ventil bleibt bis zur Beseitigung der Störung geschlossen. Nach Beseitigung der Störung und Schließen sämtlicher nachgeschalteter Verbraucher öffnet das Ventil selbsttätig und die Anlage kann wieder in Betrieb genommen werden.

Leckagen unterhalb des Schließdurchflusses führen nicht zum Schließen des GS. Die Schutzwirkung ist damit einer elektrischen Sicherung vergleichbar, die auch erst bei Überschreiten der unterschiedlichen Sicherungswerte den Stromkreis trennt. Auch der Airbag eines Autos tritt erst bei Überschreiten von bestimmten Verzögerungswerten in Funktion.

DVGW fordert aktive Schutzmaßnahmen

Basierend auf den Ergebnissen einer vom DVGW durchgeführten Sicherheitsstudie wurde im Dezember 2003 eine Ergänzung zum DVGW Arbeitsblatt G 600, TRGI, veröffentlicht. Hierin wird der Einsatz von aktiven Sicherungsmaßnahmen unter Punkt 3.3.7.1 gefordert (Auszug): "Um die Folgen von Eingriffen Unbefugter in die Gasinstallation von Gebäuden mit häuslicher und vergleichbarer Nutzung (Hausinstallationen) zu minimieren bzw. Eingriffe Unbefugter zu erschweren, sind grundsätzlich aktive und ggf. passive Maßnahmen erforderlich. Den aktiven Maßnahmen ist Vorrang einzuräumen. Leitungen sind so zu dimensionieren, dass die vorgeschaltete aktive Maßnahme auslösen kann. Leitungsenden bzw. Leitungsauslässe sind zu vermeiden."

Bild 3: Geltungsbereich Arbeitsblatt G 459/TRGI, G 600: Hausinneninstallationen.

Als aktive Maßnahmen werden Gas-Strömungswächter entsprechend DVGW-VP 305-1 oder Gas-Druckregler mit integriertem Gas-Strömungswächter nach DVGW-VP 200 aufgeführt und detaillierte Angaben über die Auswahl und Installation in den unterschiedlichen Versorgungsgebieten gemacht. Diese Ergänzung zur TRGI G 600 ist ein wichtiger Baustein in einem neuen ganzheitlichen Sicherheitskonzept, welches auch den Bereich der Hausanschlussleitungen nach Arbeitsblatt G 459 (Verbindung Versorgungsleitung zur Hausinstallation) mit berücksichtigt.

Werden erdverlegte Gas-Strömungswächter installiert, so dienen sie in erster Linie als Schutz gegen Schäden vor Abriss von Hausanschlussleitungen in Folge von Baggereingriffen. Diese erdverlegten Gas-Strömungswächter werden bereits weltweit eingesetzt und sind auch in Deutschland vielfach im Einsatz.

Der Manipulationsschutz wird durch zusätzliche Gasströmungswächter im Bereich der Hausinstallation erzielt. Aufgrund der unterschiedlichen Versorgungsdrücke und Installationsgegebenheiten ist ein besonderer Abstimmungsbedarf zwischen Gasversorgungsunternehmen (GVU) und den Vertragsinstallationsunternehmen (VIU) erforderlich.

Auslegungsvoraussetzungen

Zur Erreichung der Schutzziele muss der richtige Bautyp des Gas-Strömungswächters nach den örtlichen Gegebenheiten ermittelt werden und die Installation an den dafür vorgesehenen Punkten innerhalb der Installationen erfolgen. Bei bestimmten baulichen Gegebenheiten kann es aber auch notwendig sein, bestimmte Anlagenteile zusätzlich passiv zu sichern.

Bilder 4 a, b: Gas-Strömungswächter bei Versorgungsdrücken <25 mbar in a) Einfamilienhaus und b) Mehrfamilienhaus mit Etagengasanwendung.

Bestimmung des Bautypes

Hierzu wird als erstes die Summe der Anschlusswerte sämtlicher installierter Gasgeräte ohne Gleichzeitigkeitsfaktor ermittelt und dann der Gas-Strömungswächter mit der nächst größeren Leistungstufe festgelegt. Entsprechend den am Installationsort herrschenden Druckverhältnissen erfolgt dann die Bautypenzuordnung in 3 Druckklassen:

Der Installationsort der Gas-Strömungswächter (GS) innerhalb der Gasinstallation muss je nach Gebäudetypen in Abhängigkeit der vorher beschriebenen 3 Druckklassen festgelegt werden. Die nachfolgend aufgeführten Gebäudetypen unterscheiden sich einmal im möglichen Gefährdungspotenzial und berücksichtigen auch die Verbrauchspunkte innerhalb der Gebäude:

1. Ein- und Zweifamilienhäuser

Hier können ein oder mehrere Gasgeräte durch einen an der Hauptabsperreinrichtung installierten GS sowie die gesamte Installation gesichert werden. Aufgrund der besonderen Wohnbedingungen werden hier keine weiteren passiven Maßnahmen gefordert.

2. Mehrfamilienhäuser mit zentraler Gasanwendung

Dies sind in der Regel Mehrfamilienhäuser mit einem Zentralheizkessel oder auch einer zusätzlichen zentralen Warmwasserbereitung. Auch hier kann durch einen GS die Installation gesichert werden, jedoch muss die Leitungsführung zwischen Hauptabsperreinrichtung und GS passiv gesichert werden.

3. Mehrfamilienhäuser mit Etagengasanwendung

Hierunter fallen Mehrfamilienhäuser mit Etagenheizern, Warmwasserbereitern oder anderen Gasgeräten in unterschiedlichen Wohneinheiten. Um die Sicherungsziele zu erreichen, müssen zum einen die Verteilungsleitungen bis zu den Zählern, als auch die Anschlussleitungen zu den installierten Gasgeräten gesichert werden. Ein einziger GS für ein 6-Familienhaus würde bei einer Störung an einer Einzelzuleitung vermutlich nicht ansprechen.

Bilder 5 a, b: Gas-Strömungswächter bei Versorgungsdrücken > 25 mbar - 100 mbar in a) Mehrfamilienhaus mit zentraler Gasanwendung und b) Mehrfamilienhaus mit Etagengasanwendung.

GS in Niederdrucknetzen bis 25 mbar

Bei Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Mehrfamilienhäusern mit zentraler Gasanwendung wird die Installation des GS direkt hinter der Hauptabsperreinrichtung gefordert. Bei Ein- und Zweifamilienhäusern wird aufgrund der besonderen Umfeldbedingungen auf eine passive Sicherung ungesicherter Leitungsteile verzichtet (Bild 3).

Wegen der Druckverluste der Gas-Strömungswächter ist es nicht möglich, mehrere GS hintereinander zu installieren. Aus diesem Grund werden bei Mehrfamilienhäusern mit Etagengasanwendung die Verbrauchsleitungen durch Gas-Strömungswächter aktiv gesichert. Die Verteilungsleitungen bis zu den Zählern müssen passiv gesichert werden (Bild 4). Diese passiven Sicherungsmaßnahmen kann eine Installation in "nicht allgemein zugänglichen Räumen" sein oder die Vermeidung von lösbaren Stopfen, Kappen und Verschraubungen. Dort, wo dies nicht vermeidbar ist, sind Sicherheitsstopfen oder Sicherheitskappen einzusetzen.

GS in Gasverteilungsanlagen mit erhöhtem Niederdruck 25 bis 100 mbar

Innerhalb der Gebäude sind in diesen Fällen zwangsläufig auch Gas-Druckregler installiert. Die GS in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Mehrfamilienhäusern mit zentraler Gasanwendung können vor oder hinter den Druckreglern installiert werden oder die Gas-Druckregler haben einen integrierten GS. Werden Gas-Druckregler mit integriertem GS installiert, wird dies in der Regel in der Regie der GVU`s erfolgen. Diese in den Druckreglern integrierten GS müssen ebenfalls entsprechend den installierten Gasgeräten in der Leistung gewählt werden. Hier ist ein entsprechend höherer Abstimmungsbedarf zwischen GVU und VIU erforderlich, außerdem ist eine Überprüfung der Dimensionen sowie eine Begrenzung der Rohrlängen nach der TRGI erforderlich (Bild 5).

Bild 6: Gas-Strömungswächter bei Versorgungsdrücken > 100 mbar - 5 bar in Mehrfamilienhaus mit Etagengasanwendung.

Bei Mehrfamilienhäusern mit Etagengasanwendung müssen zusätzlich die Verteilungsleitungen ab den Gaszählerarmaturen aktiv gesichert werden (Bild 6). Hierzu werden von der Industrie Gas-Zählerarmaturen mit integrierten GS geliefert.

GS in Gasverteilungsanlagen bei Mittel- und Hochdrucknetzen 100 mbar bis 5 bar

Die Anordnung der Gas-Strömungswächter entspricht den Anforderungen in Gasverteilungsanlagen mit erhöhtem Niederdruck.

Werden die GS jedoch vor den Gas-Druckreglern installiert, kommen hier andere Bautypen zum Einsatz, die dann in ihrer Dimension entsprechend den Drücken ermittelt werden müssen. Die Auslegung der Leistungsgröße erfolgt nach dem in dem Arbeitsblatt G 600 B aufgeführten Diagramm oder nach Herstellerangaben.

Tabelle 1: Bautypen Gas-Strömungswächter.

Dimensionierung

Die Schließwerte der GS sind von der Einbaulage des GS abhängig. Bei einem GS mit einem Schließfaktor von 1,45 (Einbaulage waagerecht) entfällt eine Begrenzung der Rohrlängen, wie dies für die Bautypen mit dem Schließfaktor 1,8 in der Richtlinie vorgesehen ist. Bei Einbau der GS in bestehende Anlagen empfiehlt sich eine Überprüfung der Rohrdimensionen, kann doch der Druckverlust bis 1 mbar für die Bautypen 15 - 50 mbar betragen.

Inbetriebnahme sowie praktischer Betrieb

Der Fachbetrieb muss über die Funktion der GS informiert sein. Das Lösen einer Verschraubung an einem Anschlusskugelhahn kann zum (sofortigen) Schließen der Armatur führen. Das Wiederöffnen der dann blockierten Armatur erfolgt allerdings automatisch, wenn ausgangsseitig der Gasdurchgang geschlossen ist. Die integrierte Überströmöffnung sorgt für den notwendigen Druckaufbau und öffnet das Ventil automatisch.

Nützliche Broschüre

Die Auslegung von Gas-Strömungswächtern erfolgt entsprechend der TRGI-Richtlinien G 600-B bzw. G 459-1. Wertvolle Hilfe leisten hier auch die Unterlagen der Armaturenindustrie, wie sie beispielsweise Schell mit der Broschüre "Gas-Strömungswächter" (DIN A4, 16 Seiten) zur Verfügung stellt.

Anzufordern unter
Tel.: 02761/892-0,
Fax: 02761/892-199,
E-Mail: info@schell-armaturen.de.

Behandlung des Bestandes

Aufgrund des in der Anleitung festgestellten, bereits existierenden hohen Sicherheitsstandards fordert das Beiblatt zur TRGI keine allgemeine Nachrüstpflicht. Vielmehr ist hier auch von einem Bestandsschutz auszugehen. Jedoch wird bei wesentlichen Änderungen an bestehenden Anlagen eine Anpassung an den Stand der Technik gefordert. Außerdem wird bei "bekannt kritischen Nutzungsverhältnissen" eine Nachrüstung durch die Gasversorgungsunternehmen und die SHK Fachbetriebe zu prüfen sein. Hierunter sind unter anderem Wohnheime in sozialen Brennpunkten zu sehen, besonders dann, wenn Teile der Installation allgemein zugänglich sind. Im Grenzfall sollte hier immer zugunsten der höheren Sicherheit entschieden werden.

Zusammenfassung

Diese sinnvolle automatisch wirkende Maßnahme bietet gegenüber den bekannten passiven Sicherungsmaßnahmen nicht nur eine höhere Schutzwirkung und ist integrierter Bestandteil der Rohrinstallation. Um wirkungsvoll reagieren zu können, muss der richtige Bautyp gewählt werden. Die Rohrleitungen müssen so dimensioniert werden, dass ein einwandfreier Betrieb der Geräte gegeben ist und der GS funktionieren kann. Die Vielzahl der Gasversorgungsbetriebe sowie die differierenden Installationsmuster erfordern in jedem Fall vor Installationsbeginn eine Kontaktaufnahme zu den Versorgungsunternehmen.

Internetinformationen:
www.schell-armaturen.de


*Klaus Held, Leiter Produktmanagement bei Schell Armaturentechnologie, Olpe.


B i l d e r :   Schell Armaturen-technologie, Olpe


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