IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2004, Seite 72 ff.


SOLARTECHNIK


 

Bild: Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar

Praktische Erfahrungen mit Solaranlagen

Fehler bei der Ausführung von Solaranlagen und wie sie vermieden werden

Dipl.-Ing. Gerald Orlik*

Ausgelöst durch den Schock der ersten Ölkrise setzten Mitte der 70er-Jahre vielfältige Aktivitäten ein, brauchbare Konzeptionen für die Solarenergienutzung zu entwickeln. Die erste Anlagengeneration brachte aber zunächst Ernüchterung. Ein Jahrzehnt später verschwand die Solartechnik nahezu aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Trotzdem vollzog sich in dieser Zeit eine "Professionalisierung" der Branche. 

Seit Beginn der 90er-Jahre hat sich der Markt mehr als verzehnfacht. Mehr als 10.000 sichere Arbeitsplätze wurden geschaffen. Deutschland ist heute weltweit der größte Markt für solarthermische Anlagen. Im Jahr 2001 werden nahezu 900.000 m2 neu installiert. Das ist mehr als die Hälfte der installierten Kollektorfläche in ganz Europa.

Zahlreiche, vor allem mittelständische Unternehmen bieten thermische Solaranlagen an und installieren sie vor Ort. Solaranlagen zur Trinkwassererwärmung und zur Raumheizung haben mittlerweile ein hohes Maß an technischer Zuverlässigkeit und Effizienz erreicht. Langzeituntersuchungen zeigen, dass Anlagen auch nach zwanzig Jahren noch zuverlässig Wärme erzeugen. Eine interessante Studie, die unter "Langzeiterfahrung Solarthermie" von der Solarpraxis Supernova AG, Köln, veröffentlicht wurde. Inzwischen wurden auf europäischer Ebene auch einheitliche Normen und Qualitätsanforderungen für Solaranlagen festgelegt.

Aber wie kommt es, das immer noch Anlagen installiert werden, die nicht so arbeiten, wie es der Hersteller verspricht? Besitzer von Solaranlagen duschen und baden gerne mit einem guten Gefühl, denn die Wärme kommt kostenfrei und umweltfreundlich von der Sonne. Können sich die Besitzer auf ihr gutes Gefühl wirklich verlassen?

Die Stiftung Warentest bestätigt, dass die heutigen Solaranlagen solide und stabil sind. "...Einmal richtig installiert und in Betrieb genommen, können die Solaranlagen jahrzehntelang ohne große Bedienung störungsfrei Sonnenenergie ernten. Das Erfreuliche: In diesem Test widerstanden alle Kollektoren den Witterungseinflüssen. Auch extreme Hitze-Kälte-Schocks auf dem Prüfstand konnten keinem Kollektor etwas anhaben. Solide gebaut waren auch die Solarspeicher..." Liegen denn dann die Schwachstellen bei der Planung oder Montage der Solaranlage? Aber wo genau entstehen diese Fehler und wie kann man Sie vermeiden?

 

Bild 1 : Entwicklung der jährlich installierten Kollektorfläche in Deutschland. Der Trend spricht für sich. Solaranlagen sind momentan in.
[Quelle: BSI]

Die Planung macht’s

Soll die Solaranlage effektiv arbeiten, fällt und steigt die Effizienz der Sonnenenergienutzung schon in der Planungsphase. Es sind Fälle bekannt, die aufgrund fehlerhafter Dimensionierung und falscher Ortsauswahl der Temperatursensoren zu einem Mehrverbrauch an Brennstoff (Gas, Heizöl) geführt haben. Dass solche Fälle nicht gerade für das Image der Solarenergie förderlich sind, dürfte wohl klar sein. Aber wie können nun solche Fehler vermieden werden?

Wichtig ist zunächst die Ermittlung der genauen Basisdaten. Dies sind Verbrauch, Daten des vorhandenen konventionellen bzw. zu planenden Systems und die Gebäudestruktur. Ist die Dachfläche aufgrund der Ausrichtung und der Neigung des Daches überhaupt für eine Solaranlage geeignet? Ideal ist eine Südausrichtung des Gebäudes. Bei einer Ausrichtung nach Süd-Westen oder Süd-Osten ist mit Mindererträgen von ca. 5 bis 8% zu rechnen. Der ideale Neigungswinkel des Daches liegt bei ca. 40 bis 50°. Liegt die Dachneigung bei 20° bzw. 60°, ist mit einer Ertragsminderung von ca. 5% zu rechnen. Eine Ausrichtung der Kollektorfläche nach Osten oder Westen ist nicht empfehlenswert, da die Erträge um ca. 20% reduziert werden.

Für eine erste Grobauslegung einer Kollektoranlage zur Brauchwasserbereitung kann Bild 3 herangezogen werden. Beispiel: Ein üblicher Haushalt verbraucht pro Kopf ca. 50 Liter Warmwasser. Bei vier Personen sind das 200 Liter Tagesbedarf. Der Speicher sollte dann ca. 300 Liter betragen. Wenn Flachkollektoren verwendet werden, entnimmt man dem Diagramm eine benötigte Kollektorfläche von ca. 5 m2. Vakuum-Röhrenkollektoren kommen wegen der effizienteren Nutzung des Sonnenlichts mit rund 3 m2 aus.

 

Bild 2: Die Ausrichtung und Neigung der Modulfläche ist für den Ertrag der Solaranlage von großer Bedeutung. Aus diesem Diagramm kann die Ausrichtung und damit der Ertrag der Solaranlage ermittelt werden.

Meist fehlt hier oft die Zeit zur Erhebung der Daten. Dies kann jedoch unweigerlich zu Planungsfehlern führen, z.B. eine falsche Dimensionierung oder ungünstig ausgewählte Komponenten, die nicht zum vorhandenen System passen. Eine Planung sollte immer objektbezogen durchgeführt werden, auch wenn alle großen Hersteller von konventionellen Heizungssystemen Standardsolaranlagen im Programm haben. Eine Vor-Ort-Besichtigung der Gegebenheiten gibt Aufschluss über die geeigneten Komponenten. Je komplexer das System ist, umso wichtiger ist die Objektbesichtigung.

 

Bild 3: Mit dem Auslegungsdiagramm kann eine solarthermische Anlage zur Brauchwassererwärmung grob bestimmt werden. Beispielsweise benötigt man bei 200 Litern Verbrauch am Tag einen Speicher von 300 Liter Inhalt und bei einem Flachkollektor ca. 5 m2 Absorberfläche.

Eine Auswahl der geeigneten Solaranlagen nur anhand der vorliegenden Pläne kann ebenfalls zu Fehlern führen. Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass die reale Rohrführung oder die tatsächlich vorhandenen Gegebenheiten nur selten mit den Plänen übereinstimmen. Hieraus ergeben sich eventuelle spätere Modifikationen oder Ergänzungen, die sonst im Planungsaufwand nicht einkalkuliert werden können. Oft ist es auch hilfreich, den Betreiber selbst oder das Bedienpersonal (z.B. Hausmeister) über die Eigenarten bzw. Besonderheiten der vorhandenen Anlage zu befragen, da nachträglich geänderte regelungstechnische Komponenten in das System eingreifen können, die eventuell in den vorliegenden Plänen noch keine Berücksichtigung gefunden haben.

Eine solarthermische Anlage sollte bedarfsorientiert dimensioniert werden, um eine möglichst wirtschaftliche Lösung auszuarbeiten. Das heißt, die zu erwartenden Wärmegestehungskosten der Solaranlage sollten im Vorfeld abgeschätzt werden können, damit der Betreiber rechtzeitig seine Investitionsentscheidung beurteilen kann. Hierzu sind eventuell schon vorhandene Verbrauchsmessungen oder entsprechende vorbereitende Messungen hilfreich. Bei einer Messung sollte ein hinreichend repräsentativer Zeitraum zur Beurteilung herangezogen werden.

Es kommt vor, dass der Betreiber gar nicht genau weiß, wozu die Solarenergie eingesetzt werden kann. Daher ist es wichtig, den Betreiber in die Planungsphase mit einzubeziehen, um eine für seine Bedürfnisse angepasste Variante zu ermitteln.

 

Bild 4: Die Nachheizung sollte immer im oberen Bereich des Solarspeichers angebracht werden. Die Solaranlage hat sonst keine Chance effizient zu arbeiten, wie in diesem Bild gezeigt.

Auswahl der Komponenten

Sind die Randbedingungen der Dimensionierung geklärt, sollten im nächsten Schritt die richtigen Komponenten ausgewählt werden. Die meisten Hersteller bieten für die gängigsten Varianten entsprechende komplette Pakete an. Dies erleichtert dem Installateur die Auswahl der Komponenten. Bei den Komplettpaketen kann davon ausgegangen werden, dass die Regelung auf die einzelnen Komponenten abgestimmt ist und somit ein effizienter Betrieb gewährleistet ist. Eine Standardisierung bezüglich Systemaufbau und Anbindung an das vorhandene konventionelle System vereinfacht daher den Planungsaufwand und vermindert mögliche Fehlerquellen. Dies bestätigt auch Stiftung Warentest in der Testzeitschrift für solarthermische Anlagen. Trotzdem sollte auch eine Standardlösung in Bezug auf ihre Zweckmäßigkeit auf den jeweiligen Einsatzbereich abgestimmt werden.

 

Bild 5: Bei der Installation des Ausdehnungsgefäßes in diese Position bildet sich unter der Membran eine Gasblase, die zur partiellen Überhitzung und damit zur vorzeitigen Alterung der Membran führen kann. Besser ist es, das Gefäß genau anders herum einzubauen.

Montagepraxis

Trotzdem sind Fehler bei der Installation dieser Standardlösungen nicht ausgeschlossen. Einige typische Fehler sind im Folgenden dargestellt (Quelle: solarklima e.K., Christian Keilholz, Sachverständiger für Solaranlagen, www.solarklima.com). Bild 4 zeigt einen Speicher, bei dem der solare Wärmetauscher auf der gleichen Höhe wie der Nachheiz-Wärmetauscher liegt. Dies hat eine drastische Reduktion des Solarertrages zur Folge. Daher ist es empfehlenswert, Komplettpakete grundsätzlich nur von einem Hersteller zu verwenden. Denn dann sind meist die Anschlüsse des Speichers und der Nacherwärmungseinheit aufeinander abgestimmt.

Zwei weitere typische Fehler, die immer wieder beobachtet werden, sind falsch installierte Ausdehnungsgefäße und nicht ausreichend temperaturbeständige Materialien wie z. B. Wärmedämmungen (Bilder 5 und 6). Bei den handelsüblichen Heizungsanlagen, mit denen sich der Installateur und Heizungsbauer auskennt, ist es meist kein großes Problem, wie das Ausdehnungsgefäß angebracht wird, denn die Systemtemperaturen sind meist gering (40 - 70°C). Bei einer Solaranlage können leicht Temperaturen von über 100°C auftreten, die dazu führen, dass sich Gasblasen im Ausdehnungsgefäß bilden. Diese Gasblasen führen zur Überhitzung der Membran und damit zu frühzeitigen Defekten am Ausdehnungsgefäß. Grundsätzlich ist es daher empfehlenswert, den Anschluss des Ausdehnungsgefäßes nach oben zu legen (also genau anders herum als in dem Bild 5 gezeigt).

Bild 6 zeigt eine verschmolzene Wärmedämmung an einer Solaranlagenleitung. Hier ist die Ursache die gleiche: Die Wärmeentwicklung im Solarsystem wurde unterschätzt. Handelsübliche Wärmedämmungen, die bei einem Heizungssystem ausreichen mögen, führen bei Solaranlagen zu vorprogrammierten Fehlern. Gerade bei Anlagen mit Röhrenkollektoren gilt dies zu beachten, da dort die Temperaturen noch höher liegen.

Erfahrungen zeigen, dass sich die Wahl eines möglichst einfachen Systems als vorteilhaft erweist, da so die Instandhaltungskosten (Wartung, Reparaturen etc.) und Ausfallzeiten stark reduziert werden können. Ebenfalls hat sich auch eine möglichst knappe Dimensionierung der Anlage bewährt, da hierdurch Stillstandszeiten vermindert werden (hohe Temperaturen) und die Lebensdauer der Kollektorkreiskomponenten positiv beeinflusst werden.

Bei der Montage ist es für den Installateur und Heizungsbauer wichtig, möglichst zeitoptimiert arbeiten zu können. Vorgefertigte Komponentengruppen erleichtern die Installation und reduzieren die Fehlerquellen bei der Montage. Eine knappe und gut verständliche Montageanleitung mit den wichtigsten notwendigen Informationen helfen ebenfalls Zeit zu sparen. Klare Anweisungen vom Hersteller erleichtern hier ebenfalls dem Monteur seine Arbeit.

 

Bild 6: Solaranlagen erfordern temperaturbeständige Materialien bis ca. 200°C. Das Bild zeigt das Ergebnis bei falscher Materialwahl.

Abnahme

Bevor die Solaranlage dem Betreiber übergeben wird, ist selbstverständlich eine komplette Abnahme und Funktionskontrolle der Anlage durchzuführen. Am besten kann hierfür ein standardisierter Ablaufplan verwendet werden. Oft liegt der Montageanleitung des Herstellers solch ein Ablaufplan bei, der hierfür genutzt werden kann. Hilfreich ist auch das vom "Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V." herausgegebene Informationsblatt 17 mit dem Titel "Thermische Solaranlagen". Dort findet sich im Teil2 (Praxistipps zur Dimensionierung und Installation) eine Checkliste, nach der eine ordnungsgemäße Installation, Inbetriebnahme und dauerhafte Funktionssicherheit gewährleistet werden kann (Bild 7).

In diesem Stadium können die letzten noch vorhandenen Fehler in der Anlage identifiziert und frühzeitig behoben werden. Hierzu zählt beispielsweise die Kontrolle der wichtigsten Systemgrößen (z.B. Vordruck im Ausdehnungsgefäß, Fülldruck der Anlage, Ansprechdruck des Sicherheitsventils, Wärmeträgermedium) und das Überprüfen des richtigen Regelverhaltens der Anlage. Gegebenenfalls muss dies durch eine künstliche Herbeiführung von Betriebszuständen erfolgen.

Sind alle diese Schritte durchgeführt, sind mögliche Fehlerquellen auf ein Minimum reduziert. Jetzt kann sich der Solaranlagenbesitzer auf einen langjährigen effizienten Betrieb seiner Anlage freuen.

Will man noch einen Schritt weiter gehen, kann die thermische Solaranlage mit einer Funktions- und Ertragsüberwachung ausgestattet werden. Denn sollte es einmal zum Ausfall der Solaranlage kommen, könnte der Betreiber dies gar nicht merken, da der Heizkessel die fehlende Wärme unbemerkt nachliefert. Eine solche Ertragsüberwachung könnte nicht nur dem Eigentümer der Solaranlage nützen. Installateure und Hersteller können das Vertrauen in die Qualität und den zuverlässigen Betrieb der Anlage durch "garantierte Erträge" weiter stärken.

 

Bild 7: Mit dieser Checkliste zur Installation werden Fehler rechtzeitig erkannt. (Bild: Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V., Köln)

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass bei kleineren Anlagen durch die Standardisierung der Solaranlagen durch den Hersteller Anlagenfehler minimiert wurden. Trotzdem sollte die Anlage auf den jeweiligen Bedarfsfall abgestimmt werden. Bei der Montage empfiehlt es sich, die Montageanweisungen des Herstellers genau zu beachten, um Fehlerquellen auszuschließen. Eine abschließende komplette Abnahme und Funktionskontrolle ist eine Bestätigung für die gute Arbeit des Installateurs und stärkt das Vertrauen gegenüber dem Kunden.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine "solare Ertragsgarantie" anzubieten, die das Vertrauen des Kunden in die Solarenergie stärkt und die Qualität des fertigen Produktes hervorhebt.

Internetinformationen:
www.solarklima.com
www.bdh-heizungsindustrie.de


* Dipl.-Ing. Gerald Orlik, Abteilung Energieberatung bei der Energieagentur NRW, Wuppertal


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