IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 7/2004, Seite 38 f.


INTERVIEW


Quo Vadis EnEV?

Die "kleine Novelle" der Energieeinsparverordnung steht bevor

Bereits Mitte vergangenen Jahres befragte die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion Baudirektor Peter Rathert* zur geplanten Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie und der damit verbundenen Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV). Nun gibt die aktuelle Entwicklung Anlass, dieses Thema noch einmal aufzugreifen. Denn wie in Fachkreisen bereits bekannt, soll die EnEV im Frühsommer novelliert werden.

IKZ-Haustechnik: Bei unserem letzten Gespräch Mitte vergangenen Jahres sind Sie bereits auf die geplante Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie und die damit verbundene Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) eingegangen. Ein kurzer Rückblick: Welche Ziele verfolgt Brüssel damit?

Peter Rathert: Durch die Richtlinie sollen vor allem EU-weit

vorgeschrieben werden.

IKZ-Haustechnik: Wie ist der aktuelle Stand der geplanten EnEV-Novelle, wann soll die Umsetzung erfolgen?

Wir denken darüber nach, Fachhandwerker als Aussteller zuzulassen, sofern sie über eine angemessene Zusatzqualifikation im Bereich des energiesparenden Bauens verfügen.
Peter Rathert

Peter Rathert: Die Bundesregierung prüft zur Zeit, welche Maßnahmen im Einzelnen ergriffen werden müssen, um den Anforderungen der Richtlinie Rechnung zu tragen. Sicher ist: die EnEV wird in einigen Punkten zu überarbeiten sein. Eine entsprechende Novelle, die im Wesentlichen durch neue Vorschriften für Altbau-Energiepässe, "Energieplaketten" für öffentliche Gebäude sowie für Inspektionen von Klimaanlagen gekennzeichnet sein dürfte, müsste spätestens Anfang Januar 2006 in Kraft treten. Vorab wollen wir aber noch eine kleine Anpassungsnovelle auf den Weg bringen. In dieser vorgezogenen kleinen Novelle geht es insbesondere darum, die Ausgabedaten einiger technischer Regeln, die zwischenzeitlich fortgeschrieben wurden, zu aktualisieren. Ein Beispiel ist die DIN V 4701-10, die im August 2003 im Weißdruck erschienen ist und die alte Ausgabe vom Februar 2001 ersetzen soll. Bekanntlich enthält die EnEV eine Reihe von statischen Verweisen zu technischen Normen mit einem konkreten Ausgabedatum. Wenn durch die EnEV der neueste Stand der Normen in Bezug genommen werden soll, so muss sie angepasst werden. Ich gehe davon aus, dass die Anpassungsnovelle im Sommer in Kraft treten kann.

IKZ-Haustechnik: Welche Konsequenzen ergeben sich für Ingenieure und Fachhandwerker, die die EnEV anwenden?

Peter Rathert: Ich bin davon überzeugt, dass die künftigen Vorschriften, die ja im Schwerpunkt auf eine energetische Bewertung bestehender Gebäude und Anlagenkomponenten zielen, erhebliche neue Beschäftigungsimpulse für Ingenieure und Fachhandwerker auslösen werden. Ich denke auch, dass ihre Rolle im Planungsprozess weiter gestärkt wird, wenn ab 2006 auch Klima- und Beleuchtungstechnik im EnEV-Nachweis zu berücksichtigen sind. Im Übrigen werden auch sie noch mehr als bisher zum ganzheitlichen Denken angehalten.

IKZ-Haustechnik: Gibt es überhaupt geeignete Berechnungsverfahren, mit denen sich die Aufwendungen für Beleuchtung und Klimatechnik zur energetischen Bewertung eines Gebäudes quantifizieren lassen?

Peter Rathert: Mein Haus hat das DIN vor einiger Zeit gebeten, die noch fehlenden Bestandteile für Beleuchtung und Klimatechnik in das Berechnungsverfahren einzuarbeiten, das bereits von der geltenden EnEV in Bezug genommen wird. Das entsprechende Normungsvorhaben wird nach meiner Einschätzung mit Hochdruck vorangetrieben.

IKZ-Haustechnik: Um welche Norm handelt es sich dabei genau?

Peter Rathert: Es handelt sich um die DIN 18599 "Energetische Bewertung von Gebäuden".

So könnte der Energiepass für den Gebäudebestand aussehen.
(Bild: dena)

IKZ-Haustechnik: Seit Ende November 2003 läuft bei der dena der Feldversuch "Energiepass für Gebäude". Welches Ziel soll damit verfolgt werden?

Peter Rathert: Der Verordnungsgeber muss im Zusammenhang mit dem Energiepass für Altbauten eine Reihe von wirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Fragen lösen. Um einige Beispiele zu nennen: Wer darf den Pass ausstellen?, Wie verbraucherfreundlich, aber auch technisch korrekt, muss der Pass sein?, Wieviel darf er kosten?

Der Feldversuch soll dazu beitragen, die richtigen Antworten auf diese und andere Fragen zu finden. Und um allen Missverständnissen vorzubeugen: Welchen Energiepass wir künftig vorschreiben, wird nicht von der dena bestimmt.

IKZ-Haustechnik: Welche Rolle spielt das SHK-Handwerk bei diesem auf ein Jahr angelegten Feldtest?

Peter Rathert: Der Feldversuch wird von einem Beirat fachlich begleitet. In diesem Beirat sind alle einschlägigen Verbände der Bau- und Wohnungswirtschaft vertreten, darunter auch das SHK-Handwerk.

IKZ-Haustechnik: Spätestens ab 2006 sollen Energieausweise für bestehende Gebäude Realität werden. Angesichts der rund 38 Mio. Wohneinheiten in der Bundesrepublik ergibt sich daraus eine enorme Aufgabe. Die Branche rechnet mit jährlich ein bis zwei Millionen Energiepässen, die ausgestellt werden müssten. Bekommt auch das SHK-Handwerk ein Stück von dem Kuchen ab?

Hintergrund: Die EU-Gebäuderichtlinie

Die EU-Richtlinie "Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden" (Richtlinie 2002/91/EG) ist am 4. Januar 2003 in Kraft getreten. Sie muss innerhalb von drei Jahren in den einzelnen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie schreibt nationale Regelungen mit Mindestanforderungen für den Energiebedarf von Gebäuden vor. Die Markttransparenz im Gebäudebestand soll durch die Einführung von Energieausweisen für neue und bestehende Gebäude gestärkt werden. Erstmals werden auch Anforderungen an Klimaanlagen und die Beleuchtung gestellt.

Recherchetipp: Der Verordnungstext der EU-Gebäuderichtlinie sowie eine Begründung dazu kann im Internet heruntergeladen werden unter: www.deutsche-energieagentur.de/programme/rat_ener_bau/popup/enev/content.phpl

Peter Rathert: Ich habe bereits eine der wichtigen Fragen im Zusammenhang mit dem Energiepass genannt, nämlich die der Zulassung als Passaussteller. Nach t ersten Überlegungen dürften hierfür in erster Linie Personen mit einer Qualifikation in Betracht kommen, wie sie auch für die Berechnungen nach dem CO2-Gebäudesanierungsprogamm der KfW gefordert wird, d. h. Architekten und Fachplaner wie z.B. TGA-Ingenieure. Wir denken aber auch daran, die am Bau beteiligten Fachhandwerker als Aussteller zuzulassen, sofern sie über eine angemessene Zusatzqualifikation im Bereich des energiesparenden Bauens verfügen. Dies wären nach heutigen Maßstäben zumindest die geprüften Energieberater im Handwerk.

IKZ-Haustechnik: Wer entscheidet letztlich verbindlich darüber, welche Personengruppe - Meister, Techniker, Ingenieure - als Passaussteller in Frage kommt und wer nicht? Daran anschließend die Frage: Wann fällt diese Entscheidung?

Peter Rathert: Die Entscheidung darüber, wer den Energiepass ausstellen darf, liegt letztlich im Ermessen der einzelnen Bundesländer und wird wohl erst im Zuge des Verordnungsgebunsgsverfahrens getroffen werden.

IKZ-Haustechnik: Der Umgang mit der EnEV gestaltet sich aufgrund der begleitenden Normen DIN V 4701-10 und DIN V 4108-6 nicht immer einfach. Nun kommen weitere Regelwerke dazu. Wer soll eine solch komplexe Verordnung noch verstehen?

Peter Rathert: Ich will nicht hoffen, dass die EnEV durch die kommende Novelle komplizierter und unübersichtlicher wird. Meines Erachtens muss die Umsetzung der EU-Richtlinie auch dazu genutzt werden, die Verständlichkeit der Verordnung einschließlich der sie flankierenden technischen Regeln zu verbessern.


* Peter Rathert ist Leiter des Referates "Technische Gebäudeausrüstung" beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) in Berlin.


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