IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 7/2004, Seite 28 f.


SANITÄRTECHNIK


Eine Wohnung für individuelle Ansprüche

Barrierefreiheit ist überall möglich

Martina Emmerich

Nicht jeder, der sich heute eine Wohnung kauft, macht sich Gedanken darüber, ob sie auch den späteren Ansprüchen genügt. Daher sind Architekten und Planer gefragt, wenn eine Standardwohnung barrierefrei umgebaut werden soll. In Neustadt wurde beispielsweise eine knapp 62 m2 große Wohnung in einem Mehrfamilienhaus entsprechend den Ansprüchen einer Multiple Sklerose-Kranken gestaltet.

Grundriss der barrierefrei gestalteten Wohnung von Isabel Putscher.

Vor einem typischen Problem stand Isabel Putscher beim Kauf ihrer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Neustadt/Holstein: Das vom Planungsbüro Toben und Mietz entworfene und 1997 errichtete Gebäude ist nicht barrierefrei. An Gehandicapte dachte bei der Planung niemand, denn bereits der Eingangsbereich ist nur über Stufen zu erreichen.

Die an Multiple Sklerose (MS) Erkrankte entschied sich dennoch für die Wohnung, da sie ihren Ansprüchen entsprechend umgebaut werden konnte. Außerdem überzeugten die traumhafte Lage an der Ostsee und ein angrenzendes Naturschutzgebiet.

Bei der Planung fiel die Wahl auf eine praktische und fast lösungsmittelfreie Küche mit ausziehbaren Unterschüben und Apothekerschrank.

Das etwas von der Straße zurückgesetzte Haus ist von Rasenflächen und Terrassen umgeben, die zu den einzelnen Wohnungen gehören. Da die Wohnung der MS-Kranken im Hochparterre liegt, sollte sie einen ebenerdigen Eingang von der Straße über ihre Terrasse erhalten (8). Bernhard Toben, Architekt und gleichzeitig Verwalter des Hauses, kümmerte sich um die Umbaugenehmigung. Nachdem alle verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten erledigt waren, schafften die Handwerker den Umbau in eine barrierefreie Wohnung innerhalb von 18 Tagen.

Da die Terrassentür zur Wohnungseingangstür wurde, musste eine dreifach abriegelbare Haustür her. In diesem Zug galt es, die Terrasse (13) mit roten Rechteckpflastersteinen um 12 cm anzuheben, damit sie bodenbündig zum Eingang wurde. Vom Wohnzimmer aus diente eine kleine Holzschräge zur Überwindung der Schwelle. Damit war der Eingang rollstuhlgerecht gestaltet.

Die Wohnungsbesitzerin gelangt über einen ebenerdigen Terrasseneingang in ihre Wohnung.

Auf Lösungsmittel verzichtet

Im Wohnzimmer arbeiteten die Handwerker mit lösungsmittelfreien Farben. Außerdem wurde auf Anraten eines Fachmannes in der gesamten Wohnung der vorhandene Teppich samt Kleber entfernt und gegen einen geölten, lösungsmittelfreien Parkettfußboden ausgetauscht.

Vom Wohnzimmer ging es ursprünglich in eine abgetrennte, 6 m2 große Pantryküche sowie in einen kleinen Flur, der zum Schlafzimmer und Bad führte. Die Wand, die Küche und Wohnzimmer teilte, sowie die Küchentür, wurden entfernt (12), um mehr Bewegungsfreiheit mit einem Rollstuhl zu schaffen.

Die Wohnungsbesitzerin entschied sich für die Einbauküche Alnoskan von Alno (10/11) mit einer Länge von 360 cm. Sie ist vor der Küchenplatte mit einer Reling versehen, die als Haltegriff dient. Außerdem gibt es einen ausziehbaren Apotheker-Vorratsschrank, einen Ausziehtisch und selbst die Unterschränke verfügen über ausziehbare Unterschübe. Das Besondere an der in Erle grün lasierten Küchenwand ist jedoch, dass sie kaum Lösungsmittel enthält.

Ein notwendiges Muss war außerdem ein 80 x 45 cm großer Heizkörper (9) hinter dem Sitzplatz an der Küchenzeile. Der Anschluss des Heizkörpers befindet sich zwecks der behindertengerechten Bedienung des Heizkörperventils auf Bauchhöhe.

Aufgrund des Rollstuhls mussten sämtliche Türen (7) verbreitert werden, da die Zargen nicht die nötige Breite aufwiesen. Im Flur, der zur eigentlichen Haustür führt, befinden sich an beiden Wandseiten Haltestangen, die auf individueller Höhe von 90 cm angebracht sind. Ein neuer Heizkörper mit den Maßen 60 x 60 cm wurde ebenfalls im Flur installiert (6).

Großen Wert legte die 41-Jährige auf einen stabilen Waschtisch, der mit einem leicht zu bedienenden Einhebelmischer ausgestattet ist.

Ausstattungsdetails

In dem knapp 12 m2 großen Schlafzimmer wurde besonderer Wert darauf gelegt, Elektrosmog so weit wie möglich zu vermeiden. Daher wurde ein Feldfreischalter installiert, über den der Raum spannungsfrei geschaltet werden kann.

Eine völlig neue Gestaltung erhielt das 10 m2 große Badezimmer. Die ursprüngliche Tür musste teilweise mit ihrer Zarge herausgebrochen werden, um eine neue, 88,5 Zentimeter breite Badtür (5) schräg einsetzen zu können. Um für mehr Sicherheit zu sorgen, wurden im Bad und Duschbereich rutschhemmende Bodenfliesen verlegt. Für eine gute Entwässerung der bodengleichen Dusche (1) in den Maßen 120 x 90 cm sorgt der Selecta-Bodenablauf DN 70 mit Aufsatzstück sowie ein Edelstahlrost von ACO Passavant. Damit war zudem den Brandschutzbestimmungen entsprochen. Hinter der gemauerten Duschtrennwand wurde eine 100 cm breite Holzschrank-Abseite (2) mit zwei Türen in den Raum eingepasst, um eine Ablagefläche zu schaffen. Gegenüber installierte man ein Tiefspül-WC Omnia-Vita mit großer Ausladung von Villeroy & Boch (3). Auf beiden Seiten dienen Stützklappgriffe aus Edelstahl in einer Länge von 85 Zentimetern mit Papierhalter von Burkhard Baars als Hilfe.

Das ursprünglich mit einer Wanne ausgestattete Bad erhielt bei der Sanierung eine bodengleiche Dusche.

Stabiler Halt und einfache Bedienung

Besondere Sorgfalt galt bei der Auswahl des Waschtisches (4). Die Wohnungsbesitzerin entschied sich für einen 100 cm langen und 54 cm breiten Waschtisch Century mit Säulen von V & B. Dieser ist behindertengerecht unterfahrbar und hat zur leichteren Bedienung einen Einhandmischer Mediano von Hansgrohe.

Momentan ist die Wohnung ausreichend auf die Bedürfnisse der MS-Kranken abgestimmt.


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