IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/2003, Seite 32 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Europäisierte Heizlastberechnung

DIN EN 12831 löst nationale DIN 4701 ab

*Hans Markert · Dr. Lutz Blaich Teil 2

Nachdem in der Ausgabe 21/03 das vereinfachte Berechnungsverfahren der Heizlast nach DIN EN 12831 vorgestellt wurde, finden Sie in diesem und dem nächsten Heft die Berechnung der Norm-Heizlast im ausführlichen Verfahren.

In der Vorstellung der vereinfachten Heizlastberechnung nach DIN EN 12831 in der Ausgabe 21/03 wurde bereits dargestellt, dass als "Zwischenwerte" die neu eingeführten Wärmeverlust-Koeffizienten H in W/K (Transmissionswärmeverlust-Koeffizient HT und Lüftungswärmeverlust-Koeffizient HV) ausgewiesen werden müssen. HT und HV sind bereits aus der DIN V 4108 - Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden - in Verbindung mit der EnEV 2002 bekannt und Grundlage zur Berechnung des Jahres-Heizwärmebedarfs.

Der Wärmeverlustkoeffizient H stellt den spezifischen Wärmeverlust in W/K dar und hat folgende praktische Gründe:

1) Er eignet sich als Vergleichsgröße von Gebäuden in Bezug auf den Wärmeverlust und ist damit eine wichtige Kennzahl bei der energetischen Bewertung des Gebäudes. Im Energiebedarfsausweis muss dieser Wert HT’ in W/(m2 · K) bezogen auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche ausgewiesen werden.

2) Dieser Wert ist eine wichtige Größe zur Bestimmung des Jahres-Heizwärmebedarfs nach DIN V 4108 im Rahmen der EnEV (für das vereinfachte und das ausführliche Verfahren).

3) Der Wert HT’ darf den nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) zulässigen Höchstwert (Anhang 1, Tabelle 1.1) nicht überschreiten. Dies wird zwar schon im Baugenehmigungsverfahren über die Gebäudehüllfläche nachgewiesen, kann aber durch die Heizlastberechnung kontrolliert bzw. nachgerechnet werden.

4) Letztlich kann der Wärmeverlustkoeffizient HT auch zur Berechnung der Absenktemperatur des Gebäudes oder einzelner Räume bei unterbrochenem Heizbetrieb (z.B. Nachtabsenkung 8 Std. in Wohngebäuden oder 48 Std. bei Bürogebäuden) und damit zur Ermittlung des Wiederaufheizfaktors fRH eingesetzt werden.

DIN EN 12831 sieht die Berechnung des Transmissionswärmeverlust-Koeffizienten HT bauteilweise, raumweise und für das gesamte Gebäude vor.

Gesamt-Normwärmeverlust

Wie bei DIN 4701 errechnet sich der Gesamt-Normwärmeverlust F für einen beheizten Raum nach der Grundgleichung

F = FT + FV

mit

FT = Norm-Transmissionswärmeverlust des Raumes in W

FV = Norm-Lüftungswärmeverlust des Raumes in W

Wie später noch ausgeführt wird, kann nach Vereinbarung mit dem Bauherren noch eine zusätzliche Aufheizleistung für unterbrochenen Heizbetrieb vereinbart werden, sodass die Gesamtformel für diesen Fall lautet

F = FT + FV + FRH

mit

FRH = Zusatz-Aufheizleistung des Raumes in W

Tabelle 1: Arten von Transmissionswärmeverlusten

Situation

Index

Transmissionswärmeverlust an die äußere Umgebung

e (= extern)

Wärmeverluste durch unbeheizte Nachbarräume

u

Wärmeverluste an das Erdreich

g (= ground)

Wärmeverluste zwischen beheizten Nachbarräumen

b oder j

Transmissionswärmeverluste

DIN EN 12831 unterscheidet vier Situationen zur Berechnung des Transmissionswärmeverlustes. Die jeweilige Situation wird durch einen Index gekennzeichnet (Tabelle 1).

Der Transmissionswärmeverlust berechnet sich also zu

FT = (HT,e + HT,ue + HT,g + HT,j) · (qint - qe) [W]

mit

HT,e = Transmissionswärmeverlust-Koeffizient an die äußere Umgebung in W/K

HT,ue = Transmissionswärmeverlust-Koeffizient an unbeheizte Nachbarräume in W/K

HT,g = Transmissionswärmeverlust-Koeffizient an Erdreich in W/K

HT,j = Transmissionswärmeverlust-Koeffizient an beheizte Nachbarräume in W/K

qint = Norm-Innentemperatur des beheizten Raumes i in °C

qe = Norm-Lüftungswärmeverlust des Raumes i in °C

Es müssen daher zunächst die einzelnen Transmissionswärmeverlust-Koeffizienten berechnet werden:

Transmissionswärmeverlust an die äußere Umgebung

Wärmebrücken erhalten bei immer kleineren U-Werten im Rahmen des Wärmeschutzes eine zunehmend größere Bedeutung. DIN EN 12831 schreibt daher bei der Berechnung von Transmissionswärmeverlusten nach außen (an die äußere Umgebung, an unbeheizte Nachbarräume und an das Erdreich) zwingend die Berücksichtigung von Wärmebrücken vor. So können je nach Wärmedämmniveau und Ausbildung der Anschlussdetails die Transmissionswärmeverluste bis zur Hälfte durch Wärmebrücken verursacht werden. Der Transmissionswärmeverlust-Koeffizient HT,e wird daher unter Berücksichtigung von Transmissionswärmeverlusten durch Wärmebrücken wie folgt berechnet:

HT,e = SAk · Uk · ek + SYl · ll · el [W/K]

Es bedeuten:

HT,e = Transmissionswärmeverlust-Koeffizient an die äußere Umgebung in W/K

Ak = Fläche des Bauteiles in m2

Uk = U-Wert des Bauteiles in W/(m2 · K)

ek/el = Witterungsbedingter Korrekturfaktor (ohne Einheit)

Yl = Längenbezogener Wärmedurchgangs-Koeffizient für Wärmebrücken in W/m

Hinweise:

Daher kann der Verlust durch Wärmebrücken gemäß DIN EN 12831 vereinfacht berechnet werden mit

Uc = U + fc [W/(m2 · K)]

In Anlehnung an die DIN V 4108 - 6 wird im NA der Zuschlag fc in DUWB umbenannt. Die Wärmebrückenzuschläge sind der Tabelle 3 des NA zu entnehmen und haben entsprechend DIN V 4108 - 6 bzw. Beiblatt 2 die Werte 0,05 oder 0,10 W/(m2 · K), je nach bauseitiger Berücksichtigung der Wärmebrücken. Bei detailliertem Nachweis gemäß DIN EN ISO 10211 Teile 1 und 2 können die ermittelten Werte flächenbezogen umgerechnet werden, um im Heizlast-Formular eingesetzt werden zu können. Die Gebrauchsformel in Deutschland vereinfacht sich demnach auf

HT,e = SA · (U + DUWB) [W/K]

Somit wird der Transmissionswärmeverlust an die äußere Umgebung mit

FT,e = HT,e · (qint - qe) [W]

berechnet.

Transmissionswärmeverluste durch unbeheizte Nachbarräume

Diese werden analog den Transmissionswärmeverlusten an die äußere Umgebung berechnet. Da aber die angrenzende Temperatur des unbeheizten Nachbarraumes nicht der Außentemperatur entspricht, wird der Reduktionsfaktor bu eingeführt. Dieser wird berechnet zu

mit

bu = Temperatur-Reduktionsfaktor zur Berücksichtigung des Temperaturunterschiedes des unbeheizten Nachbarraumes zur Norm-Außentemperatur [-]

qint = Innentemperatur (Index int = intern) in °C

qu = Innentemperatur des unbeheizten Nachbarraumes (Index u = unbeheizt) in °C

qe = Außentemperatur (Index e = extern) in °C

Die Gebrauchsformel in Deutschland lautet demnach

HT,ue = SA · (U + DUWB) · bu [W/K]

Somit wird der Transmissionswärmeverlust an die äußere Umgebung mit

FT,ue = HT,ue · (qint - qe) [W]

berechnet.

Wenn die Temperatur des benachbarten unbeheizten Raumes nicht bekannt ist, so kann der Faktor bu der Tabelle 4 des NA entnommen werden, z.B. nicht gedämmtes Dach bu = 0,9.

Wärmeverluste an das Erdreich

Die Berechnung der Wärmeverluste an das Erdreich erfolgt in DIN EN 12831 gänzlich anders als in DIN 4701. Die Grundformel lautet:

HT,g = fg1 · fg2 · S(A · Uequiv) · GW [W/K]

mit

fg1 = Korrekturfaktor für die jährliche Schwankung der Außentemperatur gemäß Tabelle 6: fg1 = 1,45

fg2 = Temperatur-Reduktionsfaktor zur Berücksichtigung des Temperaturunterschiedes der Norm-Außentemperatur zum Jahresmittel der Außentemperatur

Das Jahresmittel der Außentemperatur wird bestimmt nach Tabelle 1 des Anhanges.

Uequiv = äquivalenter Wärmedurchgangskoeffizient in Abhängigkeit von der Bodensituation

GW = Korrekturfaktor zur Berücksichtigung von Grundwasser:

GW = 1,15 (Abstand zum Grundwasser bis 3 m)

GW = 1,00 (Abstand zum Grundwasser über 3 m)

Der neu eingeführte Wert Uequiv wird aus den Bildern 3 bis 6 bzw. Tabellen 4 bis 7 aus DIN EN 12831 ermittelt (Tabelle 2).

Tabelle 2: Beispiel Uequiv-Wert für Bodenplatte z = 1,5 m unter Erdreichniveau

B’-Wert

Uequiv (für 1,5 m)

m

keine Dämmung

UBoden =
2,0 W/(m2 · K)

UBoden =
1,0 W/(m2 · K)

UBoden =
0,5 W/(m2 · K)

UBoden =
0,25 W/(m2 · K)

2

0,86

0,58

0,44

0,18

0,16

4

0,64

0,48

0,38

0,26

0,16

6

0,52

0,40

0,33

0,25

0,15

8

0,44

0,35

0,29

0,23

0,15

10

0,38

0,31

0,26

0,21

0,14

12

0,34

0,28

0,24

0,19

0,14

14

0,30

0,25

0,22

0,18

0,13

16

0,28

0,23

0,20

0,17

0,13

18

0,25

0,22

0,19

0,16

0,12

20

0,24

0,20

0,18

0,15

0,11

Diese Diagramme bzw. die dazugehörigen Tabellen gibt es für die Tiefe z von 0, 1,50 und 3,00 m. Der Wärmedurchgangskoeffizient U wird gemäß NA in Anlehnung an die DIN V 4108 - 6 einschließlich des Wärmebrückenzuschlages DUWB eingesetzt.

Zur Ermittlung des äquivalenten Wärmedurchgangskoeffizienten Uequiv ist auch die Berechnung des Parameters B’ erforderlich. Hierfür wird das erdreichberührte Flächen-Umfangverhältnis benötigt:

mit

Ag = Fläche der Bodenplatte in m2

P = Umfang der jeweiligen Bodenplatte in m

Die Berechnung des Erdreich berührten Umfanges der Bodenplatte hängt von der jeweiligen Situation ab, z.B. ob es sich um ein Reihenhaus oder Einfamilienhaus handelt. Normalerweise gilt der so ermittelte Uequiv-Wert für alle Räume des Gebäudes, aber bei U-Werten des Bodens schlechter als 0,5 W/(m2 · K) (einschließlich des Wärmebrückenzuschlages) wird der Uequiv-Wert raumweise bestimmt.

Zur Berechnung von Erdreich berührten Wänden stehen ein ähnliches Diagramm bzw. ein Diagramm bis zu einer Bodentiefe bis zu 3 m zur Verfügung.

Wärmeverluste zwischen beheizten Nachbarräumen

Diese werden analog den Transmissionswärmeverlusten an unbeheizte Nachbarräume berechnet, aber ohne Wärmebrückenzuschlag. Der Reduktionsfaktor hat das Symbol f. Dieser wird berechnet zu

mit

f = Temperatur-Reduktionsfaktor zur Berücksichtigung des Temperaturunterschiedes des beheizten Nachbarraumes zur Norm-Außentemperatur (ohne Einheit)

qint = Innentemperatur (Index int = intern) in °C

qb.N. = Innentemperatur des beheizten Nachbarraumes in °C

qe = Außentemperatur (Index e = extern) in °C

Die Gebrauchsformel in Deutschland lautet demnach

HT = SA · U · f [W/K]

Somit wird der Transmissionswärmeverlust an beheizte Nachbarräume mit

FT,i = HT,i · (qint - qe) [W]

berechnet.


* Hans Markert, Dr. Lutz Blaich, Hottgenroth-Software, Köln


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