IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2003, Seite 3


EDITORIAL


Grenzverletzungen oder der Weg zur Marge

Wenn den Politikern bei der Konsolidierung des Staatshaushaltes nichts mehr einfällt, greifen sie zu profanen Mitteln wie Steuererhöhung. Hilft das nicht, erheben sie neue Abgaben wie die Ökosteuer oder LKW-Maut. So, oder ähnlich verhalten sich in diesen konjunkturell schwierigen Zeiten Branchenpartner des dreistufigen, professionellen Vertriebsweges.

Bei schwindenden Umsätzen ist der erste Weg die Preiserhöhung um Kosten aufzufangen. Der Fachgroßhandel bzw. marktrelevante Gruppen und mittelständische Gruppierungen haben seit einiger Zeit das Konzept auserkoren: ständig steigende Logistikkosten an das Handwerk weiter zu reichen.

Dazu ein Blick zurück: Waren in den 70er-Jahren noch aktive Außendienstmitarbeiter unterwegs, um beim Handwerk Lagerbestände zu ergänzen und Kommissionen aufzunehmen, hat sich aktuell die Situation hin zur Online-Bestellung verlagert. Dies führt unter anderem auch zu kleineren Lieferaufträgen und Umsätzen. Auch die Produktvielfalt der Hersteller führt zu einer Vielzahl einzelner Bestellungen - z.Zt. aber leider nicht zur Erhöhung des Gesamtumsatzes.

Volkmar Runte
Stellv. Chefredakteur IKZ-HAUSTECHNIK

Die Folge war unter anderem, das der Fachgroßhandel dem Handwerk 24-Std.-Service, abweichend von den vormals zweitägigen bis wöchentlichen Lieferungen, anbot. Und dies war nicht der Wunsch des Handwerks, sondern der jeweilige Fachgroßhändler bot dem Fachhandwerk dieses Mehr an Dienstleistung, um sich von den Mitbewerbern abzusetzen. Mittlerweile ist es mehr oder weniger Usus, dass mindestens zweimal täglich geliefert wird - und das schon seit einigen Jahren.

Diese Praxis wurde von vielen Seiten bemängelt, förderte sie doch Betriebe, die nicht disponierten oder aus dem "Bus" heraus ihre Dienstleistung dem Kunden anboten. Mit anderen Worten subventionierten die planenden und lagerführenden Betriebe diese "Garagenbetriebe" über die Logistikschiene des Großhandels. Um nicht falsch verstanden zu werden, wer Sonderlieferungen des Fachgroßhandels verlangt, sollte für diese auch zahlen.

Nun, da die Effizienz des Fachgroßhandels gefordert ist, sucht man dort nach schnell greifenden Mitteln, um die Lücke zu schließen.

Erst vor einigen Tagen flatterten etlichen Betrieben Lieferbedingungen eines Fachgroßhändlers ins Haus, der pro Lieferung zwischen zwei und acht Euro (je nach Umsatzhöhe pro Lieferung) berechnet. Dies kann durchaus zu einer Verteuerung des jeweils georderten Artikels, sei es nun eine Brausegarnitur oder eine Einlochbatterie führen und zwar unkalkulierbar bis über 15% Zuschlag. Und dies betrifft eben nicht nur die "Minidreher" im Handwerk, sondern es soll pauschal nach dem "Gießkannen-" oder obigen "Steuerprinzip" verfahren werden. Hier könnte man in der Tat von einer verdeckten Preiserhöhung sprechen. Von partnerschaftlichem Handeln erst gar nicht "gesprochen", denn es wurde nicht versucht, einen Konsens mit den Fachbetrieben zu erzielen. Der SHK-Unternehmer stellt sich offen die Frage, wie waren denn vorher die Kosten und wie wurden diese kalkuliert? Der Fachbetrieb muss die ihm entstehenden sonstigen Kosten ja auch in Waren- und Lohnkosten einbeziehen.

Eine Entwicklung im Übrigen, die sich schon seit geraumer Zeit mit den unterschiedlichsten Begriffen schmückt, sei es Transportversicherung, Lieferzuschlag, Mindermengenzuschlag, Bearbeitungspauschale, Dienstleistungen usw. Darüber hinaus werden Ersatzteil- und Kleinteillieferungen mit nicht nachvollziehbaren Logistikkosten belegt. Hier steht die Lieferfähigkeit des Fachgroßhandels infrage, da er SHK-Artikel teils nur noch im Streckengeschäft liefern kann. Das Handwerk lässt sicherlich mit sich reden, wenn es um faire Rahmenbedingungen und kalkulierbare Kosten geht. Die genannten Varianten sind da sicherlich nicht das Gelbe vom Ei. Eine einheitliche Vorgehensweise ist allerdings auch nicht in Sicht. Gibt es bei den einen pauschale Zuschläge in kleinen Prozentbereichen, beliefern andere wieder Großabnehmer kostenfrei und wieder andere belohnen "gute Kunden" gar mit einem Bonussystem.

Die Wege zum Ziel sind in einem rezessiven Markt sicherlich schwierig, aber die Branche sollte gerade in diesem Fall die Partnerschaft leben, denn Marge ist nur eine Seite der Medaille. Grenzverletzungen treiben zusätzlich die Kunden in andere Absatz- oder Beschaffungswege. Die Zeit ist reif miteinander zu sprechen und Konsequenzen abzuwägen, damit auch zukünftige Geschäfte zum Vorteil aller im dreistufigen, professionellen Vertriebsweg getätigt werden können.


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