IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/2003, Seite 32 ff.


HEIZUNGSTECHNIK


Nimmt jede Gasart und liefert beste Verbrennungswerte

Die multigas-Technik: Innovation bei der atmosphärischen Gasverbrennungstechnik

Dipl.-Ing. (FH) Karsten Koch*

Eine optimale Verbrennung ist abhängig von der gelieferten Brennstoffqualität. Da Erdgas als Naturbrennstoff je nach Herkunft größere Abweichungen im Wärmeinhalt aufweist, ändert sich entsprechend der Gasqualität die Verbrennungsgüte. Dies gilt sowohl für die atmosphärische als auch für die gebläseunterstützte Verbrennung. Für die atmosphärische Verbrennungstechnik heißt die Lösung für dieses Problem "multigas". Die von Buderus auf Basis der SCOT-Technologie entwickelte Technik ermöglicht den Ausgleich unterschiedlicher Gasbeschaffenheiten bzw. -qualitäten ohne Umstellarbeiten und liefert somit eine konstante Verbrennungsqualität.

Der atmosphärische Gas-Spezialheizkessel

Während Gas-Wandheizkessel, speziell Brennwertgeräte, im Absatz stark wachsen, sind die Absatzzahlen für Gas-Spezialheizkessel mit atmosphärischem Brenner seit Jahren rückläufig. Unabhängig von diesem Trend wird der atmosphärische Gasheizkessel seinen Platz im Markt behaupten. Denn atmosphärische Gasbrenner benötigen kein Verbrennungsluftgebläse und zeichnen sich durch ihren einfachen und robusten Aufbau aus. Daraus ergeben sich einige Vorteile:

Bild 1: Erdgasart N nach EN 437 Entwurf.

Verbrennungstechnik allgemein

Die Verbrennungsqualität und die Leistung eines Gaskessels hängen von der Qualität bzw. von der Zusammensetzung des Erdgases ab. Daher werden Gaskessel für verschiedene Gasarten mit einer jeweils festgelegten Bandbreite abgestimmt und zugelassen. In Deutschland sind dies die Erdgasarten E und LL sowie Flüssiggas mit einem jeweils festgelegten Bereich des Wobbe-Indexes. Der Wobbe-Index ist eine Kenngröße für die Austauschbarkeit von Gasen hinsichtlich der Wärmebelastung von Gasgeräten. Dies bedeutet, dass ein Gasversorger Gase mit unterschiedlicher Zusammensetzung mischen kann, solange der Wobbe-Index innerhalb des vorgegebenen Bereichs bleibt. Die Anforderungen an die Gasbeschaffenheit von Brenngasen der öffentlichen Gasversorgung werden im DVGW-Arbeitsblatt G 260 geregelt. Neu, beziehungsweise im neuen Entwurf der EN 437 vom November 2000, wird für Deutschland die Gaskategorie 2N festgelegt. Diese vereint vom Wobbeindexbereich die Gasarten E und LL (Bild 1).

Die Gasmenge, die in den Brennstab strömt, wird durch den Düsendruck festgelegt. Mit dieser Gasmenge wird über eine Injektionswirkung (Venturiprinzip) eine definierte Verbrennungsluftmenge angesaugt. Wird die Gasmenge nicht ausreichend mit Verbrennungsluft versorgt, entsteht bei der Verbrennung Ruß oder Kohlenmonoxid (CO). Um dies zu vermeiden, wird dem Brennstoff mehr Verbrennungsluft zur Verfügung gestellt als zur vollständigen (stöchiometrischen) Verbrennung nötig ist.

Bild 2: Einfluss der Gasqualität innerhalb der Gasart E auf den Verbrennungsvorgang.

Bei einem Wobbe-Index von 14,85 kWh/m3 befindet sich der Gasbrenner im optimalen Arbeitspunkt bei einer Luftverhältniszahl von 1,2 - 1,4, d.h. es werden 20 bis 40% mehr Luft beigemischt, als physikalisch notwendig. Bei einem Gas mit einem geringeren Wobbe-Index nimmt die Luftzahl zu und die Flammengeschwindigkeit nimmt ab. Die Flamme wird dadurch größer und neigt zum Abheben. Bislang mussten bei hochvormischenden atmosphärischen Brennern große Entwicklungsanstrengungen unternommen werden, um bei diesen Betriebszuständen einen sicheren und stabilen Betrieb zu gewährleisten.

Bild 3: Regelkreislauf multigas-Technik.

Verbrennungsregelung multigas

Die oben genannten Probleme lassen sich mit einer Luftverhältniszahlregelung vermeiden, wie sie bei großen Feuerungsanlagen und Gasmotoren mittels teurer und aufwendiger Sensorik heute üblich ist. Mit der neuartigen Regelung von Verbrennungsvorgängen auf Basis der Ionisationsstrommessung steht nun auch für Gasgeräte im kleinen Leistungsbereich eine Luftverhältniszahlregelung zur Verfügung. Sie gewährleistet eine optimale und schadstoffarme Verbrennung trotz verschiedener Gasqualitäten und unterschiedlichen Verbrennungslufttemperaturen und Druckverhältnissen. Die revolutionäre Verbrennungsregelung gleicht weiterhin Verbrennungseinflüsse wie Verschleiß an den Elektroden oder verändertes Verhalten nach einer Wartung bzw. Reinigung des Kessels und Brenners aus.

Bild 4: Auswertung Ionisationssignal.

Die Regelung basiert auf der Messung und Auswertung des von der Flamme erzeugten Ionisationssignals, das einer bestimmten Luftverhältniszahl zugeordnet ist. Durch Variieren der Gasmenge wird der geplante Lambda-Wert auch bei sich ändernden Bedingungen konstant gehalten (Bilder 3 und 4). Die Folge: eine optimale Verbrennung bei gleichbleibender Nennleistung und niedrigen Emissionswerten. Dies ist im Bereich der Gas-Spezialheizkessel mit atmosphärischem Brenner ein Alleinstellungsmerkmal.

Bild 5: multigas-Brenner

Aufbau des atmosphärischen multigas-Brenners

Der Gasbrenner mit multigas-Technik besteht aus den Komponenten Gasverteilerbalken, Gasarmatur mit aufgesetztem Gasfeuerungsautomat und dem Brennrost (Bild 5). Oberhalb der Hauptgasdüsen des Gasverteilerbalkens befindet sich jeweils eine Bohrung, auch Nebengasdüse genannt (Bild 6). Über diese Nebengasdüse wird in Abhängigkeit der Gasqualität zusätzlich Gas zugegeben.

Bild 6: Gasverteilerbalken mit Haupt- und Nebengasdüsen.

Die Bezeichnung "multigas" kennzeichnet bei Buderus Gasgeräte die sich innerhalb der Erdgasfamilie automatisch auf die Erdgasgruppe anpassen. Gasbeschaffenheitsänderungen bzw. auch die Gasbeschaffenheit selbst werden bei der Erstinbetriebnahme durch die Sensorik automatisch erkannt und verbrennungstechnisch eingemessen. Eine manuelle Gasartenanpassung innerhalb der Erdgasfamilie ist bei multigas-Geräten somit nicht mehr nötig.

Bei dem atmosphärischen multigas-Brenner geschieht dies durch kontinuierliche Messung des Ionisationsflammensignals. Veränderungen dieses Flammensignals werden durch Vergrößern oder Reduzieren der Nebengasmenge über den multigas-Regler ausgeregelt, sodass sich das Flammensignal auf den Sollwert stabilisiert (Bild 7). Dadurch wird die Verbrennungsluftzahl (Lambdazahl) und die Brennerleistung bei sinkendem Wobbe-Index konstant gehalten.

Außerdem ist im Gasregler eine Anzeige integriert, die den Verschmutzungszustand des Brenners erkennt und daraufhin eine bedarfsabhängige Wartung anzeigt. Die Wartungs- bzw. Serviceanzeige ersetzt jedoch nicht die geforderte jährliche Inspektion der Heizungsanlage. Der Endkunde kann aber seine Heizungsfachfirma rechtzeitig auf eine bevorstehende Wartung aufmerksam machen. Nimmt die Verschmutzung des Kessels weiter zu, geht er in Störstellung.

Bild 7: Schematischer Aufbau des multigas-Brenners.

Digitale Feuerungstechnik in Kombination mit bewährter Brenner- und Kesseltechnik

Die digitale Feuerungstechnik ist weiter auf dem Vormarsch und im mittleren und großen Leistungsbereich bereits Stand der Technik. Auch im kleinen Leistungsbereich werden immer öfter digitale Feuerungs-Managementkomponenten eingesetzt. Gegenüber dem analogen Feuerungsautomaten bieten sich noch weitere Vorteile hinsichtlich der Betriebssicherheit und des Komforts des Heizkessels an.

Betriebs- und Wartungsanzeige

Der Feuerungsautomat ist mit einer externen Betriebsanzeige ausgestattet, die Informationen über den aktuellen Betriebs- oder Störungszustand liefert. Die Signalisierung erfolgt durch eine gelbe und rote Leuchtdiode (LED) durch Dauerleuchten oder Blinken. Anhand der Betriebsanzeige erhält der Heizungsfachmann einen ersten Überblick über den Zustand des Kessels. Auch der Endkunde kann den Leuchtcode der Anzeige an seinen Heizungsfachmann telefonisch weitergeben. Eine bedarfsabhängige Wartung ist somit möglich.

Startwiederholung bei fehlender Zündflammenbildung.

Kommt es beim Brennerstart nicht zur Zündflammenbildung, geht der Kessel im Gegensatz zum analogen Feuerungsautomat nicht auf Störung, sondern macht vier weitere Anläufe. Die mehrmaligen Wiederanläufe sind vorteilhaft, wenn die Gasarmatur/Gasleitung sich teilweise oder ganz entleert haben, z. B. bei Flüssiggasbetrieb und einem zusätzlichen Magnetventil oder zum Beispiel bei Anlagen mit Solaranlagen, in denen lange Stillstandszeiten beim Kessel auftreten können.

Integrierte Gasdruckwächterfunktion

Der digitale Gasfeuerungsautomat erkennt fehlenden Gasdruck, daher ist ein zusätzlicher Gasdruckwächter nicht nötig. Der Kessel geht dann in Wartestellung, nicht in eine Störstellung. Die nächsten Wiederanläufe erfolgen nach einer Minute, dann nach einer Stunde usw.

Keine Störabschaltung bei Unterspannung

Bei Unterspannung geht der Feuerungsautomat in Wartestellung. Das heißt: Fällt die Netzspannung unter einen Minimalwert, geht der Kessel in Wartestellung. Der Brenner geht wieder in Betrieb, sobald die Netzspannung diesen Wert wieder überschreitet.

Funktion Abgasüberwachung

Der digitale Gasfeuerungsautomat ist serienmäßig mit einer Abgasüberwachung ausgestattet. Für die Aktivierung dieser Funktion muss nur noch ein Abgastemperaturfühler angeschlossen werden.

Handterminal als Auslesegerät

Für Servicezwecke kann am digitalen Feuerungsautomaten ein Handterminal angeschlossen werden. Hiermit lassen sich Betriebszustände, Fehlermeldungen und Informationen zu Betriebsstunden, Anzahl der Brennerstarts etc. auslesen. Für den Fachbetrieb wird die Fehlersuche im Servicefall bedeutend erleichtert.

Fazit

Die multigas Technologie ermöglicht den Einsatz von multigas-Geräten in allen Gebieten mit Erdgas N als Energieträger ohne eine Umstellung oder Anpassung des Kessels auf die vorhandene Gasart. Für den Heizungsfachmann und am Ende auch für den Anlagenbetreiber lassen sich die Kosten der örtlichen Anpassung des Heizkessels vermeiden.

Weitere Vorteile wie die einfache Inbetriebnahme - unabhängig von der Gasqualität - sind gleichbleibend niedrige Emissionen, ein nahezu unveränderter Kesselwirkungsgrad und somit ein geringerer Brennstoffverbrauch. Durch den flexiblen Einsatz verringert sich die Anzahl der anzubietenden Gerätevarianten. Die daraus resultierenden Einsparungen in Produktion, Lagerung usw. erlauben es, diese Brennertechnik nahezu kostenneutral anbieten zu können.

Die Entwicklung des selbstregelnden Gasbrenners stellt eine Innovation im Bereich der gasbefeuerten Verbrennungstechnik und eine deutlich gesteigerte Funktionssicherheit für den Endverbraucher dar.


*) Dipl.-Ing. (FH) Karsten Koch, Produktmanagement Wärmeerzeuger bei Buderus Heiztechnik GmbH, Lollar


B i l d e r :   Buderus Heiztechnik GmbH, Wetzlar


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