IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/2003, Seite 22 ff.


EXPERTENGESPRÄCH


Düsseldorfer Runde

Gute-Aufträge.de?

Mitte dieses Jahres trafen sich Fachleute der SHK-Branche zu einem Meinungsaustausch in der Geschäftszentrale des Fachverbandes SHK NRW zur "Düsseldorfer Runde", zu der die IKZ-HAUSTECHNIK und der Fachverband NRW eingeladen hatten. Vertreter der Industrie mit Prof. Dr.-Ing. Helmut Burger, Viessmann Werke GmbH & Co., Hartmut Dalheimer, Keuco GmbH & Co. KG und Dr. Heinrich-Hermann Schulte, Buderus Heiztechnik GmbH waren ebenso vertreten wie der Großhandel mit Karl-Heinz Peikert, Schulte GmbH. Der Fachverband SHK wurde repräsentiert durch Dr. Hans-Georg Geißdörfer, HGF des Fachverbandes SHK NRW, sowie das Handwerk durch Friedhelm Holtsträter, Obermeister Innung Hamm, Günter Runte, Obermeister Innung Arnsberg und Klaus Wenker, Wenker GmbH. Das Gespräch moderierte Günther Klauke, Chefredakteur der IKZ-HAUSTECHNIK. Außerdem war Volkmar Runte, stellv. Chefredakteur der IKZ-HAUSTECHNIK als Berichterstatter anwesend.

Die "Düsseldorfer Runde" und ihre Teilnehmer: v.l. Dr. Hans-Georg Geißdörfer, Friedhelm Holtsträter, Dr. Hermann-Heinrich Schulte, Prof. Dr.-Ing. Helmut Burger, Karl-Heinz Peikert, Hartmut Dalheimer, Klaus Wenker, Günther Klauke und Günter Runte.

Ist-Stand

Trübe, ja trostlose Nachrichten begleiten zurzeit die Branchenveröffentlichungen der Sanitär Heizung Klima-Szene. Schwerpunkte sind immer wieder die rückläufigen Produktions- und Umsatzzahlen. Wird schon nicht seitens der Regierungsparteien mittelstandsfreundliche Politik verbreitet, so hoffen die Hersteller zumindest einen Teil ihrer Einbrüche durch erhöhte Exportquoten zu decken. Handel und Handwerk sind allerdings weitestgehend auf den Inlandsmarkt angewiesen und so ist nicht verwunderlich, dass sie die zukünftige Entwicklung nicht gerade rosig sehen. Insolvenzwellen, Mitarbeiterschwund, Downtrading und Auftragsmangel bestimmen die täglichen Aktivitäten. In einigen Bereichen bricht der Markt rasant ab und Umsatzeinbußen - über die letzten fünf Jahre - von annähernd 40 Prozent sind keine Seltenheit mehr.

Dr. Hans-Georg Geißdörfer, Hauptgeschäftsführer des FV SHK NRW, begrüßte die "Multiplikatoren" der Branche zur Diskussion, die er provokant unter das Motto: "Raus aus der Krise - rein in den Markt, denn der Markt ist da", stellte.

Demgegenüber verdeutlichte Günther Klauke die schwierige Situation der Branche anhand verschiedener aktueller Marktdaten. So liege lt. VDS-Studie eine Sättigung des Badmarktes vor und selbst 30 Jahre alte Bäder würden aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Lage nicht modernisiert.

Dr. Geißdörfer erläuterte vor der sich aktuell abzeichnenden Änderung der Anlage A der Handwerksordnung die Situation des Handwerks. Auf Bundesebene sind in den letzten fünf Jahren 300.000 Arbeitsplätze verloren gegangen, davon fast 100.000 im SHK-Handwerk. Die Regierung macht es dem Handwerk jetzt noch schwerer, indem sie eine drastische Änderung der Handwerksordnung vornehmen will. Ziel ist es das Klempnerhandwerk (mittlerweile wieder in Anlage A) und das Apparatebauerhandwerk in Anlage B zu verschieben - wo kein Meisterbrief erforderlich ist. Diese Marktsituation werde noch verschärft durch die "Ich-AGs".

Dr. H.-H. Schulte: Wir betrachten das Gebäude immer mehr als thermodynamische Einheit und für die technische Umsetzung benötigen wir qualifizierte Installateure mit Meistertitel.

Geißdörfer verdeutlichte den Standpunkt der Verbraucher in dieser Frage durch eine Studie, die die Organisation des Handwerks und das Umfrageinstitut Emnid ermittelten. Demnach sind in allen Fragen teils deutlich über 2/3 der Verbraucher davon überzeugt, dass die Reform weniger Qualität bringen werde, die Entwicklung für Industrie und Handel schlecht sei, es nicht mehr Beschäftigte im Handwerk bedeute, die Wettbewerbsfähigkeit mit dem europäischen Ausland nicht steige und 81 Prozent der Verbraucher sind sogar davon überzeugt, dass es nicht weniger Schwarzarbeit durch die geplanten Reformen gebe. Geißdörfers Appell: Der Meisterbetrieb muss auch zukünftig der Eckpfeiler der Handwerksordnung bleiben.

Diese Sichtweise untermauerte auch Dr. Schulte vonseiten der Industrie: "Der Qualifizierungsanspruch in der Heizungsindustrie wird höher. Wir bekommen über die Energieeinsparverordnung die Systemtechnologie. Wir betrachten das Gebäude immer mehr als thermodynamische Einheit und die Installateure müssen dem gerecht werden. Wir diskutieren Wärmepumpen- und Brennstoffzellentechnologie sowie Reduzierung von CO2 Emissionen. Wie sollen wir es von der Heizungsindustrie schaffen, hohe Technologien in den Markt zu bringen, mit weniger qualifiziertem Handwerk? Wir von der Industrie würden gern intervenieren, sind jedoch von politischer Seite nicht einmal angesprochen worden."

"Die Arbeitslosen damit zu reduzieren", so Schulte, "wird nur in der Anfangsphase gelingen. Sobald die Bevölkerung erkannt hat, dass die Qualität der Arbeit nachlässt, wird der Kunde sagen: Dann kann ich ja gleich Schwarzarbeit machen lassen. Der Effekt wird das Handwerk kurz- und langfristig unterminieren."

Geißdörfer ergänzte: "Die Geschichte hat bewiesen, dass in Zeiten in denen völlige Gewerbefreiheit in Deutschland war, dies zu desaströsen Verwirrungen der Verbraucher geführt hat. Das Konzept der Ich-AGs ist legalisierte Schwarzarbeit und bedeutet allenfalls einen kurzen Sonnenstrahl am Horizont."

Prof. Dr.-Ing. H. Burger: Die Energieeinsparverordnung hat uns ein breites Feld für die Umsetzung energieeffizienter Technologien angedient und dabei ist Anlagentechnik für Behaglichkeit und Komfort verantwortlich, das müssen wir vermarkten.

Auch nach Meinung von OM Runte und Dr. Schulte sei es kontraproduktiv, dass immer mehr Unqualifizierte in den Markt strömen. Die Steuern müssten gesenkt werden, damit Schwarzarbeit zurückgedrängt wird. Runte mahnte die Lieferzeitfristen der Industrie an. Zahlungskräftige Kunden seien heute nicht mehr bereit, bei hochwertigen Produkten lange Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Das Resultat: Der Kunde ist verärgert, Auftrag oder Umsatz gehen verloren.

In dieser Situation, so unterstrich Prof. Burger, werde das Handwerk massiv von der Industrie unterstützt. "Wir sind jedoch in einer Phase, wo wir den Zustand beklagen - wir jammern zu viel - aber nicht die Instrumente angehen, die wir anwenden können. Wir haben z.B. die Vorlage einer Fachunternehmerbescheinigung, die ausgestellt werden muss. Das ist ein Instrument, das wir puschen müssen." Außerdem erläuterte Burger, hätten sich die Märkte hin zum Käufermarkt geändert. "Bei fünf Kesseln Bedarf, stehen zehn Kessel zur Verfügung." Deshalb müsse die Dienstleistung in den Vordergrund gerückt werden.

Dr. Schulte sieht in der derzeitigen Vorgehensweise der Verordnungsgeber "blinden Aktionismus", denn auf der einen Seite fordere er qualifiziertere Zeugnisse und auf der anderen Seite ermögliche er mit geringerer Qualifizierung ein Handwerksunternehmen zu gründen.

H. Dalheimer: Bäder müssen in ihrer Komplexität professionell geplant und realisiert werden. Das Thema "Wohnen im Alter" nimmt aufgrund der demoskopischen Entwicklung hierbei einen immer höheren Stellenwert ein.

Geschäftsfelder der Zukunft

Unter dem Stichwort Geschäftsfelder der Zukunft brachten Dr. Geißdörfer und Klauke branchenfremde Anbieter in die Diskussion.

"Wir sollten über den Wettlauf der neuen Technologien und Geschäftsfelder sprechen: Liberalisierung des Energiemarktes. Was kommt da auf uns zu - nicht nur durch Stadtwerke?! Sowie Dienstleistungsnachfrage: Wie kann man Handwerk und Handel zusammenführen. Ist der Handel auf die bereits angesprochene Gewerke übergreifende Gebäudesystemtechnik überhaupt vorbereitet? Ist das Internet, Stichwort E-Bay sowie die Do-it-yourself-Schiene eine Konkurrenz für das Handwerk?", führte der Moderator aus. Heute sei es kein Problem palettenweise Markenartikel der unterschiedlichsten Hersteller über E-Bay zu ordern. Armaturen, Keramik ja sogar Heiztechnik werde angeboten.

Wieder werde nur geklagt, so Prof. Burger. "Man sollte konstruktive Vorschläge machen, wie z.B. in Schleswig-Holstein, dort hat man die ,Fair-Play-Wärme‘ gegründet. Die Industrie würde für derartige Dinge gern mal ein Päckchen schnüren. E-Bay ist doch unerheblich".

Ein Stichwort, das Karl-Heinz Peikert, Schulte Handel, nicht unwidersprochen stehen lassen konnte. "Die elektronischen Medien brechen die traditionellen Vertriebswege auf. Wir müssen aufpassen, dass wir uns über unterschiedliche Preisbildungen nicht selbst aus dem traditionellen Vertriebsweg heraus torpedieren. Wir dürfen solchen Hasardeuren nicht den Eintritt in den Markt ermöglichen. Dadurch würden wir letztlich durch Preiskämpfe mittlere und kleinere Unternehmen in die Pleite treiben."

In der Do-it-yourself-Schiene sieht Holtsträter erhebliche Probleme für das Handwerk. Es gebe aber auch Gegenoffensiven. So habe der OBI-Markt in Hamm versucht, einen Handwerkerservice einzurichten. Das hat nicht funktioniert, weil wir, die Handwerker und die Kreishandwerkerschaft, dagegen Sturm gelaufen sind. "Es sind sogar Handwerker aus der Badwelt ausgeschlossen worden, weil sie mit OBI zusammengearbeitet haben. Die Handwerker müssen aber mehr zusammenarbeiten und entsprechende Angebote im Markt platzieren".

Es gehe, so führte Klauke aus, nicht nur um E-Bay oder DIY, sondern auch um Wärmeerzeugerhersteller, die mit Gasversorgungsunternehmen kooperierten oder Discounter wie Aldi. Es werde der Eindruck erweckt, dass der Leidensdruck der Industrie so groß sei, dass sie versuche sämtliche Vertriebswege abzudecken.

K.-H. Peikert: Um Systeme vermarkten zu können, müssen wir in die Schulung unserer Mitarbeiter eine Menge investieren.

Hartmut Dalheimer, Geschäftsführer bei Keuco: "Uns als Industrie stört das Thema E-Bay auch, aber man kann rechtlich nichts dagegen ausrichten. Wir hatten in der Branche das Thema "Preise" im Vergleich zu Baumärkten, jetzt ist es "E-Bay". Das Handwerk muss lernen, seine Dienstleistungs- und Qualitätskompetenz in den Vordergrund zu stellen und nicht das Produkt."

Klaus Wenker, Inhaber eines auf Bäderbau spezialisierten Unternehmens, ist an dieser Stelle kritisch: "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich Bäder im hochpreisigen Segment eher noch ohne Schwierigkeiten verkaufen lassen. Wenn wir aber im Standardbereich sind, ist E-Bay und Händler, die an mich zu den gleichen Konditionen verkaufen wie an den Kunden, ganz sicher ein Thema. E-Bay ist "in" und wird uns einige Punkte nehmen und jeder Punkt tut dem Handwerk zurzeit weh. Außerdem werden wir unsere Schattenwirtschaft mit Sicherheit von 17 auf 20-25 Prozent hochziehen."

Demgegenüber sah Dr. Schulte die Dinge pragmatischer: "Elektronische Medien sind nun einmal da. Das Problem ist, dass wir das Marktpotenzial trotz niedriger Zinsen und KfW-Fördermittel nicht heben können." Schulte verdeutlichte seine Sichtweise anhand von Marktzahlen. Es gebe 3 Mio. Heizungsanlagen und rund 4 Mio. Bäder, die älter als 25 Jahre seien. Meinung des Endkunden sei: Solange ich keine Sicherheit habe, wie meine Zukunft von der Politik gestaltet wird, nehme ich den Substanzverfall hin. Hier böten die Versorger gute Konditionen im Contractingbereich und entsprechende Produkte würden dort auch vertrieben. Der dreistufige Vertriebsweg müsse dagegen Strategien entwickeln. Überaus wichtig sei ein vollumfassendes Dienstleistungsangebot.

Dalheimer sprach sich dafür aus, das Internet stärker zu besetzen. Der Endgebraucher nutzt dieses Medium in immer stärkerem Maße zur Informationsbeschaffung und wir müssen mit dem Leistungsangebot unserer Branche dort präsent sein. Wir zeigen, wo unsere Anlaufstellen sind.

Nach Meinung von Dr. Geißdörfer sei eine Partnerschaft zwischen Stadtwerken und Handwerk durchaus sinnvoll. Dies ergebe auch eine Studie von Prof. Dr. Kriegesmann, Institut für Innovationsforschung - Bochum, die empfehle, aus finanziellen Vorteilen heraus auch Contracting anzubieten. Die Stadtwerke stünden auch im Rating und bei der Refinanzierung besser da als das Handwerk, wohingegen die Kundenbindung und kostengünstige Montage beim Handwerk liege. Hier könnten Kooperationen zwischen Stadtwerken und Handwerk gute Marktchancen erarbeiten.

Prof. Burger verdeutlichte nochmals seine Sichtweise bezüglich Käufermarkt: Es gebe ein Überangebot an Produkten. Der Kunde recherchiere aber auch noch im Internet und sei gut informiert. Es müsse also ein Mehrwert wie z.B. Energieberatung oder die Aufrechterhaltung der energetischen Effizienz vermittelt werden und dies könne eben nur ein qualifizierter Fachbetrieb leisten.

Woher sollen die Aufträge kommen, stellte G. Runte die Frage. Er sah das Auftragsvolumen insgesamt für die Handwerksbetriebe als vollends unzureichend an. Sein Vorschlag an die Politik: Es müssen steuerliche Anreize her oder über den Verordnungsweg Vorgaben für den Gebäudebestand (Altbauten) gemacht werden. Dort wäre Potenzial für das Fachhandwerk.

Dr. Schulte sah keine Möglichkeit von der Politik Unterstützung zu erhalten. "Der Neubau 2002 ist so niedrig wie das letzte Mal 1949. Das heißt, die Gesetze und Verordnungen über den Neubau sind überhaupt nicht mehr zielführend". Man müsse sich um den Bestand kümmern, denn dort seien die Leute, die finanziell flexibel seien. Dort sollte es die Möglichkeit geben, Systeme mit Solartechnik und CO2-mindernde Technologie einzusetzen. Diese Kompetenz wachse der Branche über die Energieeinsparverordnung zu und sie müsse aggressiv in den Markt getragen werden. "Deshalb: Schulterschluss bei Marketingaktionen durch Handwerk und Industrie. Dies ist ein Dienstleistungsangebot mit Zukunftsvision".

In den letzten Jahren habe der Großhandel und der DGH sicherlich einige Fehler in der Präsentation und der Marktdurchdringung bei Badmöbeln und bei Duschabtrennungen gemacht, sah Peikert die Problemstellung. Dies habe dazu geführt, dass der Handwerker sich einen "Händler/Hersteller" gesucht habe, der direkt beliefere. Der Fachgroßhandel und die Industrie müssten sich diesem Trend entgegenstellen. Gleichzeitig müssten aber auch alle drei Preissegmente für den Markt abgedeckt werden.

Für die Sanitärschiene habe die Situation des Einzelhandels hier eine entscheidende Bedeutung, führte Dalheimer aus. Vor diesem Hintergrund bietet die Industrie ein großes Spektrum an Schulungs- und Weiterbildungsprogrammen an. Dies hat zur Folge, dass die Anzahl verkaufsaktiver Installateurbetriebe gewachsen ist, dass jedoch auf der anderen Seite immer mehr von diesen Betrieben dazu übergehen, Produkte direkt zu beziehen. Dies, gelinde gesagt, eine sehr unschöne Entwicklung, die uns aber nicht davon abhalten soll, die Verkaufskompetenz der Handwerksbetriebe weiter zu fördern. Denn nur mit qualifizierter Beratung lassen sich hochwertige Badeinrichtungen verkaufen.

Dr. Geißdörfer bemängelte, dass zu sehr produktspezifisch beworben werde, es müsse aber die Dienstleistung rund um das Produkt gesehen werden. Er führte weiter aus, dass die Themen zu wenig Gewerke übergreifend gesehen würden, immer nur partikular, wie: Klimamacher, dezentrale Klimatechnik, Smarthouse, Internet, Hygiene, Gesundheitstechnik, barrierefreies Wohnen sowie Gebäude- und Facility-Management. Diese Denke sei nicht nur im Handwerk, sondern besonders bei Fachgroßhandel und Industrie verbreitet.

F. Holtsträter: Die Handwerker müssen mehr zusammenarbeiten und Angebote wie die "Bad Welt" in den Markt tragen. Sie sollten sich mehr mit der Altbausanierung beschäftigen. Hier liegt ein erhöhter Bedarf vor, der dem Mittelstand Aufträge für die nächsten Jahre sichern wird.

Moderator Klauke bezog Stellung für das Handwerk und konstatierte: "Woher kommen große Handelshäuser und große Hersteller, wenn das Handwerk nicht verkauft hätte!? Wir sind an einem Punkt der Sättigung des Marktes. Jedes Handwerksunternehmen muss sich jetzt selbst vermarkten". Wenn sich Prof. Burger um seine Kessel kümmere und Wenker seine Ausstellung aktiviere, seien das völlig unterschiedliche Interessen und man versuche immer noch krampfhaft, sie marketingtechnisch unter einen Hut zu bringen.

Verkaufstrategie sei daher nach Worten Peikerts angebracht. Heute sei der Endverbraucher nicht mehr ohne weiteres bereit, für diese (SHK) Produkte Geld zu investieren. Diese Schwelle müsse durch gute ausgebildete Fachverkäufer überwunden werden. "Wir denken immer noch: es komme von selbst (zum Kauf), es kommt aber nichts von selbst, sondern nur mit hoch qualifizierter Beratung zum Verkaufsabschluss".

Wenker sieht allerdings die Problematik durch eine andere Brille: Spezialisierung ist sein Motto. Der Großhandel verkauft nach seinen Worten nicht Bäder, sondern Porzellan. Bei der gigantischen Flut von Produkten in der Branche könne man eigentlich nur hinterherhinken. Daher empfiehlt er: besser ein "Standbein" und da besser sein als die anderen.

G. Runte: Die Politik muss Investitionen im Gebäudebestand unterstützen und Anreize schaffen.

Statements

Dr. Schulte: Wir haben in Deutschland von der Industrieseite den höchsten Standard bei Produkten und Systemtechnik, den man sich überhaupt denken kann. Das Wissen, das wir bei der Industrie angesammelt haben, muss auf das Handwerk übertragen werden. Wir benötigen aber das Vertrauen des Endkunden, das können wir aber nur gewinnen, wenn die Qualifikation des Handwerks durch die neue Handwerksordnung nicht unterlaufen wird. Wir konzentrieren uns verstärkt darauf das Haus als thermodynamische Hülle in den Fokus zu stellen. Dort soll in einem Boot, nicht mehr kontrovers über eine Installation oder Dämmung gesprochen werden, sondern integral. Wir haben von der Anlagenseite bei aller Integralität gute Karten in der Hand.

Prof. Burger: Wir haben das Konzept umfassend in einem neuen Begriff zusammengefasst, der uns von der EnEV vorgegeben wurde und zwar der eP-Markt (eP=Anlagenkennzahl), das heißt: Energiefaktor Primärenergie. Man spricht nicht mehr von Systemelementen wie Wärmepumpe etc. Diese neue Denke zu vermitteln, müssen wir gemeinsam versuchen. Wo wir Defizite haben!? Die Anlagentechnik ist für die Behaglichkeit und den Komfort verantwortlich und das sollten wir besser rüber bringen.

Dr. Geißdörfer: Raus aus der Krise - Rein in den Markt. Der Markt ist da. Es liegt an uns, die Richtung der Ströme auch mit zu bestimmen. Es wird in Zukunft Gewerke übergreifende Gebäudetechnik geben. Und darunter kann sich Handwerk, Handel und Industrie gleichermaßen einsortieren. Das ist Sicherheits-, Anlagen- und Sanitärtechnik etc. Gewerke übergreifende Werbung wird erforderlich. Die politischen Rahmenbedingungen müssen verändert werden. Die Verbände müssen stärker Einfluss nehmen und den Kontakt zur Politik suchen. Dies zeigte sich erst kürzlich bei der Novellierung der Handwerksordnung.

Dalheimer: M.E. hat es die Industrie mit der Produktvielfalt überzogen. Dies kostet viel Geld in Form von Entwicklungsarbeit, Markeneinführung etc. Dabei stand die Produkt geführte Argumentation zu sehr im Vordergrund. Wir müssen jedoch mehr Wert auf "weiche Faktoren" legen. Die Produktseite ist nur ein Teil des Marketingmix. Das größte Differenzierungs- und Profilierungspotenzial gegenüber allen anderen Vertriebswegen liegt in der Beratungs- und Servicekompetenz. Wir müssen dem Endgebraucher sein individuelles Bad planen und professionell realisieren. Dabei bietet aufgrund der demoskopischen Entwicklung das Thema " Wohnen im Alter" ein sehr interessantes Wachstumsfeld.

Peikert: Wir sehen uns als Mittler zwischen Industrie und Handwerk. Wir müssen die Probleme (der Systeme) aufgreifen und umsetzen: in der Produktauswahl und in den Lagern. Ein Lager umfasst heute ca. 16.000 Artikel, gehandelt werden aber ca. 100.000 Artikel. Wir müssen in die Schulung unserer Mitarbeiter eine Menge investieren, um die Systeme, die sie anbieten auch vermarkten zu können.

Holtsträter: Wenn die Regierung so weitermacht, gibt es keine Besserung. Ich bin nicht der Ansicht von Angela Merkel, dass ein Arbeitstag verlängert werden soll, sondern man sollte erst einmal denen Arbeit verschaffen, die keine haben. Das Thema barrierefrei ist super, man sollte Produkte anbieten, die man nach fünf Jahren noch modifizieren kann und zwar so, dass sie altengerecht sind.

Runte: Aufgrund der derzeitigen miserablen Auftragslage müssen Investitionen in Immobilien steuerlich gefördert werden. Der Markt benötigt Auftragsvolumen. Die Sanierung vom Gebäudebestand muss staatlich gestützt werden. Des Weiteren muss die Finanzierung von Investitionen in Bad und Heizung durch uns angeboten werden.

Wenker: Für mich ist absolut wichtig, dass die Meisterprüfung bleibt! Wir Handwerker müssen die Verkaufsschulungen der Mitarbeiter erhöhen. Jede Firma sollte sich spezialisieren. Der dreistufige Vertriebsweg sollte beibehalten werden aber der Kontakt zur Industrie sollte enger werden. Wir benötigen auf Fragen schnelle Antworten, z.B. über Hotlines. Wir müssen Dienstleistung leben!

K. Wenker: Jeder Betrieb sollte sich spezialisieren, da die Produktvielfalt im SHK-Bereich gigantisch ist.

Resümee

Dr. Geißdörfer betonte abschließend, dass gerade die SHK-Branche unbestritten beträchtliche Zukunftschancen habe, auf die immer wieder hingewiesen werden müsse. Die Geschäftsfelder der Zukunft müssten beackert werden, das Klagen müsse ein Ende haben und die politischen Rahmenbedingungen müssten verbessert werden. Gerade daran arbeite die Handwerksorganisation derzeit mit Hochdruck.

Die Bürger glaubten, dass es mit der Wirtschaft wieder aufwärts gehe. Die über Monate diskutierten Horrorszenarien von Rezession und Deflation verblassten. Für den Normalverbraucher aber sei das noch lange kein Grund, das Geld mit vollen Händen auszugeben. Der Stachel der Unsicherheit über die eigene künftige Einkommensentwicklung sitzt tief. Deshalb schlage sich die allmähliche Klimaverbesserung bislang nicht in den realen Wirtschaftsdaten, z. B. in einer großen Nachfrage nach Sanitär- und Heizungsprodukten nieder.

Dr. Geißdörfer betonte, dass der moderaten Teuerung und den geplanten steuerlichen Entlastungen andererseits deutlich höhere Belastungen entgegen ständen. Alle müssten daran mitwirken, dass die Konjunktur bis auf weiteres nicht an der Kellertür stehen bleibt.


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