IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/17/2003, Seite 49 ff.


ELEKTROTECHNIK/ARBEITSSCHUTZ


Einsatz elektrischer Betriebsmittel

auf kleinen Bau- und Montagestellen

Rüdiger H. F. Heuchel*

Für den gefahrlosen Einsatz elektrischer Betriebsmittel in Arbeitsbereichen mit wechselnden Einsatzorten ist unbedingt ein besonderer Speisepunkt für die Stromversorgung erforderlich. Keinesfalls dürfen die Steckvorrichtungen der ortsfesten elektrischen Anlage (Hausinstallation) ohne Zusatzschutz verwendet werden. Zulässig sind nur Speisepunkte, die mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) ausgestattet sind.

Bei Wartungsarbeiten ist ein besonderer Speisepunkt für die Stromversorgung der Geräte erforderlich.

Im Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsanlagenbau werden häufig Arbeiten auf kleinen Bau- und Montagestellen mit wechselnden Einsatzbereichen durchgeführt. In der Regel handelt es sich um Neubau-, Umbau- oder Instandhaltungsarbeiten, die in den Liegenschaften oder Gebäuden der Auftraggeber bzw. bei der Kundschaft verrichtet werden. Die Besonderheit besteht darin, dass im Regelfall kein spezieller Speisepunkt (z.B. Baustromverteiler) zum Anschluss der elektrischen Geräte vorhanden ist.

Auf kleinen Bau- und Montagestellen werden elektrische Betriebsmittel nur einzeln benutzt oder die durchgeführten Arbeiten sind geringen Umfangs. Zur Durchführung von Arbeiten geringen Umfangs werden nicht mehr als ca. 100 Arbeitsstunden aufgewandt.

Elektrogefährdungen

Während der Durchführung von Arbeiten auf kleinen Bau- und Montagestellen ergeben sich durch elektrischen Strom vielfältige Gefahren und Wirkungen für den Menschen. Die Ursachen liegen überwiegend in schadhaften elektrischen Betriebsmitteln, Mängeln an elektrischen Anlagen sowie Verhaltensfehlern begründet.

Schutzverteiler mit PRCD-S; geeigneter mobiler Speisepunkt für die Stromversorgung.

Schadhafte Betriebsmittel

Der ordnungsgemäße Zustand der "eigenen", zur Arbeitsstätte mitgebrachten elektrischen Betriebsmittel wie Elektro-Handwerkzeuge, Verlängerungsleitungen, Mehrfachverteiler, Leitungsroller (Kabeltrommeln), Bauleuchten/-strahler, Heizgeräte usw. ist nicht immer sichergestellt. Auch wird die geforderte optische Sicherheitsprüfung vor dem Arbeitseinsatz vielfach nicht mit der erforderlichen Sorgfalt durchgeführt.

Anlagenfehler

Häufig wird in Räumen und Bereichen gearbeitet, in denen die elektrische Anlage (Hausinstallation) betriebsfertig errichtet wurde, aber keine Informationen über den ordnungsgemäßen Zustand vorliegen. So kann beispielsweise in einer fehlerhaften elektrischen Anlage die Schutzmaßnahme unwirksam sein, der Schutzleiter unterbrochen oder im schlimmsten Fall sogar unter Netzspannung stehen.

Ursachen für Gefährdungen durch elektrische Energie sind vor allem:
  • Benutzung beschädigter oder für den Einsatzort ungeeigneter Betriebsmittel,
  • schadhafte und/oder unzulässige Anschlussleitungen,
  • fehlende Biege- und Knickschutzteile sowie defekte Steckvorrichtungen,
  • mangelhafte oder fehlerhaft durchgeführte Reparaturarbeiten,
  • äußere Einwirkungen durch raue Betriebsbedingungen,
  • eine zu hohe Beanspruchung der Betriebsmittel,
  • das Anbohren von Leitungen und Kabeln,
  • unwirksame oder Spannung führende Schutzleiter und Vertauschungen in der elektrischen Anlage,
  • ungenügende Kenntnis über Betriebsbestimmungen und/oder erforderliche Sicherheitsmaßnahmen.

Beschädigungen durch Arbeitseinsatz

Beim Setzen der Dübellöcher für Rohrschellen, Geräte, Aufhänge- oder Befestigungselemente besteht die Gefahr, unter Putz verlegte Elektroleitungen anzubohren. Weiterhin werden die Anschlussleitungen der elektrischen Betriebsmittel stark beansprucht, was häufig zu Beschädigungen führt. Insbesondere die mechanischen Belastungen sind sehr ausgeprägt. Leitungen können eingeklemmt, gequetscht oder über scharfe Kanten und ggf. Grate gezogen werden.

An den zum Einsatz kommenden elektrischen Betriebsmitteln sowie innerhalb der Stromversorgung sind ebenso Fehler möglich, die von den herkömmlichen Schutzmaßnahmen nicht beherrscht werden können. Beispielsweise kann die Isolierung der Netzanschlussleitung eines elektrischen Gerätes oder dessen Gehäuse beschädigt sein. Fällt dieser Fehler während der Sicherheitsprüfung vor der Benutzung des Betriebsmittels nicht auf, kann sich bei einer Berührung von Spannung führenden Teilen ein lebensgefährlicher Stromschlag ergeben. Auch die erwähnte Schutzleiterunterbrechung oder eine Fremdspannung auf dem Schutzleiter (PE) in der Hausinstallation wird von den Schutzmaßnahmen in der Anlage nicht erkannt. Aus diesen Gründen müssen besondere Schutzeinrichtungen die möglichen Gefährdungen verhindern.

Einsatzort "Kleine Bau- u. Montagestelle" für Schutzverteiler mit PRCD-S bei Arbeiten auf einem Gerüst.

Fehlerstrom-Schutzeinrichtung

Durch die Anwendung des zusätzlichen Schutzes gegen elektrischen Schlag kann im Fehlerfall - bei schadhaftem Berührungsschutz und direktem Berühren Spannung führender Teile - weitgehend sichergestellt werden, dass Personen gegen gefährliche Körperströme durch automatische und schnelle Abschaltung der Stromversorgung geschützt werden (Personenschutz). Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs) mit einem erweiterten Schutzumfang sowie der Sicherstellung einer bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit des Schutzleiters und einem Bemessungsdifferenzstrom (früher Nennfehlerstrom) <30 mA gewährleisten einen wirksamen Zusatzschutz bei den bekannten Stromgefährdungen. Diese ortsveränderlichen FI.-Schutzeinrichtungen werden auch als PRCD-S (Portable Residual Current Protective Device-Safety) bezeichnet. Dabei handelt es sich (noch) nicht um einen genormten Begriff, sondern um eine Herstellerkennzeichnung.

Beispiel eines Schutzverteilers für wechselnde Einsatzstellen, mit Schuko-4-fach-Steckvorrichtung und vorgeschalteter PRCD-S.

Benutzung "fremder" Steckdosen

Ein Speisepunkt ist die Schnittstelle zwischen der Steckdose und dem elektrischen Betriebsmittel. Aus den dargelegten Gründen der Elektrogefährdungen sowie des Unfallgeschehens sind besondere Maßnahmen notwendig. Es ist nicht mehr zulässig, vorgefundene Steckdosen ohne zusätzliche Schutzvorkehrungen zu benutzen. Die BG-Information BGI 608 (früher ZH 1/271) "Auswahl und Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel auf Baustellen" enthält diese Festlegung.

Auf kleinen Bau- und Montagestellen ist für die Stromversorgung elektrischer Betriebsmittel ein besonderer Speisepunkt mit Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD), IDn <30 mA, erweitertem Schutzumfang und Sicherstellung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit des Schutzleiters erforderlich.

Gerade bei Steckdosen in Gebäudeinstallationen, ist wegen der häufig fehlenden Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahme nicht auszuschließen, dass Fehler in den für die Arbeitskräfte unbekannten Netzen vorhanden sind. Die Schutzeinrichtungen mit Fehlerstromschutz (RCD) sind so konzipiert, dass sie an Steckvorrichtungen ortsfester Anlagen, also an der Haussteckdose, aber auch an Baustromverteilern einsetzbar sind und bei Fehlerströmen >30 mA abschalten. Sie werden 3- und 5-polig (für Wechsel- und Drehstrom) angeboten. Wenn vom Kunden/Auftraggeber in den "fremden" Betriebsräumen bauseits kein besonderer Speisepunkt zur Verfügung gestellt wird, ist das ausführende Unternehmen gefordert, einen eigenen "Elektro-Zusatzschutz" zu benutzen.

Leitungsroller (Kabeltrommel) mit unzureichender Schutzart ("offene" Einbau-Steckdosen) und ungeeigneter (H 05 RR-F) sowie schadhafter Anschlussleitung.

Betriebsmittelauswahl

Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die zum Einsatz kommenden elektrischen Betriebsmittel nach ihrem bestimmungsgemäßen Verwendungszweck, entsprechend den zu erwartenden Umgebungsbedingungen, Beanspruchungen und äußeren Einflüssen an der Arbeitsstelle eingesetzt werden. Die für den Einsatzbereich "Bau- und Montagestelle" verwendeten elektrischen Betriebsmittel müssen der Anwendungskategorie gemäß BGI 600 "Auswahl und Betrieb ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel nach Einsatzbereichen" (früher ZH 1/249) entsprechen.

Zweckmäßig und zulässig als bewegliche Anschlussleitungen sind im Wesentlichen nur die folgenden Leitungsqualitäten:

Phasenwenderstecker, ideal für wechselnde Einsatzstellen.

Die genannten Typ-Kennzeichnungen sind in der Regel auf dem Leitungsmantel angegeben (siehe Kasten). Demnach sind PVC-Leitungen (z. B. H 05 VV-F) oder andere unzulässig!

Die erforderliche Schutzart, d.h., der Berührungs-, Fremdkörper- und Feuchteschutz muss, mit Ausnahme der handgeführten Elektrowerkzeuge, mindestens IP 54 entsprechen. Das bedeutet, die Steckvorrichtungen der Mehrfachverteiler und Leitungsroller (Kabeltrommeln) müssen abgedeckt sein, idealerweise durch "Klapp-/Federdeckel". Die Gehäuse von Geräten, Steckvorrichtungen und Leuchten müssen hinsichtlich ihrer mechanischen Festigkeit für erschwerte Bedingungen geeignet sein; Kennzeichnung: .

Typischer unerlaubter Drehstrom-Adapter von 32 A Stecker auf 16 A Kupplungsdose.

Phasenwenderstecker und Adapter

Bei Drehstrom-Steckern an Betriebsmitteln für wechselnde Einsatzstellen ist es empfehlenswert, zur Umkehr der Drehrichtung CEE-Umschaltstecker (Phasenwenderstecker) zu verwenden. Derartige Steckvorrichtungen bieten nicht nur für den Fachmann, sondern auch für elektrotechnische Laien den Vorteil, die evtl. falsche Drehrichtung von drehrichtungsabhängigen Geräten selbst zu korrigieren.

Unzulässige Übergangsadapter stellen ein hohes Sicherheitsrisiko dar und können Mitarbeiter in höchste Gefahr bringen. Daher ist unbedingt das Augenmerk auf deren Auswahl und Verwendung zu richten. Ein Adapter von "groß" auf "klein", z.B. 32 A Stecker auf 16 A Kupplungsdose (absteigender Bemessungsstrom) ist nur zulässig, wenn eine Überstrom-Schutzeinrichtung (Schmelzsicherung, Leitungsschutzschalter) mit 16 A Nennstrom zwischengeschaltet ist.

 

 

Zusammenfassung

Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung für kleine Bau- oder Montagestellen muss für die Stromversorgung ein besonderer Speisepunkt geschaffen werden. Sicherheitstechnisch ist für diesen Einsatzbereich ein Schutzverteiler mit PRCD-S gut geeignet. Zum Einsatz kommende elektrische Betriebsmittel müssen der Anwendungskategorie entsprechen. Eine Unterrichtung/-weisung der Arbeitskräfte hinsichtlich besonderer elektrischer Gefahren ist unabdingbar. Es ist eine Betriebsanweisung für die organisatorischen und technischen Maßnahmen zu erstellen. Vor jeder Benutzung ist eine Sichtprüfung durch den Betreiber vorzunehmen. Außerdem muss die regelmäßige Prüfung durch eine befähigte Prüfperson organisiert sein. Verantwortliche Personen, wie Unternehmer, Bau-/Montageleiter, Kolonnenführer, Vorarbeiter usw. sind gehalten, den sicheren Betrieb in Bereichen kleiner Bau- und Montagestellen zu gewährleisten.


* Rüdiger H. F. Heuchel, Elektromeister, Fachstelle Elektrotechnik bei der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft Dortmund


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