IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/17/2003, Seite 28 ff.


SANITÄRTECHNIK


Legionellen – humanpathogene wassergängige Bakterien

Teil 2: Diagnostik – Therapie – Infektionspfade

Prof. Dieter Kreysig*

Nachdem in den zurückliegenden Jahren eine Reihe sicherer und teilweise auch schnell durchzuführender Diagnoseverfahren für Legionellen / Legionellose-Erkrankungen entwickelt wurden und nun zur Verfügung stehen, ist es möglich, mit der Früherkennung der Infektion auch frühzeitig eine gezielte Therapie zur Verringerung der Gefahr tödlicher Ausgänge des Krankheitsverlaufs bzw. des Eintretens von Folgeschäden (Invalidität) einzuleiten.

Für eine – in möglichst frühem Erkrankungsstadium – einzusetzende Legionellen-Therapie sind die üblichen bei einer Pneumonie-Behandlung angewandten Antibiotika wie Penicilline u.a. praktisch unwirksam und nicht geeignet. Neben dem Wirkstoff Erythromycin sind nur die neueren Wirkstofftypen aus der Reihe der Makrolide und Chinolone, speziell fluorsubstituierte Derivate, die Antibiotica der Wahl.

Legionellen unter dem Mikroskop.

Die Infektionspfade durch Legionellen sind – abgesehen von der Wundinfektion – die verschiedenen Möglichkeiten für diese Bakterien, inkorporiert in lungengängige Aerosole in den Bronchotrachealtrakt bzw. in die Lunge zu gelangen. Dies ist mit Abstand am häufigsten der Fall durch Inhalation mit der Atemluft (vgl. Tabelle 6), allerdings wird zunehmend häufig postuliert, dass auch eine Legionellenaufnahme durch Aspiration ("Verschlucken" legionellenhaltigen Wassers infolge mangelhaften Funktionierens des Verschlussmechanismus Speiseröhre/Luftröhre; oft zu beobachten bei älteren Menschen und Rauchern) erfolgen kann.

Wenn die eingedrungenen legionellenhaltigen Partikel nicht durch die Aktivität des Flimmerepithels (bei älteren Menschen erschlafft, bei Rauchern nikotingeschädigt) ausgetragen werden, begegnet der Körper dieser Invasion mit der ersten (unspezifischen) Immunantwort, indem er Makrophagen aktiviert, welche die eingedrungenen Bakterien vernichten sollen. Gegen diese Attacke sind die Legionellen – ähnlich wie im Falle ihrer Aufnahme in das Fressbläschen einer Amöbe – jedoch widerstandsfähig. Das heißt, sie beginnen, sich nach ihrer Aufnahme in die Makrophage in dieser zu vermehren bis zu deren ruptiven Zerstörung, gefolgt von einer Kaskade stetiger Wiederholungen dieses Prozesses durch eine ständig wachsende Anzahl Legionellen und neuer Makrophagen. Diese paradoxe Vermehrung führt dazu, dass der Körper nach gewisser Zeit (etwa zwei Tage) seine zweite (spezifische) Immunantwort aktiviert und Antikörper produziert, die die Makrophagen befähigen, die Abwehrmechanismen der Legionellen zu überwinden und mit deren effektiver Inhibierung zu starten. In diesem Entwicklungsstadium einer Legionellose entscheiden die Anzahl inzwischen gebildeter Legionellen, deren individuelle Aggressivität und Virulenz, die Immunlage des Infizierten sowie weitergehende Prädispositionsfaktoren (vgl. Tabelle 7) und gegebenenfalls eingeleitete therapeutische Maßnahmen über Verlauf, Schwere und Ausgang der Infektionskrankheit.

Ortsspezifische Infektionsgefahren

Besonders gefürchtet sind Legionellen-Infektionen in Krankenhäusern, Einrichtungen der Altenpflege usw., also in Gebäuden, die besonders von immungestörten und damit infektionsgefährdeten Nutzern und Bewohnern frequentiert sind [5]. In solchen Einrichtungen gilt folglich der Prävention, der Erkennung und der Beseitigung der Ursachen und Quellen für eine (nosokomiale) Legionelleninfektion größte Aufmerksamkeit [6].

Ähnlich risikobehaftet können Hotels und sonstige Beherbergungseinrichtungen mit legionellen-kontaminierten Wasserversorgungssystemen für Gäste und sonstige Nutzer sein. Im Rahmen einer Studie über Legionellen-Kontaminationen in europäischen Hotels [7] konnte nachgewiesen werden, dass 50% der untersuchten Hotels als mit Legionellen kontaminiert einzustufen waren.

Solche durchaus nicht auf Europa beschränkte Infektionsorte führen zu den als "reiseassoziiert" bezeichneten Legionellose-Fällen, deren epidemiologische Rückverfolgung allgemein sehr schwierig ist, zunehmend jedoch im Ergebnis der von der European Working Group on Legionella Infections (EWGLI) eingeleiteten Erfassungs- und Nachweisaktivitäten immer besser zuordbar und transparent werden wird.

Aber auch der "normale" Lebensraum der Menschen kann Infektionsgefahren bergen, in deren Folge es zu so genannten "kommunalen" Infektionsereignissen kommen kann (vgl. potenzielle Infektionsorte, Tabelle 6). Derartige Infektionsrisiken können von jedem kontaminierten hausinternen Wasserversorgungssystem ausgehen. Wohngebäude, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Einrichtungen der Kinderbetreuung usw. gehören ebenso zu diesem "öffentlich-gewerblichen" Bereich wie Industrieanlagen. Daher gehören insbesondere Trinkwasserversorgungsanlagen wie Hausinstallationen, aus denen Wasser als Trinkwasser für die Öffentlichkeit abgegeben wird, zu den im Rahmen der Trinkwasserverordnung [8] besonders zu schützenden, zu untersuchenden und zu kontrollierenden Systemen, insbesondere solche, die über Warmwassersysteme und angeschlossene Duschen verfügen.

Öffentlichkeitswirksame Bewertung der Infektionsgefahr

Die Widerspiegelung der durch Legionellen verursachten Gefahr für Gesundheit und Leben von Menschen in der Öffentlichkeit, im Kommunikationssystem und im Gesundheitswesen ist nicht widerspruchsfrei. Einerseits ist das Auftreten von Erkrankungen, besonders solchen mit fatalem Ausgang bzw. mit Invaliditätsfolgen, unbestritten. Über die exakten Zahlen herrscht jedoch beträchtliche Unklarheit, zum einen wegen der Lücken und immer noch vorhandenen Nachlässigkeit im Meldesystem, der zu vermutenden Anzahl unerkannt bleibender Legionellose-Erkrankungen, zum anderen wegen Unkenntnis und Unerfahrenheit im Umgang mit der Gefahr (trifft auf die Bundesrepublik Deutschland nur sehr eingeschränkt zu). Im Ergebnis dessen findet man auf der einen Seite spektakulär besorgniserregende hochgerechnete Schätzwerte zum Legionellen-Infektionsgeschehen, während auf der anderen Seite bagatellisierende, oft von wirtschaftlichen Besorgnissen stimulierte Sichtweisen anzutreffen sind. Nimmt man noch den Umstand hinzu, dass ein mikrobiologisch detektiertes Legionellen-Vorkommen in einem gebäudeinternen Trinkwasserversorgungssystem eines Krankenhauses, Hotels, einer Schwimmhalle usw. und evtl. demselben zuordbare Legionellose-Fälle in der Öffentlichkeit sofort zu einer schwerwiegenden negativen Stigmatisierung Anlass geben, und berücksichtigt daraus resultierende Folgen für den Ruf des Unternehmens und wirtschaftliche Konsequenzen bis zur Existenzbedrohung, so wird eine bis dato wirksame Scheu bei Betreibern verständlich, sich dem Problem zu stellen. Diese Fakten wirken der Bereitschaft zum rechtzeitigen Detektieren von gebäudeinternen Kontaminationen und dem verantwortungsvollen Handeln zu deren rechtzeitigen Beseitigung entgegen [6].

Infektionsquellen und -verlauf nosokomialer Pneumonia, selektiv von Legionellose-Pneumonia (rot gekennzeichnet).

Unbestreitbar ist und bleibt: Legionellen sind eine ernstzunehmende Gefahr für Leib und Leben der Menschen, jedoch Erkrankungen an Legionellosen sind prinzipiell vermeidbar. Nicht zuletzt sind es die sporadischen seuchenartigen Ausbrüche von Erkrankungen, die uns die wachsende Gefährdung vor Augen führen (vgl. Tabelle 8).

Eine Strategie der Vermeidung bzw. einer Verminderung, im Idealfall einer Beseitigung vorhandener Infektionsgefahren durch Legionellen in einem Installationssystem setzt Kenntnisse über Ursachen und Kontaminationsquellen sowie deren Korrelation mit speziellen Parametern der jeweiligen Systeme voraus. Diese Problematik wird im nachfolgenden Teil 3 behandelt.
(Fortsetzung folgt)


* Prof. Dieter Kreysig, wissenschaftlicher Berater der AQUA Butzke GmbH


L i t e r a t u r :

[5] Tiefenbrunner, F.: Legionellen im Krankenhaus: Vorkommen, Risikofaktoren und Hygienemaßnahmen; Krh.-Hyg + Inf.verh. 24 (2002), 173 – 183.
[6] Sabria, M., l Yu, V.: Hospital-acquired Legionellosis: solutions for a preventable infection; THE LANCET Infectious Diseases 2 (2002) 368 – 373.
[7] Tiefenbrunner, F.: Legionellaea and amoebae in European hotel water-distribution systems; Proceeding of the 11 th meeting of the European Working Group on Legionella Infections (EWGLI) Oslo, Norway, June 2-4, 1996, 67 – 70.
[8] Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch – Trinkwasserverordnung 2003; Umsetzung der Richtlinie 98/83 EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 3. November 1998 / ABI. EG Nr. L 330, 32.


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