IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/17/2003, Seite 22 f.


VERBÄNDE AKTUELL 


 Niedersachsen


Wärmelieferung an Privatkunden

Vor dem Hintergrund der sich wandelnden Strukturen im zukünftig liberalisierten Erdgasmarkt und dem damit verbundenen Wegfall des regionalen Gasliefermonopols, beginnt die oft zitierte Partnerschaft zwischen Gas-Versorgungsunternehmen und dem SHK-Handwerk zu bröckeln. Dabei war in der Vergangenheit gerade diese der Garant für den enormen wirtschaftlichen Erfolg der GVU. Aktuell verstärken Versorger ihr eigentliches Kerngeschäft, indem sie ihre Aktivitäten mit Dienstleistungs- und Komplettangeboten erweitern. Ziel dieser Aktivitäten ist es, über eine intensivere Kundenbindung und hohe Kundenzufriedenheit langfristig den Gasabsatz zu sichern und darüber hinaus auch neue Marktpotenziale zu erschließen. Das installierende Handwerk wird in der Regel über so genannte Partnerschaftskonzepte oder Systempartnerschaften in diese Konzepte eingebunden. Die Ausgestaltung dieser Konzepte lässt sich grob in drei Kategorien unterteilen:

Übereinstimmend bezahlt der Kunde bei allen Konzepten monatlich einen Betrag für die Wärmelieferung. Dieser beinhaltet in der Regel den (Anlagen-)Grundpreis - Kosten der Refinanzierung, Wartung, Instandhaltung, Störungsbeseitigung, Schornsteinfeger etc. und den (Arbeits-)Wärmepreis - Gasverbrauch -. Aufgrund des Wärmelieferungsvertrages bindet sich der Kunde langfristig vertraglich (10 bis 15 Jahre) an den Gasversorger.

Je nach Konzept des Versorgers wird das SHK-Unternehmen die Kundenbindung ganz oder zumindest teilweise verlieren. Der bisherige Marktpartner (GVU) entwickelt sich mit seinem Produkt "Wärmelieferung" zu einem ernst zu nehmenden Konkurrenten im Kesselgeschäft. Dabei dürfte seine Bedeutung als Kunde des SHK-Handwerks aufgrund des zu erwartenden Konzentrationsprozesses ständig zunehmen. Angesichts einer solchen Entwicklung kann in der Zukunft von einer deutlichen Reduzierung der Margen und damit einer Senkung der Rentabilität ausgegangen werden. Bereits heute wird über Rabattvereinbarungen zwischen Herstellern und Versorgungsunternehmen laut nachgedacht. Inwieweit sich diese solchen Forderungen zukünftig erfolgreich widersetzen können, wird auch von der Möglichkeit der Versorger bestimmt werden, sich auf den Einbau ausgewählter Fabrikate festzulegen. Dieses wäre dann sicherlich nur noch eine Frage der Marktmacht.

In groß angelegten Werbekampagnen versuchen die Gasversorger, den Endkunden von den Vorteilen der Wärmelieferung zu überzeugen. Unablässig werden folgende Argumente als vorteilhaft herausgestellt:

Bei kritischer Betrachtung zeigen sich in der langfristigen Betrachtung erhebliche Nachteile. Der Gaspreis ist in der Vergangenheit nachweislich stark gestiegen. Allein aufgrund dieser Tatsache, die der Endverbraucher in der letzten Zeit erfahren konnte, kann eine langfristige Bindung über z.B. einen Gasversorger-Vertrag von 10 Jahren beträchtliche finanzielle Nachteile nach sich ziehen. Diese wird ein unabhängiger Endkunde nach der Liberalisierung des Gasmarktes nicht haben. Offensichtlich sind die Gasversorger gerade deswegen bemüht, Kunden langfristig an sich zu binden. Ein weiterer wesentlicher Vorteil bei Eigenerstellung einer neuen Heizungsanlage besteht in der Möglichkeit der Finanzierung mittels zinsgünstiger Kredite aus Förderprogrammen der öffentlichen Hand, vom Hersteller und sogar auch derzeit noch von Versorgungsunternehmen.

Letztlich sind SHK-Unternehmen und Kunden nicht ausschließlich auf Gas als Energieart angewiesen. Hier stehen auch Öl, Biomasse, Festbrennstoffe und andere regenerative Energien zur Verfügung, die für den Verbraucher durchaus interessant und wirtschaftlich sein können. Der Kunde kann als Partner des SHK-Unternehmens eine neutrale Beratung und eine auf seine Bedürfnisse zugeschnittene optimale Lösung erwarten.

Die Vorteile, die sich bei diesem Geschäft für die SHK-Unternehmen ergeben, beschränken sich im Wesentlichen auf ein geringeres Inkassorisiko und einen eventuell geringeren Verwaltungsaufwand. Die Nachteile wie Verlust der Kundenbindung, Konzentration auf wenige Großkunden, Verschlechterung der Rentabilität, Festlegung auf bestimmte Produkte, Eingriff in die Preisgestaltung etc. überwiegen deutlich.

Reiner Möhle, Obermeister Innung SHK Osnabrück-Stadt: "Die Partnerschaft zwischen Gasversorgungsgesellschaften und dem SHK-Handwerk war bisher Garant für den wirtschaftlichen Erfolg der GVU."

Unter diesen für SHK-Unternehmen nachteiligen Bedingungen lassen sich keine wirklich positiven Gründe erkennen, die einen SHK-Unternehmer veranlassen könnten, sich an diesem Geschäft zu beteiligen und mitzuhelfen, die Ziele der Versorgungsunternehmen zu realisieren. Er sollte vielmehr versuchen, seine Kunden auch über die Nachteile der Wärmelieferung aufzuklären. Hier wären sicherlich zu nennen, die langfristige Bindung an das Versorgungsunternehmen und an eine Energieart, die Einschränkung der Wechselmöglichkeit zu preiswerteren Gaslieferanten nach der Liberalisierung des Gasmarktes, der Verzicht auf Finanzierungshilfen und Zuschüsse, der Verzicht auf Eigentum am Wärmeerzeuger, keine direkte Beziehung zwischen Kunden und installierendem SHK-Unternehmen etc.

Unter grundsätzlich anderen Aspekten muss die Wirtschaftlichkeit von Wärmelieferungskonzepten in den Bereichen kommunaler Liegenschaften, der Wohnungswirtschaft und der Industrie bewertet werden. Hier bietet sich die Möglichkeit, anders als beim Privatkunden, enorme Einsparungs- und Rationalisierungspotenziale auszuschöpfen.


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