IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2003, Seite 46 f


RECHT-ECK


Quotierung der Haftung

Gesamtschuldnerische Haftung Architekt/Unternehmer

RA Friedrich-W. Stohlmann

Ein immer wieder streitiges Thema ist die Frage der Quotierung der Haftung, soweit seitens des Sonderfachmanns (Architekt/Planer) ein Planungsfehler verursacht wird und der später tätige Unternehmer diesen Planungsfehler nicht erkennt, obwohl er den Planungsfehler hätte erkennen müssen.

Aus einem jüngsten Urteil des OLG Naumburg vom Januar 2003 ist zu erkennen, wie sehr der Unternehmer aufpassen muss, soweit es um die Planung des Architekten geht, bevor er seine Leistung erbringt. Das OLG Naumburg hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden und darüber nachzudenken, ob bei einem erheblichen Planungsfehler auch der Unternehmer quotenmäßig mit in Regress genommen werden kann.

In dem Fall hatte eine Kirchengemeinde den Architekten beauftragt, Sanierungsmaßnahmen an der Kirche zu planen. Nach den Vorgaben des Architekten sollte die Kirche mit sog. Mönch-Nonne-Ziegeln neu eingedeckt werden. Eine Unterdeckung des Daches war in der Planung nicht vorgesehen. Mit der Bauausführung wurde der Beklagte, ein Dachdeckerunternehmen, beauftragt. Nach Fertigstellung des Daches kommt es zu Durchfeuchtungen und zu einem erheblichen Schaden. Die Kirchengemeinde nimmt den Architekten wegen Planungs- und Bauüberwachungsfehlern gerichtlich in Anspruch. Der Architekt verkündet dem Dachdecker den Streit, der aufseiten der Kirchengemeinde dem Rechtsstreit beitritt und als Streitverkündeter vorträgt, er hätte den Planungsfehler nicht erkennen können. Der Architekt wird verurteilt, der Kirchengemeinde die Kosten für die Mängelbeseitigung in Höhe von 156.000,00 DM zu erstatten. Bei der Verwendung von Mönch-Nonne-Ziegeln wäre es vor allem notwendig gewesen - so das Gericht -, eine Unterspannbahn zur Abdichtung des Daches anzubringen. In dem Folgeprozess der Haftpflichtversicherung des Architekten, die den Schaden reguliert hatte, wird nunmehr der Dachdeckerunternehmer in Anspruch genommen. Die Versicherung verlangt 2/3 der Mängelbeseitigungskosten vom Unternehmer im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches wegen Verletzung von Prüfungs- und Hinweispflichten zurück.

Das Oberlandesgericht stuft den Verschuldensanteil des Dachdeckers allerdings nur mit 1/3 ein, da nach Meinung des Oberlandesgerichtes das Verschulden des Architekten im Planungsbereich überwiege. Der Architekt könne im Einzelfall sogar allein verantwortlich sein, wenn dem Bauunternehmer gegenüber dem Auftraggeber lediglich eine geringe Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflichten im Hinblick auf die fehlerhafte Planung des Architekten vorwerfbar sei. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Planungsfehler die entscheidende Ursache für den Mangel und dem Architekten außerdem noch eine grobe Aufsichtsverletzung vorzuwerfen sei. Hätte der ausführende Unternehmer allerdings ohne Schwierigkeiten Planungsfehler erkennen können, müsse sich auch der Unternehmer einen Verursachungsanteil entgegen halten lassen.

Dem Urteil des OLG Naumburg ist in Bezug auf die Quotelung der Verschuldensanteile innerhalb des Gesamtschuldverhältnisses von Architekt und Bauunternehmer bei einem nicht erkannten Planungsfehler grundsätzlich zuzustimmen, wobei die Quote von 1/3 von 156.000,00 DM zu hoch erscheint. Es entspricht den bisherigen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, dass auch der Unternehmer verpflichtet ist, die Planungsleistung daraufhin zu prüfen, ob ein mangelfreies Werk aufgrund dieser Planung erbracht werden könne. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis des OLG auf eine Aufsichtsverletzung des Architekten, die innerhalb des Gesamtschuldnerausgleiches neben dem Planungsfehler einen überwiegenden Verschuldensanteil im Verhältnis zum ausführenden Unternehmer begründen soll, jedoch verfehlt. Kommt es im Prozess auf das Vorliegen eines Ausführungsfehlers nicht an, kann auch eine mangelhafte Bauüberwachung des planenden Architekten nicht als Begründung für ein überwiegendes Verschulden des Architekten herangezogen werden. Bei Planungs- und Ausführungsfehlern werden zwei haftungsrechtlich unterschiedliche Gesamtschuldverhältnisse zwischen Architekt und Bauunternehmer aufgrund unterschiedlicher Pflichtverletzungen begründet. Nur beim Zusammentreffen von Planungs- und Baumängeln sind die unterschiedlichen Pflichtverletzungen bei der Quotenbildung zu berücksichtigen. Beachtenswert ist zudem, dass das Urteil des Vorprozesses nur Rechtskraftwirkung für die Haftung der Gesamtschuldner im Innenausgleich entfaltet, wenn sich die Gesamtschuldner gegenseitig den Streit verkünden. Dies wird häufig von Anwälten im Vorprozess übersehen, so dass in dieser Hinsicht ein Anwaltsverschulden anzunehmen ist.

Im vorliegenden Falle ist daher dem Grundsatz nach dem Urteil des OLG Naumburg zuzustimmen, wobei aber davon auszugehen ist, dass der Fachunternehmer (Dachdecker) darauf hätte hinweisen müssen, dass eine Unterdeckung des Daches vorzusehen sei, damit Mängel der Durchfeuchtung des Daches vermieden werden. Dies hatte der Fachunternehmer versäumt.

Immerhin hat der Dachdecker aufgrund des Prozesses der Haftpflichtversicherung des Architekten gegen ihn noch die Hälfte des geltend gemachten Betrages - ca. 52.000,00 DM - zahlen müssen, weil er nicht ordnungsgemäß auf die entsprechende Verwendung und den Einbau einer Unterdeckung hingewiesen hat.

Die Probleme im Bereich des. sog. Innenausgleiches zwischen Fachplaner/Architekt und Fachunternehmer sind daher auch von dem ausführenden Unternehmer ernst zu nehmen. Das Urteil wurde vom OLG Naumburg am 14.01.2003 unter dem Az.: 1 U80/02 verkündet.


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