IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2003, Seite 40 f


INTERVIEW


Gruß aus Brüssel

Die Energieeinsparverordnung wird novelliert

Baudirektor Peter Rathert* über die geplante Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie**, die damit verbundene Novellierung der Energieeinsparverordnung und die Folgen für Planer und Verarbeiter.

Ich gehe davon aus, dass es sowohl für die geprüften Energieberater im Handwerk als auch insgesamt für das SHK-Handwerk neue Beschäftigungsimpulse durch die künftigen Regelungen geben wird.
Peter Rathert

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Einführung der Energieeinsparverordnung im vergangenen Jahr hat zu vielen Irritationen bei Planern und Verarbeitern geführt. Zu komplex ist die Struktur der neuen Verordnung mit ihren begleitenden Normen DIN 4108 Teil 6 sowie DIN V 4701 Teil 10. Die Wogen beginnen sich gerade zu glätten, da droht bereits die Novellierung der Energieeinsparverordnung in Rahmen der geplanten Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie. Welches Ziel verfolgt Brüssel damit?

Rathert: Durch die Richtlinie sollen EU-weit

vorgeschrieben werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welchen Sinn macht eine europäische Energieeinsparverordnung überhaupt?

Rathert: Eine europäische EnEV als quasi eigenständige Verordnung wird es nicht geben. Die EU-Richtlinie wird von jedem Mitgliedstaat in die jeweiligen nationalen Vorschriftenwerke "einzubauen" sein.

IKZ-HAUSTECHNIK: Zum besseren Verständnis: Wird die EnEV quasi in die EU-Gebäuderichtlinie integriert oder wird sie als eigenständige Verordnung Bestand haben und gemäß den europäischen Anforderungen lediglich angepasst werden?

Rathert: Auf die Bundesrepublik bezogen heißt das, dass unsere Vorschriften zur Energieeinsparung soweit angepasst werden müssen wie es zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht mindestens erforderlich ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Um es konkret zu sagen: Die EnEV wird in einigen Punkten zu überarbeiten sein. Die entsprechende Novelle, die im Wesentlichen durch neue Vorschriften für Altbau-Energiepässe, "Energieplaketten" für öffentliche Gebäude sowie für Inspektionen von Klimaanlagen gekennzeichnet sein dürfte, müsste spätestens Anfang Januar 2006 in Kraft treten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wird es auch bei den begleitenden Normen DIN 4108 Teil 6 sowie DIN V 4701 Teil 10 Anpassungen geben?

Rathert: Ich möchte es einmal so ausdrücken: Die Berechnungsverfahren, die zum Nachweis der energetischen Gebäudequalität erforderlich sind, müssen insbesondere um die Bestandteile Beleuchtung und Klimatisierung erweitert werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Es scheint zumindest so, als wird die ohnehin schon sehr komplexe Verordnung noch unübersichtlicher und komplizierter. Was aber nützt eine Verordnung, wenn sie keiner versteht und umsetzen kann?

Rathert: Ich will nicht hoffen, dass die EnEV durch die kommende Novelle komplizierter und unübersichtlicher wird. Meines Erachtens muss die Umsetzung der EU-Richtlinie auch dazu genutzt werden, die Verständlichkeit der Verordnung einschließlich der sie flankierenden technischen Regeln zu verbessern.


Auf den Punkt gebracht: Die EU-Gebäuderichtlinie

Die EU-Richtlinie "Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden" (Richtlinie 2002/91/EG) ist am 4. Januar 2003 in Kraft getreten. Sie muss innerhalb von drei Jahren in den einzelnen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie schreibt nationale Regelungen mit Mindestanforderungen für den Energiebedarf von Gebäuden vor. Die Markttransparenz im Gebäudebestand soll durch die Einführung von Energieausweisen für neue und bestehende Gebäude gestärkt werden. Erstmals werden auch Anforderungen an Klimaanlagen und die Beleuchtung gestellt.


IKZ-HAUSTECHNIK: Vollzug und Einhaltung sind in der derzeitigen Fassung der EnEV sicher nicht zufriedenstellend gelöst. Bußgelder bei Verstößen sind nicht zu erwarten und wo kein Kläger, da kein Richter. Wird es diesbezüglich Veränderungen in der Verordnungsstruktur geben oder anders gefragt: Wer könnte zukünftig für den Vollzug verantwortlich zeichnen?

Rathert: Man kann es nicht oft genug wiederholen: Für den Vollzug sind die Länder zuständig. Viele fordern weniger Bürokratie, halten die Verwaltung für uneffizient. Also hat die Politik darauf reagiert, u.a. durch Personalabbau bei den Bauaufsichtsbehörden und Vereinfachung von Baugenehmigungsverfahren. Von dieser Entschlackungskur konnte die Überwachung energieeinsparrechtlicher Vorschriften nicht ausgenommen werden. Bund und Länder haben daher bereits vor längerer Zeit begonnen, die Überwachung zu privatisieren. Die entsprechenden Aufgaben werden einerseits durch speziell geschulte Architekten und Ingenieure, zunehmend auch durch das Schornsteinfegerhandwerk wahrgenommen. Andererseits sollen aber auch Bauherren selbst in die Lage versetzt werden, das Produkt, wofür sie bezahlt haben, auf seine zugesicherten Eigenschaften hin zu überprüfen. Dafür haben wir Energiepässe und Energiekennzahlen eingeführt sowie die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt, u.a. durch Gründung der Deutschen Energieagentur - dena.

IKZ-HAUSTECHNIK: Lassen Sie uns ein Blick über den Gartenzaun wagen. Wie sehen unsere europäischen Nachbarn dieses Thema? Gibt es beispielsweise in Italien oder Spanien so etwas wie eine Energieeinsparverordnung. Wie streng im Sinne der Energieeinsparung sind die dortigen Vorgaben und wer achtet auf den Vollzug?

Rathert: Das BMVBW hat dazu kaum Informationen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sieht der zeitliche Fahrplan zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie aus?

Rathert: Einen detaillierten Fahrplan gibt es noch nicht. Die beiden federführenden Ministerien BMVBW und BMWA prüfen derzeit, wo im Einzelnen Veränderungsbedarf besteht. Nach meiner Auffassung kann eine Novelle der EnEV mit den bereits skizzierten neuen Vorschriften kaum ohne eine Änderung der Ermächtigungsgrundlage EnEG durchgesetzt werden. Das heißt, wir müssen uns nicht nur auf ein Verordnungsgebungsverfahren, sondern auch auf ein Gesetzgebungsverfahren einstellen. Sicher ist, dass die novellierte EnEV Anfang Januar 2006 in Kraft treten müsste.

IKZ-HAUSTECHNIK: Abschließende Frage: Für das Handwerk heißt es einmal mehr, sich mit neuen Verordnungen und dazugehörigen Normen zu befassen. Was aber verspricht die novellierte EnEV als Gegenleistung?

Rathert: Ich gehe davon aus, dass es sowohl für die geprüften Energieberater im Handwerk als auch insgesamt für das SHK-Handwerk neue Beschäftigungsimpulse durch die künftigen Regelungen geben wird. Und dies natürlich EU-weit. Als ein Beispiel sei die Forderung nach Energiepässen für Altbauten genannt. Aber auch das Wartungsgeschäft für Heizungs- und Klimaanlagen verspricht dem Anlagenbauer mittelfristig ein hohes Auftragspotenzial.

 


*) Peter Rathert ist Leiter des Referates "Technische Gebäudeausrüstung" beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) in Berlin

**) Der Verordnungstext der EU-Gebäuderichtlinie sowie eine Begründung dazu kann im Internet heruntergeladen werden unter: www.deutsche-energie-agentur.de/programme/rat_ener_bau/popup/enev/content.phpl


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