IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/2003, Seite 21 ff.


VERBÄNDE AKTUELL 


 Bayern


Schwere Zeiten

Innung Ostallgäu Gastgeber des 52. Landesverbandstages

Schwangau war am 23./24. Mai dieses Jahres der Treffpunkt der bayerischen SHK-Fachwelt. Die Sehnsucht nach dem Paradies, die König Ludwig II. gefangen hielt, überkam auch so manchen Verbandstagsteilnehmer. Denn bereits zum Verbandstag 2002 hatten die Optimisten unter den ca. 500 Teilnehmern geglaubt: "schlimmer können die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht mehr werden". Leider sollten die Pessimisten Recht behalten. Es kam noch schlimmer.

So konnte denn auch der diesjährige Verbandstag im Königswinkel, trotz seiner landschaftlich unübertroffenen Reize, nicht über die äußerst bedenkliche Situation für das SHK-Handwerk hinwegtäuschen. Denn die Novelle der Handwerksordnung, die Steuerdiskussion, die Probleme mit Billiglohnunternehmen und die anhaltende Insolvenzflut waren auch im Ostallgäu in aller Munde.

Zu Füßen der Schlösser des Königswinkels fand der diesjährige Landesverbandstag des Fachverbandes SHK Bayern am 23./24. Mai 2003 im Kurhaus Schwangau statt.

Klare Absage an die geplante Änderung der Handwerksordnung

Bereits in der Pressekonferenz am Vortag des Verbandstages machte die bayerische Verbandsspitze ihre Sorgen deutlich. Bayernweit zählt der Fachverband mit seinen 60 Mitgliedsinnungen rund 5300 Betriebe mit insgesamt 57.700 Beschäftigten - 2,1 Prozent weniger als im Vorjahr, berichtete Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz. Der Abwärtstrend ist auch bei der Ausbildung der Spengler, Installateure, Heizungs-, Behälter- und Ofenbauer unaufhaltsam: Im Jahr 2002 sank die Zahl der Azubis um 13,8 Prozent auf gut 7500 - viele Ausbildungsplätze können mangels Interessenten nicht besetzt werden. Ähnlich ist die Situation innerhalb der vier Allgäuer Innungen für Sanitär und Haustechnik. Laut Alfons Jall aus Irsee, Obermeister der gastgebenden Innung Kaufbeuren/Ostallgäu (rund 100 Betriebe), gibt es im Ostallgäu und in den Innungen Kempten (145 Betriebe), Lindau (40) und Unterallgäu (90) derzeit durchschnittlich sechs bis sieben Mitarbeiter pro Betrieb. "Etwa zehn Prozent davon sind Auszubildende - Tendenz rückläufig", sagte Jall.

Trotz sinkender Umsätze sieht Jall keinen Grund zur Schwarzmalerei - wenn die Politik für die richtigen Rahmenbedingungen sorge. Eine klare Absage erteilt der Fachverband der von der Regierung geplanten "Agenda 2010" mit der Änderung der Handwerksordnung. Sie sieht vor, für rund zwei Drittel der Handwerke keine Meisterprüfungs-Voraussetzung mehr zu verlangen. Alfons Jall: "Wer einen Betrieb führt, muss eine solide Ausbildung haben, die er durch die Meisterprüfung erreicht."

Diese Bewertung untermauerte Landesinnungsmeister Werner Obermeier in seiner Eröffnungsrede: "Nur als Treppenwitz kann ich den aktuellen Irrglauben bezeichnen, wenn man meint, mit einer Verwässerung der Handwerksordnung könne man Beschäftigung schaffen. Wenn sich noch mehr Anbieter im Handwerker-Markt tummeln, kann aus dem gegenwärtigen Verdrängungswettbewerb ein für viele tödlicher Vernichtungswettbewerb werden!"

Hervorragend besucht: Das Kurhaus in Schwangau platzte aus allen Nähten.

Auf die Bekanntgabe der jüngst veröffentlichten Konjunkturaussichten für die bayerischen Handwerke verzichtete Obermeier. Er fasste sie stattdessen folgendermaßen zusammen: "Alle Graphiken enden hyperbelartig. Für die Nicht-Techniker unter uns: Es handelt sich um potenziell abfallende Kurven, die immer mehr zur Senkrechten hin abfallen."

Als kontraproduktiv bezeichnete der Landesinnungsmeister den vorauseilenden Kosten-Gehorsam des Fachgroßhandels, der die Teuerungszuschläge nach der ISH bereits auf den Tisch gelegt habe.

Kein gutes Haar ließ Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz in seiner Begrüßungsrede an der Agenda 2010. Schon jetzt beträgt lt. Dr. Schwarz die Quote der Gründungsbewilligungen nur noch 15%. Das bedeutet, dass 85% der Existenzgründer bereits heute schon kein Geld mehr von den Banken bekommen. Für eine Gründungswelle sei da sicher kein Platz. Zudem gehe von den staatlich subventionierten Billigpreisen neuer Mitbewerber eine ernste Gefahr für die vielfach vorbildlich geführten bestehenden Betriebe aus.

"Und mehr Lehrstellen", so Dr. Schwarz, "werden auf diesem Irrweg auch nicht geschaffen. Früher hatten die Lehrlinge ‚null Bock‘ - jetzt haben die Betriebe ‚null Bock‘! Bei allem Wohlwollen für notwendige Reformen lassen sich sowohl die geplante HWO-Novelle als auch die Ausbildungsplatzzwangsabgabe als ökonomisch, gesellschaftlich und bildungspolitisch kontraproduktiv und fahrlässig zusammenfassen."

Bei dem intensiven Widerstand, den Dr. Schwarz den Teilnehmern des diesjährigen Verbandstages ankündigte, kann das Fachhandwerk voll auf die bayerische Staatsregierung setzen.

Festredner Dr. Theo Waigel, Landesinnungsmeister Werner Obermeier und Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz ließen in ihren Ausführungen kein gutes Haar am gefährlichen politischen Berliner Aktionismus.

Trotz der Erfolge z.B. bei der Mitgliederwerbung, dem ausgeweiteten Seminarangebot oder den Demonstrationen im Juli 2002 und im Februar 2003, bei denen eindrucksvoll unter Beweis gestellt wurde, dass auch das Handwerk seine Mitglieder mobilisieren kann, sind die Zukunftsaussichten eher schlecht.

Festredner Dr. Theo Waigel bekräftigte diesen Eindruck. Der ehemalige Bundesfinanzminister sieht Deutschland in einer tiefen Vertrauenskrise und forderte: "Deutschlands Wirtschaft ist von fundamentalen Schwächen geprägt und wir sind bei allen wichtigen Kennzahlen für die Wirtschaft Europas Schlusslicht. Es sind dringend Reformen notwendig, zu deren Lösung parteipolitische Überlegungen nicht beitragen können!"

Programmvielfalt

Mit dem Programm des Landesverbandstages konnte die Verbandsspitze sehr zufrieden sein. Die angebotenen Seminare und Referate waren überaus gut besucht und stießen auf großes Interesse.

Schutz vor Insolvenz

So standen u.a. aktuelle Themen aus Betriebswirtschaft und Bildung auf dem Programm. Den Reigen der Referate eröffnete Klaus-Peter Ohland mit dem Thema "Wie schütze ich meinen Betrieb vor Insolvenz?". Ohland machte deutlich, wie wichtig die Führung eines Unternehmens unter ordentlich-kaufmännischen Gesichtspunkten ist. Neben den Pflichten eines Geschäftsführers und den damit verbundenen kontinuierlichen Aufgaben gab Ohland zahlreiche Tipps zur/bei Verschuldung, zum Rating sowie zur Beschaffung günstiger Finanzierungsmittel.

Referierten zum zukunftsträchtigen Aufgabengebiet "Barrierefreies Wohnen": RAin Martina Koepp (Geschäftsführerin GGT) und Bernd Steltner (Hewi).

Barrierefrei Wohnen

Über neue Geschäftsfelder für SHK-Betriebe berichtete RAin Martina Koepp, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Gerontotechnik (GGT). Wichtige demographische Aspekte standen dabei ebenso im Fokus wie der Markt für barrierefreies Wohnen.

Ausnahmsweise positiv ist in diesem Falle das gesetzliche Umfeld zu sehen. Denn das seit Mai 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und die darauf fußenden Landesgleichstellungsgesetze sowie die Reform des Wohnungsbaurechts und die Einflüsse aus zahlreichen Landesbauordnungen, beeinflussen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen positiv. Der Markt ist vorhanden. Für die SHK-Fachhandwerksunternehmen gilt es, ihn zu erobern. Dazu ist allerdings umfangreiches Wissen erforderlich, wie es in der Weiterbildungsmaßnahme zum "Fachbetrieb für senioren- und behindertengerechte Installation" enthalten ist, die Koepp vor allem unter den Gesichtspunkten "Komfort, Design und Qualität für Alle" erläuterte.

Dass der Markt für barrierefreies Wohnen vorhanden ist, bestätigte auch Bernd Steltner (Hewi), in seinen Ausführungen. Aber es gibt einige Ansprüche zu erfüllen: Barrierefreies Wohnen bedeutet "ganzheitliches" Beraten und Planen für Kunden, die beispielsweise durch Bewegungsflächen und angemessene Türbreiten lange Zeit mobil bleiben; die sich einfach orientieren wollen durch Farben und Kontraste; die wohnliche Atmosphäre anstreben mit angenehmen Materialien; die Sicherheit brauchen durch fachgerechte Montage von Haltegriffen in den richtigen Höhen. Natürlich ist die Kenntnis der Normen Voraussetzung für die Planung öffentlicher und privater Gebäude. Besonders in Wohnungen ist Kreativität gefragt, wenn in beengten Verhältnissen diese Normen kaum einzuhalten sind. Erfolg stellt sich allerdings erst dann ein, wenn sich Installationsbetriebe dieses spezielle Wissen aneignen und für sich vermarkten.

Der Preisträger des Diplomanden-Wettbewerbs Dipl.-Ing. (FH) Christian Fischer (2.v.l.) wurde von Ex-Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel, Landesinnungsmeister Werner Obermeier und Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Schwarz ausgezeichnet.

Neue Ausbildungsverordnung

Über die Zusammenlegung der Ausbildungsberufe Gas und Wasserinstallateur/in, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer/in und dem Anlagenmechaniker/in Fachrichtung Versorgungstechnik zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik referierte Dipl.-Päd. Horst-Dieter Bunk (FV SHK Niedersachsen). Er erläuterte den aktuellen Stand der Verordnung über die Berufsausbildung und gab praktische Hilfen zur Umsetzung in den Betrieben. Ein wichtiges Kriterium ist die Verlagerung der Gewichtung von der schwerpunktmäßig handwerklichen Tätigkeit zu den heute geforderten Dienstleistungstätigkeiten (Kundenorientierung).

Weitere Programmpunkte waren:

In den einzelnen Versammlungen standen neben den Berichten der Landesfachgruppenleiter weitere interessante Referate auf dem Programm:

Natürlich bot auch das reichhaltige Rahmenprogramm für jeden Geschmack etwas. Ob Festabend mit der Musik des "Edelweiß Express", Musicalbesuch "Ludwig II. - Sehnsucht nach dem Paradies" oder die Kutschfahrt der Damen zum Schloss Neuschwanstein: Obermeister Alfons Jall und seine Berufskollegen von der gastgebenden Innung Kaufbeuren/Ostallgäu können zufrieden auf einen rundum gelungenen Landesverbandstag 2003 zurückblicken.

Der nächste Verbandstag des Fachverbandes SHK Bayern wird am 18. und 19. Juni 2004 in Kulmbach durchgeführt. Die dortige Innung wird bei ihren Bemühungen von der Nachbarinnung Kronach unterstützt. Dadurch stellen beide die Kooperationsfähigkeit, die oftmals in unserer Branche zu Recht angemahnt wird, unter Beweis.


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