IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/2003, Seite 56 ff.


AUSSTELLUNGEN


I.H.M. 2003

Scheideweg zwischen Tradition und Zukunft

 

Trotz allgemein schwieriger Wirtschaftslage setzte die I.H.M. positive Signale. Mehr als 200.000 Besucher (+ 12%) informierten sich vom 13. bis 19. März 2003 auf dem Gelände der Neuen Messe München über das vielfältige Angebot des Handwerks. Die teilweise zeitgleich durchgeführte Verkaufsausstellung "Garten München" lockte zusätzlich ca. 25.000 Gäste an.

Eine der größten Attraktionen der diesjährigen Internationalen Handwerksmesse (I.H.M.) war die Garten München (9. Verkaufsausstellung für Blumen- und Gartenfreuden). Diese Ausstellung, die bisher an einem anderen Ort und zu einer anderen Zeit in der bayerischen Landeshauptstadt durchgeführt wurde, fand in diesem Jahr erstmals parallel zur I.H.M. während der ersten vier Messetagen auf dem Münchener Messegelände statt. Der veranstaltenden Gesellschaft für Handwerksmessen (GHM) war es gelungen, das Messedoppel zu organisieren. Das treue Publikum der Garten München nahm den neuen Durchführungsort sofort an. Insgesamt mehr als 25.000 Besucher kamen, um sich die Schönheit der ausgestellten Blumen und Pflanzen anzusehen. Mit ihren Eintrittskarten waren sie berechtigt, auch die große Schwesterausstellung zu besuchen; für die Besucher der I.H.M. galt dies umgekehrt ebenso.

In der eigens für die Garten München reservierten Halle herrschte eine farbenprächtige und duftintensive Atmosphäre. Blumengebinde und -arrangements verströmten ihren Duft. Neben den Pflanzen wurde auch alles rund um den Garten angeboten wie zum Beispiel Gartenmöbel, -häuschen und -werkzeuge sowie Bewässerungssysteme und Brunnen. Wer seinen grünen Daumen selbst ausprobieren wollte, konnte sich aus einer nahezu unüberschaubaren Vielfalt von Samen und Zwiebeln seine Wunschsetzlinge aussuchen. Dass die Gartenanbieter den Zug der Zeit erkannt haben, war eindeutig festzustellen. Moderne Gartengestaltung wurde ebenso vorgestellt wie die Integration des gegenwärtigen Modetrends "Feng Shui" in die Gartenarchitektur.

Die Aufplanung der I.H.M. folgte in diesem Jahr im Großen und Ganzen der bewährten Gliederung in die Bereiche "Lifestyle" und "Business". Speziell die Sonderschauen erfreuten sich wie bereits in den Vorjahren einem großen Besucherzuspruch. Fleischer- und Konditorenhandwerk präsentierten in lebenden Werkstätten die Herstellung ihrer Waren. Die Gemeinschaftsbeteiligung "InnovationsPark Handwerk" wurde gut angenommen. Die diesjährige EXEMPLA, die auf einer erheblich geschrumpften Fläche stattfand, knüpfte thematisch (Motto: "Werkstätten der Gartengestaltung") an die Garten München an. Überzeugen konnte die wie immer äußerst attraktiv gestaltete Sonderausstellung "Leben mit Glas". Unter dem Titel "Glas und die vier Elemente" stellen auf rund 300 m2 Gestalter, Handwerker und Künstler gemeinsam aus. Zu sehen war dabei handwerkliches Können, eingebettet in die Zusammenhänge zwischen Glas und den vier Elementen. Denn kaum ein anderer Werkstoff ist so mit Erde, Feuer, Wasser und Luft verbunden wie das Glas. Leider wurde diese hochwertige Sonderschau durch die umgebenden Stände in ihrer Wertigkeit beeinträchtigt. Gleiches gilt auch für andere, attraktive Stände, die durch ungeschickte Aufplanung Nachbarn bekamen, die diese Perlen entwerteten. Hier liegt für zukünftige Veranstaltungen erhebliches Verbesserungspotenzial.

Für die politische Prominenz ist die "I.H.M." ein Muss, denn mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, ZdH-Präsident Dieter Philipp, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber und dem BHT-Präsidenten Heinrich Traublinger, zeigten prominente Vertreter aus Politik und Handwerk Flagge. Kann man nur hoffen, dass zukünftige wirtschaftspolitische Entscheidungen auch mit einem gemeinsamen Impuls den richtigen Weg vorgeben, wie hier beim Rundgang während der Eröffnung.

Schüler, Eltern und Lehrer hatten erstmalig die Möglichkeit, sich im Rahmen der Sonderschau "YoungGeneration – Entdecke Deine Zukunft!" über mehr als 120 Ausbildungsberufe im Handwerk zu orientieren und damit den beruflichen Zielen der Jugendlichen etwas näher zu kommen. Gerade in Bezug auf das Handwerk bestehen große Informationsdefizite nicht nur bei Jugendlichen und Schulabgängern, sondern auch bei Meinungsbildnern (wie etwa Lehrern, Eltern und Berufsberatern) über die Vielfalt der beruflichen Ausbildungsmöglichkeiten und Karrierechancen in der gesamten Branche. Dabei bietet gerade das Handwerk – je nach Veranlagung und Eignung des Einzelnen – eine umfangreiche Auswahl von Lehrberufen an, in denen sich jeder nach seinen individuellen Fähigkeiten, Wünschen und Vorstellungen entfalten kann. Auf der I.H.M. wurde die Palette der breit gefächerten und vielfältigen Tätigkeitsbereiche in anschaulicher Form vor den Augen des Betrachters dargestellt. Für diejenigen, die schon wussten, was sie werden wollen, war eine Stellenbörse mit konkreten Angeboten an freien Lehrstellen eingerichtet worden. Wie die Analyse der Besucherzahlen zeigte, wurde dieser Messeabschnitt von jungen Leuten häufig frequentiert. Insgesamt verdreifachte sich der Anteil jugendlichen Besucher gegenüber den Vorjahren. In dieser Hinsicht sollte für die folgenden Jahre darauf geachtet werden, dass nicht nur die reine Zahl der Besucher durch die Messegesellschaft kommuniziert wird, sondern auch die altersmäßige Zusammensetzung offen gelegt wird. Von anderen Messen weiß man, dass ein Überhandnehmen von schulpflichtigen Besuchern, einen kontraproduktiven Einfluss auf die Messezufriedenheit der Aussteller haben kann. Hier gilt eindeutig die alte Weisheit: "Klasse statt Masse".

Teilweise war es in den Gängen der Messe rappelvoll wie hier in Halle 4, wo u.a. die Befestigungsspezialisten vertreten waren.

Neu im Reigen der Messeanhängsel und -extras war in diesem Jahr das erstmalige Angebot eines kostenpflichtigen Seminarprogramms unter dem Titel "Fit for Business". In den beiden Themenblöcken: "Brennpunkt Kunde – Neue Ideen für erfolgreiches Marketing" und "Gestalten Sie Ihre Zukunft – Erobern Sie neue Märkte im In- und Ausland!" wurden Betriebsinhaber über die neuesten Entwicklungen rund um die Themen Markt und Kunden von Referenten aus dem gesamten Bundesgebiet geschult. Gewöhnungsbedürftig war für die potenziellen Teilnehmer, dass eine Gebühr von 138,– Euro erhoben wurde. Dies dürfte einige Interessenten abgeschreckt haben. Dennoch wurde mit diesem Schritt der richtige Weg eingeschlagen, da sich im Handwerk auch die Einsicht durchsetzt, "was nichts kostet, ist nichts wert". Bei entsprechend qualitativ hoher Gegenleistung, ist ein solcher Preis, der ein ganzes Messepaket (Eintrittskarte, Katalog, Imbiss, Getränke und einen ausführlichen Tagungsband) einschloss, sicherlich gerechtfertigt. Der Zufriedenheitsgrad der Teilnehmer war dementsprechend relativ hoch.

Auf der Ausstellerseite gab es mehr zufriedene Gesichter als 2002: 15% (Vorjahr: 8%) nannten ihr Messeergebnis "ausgezeichnet" bis "sehr gut", 41% (Vorjahr: 36) bewerteten ihre Beteiligung als "gut" und nur noch 13% (23) als schlecht. Zur besseren Stimmung der Aussteller trug auch bei, dass 50% der Privat- und 54% der Fachbesucher während der Messe kauften oder orderten. Hinzu kommt, dass 47% der Aussteller und damit deutlich mehr als 2002 (38) ein messebedingtes Folgegeschäft erwarten.

Ein wichtiges Forum war das "Aktions- und Beratungszentrum Energie + Umwelt". Dort konnten sich Interessenten auch über alternative Energietechniken beraten lassen.

Bei den Besuchern fanden im Business-Sektor die Bereiche Metallbe- und -verarbeitung, Kfz-Handwerk, Elektrowerkzeuge/Kleinmaschinen den meisten Anklang, ebenso Werkstattbedarf und Befestigungstechnik. Unter den Lifestyle-Präsentationen standen Innenausstattung und Möbel sowie Kunsthandwerk im Vordergrund. Der Fachbesucheranteil lag auf der I.H.M. 2003 bei 62%, unter denen die handwerklichen Fachbesucher mit rund zwei Dritteln den größten Anteil stellten; von der Industrie kamen 11%. Aus Nord- und Ostdeutschland stammten immerhin 10% der Fachbesucher. Der Auslandsanteil unter den Fachleuten lag bei 6%, am stärksten waren dabei Österreich, Italien und Kroatien vertreten.

Insgesamt bot sich dem Messebesucher wie in jedem Jahr eine solide Leistungsschau des Handwerks, das auch vor dem Wettbewerb mit dem Ausland oder anderen nicht im Handwerk angesiedelten Mitbewerbern nicht zurückschrecken muss. Trotz aller Solidität darf aber in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen nicht vergessen werden, dass nur zukunftsfähige Produkte und Dienstleistungen Chancen auf den Märkten haben werden. Dies gilt in gleichem Maße für die Aussteller wie für den Messeveranstalter. Die Weichen sind bei vielen Messeteilnehmern in die richtige Richtung gestellt. Die Messegesellschaft muss allerdings ihre Reformfähigkeit im Hinblick auf neue Konzepte jedes Jahr aufs Neue unter Beweis stellen. Insbesondere wird es in Zukunft nicht ausreichend sein, mehr Besucher durch die Hinzunahme anderer Ausstellungen zu gewinnen. Es geht insbesondere darum, der I.H.M. ein neues geschärftes Profil zu verleihen, das dieses Urgestein der Handwerksmessen von anderen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Handwerks deutlich unterscheidet. Gerade gegenüber der Schwesterausstellung "Heim + Handwerk", die jedes Jahr im Herbst am selben Ort stattfindet, muss die eigene Identität geschärft bzw. neu aufgebaut werden. Viele Aussteller haben in Zeiten schrumpfender Werbebudgets nicht mehr das Geld, sich an zwei immer ähnlicheren Messen zu beteiligen. Schärfere Konturen sind hier nötig, auch wenn man Gefahr läuft, hier und da mal einen Besucher zu verlieren. Am Scheideweg zwischen Tradition und Zukunft muss die Entscheidung zugunsten der Ausstellerzufriedenheit ausfallen, damit auch weiterhin viele interessierte Besucher kommen.

Im nächsten Jahr wird die I.H.M. vom 4. bis 10. März, eine Kalenderwoche früher als bisher, wiederum in München stattfinden. Aufgrund der positiven Erfahrungen wird die Garten München 2004 vom 4. bis 7. März erneut parallel durchgeführt.

Die Ausstellung "Garten München" war mit annähernd 50.000 Besuchern eine der Attraktionen während der "I.H.M.".


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