IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 7/2003, Seite 3


EDITORIAL


Fortschritt im Rückschritt

Was die wahlberechtigte Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland von den Ideen der Bundesregierung hält, manifestiert sich in den Ergebnissen der letzten Landes- und Kommunalwahlen – mit satten zweistelligen Verlusten für die SPD.

Kein Wunder, zeigen sich die Genossen doch durch und durch unentschlossen. Nicht nur was die Steuer- und Gesundheitsreformen angeht. Bei diesen und anderen Themengebieten könnte man mit sehr viel gutem Willen sogar noch so etwas wie Verständnis für die verfahrene Situation aufbringen. Immerhin müssen sich die politisch Verantwortlichen aufgrund der wirtschaftlichen Situation – ganz im Gegensatz zu ihren bisherigen Gepflogenheiten – mit allen und jedem anlegen. Selbst die Gewerkschaften bleiben nicht mehr ungeschoren. Kein Wunder also, wenn Kommunalvertreter, Gewerkschaftler, Parteilinke, Ärzte und Handwerker eines gemein haben – den Protest gegen die aktuelle Politik der Bundesregierung.

Die Baubranche wird von den miserablen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besonders getroffen. Im Jahr 2002 wurde in Deutschland der Bau von 274.100 Wohnungen genehmigt. Das waren laut Statistischem Bundesamt 5,8% oder 17.000 Baugenehmigungen weniger als im Vorjahr. Gegenüber dem Jahr 1994, als vereinigungsbedingt die bisher meisten Wohnungsbauten (712.600) genehmigt wurden, lag das Ergebnis des Jahres 2002 um über 60% niedriger. Beinahe konnte man glauben, mit Wolfgang Clement, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, sei neuer Schwung möglich. Doch gerade das von Clement geleitete Ministerium glänzt durch eine völlig unverständliche "Verhinderungspolitik". Während der Minister keine Gelegenheit auslässt, innovativen und zukunftsorientierten Mittelstand zu predigen, fällt ihm quasi sein eigenes Ministerium in den Rücken. So erst kürzlich bei dem Ansinnen der SHK-Bundesorganisation geschehen, Ausbildung und Berufsstand fortschrittlich zu positionieren. Wie sonst ist es zu erklären, dass eben die Beamten dieses Ministeriums sowohl die moderne Verbandsbezeichnung "Bundesverband Gebäude- und Energietechnik Deutschland" als auch die Bezeichnung des Ausbildungsberufes "Anlagenmechaniker für Gebäude- und Energietechnik" bis jetzt verweigern.

Mag sein, dass die Beamten des Ministeriums rein formaljuristisch noch korrekt agieren – mit der von Minister Clement propagierten Förderung des innovativen Mittelstandes hat das jedenfalls nichts zu tun. Im Gegenteil: Entgegen der Meinung des obersten Dienstherrn wird hier anscheinend eine moderne, dynamische Handwerksentwicklung bereits im Keim erstickt.

Günther Klauke
Chefredakteur IKZ-HAUSTECHNIK


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