IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2003, Seite 176 f


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Hydraulische Weiche bei Brennwertkesseln

Vor kurzem wurde mir von einem Planer ein Schaltschema vorgelegt, in dem zwei Heizkreise (Fußbodenheizung und Heizkörper) mit einer hydraulischen Weiche von einem wandhängenden Brennwertkessel getrennt wurde. Das ist doch energetisch ungünstig?! Oder?

Martin Glau, Heizungsbaumeister aus Ulm

 

Diese Frage haben wir zu drei Kesselherstellern und einem Hersteller von hydraulischen Weichen gesandt. Hier zunächst die Antwort von Wilhelm Zweers, Comfort Sinusverteiler GmbH:

Hydraulische Weichen werden schwerpunktmäßig bei wandhängenden Brennwertgeräten mit mehr als einem Heizkreis eingesetzt. Meist handelt es sich dabei um einen Heizkreis mit statischen Heizflächen (Heizkörper) und einem weiteren Heizkreis für eine Fußbodenheizung.

Bei allen Brennwertgeräten sind die Wasserumlaufmengen durch integrierte Umwälzpumpen limitiert. Im Regelfall werden auf der Sekundärseite (die beiden Heizkreise "Heizkörper" und "Fußbodenheizung") jedoch immer entschieden größere Wassermengen benötigt, sodass eine hydraulische Weiche zwangsläufig eingesetzt werden muss. Sie hat die Aufgabe, die Unterversorgung der Wärmeabnehmer zu vermeiden. Fast ausnahmslos benötigen alle Gerätehersteller eine hydraulische Weiche, damit das jeweilige Brennwertgerät bei geringeren Abnahmeleistungen überhaupt in Funktion gesetzt werden kann. Hier dient die hydraulische Weiche zur Zwangswasserumlaufmenge im Kurzschluss.

Die bislang negative Einstellung von hydraulischen Weichen in der Brennwerttechnologie kann bis auf wenige Ausnahmen entkräftet werden, da die ungewollte Rücklaufanhebung über die Weiche zum Brennwertgerät durch den großen Modulationsbereich des Gasbrenners (Leistung geht bei fast allen Herstellern bis auf 20% zurück) geregelt wird. Das heißt: Sobald die Rücklauftemperatur am Kessel steigt, ist dies das Signal, dass eine Sättigung der Wärmeabnehmer stattfindet. Hier greift die modulierende Brennertechnologie ein und passt die Leistung dem Abnahmebedarf an. Durch diese Brennerfunktion ist der Vorteil der Abgaswärmenutzung/Brennwerttechnologie fast bis zum Abschaltpunkt nach völliger Sättigung des Systems mit Wärme gegeben.

Beispiel 1

Morgendliche Aufheizphase: Wasserleistung vom Brennwertgerät 1000 l/h; Bedarf auf der Abnehmerseite 1400 l/h. Hier wird über die hydraulische Weiche dem Vorlaufwasser 400 l/h sekundär Rücklaufwasser beigeführt. Somit sind hydraulische Probleme unterbunden und eine Aufheizung aller Abnehmer gewährleistet.

Beispiel 2

Sättigung der Heizkreise: 1000 l/h vom Heizgerät; Abnahme der Verbraucher 750 l/h. Hier strömt zwangsläufig 250 l Vorlaufwasser über die Weiche dem Kesselrücklauf bei. Da diese beigeführte Wassermenge zur Rücklaufanhebung führt, gibt eine Temperatursonde an die Brennerregelung den Impuls, die Brennerleistung zurückzufahren. Somit ist eine Nutzung der Abgaswärme durch Kondensation gegeben.

Dipl.-Ing. Frank Sprenger von Buderus untermauert die Aussage:

Grundvoraussetzung für einen Kondensationsbetrieb ist, dass die Rücklauftemperatur niedriger als die Taupunkttemperatur der Abgase ist. Wird dies durch die Auslegung der Systemtemperaturen sichergestellt, dann gilt: Je niedriger die Abgastemperatur, desto größer die Kondensation und desto höher der Brennwertnutzen. Entscheidend für die energetische Effizienz ist also in erster Linie die Abgastemperatur.

Brennwert-Wandheizkessel sind u.a. aus diesem Grund fast ausschließlich mit einem weit in den Teillastbereich modulierenden Brenner ausgestattet. Bei geringerer Auslastung verringert sich auch der Heizgasvolumenstrom. Da die Wärmetauscherfläche aber gleich groß bleibt, können die Heizgase im Teillastbetrieb intensiver abkühlen.

Untersuchungen haben ergeben, dass die Kondensation vom Temperaturprofil im Heizgas-Strömungsquerschnitt bestimmt wird, sobald die Rücklauftemperatur unterhalb des Taupunktes liegt. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich folgendes Temperaturverhältnis für die Bewertung des Kondensationsmaßes beim Brennwertbetrieb:

Erst bei einem Ergebnis von wird die vollständige Kondensation des im Heizgas enthaltenen Wasserdampfes und damit ein hoher Brennwertnutzen erreicht. Zwei Beispiele sollen dies verdeutlichen.

Situation 1

JTaupunkt: 56°C

JRücklauf: 35°C

JAbgas: 80°C

Daraus folgt nach o.g. Formel ein Kondensationsmaß von:

In Situation 1 ist also nur ein geringer Brennwertnutzen zu erwarten.

Situation 2

JTaupunkt: 56°C

JRücklauf: 40°C

JAbgas: 45°C

Daraus folgt nach o.g. Formel ein Kondensationsmaß von:

In Situation 2 ist entsprechend ein hoher Brennwertnutzen zu erwarten.

Bezüglich der hydraulischen Einbindung von Brennwertkesseln kann aus diesen Erkenntnissen geschlossen werden, dass es weniger auf eine möglichst niedrige Rücklauftemperatur ankommt, als vielmehr darauf, dass diese unterhalb der Taupunkttemperatur liegt.

Der Einfluss einer hydraulischen Weiche auf die Brennwerteffektivität bei dem Einsatz für zwei unterschiedlich temperierte Verbraucher kann nur sehr schwer abgeschätzt werden. Wenn aber die Rücklauftemperaturen beider Verbraucher den Taupunkt unterschreiten, kann solcher Maßnahme im Grunde nichts entgegengesetzt werden. Entsprechende Ausführungen sind sogar gängige Praxis und werden selbst in vielen Planungsempfehlungen genannt.

Verbraucher mit Rücklauftemperaturen oberhalb des Taupunktes sind jedoch möglichst von den niedriger temperierten Heizsträngen zu separieren. Eigens für diesen Zweck besitzen Brennwertkessel größerer Leistung häufig zwei voneinander getrennte Rücklaufstutzen für die Einspeisung von niedriger und höher temperiertem Rücklaufwasser.

Hydraulische Weiche bei Brennwertkesseln: Sinnvoll oder besser weglassen?

Eine andere Möglichkeit ergibt sich aus dem Einsatz konventioneller Niedertemperaturkessel mit nachgeschalteten Brennwertwärmetauschern. Hierbei können die wärmeren Rücklaufstränge direkt in den Niedertemperaturkessel geführt werden, sodass für den Brennwertwärmetauscher lediglich das kühlere Rücklaufwasser zur Verfügung steht.

Ebenso kann der Situation in komplexeren Systemen durch die Ausführung als Zweikesselanlage begegnet werden. Dies ist durch einen Niedertemperatur- und Brennwertkessel mit getrennten Verbrauchersträngen realisierbar. Die Kessel können aber auch gemeinsam in das System eingebunden werden, wenn dabei dem Niedertemperaturkessel die Funktion des Spitzenlastkessels zukommt und der Brennwertkessel die Grundlast übernimmt. Die Variante hat zugleich den Vorteil einer höheren Betriebssicherheit.

 

Zu einer ganz anderen Meinung gelangt Karl-Heinz Kröger von Vaillant. Hier seine Antwort:

Grundsätzlich beachtet werden muss beim Einsatz von hydraulischen Weichen, dass die Rücklauftemperatur im Kesselkreis nicht ungewollt angehoben wird. Denn dadurch bestünde die Gefahr einer verminderten Brennwertleistung des Heizgerätes. Wir setzen daher keine hydraulischen Weichen direkt am oder im Gerät ein. Eine Alternative zur hydraulischen Weiche wäre ein Wärmetauschersystem, das eine komplette Trennung beider Systeme (Heizgerät, Heizkreis) vornimmt.

In die gleicher Richtung zielt die Antwort von Matthias Dodt, Giersch:

Mit dem Einsatz einer hydraulischen Weiche findet unweigerlich eine Rücklauftemperaturanhebung statt, da es trotz Modulation nicht vermeidbar ist, dass der Volumenstrom, den der Kessel zu Verfügung stellt, auch komplett vom Heizsystem abgenommen wird (z.B. durch geschlossene Thermostatventile). Die dadurch entstehende Rücklauftemperaturanhebung im Kesselkreislauf verringert bzw. unterbindet eine Kondensation der Abgase im Kessel und somit den Brennwertnutzen.

Schaltschemen wie in Ihrem Fall mit hydraulischer Weiche werden von Firmen herausgegeben, deren Brennwertkessel zu Vermeidung von Störungen auf einen Mindestwasserumlauf angewiesen sind. Bei unseren Brennwertkesseln ist über den gesamten Leistungsbereich kein Mindestwasserumlauf und somit keine hydraulische Weiche nötig.

Anmerkung der Redaktion: Wie so oft, gehen die Meinungen selbst von Experten auseinander. Betrachtet man die Argumente der Befürworter und Gegner einer hydraulischen Weiche bei Brennwertkesseln unabhängig voneinander, erscheinen sie im jeweils eigenen Licht durchaus schlüssig und nachvollziehbar. In der Gesamtheit hingegen sind sie widersprüchlich. Wie soll da ein Planer oder Handwerker eine Entscheidung treffen?

Eine Universallösung gibt es nicht. Die Redaktion der IKZ-HAUSTECHNIK empfiehlt daher, vor Planung oder Installation Rücksprache mit dem jeweiligen Kesselhersteller zu nehmen und nach seinen Empfehlungen zu handeln. Vielleicht ist es sogar sinnvoll, sich die Anlagenkonfiguration in Schriftform aushändigen zu lassen, um im Falle einer späteren Anlagen- oder Kesselstörung, die auf den Einbau oder das Weglassen einer hydraulischen Weiche zurückzuführen ist, Dokumente vorlegen zu können.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich die vorgenannten Aussagen der Hersteller auf Anlagen mit nur einem Wärmeerzeuger (Kessel oder Therme) beziehen. Mehrkesselanlagen sind stets differenziert zu betrachten. Es empfiehlt sich auch hier, die Planungsunterlagen der Hersteller zu berücksichtigen.

 

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