IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2003, Seite 104 ff.


SANITÄRTECHNIK


Regenwasser in der Waschmaschine?

Erfahrungsbericht zur Verwendung von Niederschlagswasser in Winterthur/Schweiz

Dipl.-Ing. Klaus W. König*

Wer spart nicht gerne Trinkwasser, wenn damit ein ökologischer Nutzen verbunden ist und gleichzeitig Wassergebühren eingespart werden können? Unangenehm wird es erst, wenn wir liebgewonnene Gewohnheiten dafür opfern müssen! "Das ist nicht nötig", sagt Architekt Menzi: "Ersatz von kostbarem Trinkwasser durch Regenwasser heißt die Lösung."

Ökosiedlung Warmbühl, Etzbergstraße, Winterthur-Seen.
Foto: Menzi

Die Ökosiedlung Warmbühl

In der Etzbergstraße in Winterthur stehen die von ihm geplanten sechs Doppelhäuser, in denen jeweils zwischen vier und acht Parteien leben, bekannt als Ökosiedlung Warmbühl.

Es ist eines jener Pilotprojekte, die der öffentlichen Diskussion um einige Jahre voraus sind. Die Planer haben die richtigen Entscheidungen zu einem frühen Zeitpunkt aus Überzeugung und mit dem richtigen Gespür für das Machbare getroffen. Verwendung von umweltgerechten Baustoffen, konsequente Energieeinsparung und ein zweites Wasserleitungsnetz für Regenwasser sind dort die charakteristischen Merkmale.

Im Jahre 1998, als auf dem Silidur-Forum in Sursee/Schweiz noch pro und contra Regenwassernutzung diskutiert wurde, hatte Architekt Menzi bereits Regenwasserleitungen an Waschmaschine und Toilettenspülung installieren lassen. Die Erfahrungen der Bewohner und die im Jahr 2002 herausgegebenen neuen technischen Regeln bestätigen, dass die Entscheidung richtig war.

Die Regenwassernutzung

Das Niederschlagswasser vom Dach wird in unterirdischen Regenspeichern für WC und Waschmaschine gesammelt. Der Speicher, die Pumpentechnik und ein vom Trinkwassernetz getrenntes separates Leitungsnetz sind die hauptsächlichen Bestandteile des Regenwasser-Systems. Sechs baugleiche Anlagen versorgen die sechs Gebäude. Hier nun die Daten einer Anlage, bezogen auf eines der Doppelhäuser:

Projektdaten

Fertigstellung:

1998

Ausstattung:

6 Mehrfamilienhäuser mit je einer Anlage zur Regenwassernutzung, bestehend aus12 m3 Zisterne, Regenwassertank, separatem Leitungsnetz sowie einer Miele "Allwater" Waschmaschine im Keller

Bewohner:

60 Personen in 35 Wohneinheiten

Planung der Architektur:

Dipl. Arch. ETH/SIA Edwin Menzi, Winterthur

Planung der Regenwassertechnik:

roal GmbH, Hr. Albizzati, Zürich

Bedarf und Speichergröße

Um die richtige Speichergröße ermitteln zu können, muss der Ertrag dem voraussichtlichen Bedarf gegenüber gestellt werden. Es wird dann versucht, über eine Simulationsberechnung die Überläufe bei heftigem Regen und die Trinkwassernachspeisung in Trockenzeiten so auszugleichen, dass nicht extreme Investitionskosten für einen sehr großen Speicher entstehen, aber auch nicht allzu viel Trinkwasser im Jahreslauf nachgespeist werden muss, weil der Speicher zu klein ist. Der Bedarf für Winterthur wurde folgendermaßen ermittelt:

Werden Ertrag und Bedarf als Computersimulation gegeneinander gerechnet, so ergibt sich für das Jahr 1994 folgendes Füllstands-Verhalten:

Zwischen Überlauf und Nachspeisung liegt das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis bei einer Tankgröße von 12.100 Litern.

Regenwasserzentrale, Druckerhöhung und Trinkwassernachspeisung (rechts).
Foto: roal/Albizzati

Eine außergewöhnliche Waschmaschine

Waschen mit Regenwasser hat neben der Trinkwassereinsparung noch eine Besonderheit: Auch Waschmittel wird gespart, denn das weiche Regenwasser benötigt keinen Enthärter. Vollwaschmittel können auf der niedrigsten Dosierungsstufe verwendet werden. Solange Waschmittel den Schmutz aus der Wäsche holen, muss das Wasser nicht ganz keimfrei sein. Doch bei den Spülgängen zum Schluss wünscht man sich reines Wasser, hier spielt die Wasserhärte wiederum keine Rolle.

Ideal wäre also für die Waschgänge, bei denen Waschmittel verwendet und das Wasser erhitzt wird, das weiche Regenwasser zu verwenden und für die nachfolgenden Spülgänge das hochwertige Trinkwasser. Technisch kein Problem, ein Dreiwegeventil könnte mit Hilfe der Programmsteuerung automatisch die gewünschte Wasserqualität in die Maschine lassen. Der Gesetzgeber hat aber eben dieses zum Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigung untersagt. Grundsätzlich dürfen Trinkwasserleitungen nicht direkt mit Leitungen geringerer Wasserqualität verbunden werden.

Die Regenwassertechnik bedient sich deshalb eines so genannten "freien Auslaufes". Dies ist für das Nachspeisen von Trinkwasser in das Regenwassersystem ein Magnetventil, das bei Bedarf die Leitung öffnet und, im Abstand von 20 mm, ein darunter liegender Trichter mit angeschlossener Abflussleitung in das Regenwassernetz.

Ein solcher "freier Auslauf" ist serienmäßig in der hier verwendeten Waschmaschine "Miele Allwater" installiert. Um das Waschergebnis zu optimieren, besteht sogar die Option "Warmspülen".

Waschmaschine Miele "Allwater", Doppelanschluss für Regenwasser und Trinkwasser (Trinkwasser im letzten Spülgang).
Foto: Miele

Die Meinung der Bewohner

Drei Bewohnerinnen der Ökosiedlung Warmbühl nahmen Stellung zur Regenwassernutzung in ihren Wohnungen:

Frau Kämpfer lobt, dass das weiche Regenwasser bei der WC-Spülung keinen Kalkstein oder Urinstein in der Sanitärkeramik entstehen lässt. Für Bidet und Waschbecken ist Trinkwasser und ein separates Leitungssystem erforderlich. Dies wäre auch der Fall bei einem WC mit Unterdusche. Nur bei den angeschlossenen Sammelflächen empfiehlt sie eine Änderung: "Den Abfluss des Balkons hätte ich nicht an die Zisterne angeschlossen, um weniger Schmutz in das Wasser einzutragen, das auch zum Wäschewaschen verwendet wird." Das Waschergebnis war immer zufriedenstellend, obwohl sie behauptet, das Wasser aus der Zisterne sei leicht gefärbt. Frau Kämpfer verwendet ein Baukasten-Waschmittel ohne Enthärter. "Dies ist nicht nur ökologisch besser, sondern auch eine Kosteneinsparung bei unserem harten Trinkwasser. Der Enthärter kostet schließlich Geld!"

Einbau Regenspeicher Mall Comfort, mit Filterkorb, anschlussfertig verschraubt.
Foto: Mall

Frau Kromer ist mit dem Waschergebnis ebenfalls zufrieden, die Wäsche wird sauber. Sie benutzt ein Vollwaschmittel, niedrig dosiert, und ist froh, dass die Miele-Waschmaschine im letzten Spülgang Trinkwasser verwendet. Frau Kromer lobt die Informationsveranstaltung, die der Lieferant der Regenwassertechnik für alle Bewohner im ersten Jahr gegeben hat.

Frau Menzi, die Ehefrau des Architekten, hat gute Erfahrungen mit einem Waschmittel gemacht, das von vorne herein auf Entkalker verzichtet. Sie hat bemerkt, dass die automatische Trinkwassernachspeisung gelegentlich im Winter läuft und stellt sich die Frage, ob an solchen Tagen wieder Enthärter zugegeben werden müsste. Doch wie die Erfahrung auch andernorts zeigt, ist die Restwassermenge in den Speichern noch groß genug, dass nach einem Nachspeiseintervall das Gemisch aus Trink- und Restwassermenge in der Zisterne noch den Charakter von weichem Wasser behält.

Stand der Technik heute

Inzwischen fordern auch immer mehr gemeinnützige Verbände und Kommunen, dass Regenwasser in Speichern gesammelt und genutzt werden soll. Sie haben festgestellt, dass ihre Abwasserkanäle und Kläranlagen vor allem dann überlastet sind, wenn heftige Niederschläge von Dachflächen und Straßen in kürzester Zeit das öffentliche Entwässerungssystem überfluten. Würde nur ein Teil dieser Wassermengen für private Zwecke auf den einzelnen Grundstücken zurückgehalten, so ließe sich der "Stress" bei Entwässerung und Kläranlage vermindern und jeder Kubikmeter Regenwasser, der entnommen und verwertet wird, erhöht die Pufferkapazität im Speicher. Besonders hilfreich in diesem Sinne ist die ganzjährige Nutzung von Zisternenwasser in WC und Waschmaschine.

Anlagedaten

Ertrag

Dachfläche

m2

Faktor

Netto 1

250

0,9

Netto 2

0

0,9

Netto 3

0

0,9

Netto 4

0

0,9

Total

250

0,9

Tabellengrafik Regenertrag, Regenbedarf mit Vergleich und Füllstandverhalten. Grafik: roal/Albizzati

Bedarf

%

Personen 1

20

100

24 l/P/Tag

Personen 2

0

100

 

Garten 1

0

100

1 l/90 Tage/a

Garten 2

150

200

3 l/90 Tage/a

WM

1

100

27 l/P/Woche

Systemhersteller bieten vorgefertigte Module an, um Regenwasser in Haus und Garten zu nutzen. Sie sind mit Gründach und Versickerung kombinierbar. Ideal für Aufraggeber und Architekten ist, nicht nur wegen der Gewährleistung, wenn alles "aus einer Hand" geliefert wird. Neu geschaffene Prüfzeichen bestätigen die Übereinstimmung mit den aktuellen Regeln der Technik, z.B. mit der seit April 2002 in Deutschland geltenden DIN 1989-1. Die schnelle Montage bei Verwenden von Modulsystemen, auch bei großen unterirdischen Zisternen und Sickeranlagen, begünstigt den Baufortschritt.

Die Baugruppe "Druckerhöhung" besteht in der Regel aus einer wartungs- und korrosionsfreien Kreiselpumpe mit Druckschalter, einer automatischen Nachspeisung für Trinkwasser und einem flexiblen Anschluss zur Schallentkopplung an das Verteilnetz im Gebäude. Hinweisschilder und Aufkleber zur gesetzlich vorgeschriebenen Kennzeichnung der Regenwasseranlage runden den Lieferumfang ab.

Schema Regenspeicher Mall Comfort, mit Filterkorb, anschlussfertig verschraubt.
Grafik: Mall

Die Baugruppe "Regenspeicher" beinhaltet den Filter, einen beruhigten Zulauf und die Anschlussleitung für den Notüberlauf. Das kompakte System wird mit dem Ladekran des Lieferfahrzeuges in die Baugrube versetzt. Gute Speicher haben steckbare Leitungsanschlüsse. Ihre Werkstoffe und Verbindungsteile halten Stand, wenn der Aushub nach den Regeln der Technik in Lagen von 30 cm verfüllt und maschinell verdichtet wird.

In der Schweiz müssen die Armaturen an der Trinkwasser-Nachspeiseleitung (Ventil, Wasserzähler, Magnetventil) gemäß den Richtlinien des Schweizer Vereins Gas/Wasser (SVGW) installiert sein. Für Winterthur kommt noch ein Durchflussbegrenzer hinzu, den die Stadt fordert. Sie hat damit Gewähr, dass ein bestimmter Belastungswert für ihre Versorgungsleitung nicht überschritten wird. Die einmalige Anschlussgebühr für den Hausbesitzer richtet sich wiederum danach.

Winterthur fordert auch Wasserzähler für die Berechnung des genutzten Regenwassers, soweit dieses zu Abwasser wird. Deshalb wurden Zählerbrücken in die Verteilleitungen eingebaut. Solange wie hier in der Siedlung Warmbühl die Abwassergebühr nicht tatsächlich erhoben wird, kann auf die teuren geeichten Zähler verzichtet werden. Wichtig ist, die Gartenwasserleitung nicht über einen solchen Zähler zu führen, da dieses Wasser versickert und verdunstet, also nicht zu Abwasser wird. Die gleiche Situation finden wir in vielen deutschen Kommunen.

Wartung und Pflege

Herr Albizzati, der Planer der Regenwassertechnik, hat für die Bauherrschaft in Winterthur ein Betriebshandbuch zusammengestellt. Anlageschema und die einzelnen Komponenten sind in ihrer Funktionsweise beschrieben. Für die Unterhaltsarbeiten sind Wartungsintervalle vorgegeben mit dem Hinweis, dass die Erfahrungen am Objekt zur Korrektur der vorgegebenen Intervalle führen sollten. Im ersten Betriebsjahr wurden im Abstand von zwei Monaten die Filter gereinigt und das Magnetventil für die Trinkwassernachspeisung auf seine Funktion hin geprüft.

Auf vorbildliche Art folgen im Betriebshandbuch noch Empfehlungen für die Bedienung der Waschmaschine, für die Dosierung der Waschmittel, zur Reinigung des WC und auch Hilfestellungen bei einer Funktionsstörung. So konnte im ersten Betriebsjahr die falsche Einstellung eines Druckschalters schnell korrigiert werden.

Option Warmwasserbetrieb bei Miele "Allwater".
Grafik: Miele

Interessant dabei ist die Tatsache, dass die Funktionsstörung der Regenwasserpumpe den Hinweis liefert, wenn eine Toilettenspülung undicht wird und tropfenweise Wasser verliert. Dieser Defekt an der Dichtung der Heberglocke im Spülkasten kommt gelegentlich vor, unabhängig davon, ob Trinkwasser oder Regenwasser verwendet wird. Durch die Regenwasseranlage wird der langsam absinkende Druck im Leitungsnetz automatisch ausgeglichen. Die Pumpe beginnt zu takten (an/aus/an/aus). So werden die Bewohner auf die Trinkwasserverschwendung aufmerksam gemacht, während ohne Regenwassertechnik die fehlende Menge automatisch aus dem Trinkwassernetz nachläuft. Dies bleibt dann möglicherweise lange Zeit unbemerkt!

Die Erfahrung mit Regenwassernutzung in der Ökosiedlung Warmbühl ist durchweg positiv. Die sechs Anlagen laufen seit Jahren störungsfrei. Die Inspektions- und Wartungsarbeiten sind bei geringem Zeitaufwand keine Belastung, sie müssen nur delegiert und im Terminkalender vorgemerkt sein. Empfehlenswert bei vergleichbaren Bauvorhaben ist ein Wartungsvertrag mit dem Installateur. Mittelfristig, bei weiter steigenden Trinkwasserpreisen, wird auch Regenwasser-Contracting interessant werden. Dabei installiert und betreibt die liefernde Firma die Regenwassertechnik auf eigene Rechnung und stellt die genutzten Wassermengen über einen bestimmten Zeitraum separat in Rechnung, so wie von der Energie- und Wärmeerzeugung her bekannt.


Neue Trinkwasserverordnung

Mit Wirkung vom 1. Januar 2003 gilt die neue Trinkwasserverordnung, vom Bundesrat am 16. Februar 2001 beschlossen. Es ist die Umsetzung der europäischen Richtlinie 98/83/EG des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch vom 3. November 1998.

Dabei war es den EU-Mitgliedsstaaten erlaubt, zusätzliche Einschränkungen und Verschärfungen vorzunehmen.

Nach Paragraph 13, Absatz 3, ist die Inbetriebnahme einer Regenwassernutzungsanlage dem Gesundheitsamt anzuzeigen. Das gilt auch für solche Anlagen, die am 1. Januar 2003 schon in Betrieb sind. Die Gesundheitsämter werden diese Mitteilungen nur registrieren, ohne weiter aktiv zu werden. Neu ist ebenfalls, dass nach Paragraph 17, Absatz 2 zusätzlich zu den Leitungen nun auch die Entnahmestellen für Regenwasser dauerhaft gekennzeichnet sein müssen.

In Paragraph 3 der neuen TrinkwV 2001 wird Trinkwasser als "Wasser für den menschlichen Gebrauch" definiert und dessen Anwendung geregelt. Es ist erforderlich, unter anderem für die

Unter den letzten Punkt fällt auch das Wäschewaschen. Doch schließt das die Regenwassernutzung nicht aus, denn gemeint ist laut amtlicher Begründung (Drucksache 721/00): "...dass in jedem Haushalt die Möglichkeit bestehen muss, zum Waschen der Wäsche Wasser mit der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch zu nutzen. Ob daneben ein Anschluss besteht und genutzt wird, der Wasser geringerer Qualität liefert, bleibt der eigenen Verantwortung und Entscheidung des Verbrauchers überlassen."

 


* Dipl.-Ing. Klaus W. König ist freier Architekt und beratender Ingenieur in Überlingen am Bodensee. Schwerpunkt seiner Arbeit sind Regen- und Betriebswasseranlagen. Er berät Planungsbüros, Städte und Gemeinden, leitet Seminare für Architekten und Handwerker und hält Vorträge, z.B. bei internationalen Symposien der UNO 1998 in Tokyo, 1999 in Kobe Japan und beim Welt-Wasser-Forum 2000 in Den Haag. Er ist Vorstandsmitglied der "Fachvereinigung für Betriebs- und Regenwassernutzung" fbr in Darmstadt und Mitarbeiter im DIN-Ausschuss NAW V 8 "Regenwassernutzungsanlagen".


L i t e r a t u r t i p p
König, Klaus: "Regenwassernutzung von A-Z". Ein Anwenderhandbuch für Planer, Handwerker und Bauherren. Mit neuen technischen Regeln, wie DIN1989. Schwerpunkt Sanitär- und Speichertechnik. 6. Auflage, Mall-Verlag.


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