IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2003, Seite 32 ff.


SANITÄRTECHNIK


Regenwasser auf dem Vereinsgelände

Vier typische Möglichkeiten, ökologisch und Kosten sparend damit umzugehen

Dipl.-Ing. Klaus W. König*

3,5 Millionen Zuschauer haben vom 31. Mai bis zum 30. Juni 2002 die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft in Japan und Korea live erlebt. Zehn der Stadien liegen in Korea, vier davon sind mit Regenwassernutzung ausgestattet.

Seit März 2001 verpflichtet das koreanische Wasserhaushaltsgesetz zur Regenwassernutzung bei allen Sportstadien und Sporthallen mit mehr als 2400 m2 Dachfläche. Im Jahr 2006, wenn die Fußball-Weltmeisterschaft bei uns stattfindet, sind unsere Stadien hoffentlich auch entsprechend installiert.

"Incheon Munhak"- Stadion, Südkorea. Oben: Technikraum der Regenwasseranlage im Untergeschoss der Tribüne.

In Deutschland ist das Nutzen, Verdunsten und Versickern des Niederschlages vor Ort seit einigen Jahren schon die Maxime einer neuen "Entwässerungsphilosophie". Gesetze und Verordnungen dazu sind nun zu erfüllen. Allgemein gilt, dass von einem bebauten Grundstück nicht mehr Regenwasser abfließen darf, als vor der Bebauung. Gleichzeitig belohnen viele Gemeinden durch eine neue Gebührenordnung diejenigen, die umweltgerecht handeln.

Eine möglichst geringe Flächenversiegelung und die Versickerung von Regenabflüssen stehen als Maßnahmen im Vordergrund. Doch auch Dachflächen stellen noch ungenutzte Potenziale für klimaverbessernde Grünflächen dar, sie hindern das Regenwasser am schnellen Abfluss und ermöglichen per Verdunstung die Verbesserung der Luftqualität. Durch die Versickerung des abfließenden Regenwassers wird der Grundwasservorrat gespeist und das Kanalnetz entlastet.

Dieser Artikel zeigt dem Installateur Möglichkeiten, beim Umbau von Vereinsgebäuden durch Ideen und Anregungen die Verwendung von Regenwasser vorzuschlagen und für den einzelnen Verein maßgeschneiderte Lösungen zu finden. Dazu werden vier typische Situationen betrachtet und anhand von Beispielen bewertet.

Schema einer Teichanlage.

Fall 1: Teich und Versickerung

Dach und Fassade des Vereinsheims werden renoviert, die Außenanlagen neu gestaltet. Eine Terrasse wird als Erweiterung gebaut. Bisher wurde das Regenwasser in den Kanal der Gemeinde abgeleitet. Die Baubehörde schreibt nun vor, im Zusammenhang mit der Veränderung von Gebäude- und Außenanlagen, das Niederschlagswasser nicht mehr in den Kanal abzuleiten, sondern auf dem Grundstück zu verwerten.

In die Sammelleitung der Regenentwässerung wird eine Zisterne eingebaut, mit Überlauf in den neu angelegten Teich. Er kann bei absinkendem Wasserspiegel in Trockenzeiten per Unterwasserpumpe automatisch nachgefüllt werden. Ist der maximale Wasserstand erreicht, wird der Zulauf vom Dach breitflächig in den Untergrund versickert. Der frühere Kanalanschluss für das Regenwasser dient nun nur noch als Sicherheitsüberlauf.

Der Teich ist eine ästhetisch-architektonische Form der Regenwassernutzung. Tageslicht wird über seine Oberfläche ins Gebäude gespiegelt. Lichteffekte, Temperaturausgleich und Befeuchtung der Umgebungsluft sind belebende Begleiterscheinungen. Versickerung und Verdunstung schaffen einen Ausgleich zur Versiegelung der Grundstücksfläche durch das Gebäude.

Teich, durch Regenwasser gespeist. Tageslichtspiegelung, Temperaturausgleich und Luftbefeuchtung sind Nebeneffekte.

Fall 2: WC, Teich und Versickerung

Die Voraussetzungen sind wie bei Beispiel 1. Zusätzlich wird das Vereinsheim erweitert oder technisch renoviert, sodass auch Wasserleitungen neu installiert werden. Die Regenertragsmenge wird festgestellt und mit dem Bedarf für Außenanlagen und die Toilettenspülung verglichen. Aus dem Produkt von Spülkastengröße, Anzahl der Tage und Anzahl der Personen kann der Spülwasserbedarf pro Jahr ermittelt werden. Entspricht er etwa dem Regenertrag, dann sollte die Regenwasserleitung zu den Toiletten verlegt werden. In Trockenzeiten, in denen der Regenspeicher leer ist, sorgt die automatische Trinkwassernachspeisung für störungsfreien Betrieb. Die Installation darf keine Querverbindungen zum Trinkwassernetz haben, für die Ausführung gilt DIN 1989!

Regenertrag als Produkt aus Jahresniederschlag und Auffangfläche.

Berechnungsbeispiel Regenertrag

Der Jahresniederschlag in der Region beträgt 800 mm, die Dachgrundfläche 160 m2. Bei einem Ziegeldach wird Verlust durch Verspritzen, Aufsaugen im Ziegelmaterial und Verwehen durch Wind als Reduktion eingerechnet, zusätzlich Überläufe bei voller Zisterne, zusammen 25%. Das heißt, 75% des Niederschlages sind verwertbar. Die Jahressumme des nutzbaren Regenertrages ist also pro Jahr (a) 0,8 m/a x 160 m2 x 0,75 = 96,0 m2/a. Die Verwendung des gesammelten Regenwassers für die Toiletten spart Trinkwassergebühren und schont die Gewinnung und Aufbereitung. Bedingt durch die regelmäßige Speicherentnahme wird weniger Niederschlag überlaufen, das heißt, die Teichrandversickerung kann noch kleiner und preiswerter ausgeführt werden als im Fall 1.

System WC-Spülung mit gesammeltem Regenwasser.

Fall 3: WC, Tennisplatzbewässerung, Versickerung

Ein Tennisclub hat den Öko-Check des württembergischen Landessportbundes durchgeführt. Es soll zukünftig weitgehend Trinkwasser eingespart und das gesamte Regenwasser auf dem Grundstück verwertet werden. Die Installation einer zusätzlichen Regenwasserleitung zu den Toilettenspülungen kann technisch einfach unter der Kellergeschossdecke und in Installationsschächten verlegt werden. Ohne die Fliesen zu beschädigen, wird von den angrenzenden Räumen aus installiert. Auch die Bewässerung der Ziegelsplittplätze wird auf Regenwasser umgestellt.

Beregnung für Tennisfelder.

Tennisfelder mit einem Belag aus Ziegelmehl müssen im Sommerhalbjahr besonders oft gewässert werden. Um Trinkwasser einzusparen, werden deshalb vielerorts die Plätze mit Kunststoffbelägen ausgestattet. Das muss nicht sein, denn die mit Ziegelmehl belegten Tennisplätze können preiswert mit Regenwasser befeuchtet werden, - vorausgesetzt, es steht ausreichend Niederschlagswasser zur Verfügung und die Zisternengröße ist richtig bemessen. Als Erfahrungswert gilt ein Verbrauch von 100 bis 150 m3 Wasser pro Jahr für ein Tennisfeld. Meist fehlt es jedoch an ausreichend großer Sammelfläche. Es gibt verschiedene Methoden, dies zu kompensieren: Der Wasserertrag kann durch das Einbeziehen von Dachflächen benachbarter Gebäude, z.B. Tennishallen, erhöht werden. Dies bringt einen Synergieeffekt mit mehrfachem Vorteil: Die Trinkwassereinsparung steigt, die Rentabilität der Regenwasseranlage wird erhöht, das Abwassersystem ist vom Niederschlag der Nachbargebäude entlastet und die Gebühr für Regenwasserableitung entfällt auch dort.

Regensammelflächen: Dächer des Clubhauses und eines benachbarten Schwimmbades.

Berechnungsbeispiel

für einen Verein mit 800 mm Jahresniederschlag, 500 m2 asphaltierten Stellplätzen, 500 m2 Ziegeldach auf dem Vereinshaus und 1000 m2 Flachdach des Nachbargebäudes, jährliche Niederschlagsgebühr 0,90 EUR pro m2 versiegelte Fläche, Trinkwassergebühr 1,40 EUR/m3.

Nach Einbau einer Zisterne ergeben sich folgende Vorteile bei den jährlichen Betriebskosten durch das Nutzen des gespeicherten Regenwassers für Toilettenspülung im Gebäude und durch die Beregnung der Tennisfelder: Unter der Annahme, dass das aufgefangene Dachwasser beider Gebäude (1500 m2 x 0,8 m = 1200 m3) zu 87,5 % (= 1050 m3) genutzt werden kann, Einsparung der Trinkwassergebühr von 1470 EUR (1050 m3 x 1,40 EUR ohne Mehrwertsteuer).

Durch Entsiegeln der Stellplätze und Versickern des Speicherüberlaufes zusätzlich Einsparung der gesamten Niederschlagsgebühr für das Vereinsgelände von 2000 m2 x 0,90 EUR = 1800 EUR pro Jahr.

Gründach

Fall 4: Gründach und Versickerung

Das Vereinsheim erhält ein neues Dach. Diese Instandsetzung ist unumgänglich, für weitere Investitionen ist kein Geld vorhanden. Die Gemeinde verlangt seit kurzem für den Kanalanschluss des Regenwassers eine Niederschlagsgebühr pro m2 versiegelter Fläche, Gründächer werden durch ein kommunales Förderprogramm bezuschusst.

Die Kombination Gründach mit Versickerungsmulde im Gelände ist hier ideal, so wird die Hälfte des Niederschlages auf dem Dach zurückgehalten und verdunstet. Die Sickermulde muss nur halb so groß sein wie sonst. Außerdem: Gründächer bieten bei richtiger Ausführung einen guten Schutz vor Witterungsextremen, was die Lebensdauer der Konstruktion verlängert und zu einem gleichmäßigeren Innenraumklima führt.

Preiswert sind extensiv begrünte Dächer mit einfachem einschichtigem Aufbau von 6-12 cm. Das Gewicht entspricht einer Bekiesung von 3-6 cm Stärke. Damit ist auch der Umbau von Kiesdächern ohne Veränderung der Bauwerkstatik möglich. Die Reinvestitionskosten für Instandhaltung und Instandsetzung sind etwas höher als bei Kiesdächern, allerdings erst in längeren Zeitintervallen fällig. So ist das Gründach auf lange Sicht die bessere Alternative.

Allgemeine Grundlagen zu Recht und Technik

Das Verursacherprinzip gilt mittlerweile auch im Wasserrecht:

Wer ein Grundstück bebaut, versiegelt oder nutzt, muss vermeiden, dass nach dieser Maßnahme mehr Regenwasser vom Grundstück abgeleitet wird, als zuvor. Gemeinden sind grundsätzlich nicht mehr in der Pflicht, vom Grundstück abgeleitetes Regenwasser zu übernehmen. In neuen Baugebieten wird zunehmend auf Regenwasserkanäle verzichtet. Per Bebauungsplan und Satzung können die Gemeinden vorschreiben, dass Niederschlagswasser am Ort des Anfalls versickert wird.

Solche Festsetzungen in Bebauungsplänen haben ihre Grundlage im Bundesbaugesetz, die einzelnen Landesbauordnungen ordnen sich diesem unter. In den Ländern Baden-Württemberg, Hessen, Bremen und Saarland ist darüber hinaus ein Paragraph in diese Landesbauordnung eingefügt, der den Gemeinden sogar ermöglicht, die Regenwassernutzung für ihr Gemeindegebiet oder in Teilen davon vorzuschreiben. Dies geschieht in Abstimmung mit den Wasserrechtsbehörden, die auf Grundlage der Landesgesetze handeln und bestimmen, ob und wie Regenwasser dem Grundwasser oder den Oberflächengewässern zugeführt wird. Das kann unmittelbar oder dosiert im Sinne einer verzögerten Ableitung erfolgen, auf oder ohne Reinigungsstufen.

Die Landeswassergesetze sind in den vergangenen Jahren novelliert worden. Den Rahmen dafür bildet das Wasserhaushaltsgesetz WHG, das 1986 den Paragraphen 1a als Grundsatz erhalten hat. 1996 wurde der letzte Halbsatz noch hinzugefügt: "Jedermann ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu verhüten, um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers zu erzielen, um die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushaltes zu erhalten und um eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden".

Zusammenfassung

Gründächer, Versickerungs- und Regenwasseranlagen sind kombinierbar. Für jedes Projekt muss nach örtlichen Gegebenheiten die optimale Lösung gefunden werden. Die Schnittstellen der Gewerke sind einfach und klar. Wichtig ist eine professionelle Bauausführung, am besten durch den Handwerks-Fachbetrieb, der alles aus einer Hand liefern kann (siehe hierzu Literaturempfehlung "fbr-Branchenführer"). Für die richtige Bauweise stehen Regeln der Technik zur Verfügung. Zur Regenwassernutzung müssen Gesundheitsamt und Wasserversorgungsunternehmen und zur Versickerung die untere Wasserrechtsbehörde informiert werden, jeweils vor Baubeginn.

Durch umweltgerechten Umgang mit dem Regenwasser wird der Verein zum Vorbild für Jugend und Gesellschaft. Baukostenzuschüsse und dauerhafte Einsparung bei den Betriebskosten erhöhen die Motivation für diese ökologisch wertvollen Maßnahmen.


Dipl.-Ing. Klaus W. König ist freier Architekt und beratender Ingenieur in Überlingen am Bodensee. Schwerpunkt seiner Arbeit sind Regen- und Betriebswasseranlagen.
Er berät Planungsbüros, Städte und Gemeinden, leitet Seminare für Architekten und Handwerker und hält Vorträge, z.B. bei internationalen Symposien der UNO 1998 in Tokyo, 1999 in Kobe/Japan und beim Welt-Wasser-Forum 2000 in Den Haag.
Er ist Vorstandsmitglied der "Fachvereinigung für Betriebs- und Regenwassernutzung" fbr in Darmstadt und Mitarbeiter im DIN-Ausschuss NAW V 8 "Regenwassernutzungsanlagen".


L i t e r a t u r :

- König, Klaus: "Regenwasser in der Architektur, Ökologische Konzepte". Ein Fachbuch der Regenwasserbewirtschaftung. Gründach, Versickerung, Regenwassernutzung. Regeln der Technik, Dokumentation ausgeführter Beispiele mit Angaben zu den Kosten. Ökobuch-Verlag, Staufen, 1996.

- fbr: top 3 "Kombination von Regenwassernutzung und Versickerung", Informationsblatt,Hrsg. Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung, Darmstadt

- fbr: top 7 "Kombination von Regenwassernutzung und Dachbegrünung", Informationsblatt, Hrsg. Fachvereinigung Betriebs- und ­Regenwassernutzung, Darmstadt

-fbr: Branchenführer 2002 "Betriebs- und Regenwasser", Hrsg. Fachvereinigung Betriebs- und ­Regenwassernutzung, Darmstadt


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