IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2002, Seite 77 f.


REPORT


Neues Schadenersatzrecht:

Größeres Haftungsrisiko für Autofahrer

Nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit gilt seit dem 1. August in Deutschland ein neues Schadenersatzrecht. Mit der Reform sind die Rechte so genannter "schwächerer Verkehrsteilnehmer" zulasten der Autofahrer gestärkt worden. Die Signal Iduna* erläutert, was im Einzelnen auf die Autofahrer zukommt.

Ein Radfahrer schneidet die Vorfahrt, ein Jogger läuft plötzlich auf die Straße, ein Fußgänger verhält sich grob verkehrswidrig: Jeder Autofahrer hat diese oder andere knifflige Situationen mit vermeintlich "schwächeren Verkehrsteilnehmern" schon erlebt. Und kam es zu einem Unfall, konnte er sich vor Gericht in der Regel damit entlasten, dass dieser Crash ein unabwendbares Ereignis war, das auch ein Idealfahrer mit perfekten Reaktionen nicht hätte verhindern können.

Grundsätzlich haftet der Autofahrer

Dieser Einwand gilt nach neuer Gesetzeslage nicht mehr. Wer von so genannten schwächeren Verkehrsteilnehmern wie Radfahrern und Fußgängern, älteren Menschen und Behinderten in einen Unfall verwickelt wird, haftet grundsätzlich auch dann, wenn selbst der idealtypische Autofahrer den Unfall nicht hätte verhindern können, so die neue Regel. Andererseits ist das neue Schadenersatzrecht kein Freibrief für die "schwachen Verkehrsteilnehmer". Kann man ihnen ein klares Verschulden nachweisen, müssen sie zumindest mithaften. Im Einzelfall ist es sogar denkbar, dass ein Gericht ihnen die Alleinschuld gibt. Alles eine Frage der Beweislage. Sicher ist: Autofahrer haben es jetzt auf jeden Fall schwerer, ihre Position zu behaupten.

Eine weitere Neuregelung betrifft Unfälle mit Kindern, die das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Psychologen haben festgestellt, dass selbst Neunjährige mit der Einschätzung des Straßenverkehrs häufig noch überfordert sind. Infolgedessen haftet bei Unfällen mit Kindern dieser Altersgruppe immer der Autofahrer, auch dann, wenn er sich absolut vorschriftsmäßig verhalten hat und keine Chance hatte, den Unfall zu vermeiden.

Ausnahme: höhere Gewalt

Die einzige Ausnahme, die den Autofahrer noch entlasten könnte, ist höhere Gewalt - etwa ein Erdrutsch oder eine plötzlich auftretende Überschwemmung. Diese Fälle sind jedoch eher selten.

Kommt es zwischen zwei "gleichstarken", also jeweils motorisierten Verkehrsteilnehmern zum Unfall, bleibt rechtlich gesehen alles beim Alten: Entlastungsgründe sind nicht nur höhere Gewalt, sondern auch unabwendbare Ereignisse: Ist etwa eine Ölspur auf der Fahrbahn der Grund für einen Crash oder beschädigt ein hochgeschleudertes Steinchen die Windschutzscheibe eines anderen Fahrzeugs, muss weder der Verursacher noch dessen Versicherung zahlen.


*) Signal Iduna Gruppe, 20351 Hamburg, Tel.: 040/41243834, Fax: 040/41244026


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]