IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2002, Seite 68 ff.


REPORT


Forum für Branchenpraxis

VDS-Mitgliederversammlung: Abschiede, Einstiege und Bewertungen

"Das Made in Germany zählt im Ausland derzeit offenbar mehr als in Deutschland." Dieser ernüchterte bzw. ernüchternde Satz eines Teilnehmers der Mitgliederversammlung der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) machte plastisch klar, wie es um die Branche konjunkturell seit einiger Zeit steht. Ein weiterer Schwerpunkt: meist turnusbedingte Neuwahlen.

In der Mainmetropole wurden Vorstand und die Leitungen von drei Ausschüssen personell neu strukturiert. Um es vorweg zu nehmen: Trotz der daraus resultierenden Veränderungen bleibt, so die VDS, die "Kontinuität in der Sache" erhalten. Den Vorstand führt in der nächsten dreijährigen Amtsperiode Fritz-Wilhelm Pahl (Bette), der als Vorsitzender Franz Kook ablöste. Der Duravit-Chef kandidierte satzungsgemäß nach sechsjähriger ununterbrochener Tätigkeit nicht mehr für diese Funktion. Neuer stv. Vorsitzender ist Dr. Rolf-Eugen König, der als DGH-Vorsitzender den Fachgroßhandel vertritt. Für das Fachhandwerk gehört dem VDS-Lenkungsgremium auch künftig Karl-F. Schlüter (Vorstandsmitglied beim Bundesverband Gebäude- und Energietechnik Deutschland) an. Den Platz der Industrie nimmt Karl Spachmann (Geberit) ein.

Satzungsgemäße Konsequenz: Franz Kook (Duravit) beendete seine sechsjährige Tätigkeit als VDS-Vorsitzender. Seine Verdienste würdigten u.a. die Repräsentanten der Mitgliedsverbände mit langem Applaus.

Offensive Begleitung

An der Spitze des bisher vom ehemaligen Duscholux-Geschäftsführer Wolfgang Göck verantworteten PR-Ausschusses steht jetzt Jochen Drewniok (Hoesch). Erster Mann im IT-Ausschuss ist nun Erich Fuhrer (Kludi) als Nachfolger von Dr. Johannes Haupt (Duscholux). Beim bisher von Jürgen Speer (Neugart) geleiteten Werbeausschuss lenkt und koordiniert bis auf weiteres VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann die laufenden Projekte zur Gemeinschaftskampagne "Bad". Letztere ist übrigens, wie es nochmals ausdrücklich hieß, u.a. aufgrund umfangreicher Mikromarketing-Aktivitäten "keineswegs tot, sondern vielmehr sehr lebendig".

Selbstbewusstsein: Die Sanitärbranche braucht sich "nicht zu verstecken", unterstrich Fritz-Wilhelm Pahl in seiner Antrittsrede als neuer VDS-Vorsitzender.

In seinem "Arbeitsbericht" von Geschäftsführung und Ausschüssen wies Wischmann deshalb auf die vielfältigen Maßnahmen hin, die die neuen Schwerpunkte der Kampagne offensiv begleiten. Die Palette erstrecke sich von nationalen Aktivitäten wie speziellen Gewinnspielkooperationen mit Publikumszeitschriften und der Zusammenarbeit mit der 3sat-Reihe "tips & trends domizil" bis zu Instrumenten für den lokalen Einsatz des Mikromarketing-Paketes. So erhielten im Oktober alle rund 5600 Kampagnenteilnehmer aus Fachgroßhandel und Fachhandwerk einen 20-seitigen Praxis-Leitfaden zur Anwendung des breiten Unterstützungsprogrammes.

Ernste Lage: Die Vertreter aller drei Vertriebsstufen waren sich in der Beurteilung der düsteren Inlandskonjunktur einig. Auch für 2003 überwog die Skepsis.

Viel getan

Auch die deutliche Professionalisierung des Internet-Auftrittes www.gutesbad.de spiele in dem Kontext eine wichtige Rolle. Nach dem kompletten optischen Relaunch verfüge die verbraucherorientierte Branchen-Plattform heute u.a. über folgende Leistungsmerkmale: einen umfassenden Info-Service mit Bad-News, Checklisten, Video- und Presse-Teilen; eine eigene Adresssuch-Funktion mit fast 5000 Fachhandwerksbetrieben und über 700 Fachausstellungen; ein aktuelles Repertoire von rund 1200 Sanitärprodukten und gut 600 Badszenen.

Branchenintern hatte und hat der Ausbau der speziellen Kampagnenseiten mit Info-, Download- und Adressbereichen Priorität, betonte Wischmann. Last but not least bestätigten die erheblichen Anstrengungen etwa auf den Feldern Öffentlichkeitsarbeit und Marktforschung das starke VDS-Engagement.

Neu formiert: Nach den Wahlen stellten sich (von links) Karl-F. Schlüter (Vorstandsmitglied), Dr. Rolf-Eugen König (stv. Vorsitzender), Fritz-Wilhelm Pahl (Vorsitzender), Jens J. Wischmann (Geschäftsführer), Erich Fuhrer (Vorsitzender des IT-Ausschusses) und Jochen Drewniok (Vorsitzender des PR-Ausschusses) sichtbar optimistisch zum Gruppenfoto auf. Nicht im Bild: Karl Spachmann, der dem VDS-Vorstand künftig auch angehört.

Dank mit Mund und Hand

Kook blickte in seinem Vorstandsreport auch am Beispiel zahlreicher Stationen auf seine gesamte Amtsperiode zurück. Sein Resümee gliederte er in drei Hauptkapitel. Erstens weiteten sich danach Organisationsstruktur und Arbeitsbasis der VDS seit 1996 erheblich aus. Zweitens sei ihre koordinierende Rolle für Handwerk, Großhandel und Industrie seitdem deutlich stärker geworden. Drittens schließlich konnte sie ihr Dienstleistungsprofil für die elf Mitgliedsverbände bzw. deren Unternehmen spürbar schärfen.

Pahl zollte denn auch in seiner Antrittsrede seinem mit viel Applaus bedachten Vorgänger großen Respekt. "Durch Sie hat die VDS erst laufen gelernt", bilanzierte der neue Vorsitzende das Kook’sche Wirken ebenso kurz wie treffend. Gleichzeitig würdigte er aber auch die aus den Ausschüssen ausgeschiedenen Personen. Ihre ehrenamtliche Tätigkeit könne man gerade in der aktuellen Situation nicht hoch genug einschätzen.

Talsohle: Für die erfasste Haustechnik-Wirtschaft schätzt ifo 2002 als das (vorläufig) schlechteste Branchenjahr ein. Auch das Auslandsgeschäft rutscht danach erstmals ins Minus.

Appell und Analyse

Pahl selbst bedankte sich für das Mitgliedervertrauen mit den Worten: "Sie haben mich gewählt, obwohl Sie mich kennen." Er versprach Kontinuität und hob hervor, dass der dreistufige Dachverband "wichtiger denn je" sei. Die Sanitärwirtschaft brauche sich nicht zu verstecken - und genau das solle und müsse die VDS professionell vermitteln. Im Interesse der gemeinsamen Sache sei aber an alle Vertriebsstufen zu appellieren, "sich in die Pflicht nehmen zu lassen". Auf Hilfe von außen dürfe die Branche nicht warten. Im Gegenteil: Berlin steuert einen klar mittelstandsfeindlichen Kurs, kritisierte Pahl Pläne und Beschlüsse der Regierungskoalition.

Ursache: Auch nach den von ifo ermittelten Werten verhagelt das Inlandsgeschäft der Sanitärbranche 2002 (abermals) die Umsatzbilanz. Nochmalige Korrektur nach unten eher wahrscheinlich.

Natürlich nahm die Diskussion über die momentane Branchenkonjunktur und -lage in der Mitgliederversammlung breiten Raum ein. Die Delegierten von Industrie, Fachgroßhandel und Fachhandwerk waren sich in der Bewertung des desolaten bis katastrophalen Inlandsgeschäftes einig. Per saldo rechnen sie für 2002 mit einem Umsatzminus von um 10%. Während Handwerk und Großhandel noch auf eine einstellige Einbuße "hofften", befürchteten die meisten Produzentengruppen einen (satt) zweistelligen Rückgang. Auch die Prognosen für 2003 klangen eher skeptisch; eine moderate Nachfragebelebung sei wohl erst ab 2004 zu erwarten.

Stabilität: Die Zahl der haustechnischen Unternehmen bleibt 2002 und 2003 relativ konstant. Zumindest prognostizieren das die ifoForscher.

Umfunktioniertes Museum

Nicht ganz so düster sieht es das ifo-Institut. In den von ihm zum zweiten Mal erhobenen "Marktdaten für den Wirtschaftsbereich Haus- und Gebäudetechnik in Deutschland" (siehe diverse Grafiken) schätzt es u.a. den Umsatz der Sanitärsparte für 2002 auf 15,0 Mrd. Euro (nach 15,7 Mrd. Euro). Stabilen Exporterlösen von jeweils 2,3 Mrd. Euro steht ein um gut 5% sinkendes Inlandsvolumen (12,7 nach 13,4 Mrd. Euro) gegenüber. Wischmann schloss jedoch bei der Erläuterung der im Auftrag von VDS, VdZ und Messe Frankfurt veranlassten Studie eine "nochmalige Korrektur nach unten" nicht aus. Für 2003 sagen die Münchner Wirtschaftsforscher zumindest eine Stabilisierung auf dem niedrigeren Niveau voraus.

Einbruch: Unter dem erheblichen Arbeitsplatzverlust in der Haustechnikbranche leidet laut ifo vor allem das Handwerk. Abgeschwächt setzt sich der Rückgang danach auch 2003 fort.

Kein Wunder also, dass sich das Frankfurter Museum für angewandte Kunst bei derart turbulenten Zeiten für einige Stunden in ein sehr nüchternes Forum für angewandte Branchenpraxis verwandelte. Ob sich die Szenerie bis zum nächsten "VDS-Bundestag" am 29. Oktober 2003 aber vielleicht doch grundlegend ändert? Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.


Alle Fotos und Grafiken: Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS)


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