IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/2002, Seite 48 ff.


REPORT


Hightech-Gebäude mit Niedrigenergie-Standard

Festo eröffnet Technologie Center in Esslingen-Berkheim

Nach nur zweijähriger Bauzeit eröffnete die Festo AG & Co. kürzlich ihr TechnologieCenter in Esslingen-Berkheim. Die Architektur des Gebäudes ist offen und transparent. Dennoch liegt der Energieverbrauch nur bei 56 kWh/(m2a). Über 70 Prozent der zum Heizen und Kühlen benötigten Energie stammen aus solaren Gewinnen des Gebäudes sowie aus Erdkälte und Produktionsabwärme. Lediglich 30 Prozent steuert das erdgasbefeuerte Heizwerk bei.

Funktion der Folienkissen.

Das TechnologieCenter komplettiert die Zentrale der Unternehmensgruppe in Esslingen-Berkheim. Die Bruttofläche des Gebäudes, das optisch gesehen einer Hand mit sechs Fingern ähnelt, erstreckt sich auf rund 34.000 m2. Mit Baukosten von 1.350 EUR/m2 einschließlich aller festen Einbauten ist das TechnologieCenter ein Beweis dafür, dass repräsentative Architektur nicht teuer sein muss.

Sonnenschutz und Tageslichtlenkung.

Die für den Neubau eingesetzten Technologie-Komponenten wurden zum großen Teil selbst entwickelt. Beispiel Atriendächern: Diese bestehen aus 3-lagigen, durch den Innendruck selbsttragenden Kunststoff-Folienkissen und verfügen über einen integrierten, pneumatisch verstellbaren Sonnenschutz. Steuerkomponenten übernehmen - je nach Sonnenstand - automatisch die Sonnenschutz- bzw. Lichtregulierung. Durch Bedruckung der obersten und der mittleren Folienlage mit einem positiven und einem negativen Schachbrettmuster kann mittels Veränderung der Druckverhältnisse in den Kissen eine Verschattung von 47 % bis 93 % erzielt werden.

Gebäudegrundriss.

Niedrigenergiekonzept des Gebäudes.

Trotz des transparenten Glaskörpers und den großzügigen, lichtdurchfluteten Atrien erfüllt das TechnologieCenter die Anforderungen an ein Niedrigenergiehaus. Durch das konsequente Low-Energy-Konzept wird der Energieaufwand für den Gebäudeunterhalt deutlich reduziert, was unter anderem durch die Nutzung von Solarenergie sowie von Erdkühle und Prozesswärme erreicht wird. Die Wärmedämmung beispielsweise erfolgt über eine mit Krypton gefüllte 3-Scheibenverglasung mit einem U-Wert von 0,8.

Die drei Kälteadsorptionsmaschinen können bis zu 1500 kW Leistung einspeisen.

Im Sommer, bei besonders warmen Temperaturen, wandeln Adsorptions-Kältemaschinen die anfallende Abwärme aus der Produktion in Kälte um. Gleichzeitig senkt der Einsatz innovativer Sonnenschutz-Technologien den Energiebedarf für Kälte. Die Sonnensegel an der Südseite der Atrien zum Beispiel sind bis zu 120 m2 groß und werden hydraulisch auf frei gespannte Stangen aufgerollt. Die Steuerung der Segelgröße erfolgt sonnen- und windabhängig über hydraulische Antriebe und erlaubt selbst bei höheren Windstärken noch eine Teilverschattung der Fassade. Der Sonnenschutz der Bürogebäude ist mit einer zusätzlichen Lichtlenkungsfunktion ausgestattet. Durch den zweimotorig ausgestatteten Lamellenbehang sind die Lamellen im oberen Fensterbereich unabhängig steuerbar. Sie können der Sonne nachgeführt werden und reflektieren das eintreffende Licht gegen die Decke der Büros, wodurch die Büroräume auch bei heruntergelassenem Sonnenschutz blend- und spiegelfrei ausgeleuchtet sind. Auf Kunstlicht kann somit auch an heißen Sommertagen verzichtet werden.

Einbau der Rohrleitungen für die Bauteiltemperierung.

Um die Büroräume der Arbeitsplätze flexibel zu gestalten, wurden Doppelböden eingesetzt. Darin verlaufen sämtliche Versorgungsleitungen für Strom, Kommunikation sowie Lüftung.

Darstellung der zu erwartenden Heiz-/Kühllasten.

Heizen und Kühlen

Über das System der Betonkernaktivierung wird das TechnologieCenter erwärmt bzw. gekühlt. Als Speichermassen dienen die wasserdurchflossenen Decken sowie die massiven Wandteile. Zur Kühlung des Gebäudes werden nach Priorität herangezogen:

Zur Heizung werden nach Priorität herangezogen:

Steuerung per Taschencomputer: Der Einsatz modernster Technologien in der Gebäudeautomation schafft große Freiräume für die Nutzer.

Intelligentes Gebäude

Zur Steuerung des TechnologieCenters genügt ein Taschencomputer mit Web Browser. Der kleine Rechner loggt sich drahtlos über Bluetooth Access Points ins Intranet des Gebäudes ein, und sofort kann der Nutzer auf die technischen Anlagen zugreifen. Mit einfachen Menüs wird beispielsweise das riesige Sonnensegel vor der Glasfassade gespannt oder die Deckenbeleuchtung eingeschaltet. Genauso unkompliziert werden Einstellungen der Adsorptionskältemaschinen im Untergeschoss optimiert oder Störungsprotokolle beliebiger haustechnischer Anlagen gesichtet. Daneben ist natürlich die herkömmliche Bedienung beispielsweise über konventionelle Schalter möglich.

Auf der gleichen technischen Grundlage können die Mitarbeiter an einem beliebigen Standort im TechnologieCenter ihre E-Mails durchsehen, ihren Terminkalender via Lotus Notes mit Kollegen abgleichen und drahtlos das Intranet oder Internet nutzen. Die Außendienstmitarbeiter greifen von unterwegs auf ihre Bürounterlagen zu und der Bereitschaftsdienst der Gebäudeleittechnik kann von zu Hause aus Probleme der Gebäudetechnik untersuchen und geeignete Maßnahmen ergreifen. Das Facility Management profitiert von diesem offenen System. Schließlich stehen sämtliche Anlagendaten unmittelbar und online zur Verfügung und erleichtern so eine betriebswirtschaftliche Auswertung. Zukünftig sollen sogar alle Daten in eine große Datenbank zusammenfließen

Mehr als ein Lichtschalter: Als LON-Works-Gerät steuert das LCD-Panel einfache Schaltbefehle ebenso komfortabel wie komplexe Beleuchtungsszenarien.


B i l d e r : Festo AG & Co., Esslingen-Berkheim; Andreas Braun, Hameln


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