IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/2002, Seite 40 f



Schub für ölbetriebene Brennwertheizgeräte

Durch die Überarbeitung der Anforderungsnorm für Heizöl EL (DIN 51603-1) - der Gelbdruck ist im März 2002 erschienen - ist der Weg für die Einführung einer schwefelarmen Heizölqualität in Deutschland geebnet. In die 3. BImschV wurde der Begriff und der entsprechende Grenzwert ebenfalls aufgenommen. In der Zwischenzeit wurde auch eine entsprechende Anpassung des ATV-Arbeitsblattes A 251 - Neutralisation von Brennwertkondensaten - vorgenommen. Der Gelbdruck ist im August erschienen. Zur Zeit wartet die Branche auf die flächendeckende Markteinführung und die praktische Umsetzung. Über den derzeitigen Stand informierte sich die IKZ-HAUSTECHNIK-Redaktion anlässlich eines Gespräches mit Dr. Christian Küchen, Geschäftsführer Technik beim Institut für wirtschaftliche Oelheizung e.V. (IWO).

IKZ-HAUSTECHNIK: Nachdem zu Anfang dieses Jahres in großem Maße über die Einführung einer neuen, schwefelarmen Heizölqualität informiert wurde, ist es nun doch sehr ruhig darum geworden. Fehlt es am Interesse der Mineralölwirtschaft oder gibt es logistische Probleme bei der bundesweiten Umsetzung bzw. der Bereitstellung des Produkts?

»Der Schwefelgehalt im schwefelarmen Heizöl EL ist vergleichbar zu Erdgas«

Dr. Küchen: Weder das eine noch das andere trifft zu. Vielmehr wird zurzeit das gemacht, was in der Vergangenheit z.B. bei der Einführung von neuen Additiven häufig unterblieben ist und was die Geräteindustrie auch zu Recht bemängelt hat: Vor der bundesweiten Einführung werden gemeinsam mit Komponenten-, Brenner- und Kesselherstellern anwendungstechnische Untersuchungen mit dem neuen Produkt durchgeführt. Hierzu gehört auch der Betrieb auf Prüfständen und in Feldanlagen, die zum Teil über längere Zeit laufen müssen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich wegen dieser Ergebnisse noch Veränderungen an dem im März vorgelegten Normentwurf ergeben werden. Diese müssen im Konsens zwischen Mineralölwirtschaft und Heizgeräteindustrie erarbeitet werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Inwieweit wurden die bestehenden Grenzwerte für den Schwefelgehalt im Heizöl EL reduziert?

Dr. Küchen: Der bestehende Grenzwert für Heizöl EL von 0,2 Gewichtsprozent wird nicht verändert. Dies ist zur Zeit wegen der entsprechenden europäischen Richtlinie auch nicht möglich. Aber es wurde ein zusätzlicher Grenzwert für schwefelarmes Heizöl von 50 mg/kg aufgenommen. Das entspricht 0,005 Gewichtsprozent und damit einer Absenkung um den Faktor 40. Damit liegt der Schwefelgehalt im schwefelarmen Heizöl EL vergleichbar zu Erdgas.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche praktischen Auswirkungen hat das auf die Verbrennung und den Wärmeerzeuger?

Dr. Küchen: Die ersten vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Erwartungen, die mit dem Produkt verbunden sind. Die Verbrennung erfolgt nahezu rückstandsfrei und da der Schwefelgehalt um den Faktor 40 abgesenkt wird, wird auch die Bildung von Ablagerungen drastisch reduziert.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bessere Verbrennung heißt im Umkehrschluss: Weniger Verschmutzungen an den Heizflächen. Der Kundendienstmonteur braucht also weniger Zeit für die Kesselreinigung. Bedeutet dies, dass auch die Wartung von ölbetriebenen Wärmeerzeugern mit weniger Aufwand verbunden und somit billiger werden könnte?

Dr. Küchen: Verschmutzungen können im Allgemeinen auf zwei verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. Zum einen kann eine ungenügende oder unvollständige Verbrennung zur Rußbildung führen. Dies ist allerdings weniger eine Frage der Brennstoffqualität, sondern eher eine Frage des Brenners und des Wartungszustands bzw. der Einstellung. Auch mit Standard-Heizöl EL ist selbstverständlich eine rußfreie Verbrennung möglich. Ein wichtigerer Grund für Ablagerungen in Kesseln sind heute Niedertemperaturkorrosionsprodukte. Deren Bildung ist neben den Temperaturen und der Kesselkonstruktion stark vom Schwefelgehalt des Brennstoffs abhängig. Die uns bislang vorliegenden Langzeituntersuchungen zeigen, dass sich diese typischen Ablagerungen in Niedertemperaturkesseln fast vollständig vermeiden lassen. Die Kessel bleiben über lange Zeit sauber. Insofern ist davon auszugehen - das versuchen wir gerade durch Langzeituntersuchungen zu bestätigen -, dass zukünftig auch die Wartung weniger aufwendig werden wird. Inwieweit sich das auch auf die Preise auswirken könnte, kann zurzeit noch nicht beurteilt werden. Hier müssen auch vom SHK-Handwerk zunächst entsprechend fundierte Erfahrungen gesammelt werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Für die Neutralisation von Brennwertkondensaten aus Gasfeuerstätten gelten bereits heute erleichternde Vorschriften. Nach Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde besteht meist keine Neutralisationspflicht für Anlagen bis 200 kW, wenn eine regelmäßige Vermischung mit dem häuslichen Abwasser gewährleistet ist. Geregelt ist das ganze bekanntlich im ATV-Arbeitsblatt 251. Nun hat aufgrund der angekündigten Markteinführung des schwefelarmen Heizöls kürzlich eine Überarbeitung dieses Arbeitsblattes stattgefunden. Mit welchem Ergebnis?

»Brennwertanlagen, die mit schwefelarmem Heizöl EL betrieben werden, sind künftig im Hinblick auf die Kondensate wie Gasbrennwertkessel zu behandeln«

Dr. Küchen: Im Prinzip ist beschlossen worden, Brennwertanlagen, die mit schwefelarmem Heizöl EL betrieben werden, im Hinblick auf die Kondensate wie Gasbrennwertkessel zu behandeln. D.h., bis 200 kW kann auf die Neutralisation in diesen Fällen verzichtet werden. Insgesamt sind einige weitere redaktionelle Ergänzungen und Änderungen vom zuständigen ATV-DVWK-Fachausschuss beschlossen worden. Ein entsprechender Entwurf des überarbeiteten ATV-Arbeitsblattes A 251 ist im August erschienen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der Schwefelgehalt war in der Vergangenheit eines der Haupthemmnisse zur Nutzung der Ölbrennwerttechnik, nicht zuletzt aufgrund der geforderten Neutralisation und der hohen konstruktiven Anforderungen an den Wärmeerzeuger. Erwarten Sie mittelfristig einen Trend zum ölbetriebenen Brennwertheizgerät, falls sich die neue Qualität im Markt durchsetzten sollte?

Dr. Küchen: Vor dem Hintergrund, dass alleine aufgrund des Alters, z.T. aber auch wegen der gesetzlichen Vorgaben wie z.B. der 1. BImschV und der Energieeinsparverordnung, eine nicht unerhebliche Zahl von Ölheizungsanlagen erneuert werden muss, erwarten wir eine wachsende Zahl von Ölbrennwertkesseln für die nächsten Jahre. Wenn positive Erfahrungen mit dem neuen Brennstoff vorliegen, wird das einen weiteren Schub für ölbetriebene Brennwertheizgeräte geben.

IKZ-HAUSTECHNIK: Auf der Verbraucherseite spielen die Kosten vielfach eine sehr große Rolle. Wieviel teuerer wird der schwefelarme Brennstoff angeboten werden?

Dr. Küchen: Da sich der Markt noch nicht etablieren konnte, können hierzu noch keine konkreten Beträge genannt werden. Auf jeden Fall wird sich durch den vorhandenen intensiven Wettbewerb im Heizölmarkt ein für Verbraucher attraktives Preisniveau einstellen. Der durchschnittlich in den vergangenen Jahren vorhandene Preisvorteil von Heizöl EL im Vergleich z.B. zu Erdgas von ca. 30% wird sicherlich nicht durch die Absenkung des Schwefelgehalts aufgebraucht werden. Als Größenordnung für den Mehrpreis kann man von ca. 2 Cents pro Liter im Vergleich zu additiviertem Heizöl EL ausgehen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Rechnen sich diese Mehrkosten für den Hausbesitzer überhaupt?

»Wir erwarten eine wachsende Zahl von Ölbrennwertkesseln für die nächsten Jahre«

Dr. Küchen: Hier ist eine pauschale Aussage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Zum einen ist hierfür das absolute Preisniveau entscheidend. 2 Cents bei einem Heizölpreis von 20 Cents bedeuten 10%, bei 40 Cents nur 5% Mehrpreis. Demgegenüber steht eine Energieeinsparung, die auch anlagenabhängig ist. Dazu kommt möglicherweise ein geringerer Aufwand für Wartung und Instandhaltung sowie eine längere Lebensdauer von Anlagenkomponenten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Auf welche Weise wird sichergestellt, dass es bei der Betankung zu keiner Verwechselung der Heizölqualität kommt und wie wirkt sich eine Vermischung der unterschiedlichen Heizöle aus?

Dr. Küchen: Seitens des Mineralölhandels werden zur Zeit die Vorbereitungen für eine vollständig getrennte Logistik getroffen, die erforderlich ist, um auch die Einhaltung des Schwefelgrenzwerts beim Endverbraucher zu gewährleisten. Dazu erscheint es zweckmäßig, dass eine Kennzeichnung von Tankanlagen bzw. Tankeinfüllstutzen erfolgt, um unbeabsichtigte Vermischungen zu vermeiden. Meistens würde eine Vermischung dazu führen, dass die Anforderungen an schwefelarmes Heizöl EL vom Gemisch nicht mehr erfüllt werden. Ob das für den einzelnen Fall problematisch ist, hängt auch von der jeweiligen Anlage ab. Bei Brennwertanlagen ohne Neutralisationseinrichtung wäre dann normalerweise eine Neutralisation des Kondensats vorzunehmen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sieht die Umstellung der Anlage auf schwefelarmes Heizöl aus, muss der Tank nicht gereinigt werden?

Dr. Küchen: Das kommt, wie schon gesagt, auf die nachgeschaltete Anlage sowie die Restmenge im Verhältnis zur Befüllung in der vorhandenen Tankanlage an. Im Zweifelsfall ist zumindest eine Absaugung der Restmenge sinnvoll, ob eine Reinigung erforderlich ist, hängt natürlich auch vom Grad der Verschmutzung ab.

 


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