IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/2002, Seite 50 ff.


KLEMPNERTECHNIK


Passivhaus mit Klima-aktiver Fassade

Das Metalldach sorgt für Strom, die Wand für Wärme

Hartmut L. Plawer

Wie sich in der Baupraxis zeigt, gewinnt die Solartechnik mit ihrer umweltfreundlichen Energieerzeugung auch im Bereich der vom Klempnerhandwerk erstellten Metalldächer zunehmend an Bedeutung. Am Beispiel eines nicht alltäglichen Gebäudes, das in diesem Beitrag vorgestellt wird, erweist sich, dass nicht nur Großobjekte für die ökologische Solarenergiegewinnung geeignet sind.

Rund zehn Kilometer von Guben entfernt, im südöstlichen Brandenburg, liegt Breslack, nahe der Lausitzer Neisse. In dem kleinen Ort, dicht an der heutigen Grenze zu Polen, plante und errichtete Architekt Tom Kaden aus dem benachbarten Coschen einen bemerkenswerten Neubau. Das Gebäude ist ein modernes Passivhaus mit Klima-aktiver Fassade. Was sich hinter dieser Kombination verbirgt, ist nicht weniger, als ein energetisch autonomes Haus, das unter Nutzung spezifischer bioklimatischer Gegebenheiten auf traditionelle, herkömmliche Energiesysteme völlig verzichten kann.

Bild 1: Architekt Tom Kaden baute in Breslack dieses auch gestalterisch ungewöhnliche Passivhaus, dessen tiefrote Straßenseite einen starken Gegensatz zum Blaugrau des vorbewitterten Metall-Treppendaches bildet.

Einen wesentlichen Beitrag zur positiven Energie- und Klimabilanz innerhalb des von Kaden konzipierten ganzheitlichen Projektes leistet das von Rheinzink entwickelte, neue Quick Step-Solar PV Treppendach, welches neben der "Normalausführung" Quick Step als zeitgemäße Metallbedachung auf dem zukunftsträchtigen Projekt zur Ausführung kam. Die Abkürzung "PV" in der Systembezeichnung der Metalldachelemente beinhaltet den Begriff Photovoltaik, also die Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie.

Bild 2: Ökologische Solarenergiegewinnung auf der Südseite des Satteldaches wurde vom Klempner mit dem hier eingesetzten Quick Step Solar-PV-System wirtschaftlich realisiert.

Durchdachtes Konzept

Das am Ortsrand von Breslack erbaute neue Gewerbe- und Bürogebäude mit Ausblick in die ländlich-hügelige Landschaft der Lausitz fällt dem Betrachter zuerst durch seine leuchtend rote Fassade zur Straßenseite hin auf. Der unprätentiös wirkende zweigeschossige Baukörper mit 22°-Satteldach und einer Firsthöhe von 7,70 m basiert auf einem rechteckigen Grundriss von ca. 14,5 x 7,0 m. Er ist in Form einer industriell vorgefertigten Holzrahmenkonstruktion mit einem Rastermaß von 81,5 cm auf einer 22 cm dicken Bodenplatte und Streifenfundamenten 30/90 cm errichtet. Jedes Geschoss bildet einen eigenständigen Nutzungsbereich mit getrennter Erschließung. Während das Erdgeschoss als Keramik-Atelier dient, wird das über eine Außentreppe zugängliche Obergeschoss als Büro genutzt. Wichtigstes Anliegen des Planers war es, so Kaden in seinem Erläuterungsbericht, "so zu bauen, dass auf herkömmliche Energie ganz verzichtet werden kann, oder das Haus sogar für den gesellschaftlichen Energiebedarf nutzbar zu machen".

Bild 3: Mit der Standardausführung des vorgefertigten Quick Step-Treppendaches ist die Nordseite des Daches, ebenfalls vom Klempner, wettersicher gedeckt.

Dann präzisiert der Architekt weiter: "Dass in einem Haus autonom Strom, Wärme und sogar Energiebedarf für ein Fahrzeug produziert werden kann, ist heute keine Utopie mehr, insbesondere bei einer kreativen Nutzung der bioklimatischen Gegebenheiten. Abgekoppelt von Netzen und von anonymen Kosten zu wirtschaften: das hat eine enorme kulturelle Dimension. Selbige fordert aber eine hohe Intelligenz beim Bauen". Kaden, gleichzeitig auch Bauherr, realisierte seine Vorstellung eines Passivhauses konsequent als ganzheitliche Lösung. Die Verbindung der Hauptkomponenten Passivhaus plus Klima-aktiver Fassade (Solarfassade) führte letztlich zu einem energetisch autonomen Haus, welches - wie schon dargestellt - auf herkömmliche Energiesysteme völlig verzichten kann. "Der dynamische Wärmeschutz im Passivhaus Müka zwo", so Kaden, "in Wechselwirkung mit den haustechnischen Komponenten Photovoltaik und Solarthermie als gleichzeitige Dacheindeckung des Süddaches sowie einer hoch effizienten Wärmerückgewinnungsanlage garantiert einen Primärenergiewert weit unter 120 kWh/(m2a).

Bild 4: Süd- und Ostseite des Passivhauses tragen als Klima-aktive ESA-Solarfassaden zur positiven Energiebilanz des Bauwerks bei.

Ergebnisorientiert: Quick Step-Solar PV

Das Passivhaus erhielt ein asymmetrisches Satteldach mit einer Deckfläche von insgesamt rund 150 m2. Sein konstruktiver Aufbau von innen nach außen weist folgende Schichten auf:

Bild 5: Der Hauseingang wurde mit neu entwickelten, horizontal verlegten Wabenstruktur-Paneelen (DMS-Structal) ebenfalls in vorbewittertem Material, bekleidet; das formschöne Vordach in Doppelstehfalztechnik gedeckt.

Das Quick Step-Treppendach ist ein modernes Dachsystem aus standardisierten, vorgefertigten Steck-Komponenten und entsprechendem Systemzubehör. Es verbindet einfache Handhabung am Bau mit interessanten Gestaltungsmöglichkeiten. Die Basisprofile werden mit speziellen Profilbefestigern und keilförmigen Systemlatten auf dem Tragwerk "unsichtbar" befestigt. Durch die horizontale, treppenförmige Struktur der Dachprofile werden neue Formen der Dacharchitektur verwirklicht.

Die Entscheidung für das "vorbewitterte" Metalldach passte schlüssig in das Gesamtkonzept. Auf der Nordhälfte des Daches wurden die bekannten, stufenförmig angeordneten Basisprofile - wie schon im Dachaufbau erwähnt - auf der erforderlichen Systemlattung trauf- bzw. firstparallel verlegt. Die Südhälfte des Daches wurde in analoger Form, jedoch mit den PV-Systemelementen versehen. Auf diese Art gelang es, ökologische Solarenergiegewinnung auch im architektonischen Sinne optimal zu integrieren. In Vorgesprächen mit dem Planer waren die konstruktiven Voraussetzungen für diese Dachlösung diskutiert worden. Entscheidende Argumente, wie eine zeitgemäße, dachintegrierte Modultechnik ohne zusätzliche Befestigungselemente sowie Alterungsbeständigkeit und einfache Verlegung gaben den Ausschlag. Diese Argumente haben auch die Jury des Innovationswettbewerbes "Architektur und Bauwesen 2002" überzeugt: Das Quick Step Solar-PV-System (Kategorie "Produkte von hoher architektonischer Qualität") erhielt den 1. Preis.

Das Metalldach liefert Strom

Die auf dem Süddach eingesetzte metallische Deckung mit PV-System ermöglicht die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie. Solarmodule werden werksseitig mit einem transparenten High-Tech-Kleber unmittelbar auf die Dachelemente aufgeklebt. Das Ergebnis ist eine dauerelastische Verbindung zwischen dem metallischen Dachelement und den in Glas eingebetteten, kristallinen Siliziumzellen. Natürlich werden die besonderen Anforderungen an Lichtdurchlässigkeit, Witterungs- und Alterungsbeständigkeit erfüllt. Für den Nutzer ist dabei von Interesse, dass diese Technik mit in Glas eingebetteten Solarmodulen keine technische Neuheit darstellt, sondern sich in der Baupraxis seit Jahren bewährt. Das System eignet sich für Dachneigungen von 10 bis 75° und benötigt keine zusätzlichen Befestigungselemente.

Exakte Detailvorgaben seitens des Herstellers erleichtern die Objektplanung und machen sie übersichtlich. Die Verlegung auf dem Dach wird durch die günstige Profilgeometrie vom First zur Traufe erleichtert, sodass die Module während der Deckarbeiten nicht vom Monteur begangen und einfach durch ein Stecksystem verbunden werden. Der elektrische Anschluss der Photovoltaikanlage an Wechselrichter erfolgte durch autorisierte Fachhandwerker.

Weitere Klempnerarbeiten

Natürlich waren an diesem Bauwerk außer den schon geschilderten speziellen Dachdeckungsarbeiten in Metall weitere Klempnerarbeiten auszuführen. Dazu gehörte zum Beispiel die obligatorische Dachentwässerung mit System-konformen Traufblechen, vorgehängten halbrunden Dachrinnen und nahtlos geschweißten, runden Regenfallrohren. Ein schönes und funktionelles Detail der Klempnerarbeiten ist auch die metallische Deckung des Vordaches über dem Eingangsbereich, die handwerklich in Doppelstehfalztechnik ausgeführt wurde. Hier fallen dem Kenner auch harmonisch angepasste seitliche Aufkantungen auf, die im Zusammenspiel mit der zierlichen, vorgehängten Dachrinne ein unkontrolliertes Überlaufen von Niederschlagswasser verhindern.

In Metall gestaltet: der Eingangsbereich

So ungewöhnlich wie das ganze Haus mutet bei näherem Hinsehen auch eine etwas anders geartete Arbeit mit Metall an. Es ist die formschöne, partielle Außenbekleidung des Eingangsbereiches im Erdgeschoss. Sie besteht aus horizontal angeordneten Paneelen aus vorbewittertem Zink. Die Oberfläche zeigt eine dreidimensionale, markante Wabenstruktur, mit der Bezeichnung "DMS-structal-System". Dieses neue Produkt verfügt über hohe Form- und Biegesteifheit und wird in einem patentierten Verfahren material- und umweltschonend erzeugt. Je nach Bauherrenwunsch und architektonischen Vorstellungen kann diese Wabenstruktur auch für Attiken, Kassetten-Fassaden und Metalldachflächen geliefert werden.

Resümee

Architekt Kaden hat unter Nutzung heute zur Verfügung stehender bautechnischer, haustechnischer und ökologischer Komponenten ein energetisch unabhängiges Gebäude geschaffen, das ohne herkömmliche Energiesysteme auskommt. Seine ganz individuelle Lösung eines Passivhauses mit Klima-aktiver Fassade, Metalldach und dachintegrierter Photovoltaik-Anlage ist eine interessante und überzeugend erfüllte Bauaufgabe nicht alltäglichen Zuschnitts. Bemerkenswert sind auch die hier ausgeführten Klempnerarbeiten in "vorbewittertem" Zink. Sie führen selbst dem kritischen Betrachter vor Augen, wie vielfältig und umweltfreundlich Planer langlebige Metalle für anspruchsvolle Bauaufgaben einsetzen.

Internetinformationen:
www.rheinzink.de


L i t e r a t u r :
Kaden Tom, Architekt: Werkbericht "Das Passivhaus mit Klima-aktiver Fassade ..." , Coschen, Sept. 2001
Rheinzink GmbH & Co. KG: Informationsblätter Quick Step-Treppendach und Quick Step Solar-PV (8/2000 und 9/2001)


F o t o s   u n d   Z e i c h n u n g e n :   Architekt Kaden, Breslack; Rheinzink GmbH & Co. KG, Datteln


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