IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/2002, Seite 22 ff


HEIZUNGSTECHNIK


Hydraulik in der Gebäudetechnik

Teil 1: Hydraulische Kreise

Harald R. Zieger, Frankfurt am Main*

Die meisten Heizungsanlagen sind hydraulisch schlecht abgeglichen, behaupten zumindest die Anbieter von Strangregulierventilen, Differenzdruckreglern und Durchflussreglern. In einschlägigen Publikationen wird berichtet, dass nur etwa drei bis fünf Prozent aller Heizungsanlagen auf einen hydraulisch optimalen Betriebspunkt einjustiert sind. Leider scheint bei vielen HLK-Fachbetrieben mittlerweile die Auffassung vorzuherrschen, dass der Hydraulik durch den geringer werdenden Wärmebedarf, dank regelbarer Umwälzpumpen bzw. fehlertoleranter Regelventile und durch die DDC-Regelungstechnik noch weniger Beachtung geschenkt werden muss. Dabei wird vergessen, dass moderne, hocheffiziente Wärme- und Kälteerzeuger viel empfindlicher auf hydraulische Ungleichgewichte reagieren als ihre meist überdimensionierten Vorgänger.

Bild 1: Je nach Zielgruppe werden Regelkreise unterschiedlich dargestellt. Links die bildliche, rechts die schematische Darstellung einer Anlage.

Damit in Gebäuden unserer Klimazone ein behagliches Raumklima entsteht, muss Wärme bzw. Kälte bereitgestellt und richtig dosiert zur richtigen Zeit an den richtigen Ort verteilt werden. Um die Aufgaben Bereitstellen, Verteilen und Abgeben von Energie zu lösen, werden in HLK-Anlagen hydraulische Schaltungen eingesetzt. Ziel der Hydraulik ist es, die für diesen Prozess erforderlichen Elemente so in einen Kreislauf zwischen Energiebereitstellung (Wärmeerzeuger) und Energieabgabe (Verbraucher) einzubinden, dass optimale Betriebsbedingungen geschaffen werden für:

- die Wärme-/Kälteerzeuger;

- den Transport des Wärme-/Kälteträgers, beispielsweise Wasser oder Dampf mit definierter Temperatur und Volumen;

- die eingebauten Regeleinrichtungen;

- die Energieabgabe.

Bild 2: Beispiel einer Heizungsanlage mit mehreren Verbrauchern in geographischer Darstellung.

Graphische Darstellung hydraulischer Kreisläufe

Um die Wirkungsweise hydraulischer Kreisläufe transparent darzustellen, werden diese je nach Zielgruppe und Komplexität der Schaltung unterschiedlich graphisch umgesetzt. Um Endkunden und Nutzer über einfache hydraulische Zusammenhänge bzw. den Regelablauf einer Anlage zu informieren, wählte man von jeher die "bildliche Darstellung" (Bild 1). Ist ein engerer Bezug zur konstruktiven Lösung notwendig, wählt man die schematisierte Form, "geographische Darstellung" genannt. Sie eignet sich für kleine und mittelgroße Heizungsanlagen mit mehreren Verbrauchern mit relativ einfach strukturierten hydraulischen Verknüpfungen (Bild 2). Werden die Anlagen komplexer und vielfältiger, wird heute der so genannten "synoptischen Darstellung" (Bild 3) der Vorzug gegeben.

Bild 3: Graphische (links) und synoptische (rechts) Darstellung einer einfachen Heizungsanlage.

Grundsätzlich unterscheidet sich die geographische von der synoptischen Darstellung durch folgende Besonderheiten:

- Der Vorlauf wird oben, der Rücklauf unten gezeichnet. Man nennt dies oft auch die Versorgungsschiene;

- Erzeuger und Verbraucher werden parallel in Flussrichtung zwischen Vorlauf und Rücklauf eingezeichnet.

Begünstigt wird diese Art der Darstellung durch die zunehmende Verbreitung von CAD-Systemen in der Gebäudetechnik und die daraus resultierende strukturiertere Darstellungsweise. Wichtig bei geographischen wie auch synoptischen Darstellungen ist die symbolisch korrekte Wiedergabe der Regelkomponenten. Ein Element, bei dem die exakte Darstellung besonders wichtig erscheint, ist das Dreiweg-Stellglied (Ventil oder Hahn). Die beiden Tore mit variablem Durchfluss werden ausgefüllt gezeichnet, das Tor mit konstantem Durchfluss nicht ausgefüllt. (Bild 4)

Bild 4: Ausgefüllte Ventil-Tore bedeuten variablen Durchfluss, nicht ausgefüllte konstanten Durchfluss.

Bild 5: Sowohl die Drosselschaltung (links) als auch die Umlenkschaltung (rechts) verändern durch unterschiedliche Volumenströme die Leistung im Wärmeverbraucher.

Bild 6: Bei der Mischregelung verändert sich die Leistung durch unterschiedliche Eintrittstemperaturen in den Wärmeverbraucher.

Hydraulische Grundschaltungen für HLK-Anlagen

Basis für die Bemessung eines Regelkreises ist die Leistung (Wärme-/Kältemenge) eines Erzeugers oder Verbrauchers. Sie ist proportional zum Produkt aus Volumenstrom () und Temperaturdifferenz ( DT). Physikalisch korrekt lautet die Formel

= · DT · c · r

Für den Bereich der HLK-Technik kann die Dichte r   und die spezifische Wärmekapazität c als konstant angenommen werden. Daraus folgt:

= · DT

Zur Anpassung der Leistung ergeben sich die folgenden Verknüpfungen:

Volumenstrom wird verändert (bei konstanter Temperatur)

Þ Mengenvariabler Betrieb

Þ Durchflussregelung

Temperatur wird verändert (bei konstantem Volumenstrom)

Þ Mengenkonstanter Betrieb

Þ Mischregelung

Bei der Durchflussregelung unterscheidet man zwischen Drosselschaltung und Umlenkschaltung. Beide Varianten verändern den Volumenstrom durch einen mengenvariablen Volumenstrom im Wärmeverbraucher (Bild 5).

Bild 7: Beimischschaltung mit fester Vormischung, links in geographischer, rechts in synoptischer Darstellung.

Die Drosselschaltung eignet sich für einfachere Regelaufgaben, bei denen eine möglichst tiefe Rücklauftemperatur im Teillastbetrieb gestattet bzw. erwünscht ist. Dazu zählen:

- Lufterwärmer ohne Einfriergefahr;

- Luftkühler mit Enfeuchtung;

- Boilerladung;

- Fernheizungsanschluss (direkt oder mit Wärmeübertrager);

- Speicherladung und Speicherentladung;

- Anlagen mit Kondensationskessel.

Allerdings muss beachtet werden, dass sich durch die Veränderung des Ventils starke Druckschwankungen ergeben. Ideal ist deshalb die Kombination einer Drosselschaltung mit einer drehzahlgeregelten Pumpe.

Bild 8: Einspritzschaltung mit Dreiwegventil.

Bei der Umlenkschaltung wird der heiße Kesselvorlauf je nach Ventilstellung zwischen Wärmeverbraucher und Bypass verteilt. Die Leistung im Wärmeverbraucher wird über den Durchfluss gesteuert. Der Temperaturabfall am Wärmeverbraucher steigt mit sinkendem Durchfluss. Bei geschlossenem Ventil erreicht der Kesselrücklauf annähernd die Temperatur des Kesselvorlaufs. Vorteil der Umlenkschaltung ist der konstante Durchfluss und Druck im Erzeugerkreis, was sich insbesondere bei Anlagen mit mehreren Regelgruppen positiv auswirkt. Nachteilig kann die ansteigende Rücklauftemperatur bei schließendem Ventil sein. Deshalb ist die Umlenkschaltung weder für Fernwärmesysteme noch für Kondensationskessel geeignet. Im Gegensatz zur Durchflussregelung ist bei der Mischregelung der Volumenstrom konstant; die Eintrittstemperatur in den Wärmeverbraucher variiert. Unterschieden wird dabei zwischen Beimischschaltung und Einspritzschaltung (mit Dreiweg- oder Durchgangsventil, Bild 6).

Bei der Beimischschaltung unterteilt das Dreiweg-Stellglied den Regelkreis in einen Primär- oder Erzeugerkreis und einen Sekundär- oder Verbraucherkreis. Heißes Erzeugerwasser und abgekühltes Rücklaufwasser werden gemischt, um die gewünschte Vorlauftemperatur im Verbraucher zu steuern und damit dessen Leistung zu bestimmen. Vorteile der Beimischschaltung sind tiefe Rücklauftemperaturen bei kleiner Last und eine gleichmäßige Temperaturverteilung in den Wärmeverbrauchern. Deshalb eignet sich diese Art der Regelung besonders für Heizkörper-Heizungen und Anlagen mit Niedertemperatur-Wärmeerzeugern oder Wärmepumpen. Beim Einsatz von Lufterwärmern vermindert die Beimischschaltung die Einfriergefahr.

Werden in einem Heizungssystem unterschiedliche Vorlauftemperaturen gewünscht, beispielsweise eine hohe Vorlauftemperatur für die Radiatorenheizung und eine tiefere für die Fußbodenheizung, empfiehlt sich die Beimischschaltung mit fester Vormischung (Bild 7).

Bild 9: Einspritzschaltung mit Durchgangsventil.

Bei der Einspritzschaltung mit Dreiwegventil (Bild 8) sorgt die Pumpe links für den Druck im Erzeugerkreis, inklusive dem Druckabfall über dem Stellglied. Die Pumpe rechts sorgt für den Druck im Verbraucherkreis. Je nach Stellung des Dreiwegventils spritzt die Erzeugerpumpe mehr oder weniger heißes Vorlaufwasser in den Verbraucherkreis ein. Dieses wird mit abgekühltem Verbraucher-Rücklaufwasser gemischt, das von der Verbraucherpumpe über den Bypass angesaugt wird. Im Verbraucherkreis erhält man einen konstanten Volumenstrom mit variabler Temperatur. Bevorzugtes Einsatzgebiet dieser Schaltung sind neben Radiatoren- und Fußbodenheizungen Lufterwärmer mit Einfriergefahr, Luftkühler ohne geregelte Entfeuchtung oder Boiler. Wegen der relativ hohen Rücklauftemperatur eignet sich diese Schaltung nicht für Fernwärmesysteme und Kondensationskessel.

Bei der Einspritzschaltung mit Durchgangsventil ergeben sich im Verbraucherkreis große Änderungen von Volumenstrom und Druck, was bei Anlagen mit mehreren Regelgruppen berücksichtigt werden muss. Vorteil dieser Schaltung sind tiefe Rücklauftemperaturen. Diese Anordnung ist daher ideal für direkte Fernwärmeanschlüsse und Kondensationskessel (Bild 9). Fortsetzung folgt


Infomaterial zum Thema

Siemens Building Technologies kennt den Bedarf an theoretischen und praktischen Fachinformationen im Bereich hydraulischer Schaltungen bzw. der Dimensionierung von Stellgliedern und hat deshalb das Lernmodul "Hydraulik in der Gebäudetechnik" aufgelegt. Es besteht aus einem computergestützten Trainingskurs (Computer Based Training - CBT) und einer Broschüre mit dem gleichen Titel. Die Broschüre "Hydraulik in der Gebäudetechnik" ist kostenlos erhältlich, der computergestützte Trainingskurs CBT kostet 320,- €. Interessenten wenden sich an das jeweilige Regionalbüro der Landis & Staefa GmbH oder direkt an die Landis & Staefa GmbH, Friesstr. 20-24, 60388 Frankfurt am Main.


B i l d e r :   Landis & Staefa, Frankfurt am Main


*) Harald R. Zieger, Leiter Marketing-Communication und Weiterbildung, Landis & Staefa GmbH, Frankfurt am Main


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