IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 15/16/2002, Seite 21 f


VERBÄNDE AKTUELL 


 Hessen


"Der Kunde ist der Boss"

Unter diesem Motto stand der diesjährige Landesverbandstag des hessischen SHK-Fachverbandes, der kürzlich in Erbach (Odenwald) stattfand. Zum wiederholten Mal zeigte sich die Veranstaltung als Forum für das Fachhandwerk. 

Auch in Hessen wurde mit Kritik an den derzeit ungünstigen Rahmenbedingungen für den Mittelstand nicht gespart. So ging Landesinnungsmeister Werner Scharf in seiner Begrüßungsrede auf aktuelle wirtschaftspolitische Aspekte ein. "Lust auf Unternehmertum" könne es nur geben, so Scharf, wenn Bürokratie abgebaut sowie Gesetze, Verordnungen und Vorschriften reduziert werden. Von der hessischen Politik sei ein Wandlungsprozess in der Bildungspolitik bereits eingeleitet, der dringend fortgeführt werden müsse, um den gestiegenen Anforderungen im SHK-Handwerk auch in der Ausbildung gerecht werden zu können.

Das gelte vor allem auch deshalb, weil im hart umkämpften Käufermarkt die individuelle Kundenbindung einen besonderen Stellenwert einnehme. Neben der meisterlichen Qualität der geleisteten Arbeit spielen nach Scharfs Worten Zusatzleistungen eine immer größere Rolle.

Prof. Dieter Weidemann: "Die Bildung ist die zentrale Frage unseres Jahrzehnts."

"Deutsche Vollkasko-Mentalität"

Professor Dieter Weidemann, Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e.V., begeisterte die Teilnehmer mit seiner Festrede.

Gelingt ein zügiger Ausbau des Frankfurter Flughafens, so sieht Weidemann im Jahr 2008 die Rhein-Main-Region als bedeutendes Drehkreuz Deutschlands. Der Unternehmerfunktionär forderte in seiner Rede eine Senkung der Lohnzusatzkosten und stellte die Novellierung des 630-Mark-Gesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes sowie die Ökosteuer als kontraproduktiv für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Darüber hinaus sieht er in der Mitarbeiterqualifikation ein zentrales Thema: "Die Bildung ist die zentrale Frage unseres Jahrzehnts."

Weidemann bemängelte vor allem die "deutsche Vollkasko Mentalität", die u.a. die Schwarzarbeit fördere.

Ein besonderer Dorn im Auge des Handwerks, denn auch Hans Werner Schech, Vizepräsident des Hessischen Handwerkstages, bezeichnete in seinem Grußwort die Schwarzarbeit als wichtigen Punkt im Reigen der gesellschaftlichen Probleme.

Auf den Punkt brachte es schließlich Darmstadts Regierungspräsident Gerold Dieke: "Leistung muss sich gerade auch im Handwerk künftig wieder lohnen."

Landesinnungsmeister Werner Scharf: "Lust auf Unternehmertum" kann es nur geben, wenn Bürokratie abgebaut sowie Gesetze, Verordnungen und Vorschriften reduziert werden."

Votum für das Handwerk

Im Rahmen der von IKZ-HAUSTECHNIK-Chefredakteur Günther Klauke moderierten Podiumsdiskussion diskutierten Dr. Sabine Dyas (ZVSHK), Michael Schirrmacher (Pro Consulting), Jürgen Thon (Innung Darmstadt) und Dr. Eugen Daum (Fachverband SHK Hessen) über das Thema "Der Kunde ist der Boss". Eigentlich eine unstrittige These, die allerdings zu den Zielsetzungen eines jeden Handwerksunternehmens zählen sollte. Kurze Statements der Podiumsteilnehmer mit den Kernthemen "Kundenwünsche", "Unternehmensphilosophie" und "Umsetzung in der Praxis" bildeten die Basis für die anschließende Diskussionsrunde.

Kundenwünsche

Die von Dr. Sabine Dyas anhand einer aktuellen Studie des ZVSHK präsentierten Erkenntnisse decken sich mit den Ergebnissen der in der IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 6/2002 veröffentlichten Endverbraucherumfrage des Magazins "Mein Neues Bad" sowie der von der VDS in Auftrag gegebenen Bad-Grundlagenstudie (siehe IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2002, S.76 ff). Wichtigste Botschaft der vom ZVSHK beauftragten Studie: Rund 80 Prozent der 300 befragten Kunden bewerten ihre Zufriedenheit mit der Gesamtleistung des Handwerkers mit dem Wert 2 und besser (Prinzip Schulnote von 1 bis 6). Sogar 84 Prozent der Befragten würden ihren Handwerker weiter empfehlen. Wenn es darum geht, Fragen zur Heizung zu klären, wenden sich 80 Prozent an den Handwerker den sie kennen (beim Bad sind es 74 Prozent). Eine gute Grundlage für die Erfüllung von Kundenwünschen, zumal mit steigendem Alter der Kunden die Hobbyhandwerker immer weniger gefragt sind. Besonders wichtig: Der Kundenwunsch nach einer einwandfreien Leistung steht an erster Stelle des Wunschzettels; die Forderung der Handwerker solle vor allem billig sein erst an letzter:

Die Podiumsdiskussion zum zentralen Thema des Verbandstages "Der Kunde ist der Boss" beinhaltete von den Kundenwünschen bis zur Umsetzung im Unternehmen viele Anregungen auch an den Fachverband.

Unternehmensphilosophie

Mit zehn Thesen zeigte Michael Schirrmacher die wesentlichen Rahmenbedingungen für den Handwerksbetrieb der Zukunft auf:
- Der Handwerksbetrieb muss sich zum Dienstleister mit Spitzenservice entwickeln.

- Der Firmeninhaber ist nicht mehr allein der Starverkäufer und teuerste Sachbearbeiter, sondern Unternehmer und Manager.

- Ein klares und zielgerechtes Marketingkonzept ist Voraussetzung für den Verkaufserfolg.

- Vom Kundendienstmonteur bis zu den Büroangestellten müssen zukünftig alle Mitarbeiter verkaufen. Finanzierungsmöglichkeiten, z.B. Leasing, gehören dabei zum Grundlagenwissen.

- Neue Entlohnungssysteme, Beteiligungsmodelle, flexible Arbeitszeiten schaffen bei den Mitarbeitern einen hohen Identifizierungsgrad.

- Mitarbeiterführung, Nachwuchsförderung, Aus- und Weiterbildung und Perspektiven motivieren und binden Mitarbeiter langfristig.

- Der nörgelnde und preisaggressive Kunde wird aussterben, und es wächst das Verständnis, dass Service und Partnerschaft nicht zum Nulltarif zu bekommen sind.

- Voraussetzungen dafür sind die intensive Kundenpflege und Beziehungen, die hierbei einen hohen Stellenwert bilden.

- Kosten-Controlling und das Erkennen von Kostensenkungs-Potenzialen (Lean Management) sind unabdingbar für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

- Wohnen wird zum künftigen Statussymbol Nr.1.

Wie für Dr. Dyas, so ist auch für Schirrmacher die Kundenbindung das A und O eines erfolgreichen Unternehmens. Für den Erfolg, so Schirrmacher, sind Spitzenleistung, ein Top-Image und Alleinstellungsmerkmale als Grundvoraussetzungen anzusehen.

Zahlreiche renommierte Hersteller aus dem SHK-Bereich beteiligten sich an einer Fachausstellung, die begleitend zum Landesverbandstag in Erbach stattfand.

Praktische Umsetzung

Alleinstellungsmerkmale sind auch für Jürgen Thon der Schlüssel zum Erfolg. An fehlender Fachkompetenz, so Thon, mangele es in der Regel nicht. Schlussendlich könne man aber nur erfolgreich verkaufen, wenn dem Kunden Wohlgefühl vermittelt werde und ein Fachbetrieb sich als eigene Marke verstehe.

Das sieht auch Dr. Eugen Daum so, dem besonders die praxisgerechte Umsetzung der Mitgliederwünsche im Landesverband am Herzen liegt. Ob Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen oder Mitgliederanfragen, für den Verbandsgeschäftsführer ist klar: Wie der Fachbetrieb, so muss sich auch der Fachverband als eigene Marke verstehen und durch Spitzenleistung überzeugen. Dazu gehört einerseits die Kompetenz in den angestammten Geschäftsfeldern zu erhöhen und andererseits neue Geschäftsfelder wie die Energieberatung und die hygienische sichere Installation von Trinkwasseranlagen zu unterstützen.


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