IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 14/2002, Seite 36 f.


REPORT


Das Fundament bröckelt

Ursachenanalyse für die gestiegene Durchfallquote bei SHK-Gesellenprüfungen

Die Misserfolge bei beruflichen Abschlussprüfungen im Handwerk sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. So erhöhte sich die Zahl derjenigen, die im ersten Anlauf die Abschlussprüfung nicht bestanden, um fast ein Viertel: von 17% im Jahr 1993 auf 21% in 2000. Eine ganze Reihe von sich verzahnenden Gründen sind dafür verantwortlich. Einen besonders starken Einfluss scheint die Leistung in der vorgelagerten Allgemeinbildenden Schule und das Niveau des Schulabschlusses zu nehmen. Dort und nicht erst während der Berufsausbildung wird das Fundament für eine erfolgreiche Gesellenprüfung gelegt.

Der dramatische Anstieg der Durchfallquote bei den Gesellenprüfungen im Handwerk auf 21% ist gerade deshalb besorgniserregend, weil die Misserfolge bei den Ausbildungsberufen insgesamt gesunken sind. Besonders deutlich wird die Schieflage bei den drei Handwerksberufen Gas- und Wasserinstallateur, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie Elektroinstallateur: Die Durchfallquote erreichte in 2000 mit 25% einen bisher nie gekannten Höchstwert.

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat darauf reagiert und ist in Form eines Forschungsprojekts den schlechten Prüfungsleistungen auf den Grund gegangen. Untersucht wurden die drei Ausbildungsberufe Gas- und Wasser-Installateur, Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, Elektroinstallateur. Mit einbezogen wurden außerdem der Beruf Fachverkäufer im Nahrungsmittelhandwerk (hoher Frauenanteil) sowie der Beruf zum Ver- und Entsorger (öffentlicher Dienst).*

Entwicklung der Misserfolgsquote bei Abschlussprüfungen (Quelle: BIBB).

Die Ergebnisse des Projekts zeigen, dass sehr vielfältige Gründe mit unterschiedlicher Gewichtung zum Prüfungsergebnis beigetragen haben. Das Spektrum der ermittelten Einflussfaktoren auf die Prüfungsleistungen lässt sich danach grob in drei Gruppen einteilen:

1) Deutlichen Einfluss auf den Prüfungserfolg haben vor allem
  • das Niveau des Schulabschlusses und darüber hinaus
  • die kontinuierliche persönliche und fachliche Betreuung der Auszubildenden, die vollständige Vermittlung der vorgeschriebenen betrieblichen Lerninhalte und eine gründliche Prüfungsvorbereitung.

  • 2) Bei folgenden, allerdings noch weiter zu untersuchenden Faktoren, ist von einem mittleren Einfluss auszugehen:
  • das Interesse der Auszubildenden an ihrer Ausbildung, die gute Vermittlung berufsschulischer Lerninhalte, das regelmäßige Führen und die regelmäßige Kontrolle der Berichtshefte, die rechtzeitige Inanspruchnahme von ausbildungsbegleitenden Hilfen, eine gute Kommunikation zwischen Betrieb und Berufsschule und die Verständlichkeit der Prüfungsaufgaben.

  • 3) Eher geringen oder keinen Einfluss haben dagegen
  • einzelne Faktoren im Bereich Betrieb und Berufsschule wie z.B. Interesse am Unterricht, Ausbildungsplan oder Betriebsklima, vor allem aber die meisten Faktoren zur Prüfung selbst, d.h. Prüfungsorganisation, -ablauf und -bewertung.

  • Entwicklung der Misserfolgsquoten bei Abschlussprüfungen in fünf Handwerksberufen und im Beruf des Versorgers (Quelle: BIBB).

    Gravierend ist die Wirkung des Faktors "Schule" auf den Erfolg/Misserfolg der Gesellenprüfung vor allem deshalb, weil schulische Defizite nur in begrenztem Umfang während der Berufsausbildung abgebaut werden können. Die Forscher stellten zu zwei Drittel "gravierende" Verschlechterungen der schulischen Voraussetzungen der Auszubildenden fest, während gut ein Viertel meint, dass die Vorkenntnisse "etwas schlechter" geworden seien. An erster Stelle bemängelten sie die mathematischen Grundkenntnisse, nach denen die Auszubildenden größte Lücken in den Grundrechenarten aufwiesen und demzufolge selbst einfache Flächen nicht ausrechnen könnten. Auch der Umgang mit Maßeinheiten hätten erheblich Schwierigkeiten bereitet. Darüber hinaus beklagten die Experten Defizite in Sprache und Rechtschreibung.

    Die Umgebung der von Allgemeinbildenden Schulen abgehenden Jugendlichen reagiert unterschiedlich: Arbeitgeber stellen nach Möglichkeit nur noch Realschüler oder ähnlich Qualifizierte mit entsprechenden Mathematik- und Deutschkenntnissen ein, Berufsschullehrer wiederholen mathematische Grundkenntnisse oder senken das Niveau des Unterrichts. Nur in Ausnahmen werde versucht, gerade Hauptschüler immer wieder für das Ausbildungsziel zu motivieren.

    Mit der Studie versuchten die Forscher nicht nur, die Ursachen für ein Absinken der Prüfungsleistungen zu ergründen. Ihr Bestreben lag auch darin, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, die eine Umkehr der Tendenz erreichen können. Denn es ist keineswegs allein damit getan, die allgemeine Schulbildung zu verbessern, auch die lehrzeitbegleitenden Umstände müssen verändert werden. Für den SHK-Handwerker (Ausbilder) bedeutet dies, motivationssteigernd auf den Auszubildenden einzuwirken, etwa in der Anleitung zum selbstständigen Arbeiten oder in der kontinuierlichen Vermittlung der Lerninhalte.

    Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Untersuchung sind zusammengefasst in dem Projektbericht "Erfolg und Misserfolg in Abschlussprüfungen - ausgewählte Beispiele". Das Arbeitspapier kann zum Preis von 3,- Euro bezogen werden beim Bundesinstitut für Berufsbildung/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,
    Hermann-Ehlers-Str. 10, 53113 Bonn,
    Tel.: 0228/107-2831,
    Fax: 0228/107-2982,
    E-Mail: pr@bibb.de.


    * Befragt wurden ca. 120 Prüfungsteilnehmer und etwa 200 Experten (u.a. Ausbilder, Berufsschullehrer, Prüfer) in zehn Kammerbezirken (bei den Ver- und Entsorgern in vier Bundesländern). Ergänzt wurde die Analyse durch mehrere Sachverständigengespräche und die Teilnahme an praktischen Abschlussprüfungen in allen Untersuchungsberufen, an mündlichen Ergänzungsprüfungen und Gesprächen mit einer Vielzahl von Mitgliedern in Prüfungsausschüssen.


    [Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]