IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2002, Seite 78 ff.


SANITÄRTECHNIK


Silikonfugen im Bad

Dipl.-Chem. Gerald Emrich*

Ein Arbeitsbereich, in dem sich auch noch gestandene Gesellen mit einiger Unsicherheit bewegen, ist die Ausführung von elastischen Fugen im Sanitärbereich. Es sind grundlegende Kenntnisse notwendig, um einerseits dem Stand der Technik entsprechend zu arbeiten und andererseits die Ursachen möglicher Schäden zu erkennen und zu beseitigen. Im ersten Teil dieses Fachartikels wird zunächst über Qualitätsanforderungen und Einsatzmöglichkeiten von Dichtstoffen berichtet, und in Teil 2 werden dann Hinweise zur fachgerechten Ausführung von Fugen gegeben.

Eine handelsübliche Dichtstoffkartusche mit Normdüse. Andere Ausspritzmöglichkeiten (Winkel, Langdüse) sind bei vielen Herstellern verfügbar.

Allgemeines

Elastische Fugen in der Sanitärinstallation finden sich im Anschlussbereich zwischen Fliesen und Sanitäreinrichtungsgegenstand (z.B. Waschtisch, Badewanne, Duschwanne), als Dehnungsfuge in Bodenbereichen zwischen Wand- und Bodenfliesen oder als Anschluss zwischen Wand und einem durchdringenden Element (z.B. bei einer Vorwandinstallation). Es ist ihr Zweck, die durch ein unterschiedliches mechanisches Verhalten der einzelnen Baustoffe anstehenden Kräfte und Spannungen lastfrei auszugleichen und zu übertragen. Für diesen Einsatz sind daher wegen ihrer gummiartigen Eigenschaften nur Silikondichtstoffe geeignet, die sich schon unter geringem Kraftaufwand leicht verformen lassen. Andere im Baugewerbe eingesetzte Dichtstoffe, so z.B. Polyurethane oder Acrylkitte, werden in der Sanitärinstallation nur in Ausnahmefällen verwendet.

Bild 1: Falls gewünscht, ist aber kein Muss: Abkleben des Fugenbereichs mit einem sich später leicht zu lösenden Klebstreifen. Wichtig: Vorher müssen Fuge und Flanken gründlich gesäubert werden; Staub, Fett und sonstige Rückstände müssen entfernt sein, sonst kommt es zu einer ungenügenden Haftung des Silikons.

Bild 2: Einbringung des frischen Dichtstoffes in den Fugenhohlraum. Ein Schaumstoffprofil ist zur Erreichung der 2/3-Regel und zur Vermeidung der Dreiflankenhaftung eingelegt.

Bild 3: Ansprühen der noch frischen Fugenmasse mit verdünnter Seifenlauge.

Bild 4: Durch Abziehen mit einem Glättwerkzeug aus Kunststoff wird die Fugenoberfläche gestaltet.

Qualitätsmerkmale von Silikonen

Die Qualität der elastischen Fuge wird schon bei der Auswahl des Dichtstoffes mit beeinflusst. Silikonmassen sind chemisch reagierende Produkte und vernetzen ("vulkanisieren") unter Bildung eines meist flüchtigen Stoffes zu einem weichelastischen Gummi. Dieser Vorgang erfordert Luftfeuchte und eine gewisse Temperatur, daher sind Arbeiten bei kalter Witterung nahezu unmöglich.

Der beim Verarbeiten auftretende Geruch gibt Hinweise auf die Vernetzungsart des Silikondichtstoffes, und sicherlich ist jedem der typische Essiggeruch bei vielen dieser Produkte bekannt. Selbstverständlich sind auch in den Produktinformationen oder dem Kartuschenaufdruck eindeutige Hinweise zu dieser wichtigen Eigenschaft aufzufinden. Es ist wichtig zu wissen, dass Essig chemisch als Säure reagiert und daher korrosionsempfindliche und alkalische Untergründe angreifen kann. Zu den alkalischen Untergründen zählen Betone, zementgebundene Putze, Gipskartonplatten oder auch Kalksandstein. Unedle Metalle wie Kupfer, Blei oder Zink sind genauso ungeeignet. Essigsilikon führt auf diesen Stoffen zu Verfärbungen, Salzbildungen und Haftverlusten. Daher ist ihr Einsatz hier ein großer Kunstfehler.

Bild 5: Abziehen des Klebstreifens.

Bild 6: Fertig verfugte Silikonnaht.

Wesentlich sicherer in Anwendung und Haftspektrum sind neutralvernetzende Silikone, die sich zudem durch einen milden Geruch auszeichnen und daher auch umweltgerechter zu verarbeiten sind. Die für Essigsilikone genannten Einschränkungen treffen nicht zu, d.h. auch der Einsatz bei den Metallen Kupfer, Blei und Zink ist ebenso möglich wie bei zementgebundenen Stoffen. Auch ist ihr Haftverhalten auf vielen Sanitärkunststoffen wesentlich besser. Deshalb kommen bei Acrylwannen ausschließlich neutralvernetzende Silikone zum Einsatz. Bei Verwendung von essigvernetzenden Silikonen kann es bei Belastung der Fuge zu Abrissen der Silikondichtung kommen.

Als gemeinsame Einschränkung für alle Silikondichtstoffe gilt, dass saugfähige Untergründe nur nach entsprechender Vorbehandlung mit einer Grundierung auszufugen sind. Beim Arbeiten an Natursteinen (Marmor oder Granit) oder an kunststoff- sowie bitumenhaltigen Stoffen sollte beim Dichtstoffhersteller über mögliche Einsatzbeschränkungen nachgefragt werden. Die Übersicht "Mögliche Einsatzbereiche von Silikondichtstoffen" zeigt, welche Silikonarten bei welchen Materialien eingesetzt werden können.

Qualitativ hochwertige Silikondichtstoffe sind nicht preiswert und unterscheiden sich in der Rezeptur deutlich von den leider immer noch oft angebotenen Billigprodukten. Oftmals sind die auf den ersten Blick preiswerten Silikone mit Rohstoffen aus unklarer Herkunft zusammengestellt oder enthalten als Streckmittel billige Benzingemische, die langsam aber sicher aus den Fugen herauswandern. Ein Schrumpfen der elastischen Fuge und damit mögliche Rissbildung oder auch Haftverluste können die Folgen sein. Beim Kauf von Dichtstoffen sollte daher auf das Logo des Industrieverbandes Dichtstoffe e. V. (IVD) geachtet werden, dessen Mitglieder sich zur Fertigung von Qualitätsware verpflichtet haben und deren Produkte in eigenen Laboren entwickelt, geprüft und überwacht werden.

Fugenschaden 1: In diesem Fliesensockel ist es zu einem Abriss des Silikons gekommen. Als Ursache kommt ein Absenken des Bodens in Frage.

Fugenschaden 2: Hier ist nur sehr wenig Silikondichtstoff zwischen Badewanne und Fliesen eingebracht worden. Eine ausreichende Dehnungsmöglichkeit ist somit unmöglich.

Ausführung von Silikonfugen

Die Ausführung von technisch einwandfreien und optisch ansprechenden, elastischen Fugen wird dem Ungeübten in der Anfangszeit sicherlich einige Schwierigkeiten bereiten. Neben dem Einsatz eines Qualitätsproduktes ist die Vorbehandlung des Untergrundes das entscheidende Kriterium für das Arbeitsergebnis. Grundsätzlich gilt, dass alle metallischen Untergründe fett- und ölfrei zu reinigen und dass saugende Flächen wie Kalksandstein oder Trockenbauplatten mit einer Haftgrundierung vorzustreichen sind. Lose Mörtel- oder Putzreste, wie sie oft an Anschlussbereichen zu finden sind, sind kein tragfähiger Untergrund und somit zu entfernen.

Die "Zweidrittelregel" sollte die Richtschnur für korrektes Arbeiten sein: die Fugentiefe ist nach Möglichkeit nur zu etwa 2/3 bezogen auf die Fugenbreite auszuführen. Beispiel: Fugenbreite 3 mm, max. Fugentiefe 2 mm (3 x 2/3 = 2). Niemals sollte die Fuge tiefer sein als sie breit ist. In der Praxis wird diese Fugengeometrie durch Einsatz verschieden geformter Schaumstoffschnüre oder Folienstreifen erreicht. So wird sichergestellt, dass durch einen idealen Fugenquerschnitt möglichst lastfreie Kraftaufnahme möglich ist.

Der Silikondichtstoff darf nur auf die beiden zu verfugenden Baustoffe aufgetragen werden und nur diese beiden Kanten berühren. Eine "Dreiflankenhaftung" ist zu vermeiden. Oftmals werden z.B. Bodenfugen mit so viel Silikon ausgespritzt, dass das Silikon Fliesen und Untergrund verbindet ("Dreiflankenhaftung"). Dadurch ist die Bewegungsfreiheit des Silikons stark eingeschränkt, sodass es zu Ablösungen an den Haftflächen oder auch zu mittigen Rissen im Material Fuge kommen kann.

Zur Erzielung eines sauberen Fugenbildes und bei empfindlichen Untergründen können die Fugenflanken zusätzlich mit handelsüblichem Kreppband abgeklebt werden. Anschließend wird der Fugenraum vollständig mit dem ausgewählten Dichtstoff verfüllt und danach das Klebeband entfernt. In jedem Fall empfiehlt sich eine optische Kontrolle, ob der frisch eingebrachte Dichtstoff luft- und blasenfrei mit einer guten Kontakthaftung an den Fugenflanken aufliegt. Das nun aufzubringende Glättemittel - im Allgemeinen stark verdünnte Seifenlösung - würde ansonsten aufgrund der geringen Oberflächenspannung schnell in diese Fehlstellen hineinwandern und für rasche Haftverluste sorgen. Innerhalb der typischen Hautbildezeit (etwa 8-12 Minuten) kann nun die Dichtstoffoberfläche mit Rundhölzern oder Plastikspachteln zur gewünschten Form, z.B. Dreiecksfugen im Wandanschlussbereich, abgezogen werden.

Die endgültige Belastung der neu erstellten Fuge darf zur Vermeidung von Frühschäden erst nach vollständiger Durchhärtung, im Allgemeinen etwa 2 Tagen, erfolgen. Nun ist das Material auch gegen die kräftigen Reinigungsmittel einer Bauabschlussreinigung beständig.

Fugenschaden 3: Hier hat sich das Silikon einseitig von der Fliese gelöst. Sehr wahrscheinlich wurde die Fuge nicht gründlich genug gesäubert, sodass eine ausreichende Haftung nicht gegeben war.

Fugenschaden 4: In die Fuge zwischen Fliese und Waschtisch ist zu wenig Silikondichtstoff eingebracht worden. Folge: In die Flanken setzt sich leicht Schmutz ab.

Fehler am Bau

Nicht fachgerecht ausgewählte oder verarbeitete Dichtstoffe können im Sanitärbereich große Schäden verursachen. Mangelnde Haftung oder Risse in der Fuge sind mögliche Eintrittsstellen für Feuchtigkeit - der Auslöser für viele Probleme am Bau. Es muss noch einmal betont werden, dass sauervernetzende Silikone für Buntmetalle und zementgebundene Untergründe absolut - auch nicht nach Vorbehandlung mit Grundierungen - ungeeignet sind und auch nicht zum Einfassen oder gar zum Ankleben von Spiegelflächen verwendet werden dürfen. Die Liste möglicher Wechselwirkungen ist umfangreich. Deshalb ist man gut beraten, die technischen Informationen und den Gebindetext zu beachten.

Auf der anderen Seite bemüht sich die Dichtstoffindustrie, ihre Produkte zum möglichst universellen Einsatz zu formulieren und Fachwissen durch Schulungen und Vorträge bei Innungsversammlungen zu vermitteln. Als Regel sollte gelten: Frühes Informieren ist besser als späteres Sanieren!

 


*) Dipl.-Chem. Gerald Emrich, Remmers Bauchemie GmbH, Löningen


B i l d e r :   Remmers Bauchemie GmbH, Löningen


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