IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2002, Seite 62 ff.



Baulicher Brandschutz

Sicheres Bauen - kostengünstiges Bauen

Dipl.-Ing. Björn Jacobi*

Die Brandrisiken in unserer modernen Zeit sind in vielfältiger Hinsicht gewachsen. Immer größere Einkaufs- und Kongresszentren, Flughäfen und öffentliche Bürogebäude werden realisiert und damit immer mehr Menschen und Sachgegenstände potenziell gefährdet. Die Brandschadensumme in Deutschland wächst kontinuierlich, und Brandereignisse sind unkalkulierbare Risiken für die Menschen. Mit einem umfassenden Brandschutzsystem können sicher nicht alle Brände verhindert werden, aber es macht das Leben erheblich sicherer. Das ist natürlich besonders für Bauherren, Architekten, Planer und ausführende Unternehmen relevant.

S 90 Kabelabschottung: KBS-Sealbags Brandschutzkissen.

Das komplexe Thema Brandschutz

Einer der häufigsten und teuersten "Irrtümer" im Bereich des Brandschutzes ist die Annahme, dass nur dann Brandschutzanforderungen einzuhalten sind, wenn sie auch in der Baugenehmigung vorgeschrieben sind.

Eine verhängnisvolle Informationslücke. Denn vorbeugender Brandschutz ist nicht nur in der Baugenehmigung geregelt, sondern auch in den regionalen Landesbauordnungen. Nordrhein-Westfalen hat als erstes Bundesland schriftlich festgelegt, dass Bauherrn und alle am Bau Beteiligten dafür verantwortlich sind, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften eingehalten werden müssen. (Musterbauordnung §17).

Damit wird klar: In Deutschland werden Architekten, Planer und Bauherren mit allen Konsequenzen aus ihren Tätigkeiten zur Verantwortung gezogen. Und hier stellt sich ein Problem für die Verantwortlichen, denn so wenig wie die Bezeichnungen Brandschutzexperte und Brandschutzsachverständiger geschützt sind, so wenig gibt es für diese Aufgabengebiete eine klar umrissene Ausbildung, und die vorhandenen Vorschriften innerhalb Deutschlands sind nicht einheitlich. Das hat zur Folge, dass ca. 90 Prozent der Brandschutzmängel am Bau auf Unwissenheit, falsche Planung oder Ausführung zurückzuführen sind.

Genau hier muss die Problemlösung beginnen [01]:

Angefangen mit durchdachten Brandschutzkonzepten, Einhaltung der Richtlinien, DIN-Normen und allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungsbescheiden heißt sicheres Bauen für alle Beteiligten auch kostengünstiges Bauen.

R 90/R 120 Rohrabschottung: KBS-Pipe-Seal Rohrmanschetten.

Grundlagen der rechtlichen Bestimmungen

Baurecht im Überblick

Um für alle Beteiligten am Bau einen Überblick über das komplexe Thema "vorbeugender Brandschutz" und deren rechtlichen Bestimmungen zu geben, werden nachfolgend die einzuhaltenden Bestimmungen, Normen, Richtlinien auszugsweise aufgegliedert.

Da viele relevante Gesetzestexte und deren technische Bestimmungen ineinander übergreifen, kann der vorbeugende Brandschutz nicht isoliert sondern nur in Kombination als komplexer Sachverhalt betrachtet werden.

- Planungs- und Baurecht

Das Baurecht regelt im Grundsatz zweierlei Sachverhalte:

Wo und was kann gebaut werden?

Wie kann gebaut werden?

- Planungsrecht ist Bundesrecht

Die Gemeinde aber hat das jeweilige Hoheitsrecht über ihre Gemeindegebiete, auch Flächennutzungsplan genannt. Um hier zu bauen, muss das Bauordnungsrecht eingehalten werden. Das Bauordnungsrecht beinhaltet die Minderung und Vermeidung von möglichen Gefahren. Das Baurecht ist somit ein Sicherheitsrecht.

Den gesetzlichen Anforderungen Genüge getan ist, wenn das Gebäude nach den Regeln des vorbeugenden Brandschutzes erstellt wird. Das vorrangige Ziel des Bauordnungsrechtes ist hierbei der Personenschutz: es soll primär den Schutz von Leben und Gesundheit der Personen sicherstellen, die sich in einer baulichen Anlage aufhalten.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik weist das Bauordnungsrecht als Sicherheitsrecht den Bundesländern zu. Demzufolge hat jedes Bundesland eine eigene Landesbauordnung LBO. Damit aber etwa gleichgeartete Fälle in den Bundesländern auch gleichartig geregelt werden, stützt sich die Landesbauordnung auf die Musterbauordnung MBO.

Die MBO ist aus einer Fachkommission von Baufachleuten und Juristen der obersten Bauaufsichtsbehörde der Länder entstanden [02].

R 90/R 120 Rohrabschottung: Einseitige Abschottung von Rohren bis 200 mm Durchmesser.

Musterbauordnung MBO

Welches sind die wichtigsten Punkte der MBO für den Brandschutz und was steht als Ziel dahinter?

Die Ziele der MBO sind:
- Schutz von Menschenleben und Sachwerten
- Vermeidung der Brandweiterleitung in andere Gebäudeabschnitte
- Verhinderung der Ausbreitung korrosiver und toxischer Gase

Die wichtigsten Paragraphen der MBO für den Brandschutz:

§ 3 Allgemeine Anforderungen, Absatz (1) bis (4)

§ 17 Brandschutz

Bauliche Anlagen müssen so beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.

- Leichtentflammbare Baustoffe dürfen nicht verwendet werden; dies(...).
- Feuerbeständige Bauteile müssen in den wesentlichen Teilen aus
- nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; (...).
- Jede Nutzungseinheit mit Aufenthaltsräumen muss in jedem Geschoss über mind. zwei voneinander unabhängige Rettungswege erreichbar sein.
- Der erste Rettungsweg(...), über mind. eine notwendige Treppe führen;(...)

(5) Bauliche Anlagen, (...), sind mit dauernd wirksamen Blitzschutz zu versehen.

Der Kernsatz aus der MBO § 17 Abs. (1) bildet die Grundlage für alle Bestimmungen des vorbeugenden Brandschutzes und sollte gleichzeitig als oberste Richtlinie für die Praxis gelten, an der alle Maßnahmen ausgerichtet werden. [02].

R 90/R 120 Rohrabschottung: Abschottung von Rohrbündeln.

Technische Richtlinien und Baurichtlinien

Um in der MBO die einzelnen Anforderungen des Brandschutzes zu erfüllen, gibt es die Baurichtlinie (Musterrichtlinie für Leitungsanlagen MLAR) und die technische Richtlinie (DIN 4102, Teil 1 bis 18) welche den Brandschutz für "normale" Nutzung eines Gebäudes regelt. Im Gegensatz hierzu ist die industrielle Nutzung in der Industriebaurichtlinie und in der DIN 18230 geregelt.

Das Grundprinzip der DIN 4102 regelt bzw. definiert:
- das Brandverhalten von Baustoffen
- die Feuerwiderstandsdauer als Klassifizierung der Bauteile
- das Abschottungsprinzip
- simulierte Brandverläufe nach der ETK
- die Anordnung, Lage und Gestaltung der Rettungswege.

Die Anforderungen der technischen Richtlinien DIN 4102- für den Bereich Abschottungen werden auszugsweise nachfolgend mit einzelnen Systemlösungen beschrieben.

Anforderungen an Brandschutzabschottungen

Die Realisierung für den baulichen Brandschutz nach den vorgenannten rechtlichen Grundlagen muss auch in der Praxis umgesetzt werden.

Ein Brandschutzkonzept ist nur effizient, wenn alle Komponenten - am besten in integrierten Brandschutzsystemlösungen aus einer Hand - wirkungsvoll aufeinander abgestimmt sind.

Um den gesamten Umfang des baulichen Brandschutzes als Systemlösung abzudecken, sind nachfolgende Komponenten erforderlich:

- Kabelbeschichtung
- Weich- und Mörtelschott und Kombischott bis S90
- Sealbag Abschottung bis S90
- Rohrabschottung für brennbare Rohre bis max. 400 und R 120 Durchmesser
- Fugenabschottung für bewegliche Fugen bis max. 100 mm Fugenbreite
- Brandschutzklappen und -ventile
- Brandschutzwände und -decken
- Lüftungs- und ELT-Kabeltrassenverkleidung
- Feuerschutztüren

Die Maßnahmen des baulichen Brandschutzes verfolgen im Wesentlichen die Ziele, eine Brandentstehung zu verhindern, einen Brand räumlich einzugrenzen und Flucht- und Rettungswege zu sichern.

Um die Wirkungsweise einzelner Brandschutzabschottungen zu erläutern, werden nachfolgend einige Abschottungssysteme vorgestellt.

Kabelbrandschutzbeschichtung: Dämmschichtbildner/Ablationsbeschichtung.

Brandschutzbeschichtung zur Reduzierung der Brandlast

Eine Brandschutzbeschichtung ist eine spritzfertige Brandschutzbeschichtungsmasse, die auf die Kabel aufgetragen wird. Sie verhindert, dass sich Entstehungsbrände entlang der Kabelführung unkontrolliert ausbreiten. Auch die bei der Verbrennung von Kabelisolierungen unvermeidbare Rauchentwicklung und die damit verbundene Freisetzung toxischer und korrosiver Brandgase können damit deutlich verzögert bzw. reduziert werden. Brandschutzbeschichtungen für horizontal und vertikal verlegte Kabelbahnen sind erste Voraussetzungen für ein umfassendes Brandschutzkonzept, denn Kabel wirken im Brandfall oftmals wie Zündschnüre, die das Feuer außerordentlich schnell weiterleiten können. Die besondere Brandschutzwirkung beruht auf dem "Ablationseffekt". Die damit beschichteten Kabel werden durch physikalische und chemische "endotherme" Prozesse gekühlt.

Die Brandschutzbeschichtung ist ein dispersionsgebundenes, lösemittelfreies System anorganischer, nichtbrennbarer Fasern, Füllstoffe und Pigmente mit feuerhemmenden Zusätzen. Sie enthält kein Asbest und keine Phosphate, ist weder toxisch noch hautschädigend, äußerst widerstandsfähig gegen eine Vielzahl aggressiver Substanzen sowie unempfindlich gegen andauernde Feuchtigkeits- und Wassereinwirkung. (Langzeit-Freilandtest von über 15 Jahren).

S 90 Kombiabschottung ABL/INT: Abschottung von Rohren/Kabeln.

Kabelabschottung

Das Kabelabschottungssystem kann in Brandwänden und -decken für alle Arten von durchgeführten Elektrokabeln als Abschottung dienen.

Das Kabelschott, bestehend aus Mineralfaserplatten und aus der vorgenannten Brandschutzbeschichtung, hat sich als universelle Methode für die Errichtung baulicher Brandbarrieren bewährt.

Kombi-Kabelschott

Abschottungssysteme, bestehend aus Mineralfaserplatten und Brandschutzbeschichtung, haben sich als universelle Methode für die Errichtung baulicher Brandbarrieren bewährt.

Sie dienen der Abschottung in Wand- und Deckenbereichen.

Neben Elektrokabeln, Kabelbündeln aller Art und Kabeltragekonstruktionen aus Stahl, Aluminium und Kunststoff dürfen auch Rohrleitungen aus Stahl, Guss und Kunststoff gemeinsam durch die Abschottung geführt werden. Die Kabelabschottung System Kombischott ABL ist das erste vom Deutschen Institut für Bautechnik in Berlin bauaufsichtlich zugelassene System, welches die Abschottung einer Mischbelegung von Kabeln und brennbaren sowie nichtbrennbaren Rohren zulassungskonform ermöglicht. Die Abschottung der Kunststoffrohre erfolgt wahlweise mit Rohrmanschetten, die auf das Plattenschott montiert werden.

F 30 - F 120 Fugenabschottung Fir-A-Flex: Wandanschluss- und Dehnfugen.

Rohrabschottungen

Rohrabschottungen sichern im Brandfall die feuerbeständigen und rauchgasdichten Abschottungen von brennbaren Kunststoffrohrleitungen. Kunststoffrohrleitungen haben sich seit vielen Jahren in der Bauwirtschaft durchgesetzt. Bei allen ihren Vorteilen darf ein wesentlicher Nachteil nicht übersehen werden: Kunststoffrohre sind meist brennbar! Ein evtl. Brand kann über die Rohrführung leicht in benachbarte Brandabschnitte übergreifen.

Mit Rohrabschottungen lassen sich Rohrdurchführungen in Wänden und Decken zuverlässig abschotten, indem sie um das Kunststoffrohr gelegt, miteinander verschraubt und am Baukörper befestigt werden.

Für nichtbrennbare Rohre aus Stahl, Edelstahl oder Kupfer gelten besondere Bedingungen. Sie können durch spezielle Abschottungssysteme mit einer Rohrisolierung und der o.g. Brandschutzbeschichtung abgeschottet werden, damit die Wärmeübertragung in den Rohrleitungen keinen Feuerüberschlag bilden kann. Auch Rohre mit Wärmedämmung können über das zugelassene System abgeschottet werden.

Brandschutzbeschichtung: KBS-Coating/KBS-Foamcoat.

Brandschutzfuge

Fugenfüllungen in brandschutztechnischen Bauteilen sind von großer Bedeutung, weil sie im Brandfall die Feuerwiderstandsdauer der betroffenen Wände und Decken zuverlässig erhalten.

Viele Brände auch aus jüngster Vergangenheit machen deutlich, wie nachlässig gerade in diesem Punkt immer noch gearbeitet wird. Häufig hatte man der fachgerechten Abdichtung von Gebäudefugen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt oder es wurden dafür ungeeignete Materialien verwendet.

Mehrschichtig aufgebaute dauerelastische Fugenelemente:
- werden für Fugenbreiten von 18 - 45 mm max. bis 100 mm angeboten
- sind asbest- und faserfrei
- können ohne Hilfsmittel schnell und sauber in die Fugen eingebracht werden
- gewähren Feuerwiderstandzeiten von 30 bis 180 Minuten
- nehmen bis zu 60% Bewegungen der Fugenflanken auf
- sind alterungsbeständig sowie
- beständig gegen Wasser und eine Vielzahl aggressiver Chemikalien.

Mit den Fugenelementen können Wandanschluss- und Dehnfugen in Bauteilen so geschlossen werden, dass die geforderte Feuerwiderstandsdauer der Wände und Decken vollständig gewährleistet bleibt.

Komplettanbieter von individuellen und gefahrenspezifischen Systemlösungen gegen alle Brandrisiken betrachten den Baulichen Brandschutz als Grundlage für ein funktionierendes Gesamtbrandschutzkonzept. Diese Basis kann durch weitere Brandschutzmaßnahmen, die der Vorsorge, Brandfrüherkennung oder -bekämpfung dienen, ergänzt und optimiert, aber nicht vollständig ersetzt werden. Vielmehr ist das gute Funktionieren derartiger Brandschutzmaßnahmen und -einrichtungen ebenfalls von einer soliden Ausführung des vorbeugenden Baulichen Brandschutzes abhängig. Versäumnisse und Fehler an dieser fundamentalen Stelle können durch aufgesetzte, brandschutztechnische Zusatzinstallationen - wenn überhaupt - nur sehr aufwendig kompensiert werden.

Ein einwandfreies Brandschutzkonzept sollte in einer sehr frühen Planungsphase gemeinsam zwischen Bauherrn, Planer, Bauaufsicht, Brandschutzbehörde, Fachingenieuren und evtl. den Sachversicherern erarbeitet und abgestimmt werden. Ein von allen Beteiligten getragenes Konzept bringt Planungssicherheit, Kostenminimierung und Zeitgewinn zum Vorteil einer reibungslosen Bauausführung sowie zugunsten einer von vornherein gesicherten und zufriedenstellenden Nutzung [03].

  


* Leiter baulicher Brandschutz MINIMAX GmbH


L i t e r a t u r
[01] Impressum 1996 Grünau Illertissen GmbH
[02] Vorbeugender baulicher Brandschutz K. Klingsohr 1994
[03] Baulicher Brandschutz Minimax GmbH


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