IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 11/2002, Seite 54 ff.



Klimatisieren mit Erdgas

Dipl.-Ing. Christoph Scholte*

Mit dem York Mini-Paraflow Chiller (YMPC) wurde ein direkt befeuerter Absorptionsflüssigkeitskühler und -heizer speziell für die Versorgung von kleineren und mittleren Gebäuden entwickelt. Er wird im Bereich von 106 kW bis 352 kW Kälteleistung (86 kW bis 286 kW Heizleistung) in sieben Größen angeboten. Dieses Gerät kann sowohl im alternativen Kühl- und Heizbetrieb als auch im reinen Kühlbetrieb eingesetzt werden. Durch den Einsatz dieses Systems im Kältemittelkreislauf werden die zur Zeit höchsten Kälteleistungszahlen von bis zu 1,14 erreicht!

Umweltschutz

Übliche elektrisch angetriebene Flüssigkeitskühler verwenden halogenierte Kohlenwasserstoffe als Kältemittel, die das Ozonloch fördern und in hohem Maße zum Treibhauseffekt beitragen können. Der Kältemittelkreislauf im neuen Gerät arbeitet mit dem bewährten Stoffpaar Wasser (Kältemittel) und Lithiumbromid (Lösungsmittel). Als Inhibitor zum Korrosionsschutz wird das patentierte ADVAGuard (auf Lithiummolybdatbasis) verwendet. Alle Betriebsstoffe unterliegen somit der niedrigsten Wassergefährdungsklasse.

Kältekreislauf

Das Aggregat arbeitet nach dem bekannten Prinzip einer Absorptionskältemaschine. Die Besonderheit im Kältekreislauf ist ein zweistufiger Austreiber nach dem Para-Flow Prinzip. Damit kann bei gleicher Energiezufuhr die Kälteleistung deutlich erhöht werden. Das Besondere dieses Prinzips ist die Aufteilung der Lösungsmenge in zwei Teilmengen. Die einzelnen Teilmengen werden jeweils zum Austreiber 1. Stufe und zum Austreiber 2. Stufe gefördert. Der Austreiber 1. Stufe wird durch Wärmezufuhr von außen aufgewärmt. Der dabei entstehende heiße Kältemitteldampf dient als Energiequelle für den Austreiber 2. Stufe, dem Austreiben von Kältemittel. Damit wird die im Austreiber 1. Stufe erzeugte Menge Kältemitteldampf ohne zusätzliche Heizkosten um ca. 40 % erhöht. Das Gerät erreicht durch dieses Prinzip eine sehr große Sicherheit gegen Kristallisation.

Heizkreislauf

Durch Wärmezufuhr von außen wird verdünnte Lithiumbromidlösung im Austreiber 1. Stufe aufgewärmt. Der ausgetriebene Kältemitteldampf strömt über eine Bypassleitung direkt in den Verdampfer. An den Verdampferrohren kondensiert der Kältemitteldampf und gibt seine Wärme an das Heizungswasser ab. Der Kältemittelinjektor saugt das flüssige Kältemittel aus der Verdampferwanne ab und pumpt es in den Absorber. Die Lösungsmittelpumpe zieht die Lösung aus dem Absorber und drückt sie durch den Lösungstemperaturwechsler in den Austreiber 1. Stufe zurück.

Bedienung

Bei der Konstruktion des Gerätes wurde speziell darauf Wert gelegt, dass für den sicheren Betrieb kein speziell geschultes Personal notwendig ist. Für das Abscheiden der sich bildenden nicht kondensierbaren Gase wurde ein vollautomatisches Entlüftungssystem entwickelt. Dadurch entfällt das zeitaufwendige, regelmäßig durchzuführende Entlüften per Hand.

Einsatzmöglichkeiten

Trotz der Liberalisierung des Strommarktes stellt diese eine wirtschaftliche Alternative zur elektrisch betriebenen Kompressionskältemaschine dar, wie die nachfolgende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung aufzeigt. Besonders in Bereichen, wo kein Sondervertrag mit den Stromversorgern aufgrund der geringen Stromabnahme geschlossen werden kann, zeigt sie sich als kostengünstige Lösung zur Kälteerzeugung und Spitzenlastheizung.

Beispiel

Für dieses Projekt wurde ein Gebäude mit einer maximalen Kühllast von ca. 250 kW und einer durchschnittlichen Lastgangcharakteristik ausgewählt. Verglichen wurde die Neuentwicklung mit einer luftgekühlten und einer wassergekühlten Kompressionskältemaschine. Um eine echte Vergleichbarkeit zu erzielen, wurden für alle drei Varianten die gleichen Ausgangsbedingungen zugrunde gelegt. Die Berechnung erfolgte mit einem Simulationsprogramm zur Vergleichsermittlung der jährlichen Betriebskosten für einzelne Kälteanwendungen. Zur Berechnung wurden die geschätzten Investitionskosten für die komplette Kälteanlage sowie die verbrauchsabhängigen Kosten herangezogen.

Als Tarifgrundlage für den Strombezug wurde ein Standardpreis für Gewerbekunden zugrundegelegt. Der Gasmischpreis setzt sich aus einem Grundpreis und einem Leistungspreis zusammen. Als Tarifgrundlage wurde hier ebenfalls ein Standardtarif für Gewerbekunden berücksichtigt. In vielen Fällen kann sich dieser Tarif in der Wirklichkeit günstiger gestalten, da Gasversorger an einer gleichmäßigen jährlichen Abnahme interessiert sind und so Sonderverträge anbieten.

Bei der Betrachtung der jährlichen Wartungskosten wurde berücksichtigt, dass der Absorber im Vergleich zur mechanischen Kälteerzeugung nur wenige bewegliche Teile besitzt und sich damit die Kosten für Wartungsarbeiten reduzieren.

Es ergeben sich trotz der sehr unterschiedlichen Investitionskosten für alle drei Varianten in etwa die gleichen jährlichen Gesamtkosten. Die Variante YMPC erfordert zwar die höchste Investition, hat aber aufgrund der wenigen beweglichen Teile die höchste zu erwartende Nutzungsdauer, sodass sich die jährlichen Kapitalkosten, über die Nutzungsdauer betrachtet, angleichen.

Unbewertet blieb die Möglichkeit, den YMPC gleichzeitig als Ersatz für einen Spitzenlastkessel in einem Zwei-Leiter-System einzusetzen, wodurch weitere Investitionskosten eingespart werden können.

Diese Berechnung zeigt auch, das für jede Kälteanwendung eine ausführliche Betrachtung der Investitions- und Verbrauchskosten sowie der örtlichen Gegebenheiten (Platzbedarf, Geräuschanforderungen, ausgelastetes Elektronetz etc.) erforderlich ist. Eine Generallösung, die für alle Anwendungsfälle zutrifft, gibt es nicht.

Der direkt befeuerte Kleinabsorber stellt eine ernstzunehmende Alternative zur konventionellen mechanischen Kälteleistung dar. Mit der Liberalisierung des Gasmarktes könnten sich gasbetriebene Kältemaschinen noch weiter durchsetzen.

 


* Dipl.-Ing. Christoph Scholte, Mitarbeiter bei der YORK International GmbH & Co. KG, Mannheim


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