IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2002, Seite 104 f.


UNTERNEHMENSFÜHRUNG


Kündigung

Am letzten Tag sagt sich die Wahrheit leichter (Wie Sie aus Kündigungen Nutzen ziehen)

Klaus Behnsen*

Als Führungskraft erfahren Sie selten die wahren Gründe, warum ein Mitarbeiter kündigt und das Unternehmen verlässt. Schade! Denn wenn es Ihnen gelingt, den ausscheidenden Mitarbeiter zu ehrlicher Kritik zu bewegen, erfahren Sie eine Menge darüber, wo es in Ihrem Verantwortungsbereich hapert und was Sie verbessern können. Ohne teure Unternehmensberater, ohne aufwendige Mitarbeiterbefragung, einfach zum Nulltarif.

Herauszubekommen, warum ein Mitarbeiter tatsächlich das Unternehmen verlassen will, ist nicht einfach. Denn im Normalfall will kein Mitarbeiter einen anderen verletzen oder bloßstellen, und an Veränderungen des kritisierten Zustandes ist ihm - nach erfolgter Kündigung - auch nicht mehr sonderlich gelegen. Die wirklichen Gründe für sein Ausscheiden bekommen häufig nur diejenigen zu hören, die es eigentlich nichts angeht: dem neuen Arbeitgeber, den neuen Kollegen oder den Kunden.

Bevor der nächste geht

Wenn die Führungskraft es freilich zustande bringt, die wahren Kündigungsgründe in Erfahrung zu bringen, nutzt dies dem Unternehmen in zweierlei Hinsicht. Erstens: Bestehende Schwachstellen werden aufgedeckt und können beseitigt werden. Zweitens: Andere Mitarbeiter werden dadurch vielleicht vom Verlassen des Unternehmens abgehalten. Beides rechtfertigt den Versuch der Führungskraft, am letzten Arbeitstag des Mitarbeiters ein offenes und klärendes Gespräch mit ihm zu führen. Mehr noch: Eventuelle latente Aggressionen gegen den Arbeitgeber können damit abgebaut werden.

Was ist nun bei einem "offenen Abschlussgespräch" zu beachten?

  1. Die Wahl des richtigen Zeitpunktes beachten:
    Führen Sie das Gespräch bewusst am letzten Arbeitstag des ausscheidenden Mitarbeiters, nachdem er sein Zeugnis erhalten hat. Nur dann ist er bereit, offen und ehrlich zu sein. Denn warum sollte er Wochen oder Tage vorher ehrliche Kritik äußern, wenn er noch einige Zeit mit den kritisierten Personen oder Zuständen leben muss und vielleicht befürchtet, Offenheit könne seinem Zeugnis schaden?
    Kündigen Sie das Gespräch vorher an und sichern Sie Vertraulichkeit zu; damit erhöhen Sie die Chance auf eine ehrliche Auskunft. Der Mitarbeiter fühlt sich ernstgenommen und aufgewertet ("Wenn man nichts verändern wollte, würde man mich nicht fragen.")
  2. Das Gespräch behutsam auf den Punkt bringen:
    Sie haben mehrere Möglichkeiten, das Gespräch zum gewünschten Thema hinzusteuern: Ganz offen nach den wahren Beweggründen fragen, ohne jedoch den Eindruck zu vermitteln, man wisse, dass die offiziellen Gründe unwahr seien. Verständnis zeigen und langsam zur Frage hinleiten: "Vom ersten Gedanken an Kündigung bis zum faktischen Schritt vergeht oft eine lange, herbe Zeit..." Direkt auf die Thematik zusteuern und den Mitarbeiter in die Rolle der Führungskraft versetzen: "Wenn Sie an meiner Stelle wären, was würden Sie ändern?"
    Rechnen Sie damit, dass der gefragte Mitarbeiter ausholt und sich über Personen und Sachverhalte auslässt, die wie Kleinigkeiten scheinen oder Ihrem Einflussbereich völlig entzogen sind. Jetzt Ungeduld zu zeigen, wäre aber falsch: Vielleicht tastet sich der Mitarbeiter auf diese Weise langsam an die Kernprobleme heran.
  3. Lassen Sie sich nicht auf Rechtfertigungsdiskussionen ein: Die Kündigungsgründe lang und breit zu besprechen, hat jetzt nur noch wenig Sinn. Im Anschluss an das Gespräch sollten Sie über die gesamten Kritikpunkte nachdenken und Anregungen zu Verbesserungen aufgreifen.
  4. Kritik nicht persönlich nehmen: Nehmen Sie die im letzten Mitarbeitergespräch geäußerte Kritik nicht persönlich und versuchen Sie schon gar nicht, sich zu rechtfertigen, da Sie damit jede offene Meinungsäußerung im Keim ersticken. Fragen Sie sich stattdessen: "Geht es anderen Mitarbeitern womöglich ähnlich? Haben andere eventuell schon innerlich gekündigt?"
  5. Die nötigen Konsequenzen ziehen: Überdenken Sie im Anschluss an das Gespräch die wesentlichen Aussagen des Mitarbeiters und ziehen Sie Ihre Schlussfolgerungen. Aber Vorsicht! Nehmen Sie nicht alles für bare Münze! Tiefsitzende Frustration oder gar Rachegefühle beeinflussen die Äußerungen des Mitarbeiters negativ. Lassen Sie andererseits aber diese Gefahr nicht zur Ausrede dafür werden, nichts zu tun. Wägen Sie ab, überprüfen Sie und führen Sie dann Veränderungen herbei.

Praxistip

1. Den richtigen Zeitpunkt wählen.

2. Thema behutsam angehen.

3. Keine Rechtfertigungsgespräche.

4. Kritik nicht persönlich nehmen.

5. Falls erforderlich, Konsequenzen ziehen.


* Klaus Behnsen ist Trainer der VA-Akademie für Führen und Verkaufen in Sulzbach/Ts.


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