IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/2002, Seite 24 f.


VERBÄNDE AKTUELL 


 Schleswig-Holstein


Baurecht-Seminar 2002

Geänderte Gewährleistungsfristen für Werk- und Kaufverträge beachten!

Im Februar dieses Jahres führte der Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem Metallgewerbeverband Schleswig-Holstein sowie Metallgewerbeverband Mecklenburg-Vorpommern das schon traditionelle zweitägige Seminar zu Baurecht und VOB durch.

In diesem Jahr war das Seminar besonders aktuell aufgrund des erst Ende 2001 verabschiedeten und bereits seit 1.1.2002 geltenden Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, so Dipl.-Volkswirt Reinhard Richter, stv. Geschäftsführer der durchführenden Verbände, bei der Eröffnung des von ihm geleiteten Seminars.

Über die Grundzüge des Vertragsrechts und die wesentlichen Änderungen, insbesondere die Gewährleistungsregelungen im Kauf- und Werkvertragsrecht, referierte Richter.

Aufgrund einer EU-Richtlinie wurde die gesetzliche Gewährleistungsfrist im Kaufrecht generell auf zwei Jahre angehoben, bei Sachen (Produkten), die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet werden, wurde diese Frist auf fünf Jahre festgelegt.

Vorteilhaft für das Handwerk ist, dass die jahrzehntelang bestandene "Gewährleistungslücke" zwischen Werkvertrags- und Kaufrecht, die früher bei sechs Monaten bzw. viereinhalb Jahren lag, geschlossen wurde. Der Unternehmer hat seit Januar 2002 ein Rückgriffsrecht gegen seinen Lieferanten, das grundsätzlich erst in zwei Jahren nach Ablieferung verjährt und spätestens zwei Monate nach Erfüllung der Ansprüche des Verbrauchers durch den Unternehmer beim Lieferanten geltend gemacht werden muss. Diese Ablaufhemmung endet spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, an dem der Lieferant die Sache bei dem Unternehmer abgeliefert hat.

(§ 479 BGB, neu).

Überwiegend mit Erstaunen nahmen die Teilnehmer auf, dass auch bei Reparaturen die neue Gewährleistungsfrist zwei Jahre beträgt.

Noch wichtiger wird somit zukünftig die Feststellung sein, ob der vom Kunden gerügte Mangel tatsächlich eine Einstandspflicht gemäß Gewährleistungsregelungen für den Unternehmer auslöst oder vielmehr auf Verschleiß, unsachgemäßen Gebrauch, nicht in Auftrag gegebene Wartung oder sonstigen Ursachen beruht.

Teilnehmer des Baurechtsseminars, das gemeinsam vom Fachverband SHK und dem Metallgewerbeverband durchgeführt wurde.

Viel zu wenig, so Richter, werde die Möglichkeit der Sicherheitsleistung nach § 648a BGB genutzt. Nachdem die Handwerksverbände jahrzehntelang ein derartiges Gesetz eingefordert haben, gilt diese immerhin bereits seit nahezu zehn Jahren, nämlich seit 1993. Da diese Sicherheitsleistung nur bei der öffentlichen Hand und Privatbauherren, die ein Ein- bzw. Zweifamilienhaus bauen, nicht verlangt werden kann, können insbesondere Forderungen bei den eher gefährdeten Geschäftskunden, Bauträgern usw. abgesichert werden. Üblicherweise wird diese Sicherheitsleistung in Form einer Bürgschaft erbracht, wobei die Bank den Kunden "durchleuchtet", bevor sie diese Bürgschaft erteilt. Selbstverständlich sollte diese Sicherheitsleistung erst nach Abschluss des Bauvertrages verlangt werden. Bereits in der gesetzlichen Regelung ist ausdrücklich ausgeführt, dass eine abweichende Vereinbarung unwirksam ist.

Das Gesetz wurde im Jahre 2000 dahingehend nachgebessert, dass bei Nichtstellung der Sicherheitsleistung bzw. einer daraufhin erfolgten Kündigung des Bauvertrages durch den Besteller vom Unternehmer Ersatz des Schadens verlangt werden kann. Dazu § 648 a Abs. 5 Satz 4: "Es wird vermutet, dass der Schaden fünf Prozent der Vergütung beträgt", wobei die Geltendmachung eines nachweislich höheren Schadens selbstverständlich nicht ausgeschlossen ist.

Am Nachmittag des ersten Seminartages erläuterte Ralf Neumann, Referent für Bautechnik und zugleich Vorsitzender der Vergabeprüfstelle beim Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein, die grundlegenden Bestimmungen der VOB Teil A und die Regelungen zur Vergabe von Bauleistungen durch öffentliche Auftraggeber. Er wies die Teilnehmer darauf hin, dass in dem für Schleswig-Holstein geltenden Korruptionserlass bei öffentlichen Aufträgen über 101.000 Euro (bisher 200.000 DM) eine Kopie des Angebotes in einem verschlossenem Umschlag zusätzlich abgegeben werden müsse.

An einem praxisorientierten Berechnungsbeispiel stellte der Referent die Abrechnung von Mehr- und Mindermassen gem. § 2 VOB/Teil B dar.

In einem Ausblick zum Bundes-Tariftreuegesetz stellte er dar, dass die Bundesländer einen bis zu fünf Prozent höheren Verwaltungsaufwand wegen der noch aufwendigeren Vorgaben sowie der noch stärker auf Rechtssicherheit zu prüfenden Vergabeschritte prognostizieren. Außerdem sei jedes Gesetz nur so gut wie die tatsächlich mögliche Kontrolle. Zweifel daran seien wohl auch bei den parlamentarischen Befürwortern aufgekommen, da nach neuesten Änderungsanträgen eine Befristung bis zum Jahre 2005 und die Berichtspflicht der Bundesregierung zum Jahre 2004 vorgesehen sei.

Am zweiten Seminartag referierte Rechtsanwalt Christian Holstein, langjähriger Geschäftsführer des Baugewerbeverbandes Schleswig-Holstein. Bereits in seiner Einleitung vertiefte er noch einmal den grundlegenden rechtlichen Unterschied zwischen BGB-Werkvertragsrecht und VOB. Während das BGB-Recht "automatisch" für jeden Bauvertrag gelte, ist die VOB eine Verwaltungsvorschrift, die erst dann wirksam wird, wenn sie vor, spätestens bei Vertragsabschluss vereinbart wird.

Sehr hilfreich seien dabei sicherlich die vom Fachverband bzw. Metallgewerbeverband jeweils als Sonderdruck herausgegebenen empfohlenen Branchen-AGB auf einem 6-seitigen DIN A 4-Faltblatt mit dem umfangreichen Text der VOB/B.

Holstein verdeutlichte den Teilnehmern anhand mehrerer Beispiele, wie wichtig es ist, sich bei der Vertragsanbahnung über den tatsächlichen Vertragspartner im Klaren zu sein; wer die Verhandlungen führe, sei noch lange nicht der Hauseigentümer. Umsicht sei auch geboten bei der Abgabe eines Angebotes. Ein als Kostenanschlag oder ähnlich formuliertes Angebot bedeutet nach § 650 BGB, dass dem Unternehmer auch bei Verwendung des Wortes "Kostenvoranschlag" durch die Rechtsprechung die Gewähr für die Richtigkeit auferlegt wird. Dementsprechend sollte das verbindliche Angebot deutlich von einer unverbindlichen Zusammenstellung, wie z.B. einer überschlägigen Kostenschätzung, unterschieden werden. Ohnehin gelte, dass ein Kostenanschlag im Zweifel nicht zu vergüten sei.

Wie begrenzt die übliche Architektenvollmacht gegenüber den Handwerkern ist, machte Holstein deutlich. Diese ende bei Abweichungen vom Bauvertrag mit finanziellen Folgen. Dementsprechend sei es besonders wichtig, bei Abweichungen bzw. Änderungen gegenüber der geplanten Bauausführung Nachtragsangebote vorzulegen, und zwar gegenüber dem Vertragspartner, dem Bauherren, dem Architekten als Durchschrift. Die möglichen Varianten werden in der VOB/B im Gegensatz zum BGB-Werkvertragsrecht ausführlich mit den jeweiligen Anforderungen wie Schriftform und ggf. vorherige Ankündigung im § 2 Nr. 4, 5, 6, 7 und 8 VOB/B dargelegt.

Letztendlich hat der Bauherr die möglichen Mehrkosten zu tragen; er bekommt nur durch direkt an ihn gerichtete Nachtragsangebote rechtzeitig einen Eindruck über die Mehrkosten. Sollten mehrere bzw. kostenträchtige Änderungen erforderlich werden, so empfehle es sich, alle Partner "frühzeitig ins Boot zu holen" und das gemeinsame Gespräch mit dem Bauherren und Architekten zu suchen, nach entsprechender vorheriger Vorbereitung.

Im Regelfall bewähre sich ein derart praxisgerechtes Vorgehen über den Verhandlungsweg.

Damit könne man sowohl die eigene Position wahren als auch gleichzeitig ansonsten drohende teure Rechtsstreitigkeiten mit vielfach unsicherem Ausgang vermeiden.


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