IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/2002, Seite 38 ff


INTERVIEW


"Ausgefeiltes Gesamtsicherheitskonzept"

Nicht metallene Rohrleitungssysteme für die Gas-Inneninstallation

Die Hewing GmbH Pro Aqua erhielt im Frühjahr vergangenen Jahres als erster Hersteller eine endgültige DVGW-Zulassung für ihr Mehrschicht-Verbundrohr für die Gas-Inneninstallation. Im Zusammenspiel mit den dazugehörigen Komponenten sollen zukünftig Gasanlagen in Gebäuden kostengünstiger und einfacher erstellt werden können. Doch wie sicher sind solche nicht metallenen Installationen? Dipl.-Ing. Peter Brägelmann, Leiter Prozess- und Produktentwicklung der Hewing GmbH Pro Aqua, sprach darüber mit IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Markus Sironi.

IKZ-HAUSTECHNIK: Metallene Rohrleitungen haben sich seit vielen Jahrzehnten in der Gasinstallation bewährt. Warum betreibt Hewing diesen finanziell sicher nicht unerheblichen Aufwand zur Einführung eines Mehrschicht-Verbundrohres für die Gas-Inneninstallation, zumal sich das Installationsaufkommen sicher in Grenzen halten wird?

"Die Zulassung des MT-Gas-Verbundrohres in Deutschland und den Niederlanden wird in vielen Ländern mit großem Interesse verfolgt."
Peter Brägelmann

Peter Brägelmann: Wie Sie richtig vermuten, ist das Installationsaufkommen bei Gasleitungen in Deutschland von den installierten Metern her nicht riesig, es sprechen jedoch andere Argumente für diese Applikation: Der Einsatz von Verbundrohren zum Gastransport bildet eine hervorragende Basis, um mehr Verbrauchseinheiten als nur den Herd oder die Heizungsanlage mit Gas zu versorgen. Erst im August 2001 wurde beispielsweise eine Anlage in Sachsen in Betrieb genommen, bei der neben Kochstelle und Heizungsanlage auch Kamin, Außenbeleuchtung, Grillanschluss, Sauna, Terrassenstrahler und auch die hauseigene Gas-PKW-Tankstelle mit Gas versorgt werden. Dieser Bau ist zwar noch ein Unikat, er zeigt jedoch, was alles möglich ist.

Ein weiteres Ziel der Entwicklung des MT-Gas-Verbundrohres war es, Synergieeffekte zu schaffen: Bietet ein Systemanbieter neben einem bestehenden Sanitärinstallations- und einem Heizkörperanbindesystem auch eine Möglichkeit zur Gasinstallation mit dem gleichen Rohrwerkstoff und der gleichen Presstechnik an, hat er ein wichtiges Verkaufsargument an der Hand: ein System für alle drei Anwendungen.

Auch das Ausland ist ein wichtiger Faktor. Die Zulassung des MT-Gas-Verbundrohres in Deutschland und den Niederlanden wird in vielen Ländern mit großem Interesse verfolgt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Zu einem Komplettsystem für die Gas-Inneninstallation gehören neben dem Rohr natürlich auch weitere Installationskomponenten wie Form- und Verbindungsstücke, Befestigungen, Wand- und Deckendurchführungen oder auch Sicherheitseinrichtungen. Können Sie ein solches Vollsortiment anbieten und mit welchen Unternehmen arbeiten Sie in den unterschiedlichen Bereichen zusammen?

Peter Brägelmann: Auch im Gasbereich agiert Hewing als reiner Komponentenlieferant für Systemanbieter. Ganz konkret bedeutet dies, dass für zukünftige Gas-Komplettsysteme MT-Gas-Verbundrohre produziert werden. Im Rahmen der Zulassung für Deutschland erfolgten die Prüfungen zusammen mit einem Pressverbinder, mit dem seit vielen Jahren in der Installationspraxis sehr positive Erfahrungen gemacht wurden. Hinsichtlich der Sicherheitseinrichtungen haben wir in der Entwicklungsphase mit der auf diesem Gebiet erfahrenen Firma Mertik Maxitrol zusammen gearbeitet. Dies war umso wichtiger, als in Deutschland zusätzliche Sicherheitseinrichtungen wie z.B. Gasströmungswächter und Gasrückstauwächter vorgeschrieben worden sind.

Für die genaue Auswahl der einzelnen Systembestandteile sind allerdings die jeweiligen Systemanbieter zuständig. Wichtig ist hierbei, dass sämtliche Komponenten eines Gasinstallationssystems einwandfrei aufeinander abgestimmt sind. Hier bietet Hewing den Systemanbietern kompetente Unterstützung unter anderem bei den intensiven Prüfungen und der Zulassung. Zur Zeit führen wir Gespräche mit renommierten Systemanbietern, um die Markteinführung vorzubereiten.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche preislichen und verarbeitungstechnischen Vorteile bietet das Mehrschicht-Verbundrohr - oder besser, das Installationssystem als Ganzes - gegenüber herkömmlichen, metallenen Rohrsystemen?

"Zurzeit führen wir Gespräche mit renommierten Systemanbietern, um die Markteinführung vorzubereiten."
Peter Brägelmann

Peter Brägelmann: Eine Matrixanalyse zu den unterschiedlichen Gasinstallations-Werkstoffen - inklusive der im Ausland eingesetzten Varianten - wurde vor einigen Jahren von Dr. Heiner Hüppelshäuser und Horst Brünje - beide von der Ruhrgas Aktiengesellschaft - erstellt. Dabei hat das Metall-Kunststoff-Verbundrohr in Kombination mit einem Pressfitting als das für die deutschen Baugegebenheiten am besten geeignete abgeschnitten. Klare Vorteile ergeben sich für das Verbundrohr insbesondere durch die sehr gute Handhabbarkeit und Schnelligkeit der Verlegung. Der in der Analyse sehr optimistisch eingeschätzte Preisvorteil gegenüber metallenen Rohrleitungssystemen relativiert sich allerdings anteilig durch die Notwendigkeit der bereits angesprochenen Sicherungseinrichtungen. Je nach Entwicklung des Sicherheitskonzeptes auch für metallene Gasinstallationen, geht Hewing von einem Preisvorteil in Höhe von fünf bis zehn Prozent der Installationskosten aus. Als wichtiges Argument ist auch das ausgefeilte Gesamtsicherheitskonzept zu nennen, das u.a. vom DVGW und dem Gas-Wärme-Institut e.V. Essen (GWI) mit entwickelt wurde: Es ist in Deutschland vorgesehen, Verteiler einzusetzen, die serienmäßig mit Gasströmungswächtern und Gasrückstauwächtern ausgestattet sind. Zudem wird eine thermisch auslösende Absperreinrichtung beim Übergang vom Metall zum Metall-Kunststoffverbundrohr eingesetzt, die übrigens auch bei metallenen Rohrleitungen einzusetzen ist, wenn Anlagenteile nicht HTB*-tauglich sind. Mit diesem "Paket" schaffen wir einen neuen Sicherheitsniveau-Standard.

IKZ-HAUSTECHNIK: Gibt es Einsatzbeschränkungen gegenüber metallenen Rohrleitungen, beispielsweise was den Einsatz in privaten Haushalten oder Industriegebäuden oder die Verlegeart - Aufputz, Unterputz, im Fußboden - betrifft?

Peter Brägelmann: Die Technischen Regeln Gas-Installation (TRGI) werden derzeit dahingehend überarbeitet, dass Montagerichtlinien für nicht metallene Rohrwerkstoffe mit aufgenommen werden. Wir gehen davon aus, dass dann die Installation sowohl freiliegend, als auch in Schächten und unter Estrich möglich ist. Die Unter-Putz-Installation ist ebenfalls sinnvoll. Hier ist der Einsatz noch auf Übereinstimmung mit der Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie MLAR zu klären. Diesbezüglich werden derzeit mit den bereits genannten Instituten weitere Brandversuche durchgeführt. Was den Einsatz in Industriegebäuden angeht, wollen wir den neuen Regelungen in den TRGI nicht vorgreifen. Wir erwarten jedoch nicht, dass für diesen Anwendungsbereich Unterschiede gemacht werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Die aktuellen Ergänzungen der TRGI sehen eine Verschärfung der Maßnahmen zum Schutz vor Manipulationen vor. So sollen beispielsweise Rohrleitungsenden vermieden werden, nicht vermeidbare Verschraubungen sollen mittels spezieller Kappen gesichert werden und so weiter. Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die Sicherheit Ihres Gasinstallationssystem - ich sage es einmal bewusst provokativ - Kunststoffrohr. Müssen da nicht besondere Schutzmaßnahmen getroffen werden?

Peter Brägelmann: Diese Entwicklung sehen wir sehr positiv, kommt sie doch dem bereits angesprochenen Gesamt-Sicherheitskonzept entgegen. Die von Ihnen angesprochenen "besonderen Schutzmaßnahmen" sind im Verteiler des zukünftigen MT-Gas-Verbundrohr-Systems als Gasströmungswächter bereits integriert. Wird an der Leitung manipuliert, reagiert sofort dieses Sicherheitselement und sperrt den Gasfluss spontan ab. Auch für metallene Rohrleitungen ist dieses Sicherheitskonzept sinnvoll und wird bereits in den entsprechenden Fachgremien diskutiert.

Für uns kommt es in Zukunft darauf an, dem Markt zu verdeutlichen, dass die so genannten sekundären Sicherungseinrichtungen wesentlich besser vor den teils furchtbaren Auswirkungen von Manipulationen schützen, als es die "primäre Sicherheit" eines Rohres kann. Machen wir uns doch nichts vor: Wenn jemand unbedingt manipulieren will, dann schafft er es auch - egal, was für ein Rohrwerkstoff installiert wurde.

IKZ-HAUSTECHNIK: Stichwort Gas-Strömungswächter. Woher weiß dieser eigentlich, ob das Gas, welches durch das Rohrsystem fließt, gerade im Gaskessel verbrannt wird oder durch eine Undichtigkeit entweicht?

Wir rechnen Anfang 2002 mit der endgültigen Fassung der TRGI für nicht metallene Rohrleitungen in der Gasinstallation."
Peter Brägelmann

Peter Brägelmann: Die Gas-Strömungswächter werden individuell auf die Leistungen der Verbraucher hin angepasst. Mit der Erfahrung, dass sich der Strömungswächter beim Abzweig von der Versorgungsleitung zur Hausanschlussleitung bereits sehr gut in der Praxis bewährt hat - beschädigt beispielsweise ein Bagger die Leitung, wird der Fluss gestoppt - erfolgte die analoge Betrachtung für Gasinstallationen in Gebäuden. Zur Bewertung des Verhaltens wurden eigens Prüfmethoden entwickelt und seitens des DVGW-Ausschusses zur VP 625 festgelegt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Es gab unseres Wissens nach unterschiedliche Auffassungen, was die Sicherheit des Systems angeht. So hat der Deutsche Feuerwehrverband bei einem Treffen im Juni vergangenen Jahres gegenüber der Bauaufsicht und dem DVGW bemängelt, dass das Mehrschicht-Verbundrohr nur einen zeitlich begrenzten Schutz biete, der quasi mit dem Eintreffen der Feuerwehr erlösche. Haben metallene Werkstoffe hinsichtlich der Feuerwiderstandsdauer bei einem Brand nicht deutliche Vorteile?

Peter Brägelmann: Diese kritische Betrachtung liegt an dem Umstand, dass nicht metallene Rohrleitungen nicht HTB-tauglich sind. Auch in diesem Zusammenhang greift die sekundäre Sicherheit und damit das angesprochene Gesamt-Sicherheitskonzept: Kommt es zu einem Brand im Hausanschlussraum, schließt das thermisch auslösende Absperrelement. Wird eine Rohrleitung durch Feuer oder mechanisch beschädigt, spricht der Gasströmungswächter an. Zudem verschließt der Gasrückstromwächter die Leitung, wenn der Druck hinter dem Verteiler höher ist als der Druck davor - beispielsweise aufgrund einer thermischen Belastung bei einem langsam ablaufenden Brand.

Der Zulassung des MT-Gas-Verbundrohres sind umfangreiche Untersuchungen des GWI vorangegangen, unter anderem mit Temperaturwechselprüfungen im Bereich 20°C/95°C. Darüber hinaus musste das Verbundrohr auf Basis vernetzten Polyethylens (PEX) z.B. "Brandsimulationsprüfungen" bis 650°C in Estrich absolvieren. Insbesondere wurden hierbei Versuche zur thermisch bedingten Leckage durchgeführt. Dank des hochwertigen Materialverbundes aus PEX und Aluminium und die hieraus resultierende Kombination der Vorteile beider Werkstoffe, konnten alle Prüfungen ohne Beanstandungen durchlaufen werden.

 IKZ-HAUSTECHNIK: In den Niederlanden werden Gasinstallationen bereits seit vielen Jahren aus Kunststoff-Rohrsystemen durchgeführt. Ist man dort weniger besorgt, was die Sicherheit von Gasinstallationen angeht?

Peter Brägelmann: Das kann man so ganz bestimmt nicht sagen, Sicherheit hat auch in den Niederlanden oberste Priorität. Die niederländischen Behörden haben umfassende Erfahrungen mit dem Werkstoff PEX in der Gasinstallation und kommen zu einem anderen Gesamt-Sicherheitskonzept. Beispielsweise muss in einem Einfamilienhaus die Hauptabsperreinrichtung unmittelbar hinter der Hauseingangstür angeordnet sein. Ein Grund für das große Interesse an Verbundrohren auch für den niederländischen Markt ist sicherlich, dass das Odoriermittel nicht durch die Aluminiumschicht hindurch diffundieren kann.

IKZ-HAUSTECHNIK: Endgültig anwendbar wird die neue Technik erst mit Erscheinen in den Technischen Regeln Gas-Installation, kurz TRGI. Wann ist damit zu rechnen und wie sieht das weitere Prozedere aus?

Peter Brägelmann: Wir rechnen noch in diesem Frühjahr mit der endgültigen Fassung der TRGI für nicht metallene Rohrleitungen in der Gasinstallation. Die Resonanz seitens der Installateure und Gasversorger ist bislang sehr positiv, was auch die zahlreichen Anfragen bezüglich Musterbauvorhaben, Vorträge und Produkt-Informationen zeigen.

Ganz im Sinne des Systemgedankens arbeitet Hewing als Rohrlieferant zurzeit mit renommierten Systemanbietern an der Realisierung von Komplettsystemen mit MT-Gas-Verbundrohren. Im Vordergrund steht hier das schlüssige Gesamt-Sicherheitskonzept, integriert in die bewährten Leistungen von Komplettsystemen wie beispielsweise verarbeiterorientierter Service und kontinuierliche Qualitätssicherung.


Erdgasvollversorgtes Einfamilienhaus

Ein Einfamilienhaus der besonderen Art steht in Großlehna, im Ortsteil Altranstädt, vor den Toren Leipzigs. Es ist randvoll mit modernster Erdgastechnik. Ob Wäschetrockner, Kamin, Außenbeleuchtung, Terrassenstrahler, Herd, Grill, Dachheizzentrale mit Fußbodenheizung, Warmwasserbereitung mit Solarnutzung oder auch Sauna - alles funktioniert auf Basis von umweltfreundlichem Erdgas. Selbst eine private Erdgastankstelle gehört dazu. Modern, sicher und kompakt hat sie ihren Platz im Vorgarten gefunden. Volltanken ist automatisch möglich. Die Gasinstallation in dem Vorzeigeobjekt der Mitteldeutschen Gasversorgung GmbH (MITGAS) wurde mit dem MT-Verbundrohr von Hewing sowie den dazugehörigen Systemkomponenten ausgeführt. Nähere Informationen gibt es unter der Rufnummer 034605/62216 (H. Leibrich).

Außenansicht des Gebäudes. Bei genauer Betrachtung sind die Gaslampe (vorne) und der Terassenstrahler (hinten) zu erkennen.

Erdgastankstelle

Gasverteilung im Hausanschlussraum.

 

Internetinformationen:
http://www.hewing.de
http://www.maxitrol.de
http://www.mitgas.com


B i l d e r :   Hewing GmbH Pro Aqua, Ochtrup; Mertik Maxitrol GmbH & Co. KG, Thale


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