IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 3/2002, Seite 42 ff


INTERVIEW


Revitalisierung der Wartungsinitiative

Im Haus ist das Handwerk zuständig

Auf Initiative der SHK-Innung Bochum gab es in den zurückliegenden Monaten eine interne Erörterung der Innungen zu Aktivitäten der Industriebetriebe in originären Arbeitsfeldern des SHK-Handwerks: Garantiearbeiten, Wartungsarbeiten und Störungsbehebung. Innungsobermeister Horst Bürgermann und seine Kollegen Albert Landsberger, Adam Gungel sowie der HGF des Fachverbandes SHK NRW Dr. Hans-Georg Geißdörfer diskutierten mit dem IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Volkmar Runte über die veränderte Position des Fachhandwerks in Bezug auf die Kundendiensteinsätze zahlreicher SHK-Industrieunternehmen. Die Erhebung von Bürgermann brachte Erschreckendes zu Tage.

IKZ-HAUSTECHNIK: Garantie und Wartungsarbeiten durch die Industrie hat es in unserem Gewerk doch immer schon gegeben. Wo liegt der Ursprung ihrer Wartungsinitiative?

Landsberger: So dargestellt trifft das nicht zu. Ein Eckpunkt dieser Diskussion ist in den 60er Jahren zu suchen. Damals wurde durch die Montage von wandhängenden Warmwasserbereitern und Feuerstätten eine neue Technologie angewandt, die von den Heizungsbauern nicht umfassend abgedeckt werden konnte. Mit der Folge, dass Garantiearbeiten von der Industrie abgefordert wurden. Dies war sozusagen eine branchenintern gewollte Dienstleistung und führte zum Aufbau von entsprechenden Kundendienstabteilungen auf Herstellerseite.

Die Situation heutzutage hat sich in vielerlei Hinsicht grundlegend geändert. Auf der einen Seite haben sowohl Hersteller als auch die Innungen umfangreiche Schulungs- und Fortbildungsseminare für die Monteure des SHK-Handwerks eingerichtet, um den gestiegenen Serviceerwartungen der Endkunden zu genügen. Auf der anderen Seite haben sich die Marktbedingungen verändert. Die aktuelle Situation stellt sich so dar, dass der Wartungsbereich zunehmend von den SHK-Betrieben besetzt werden muss, um das rückläufige Volumen im Neubausektor zu kompensieren. Hier ist jeder zusätzliche Monteur im KD-Einsatz auf der Industrieseite kontraproduktiv.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das SHK-Handwerk zeigt der Industrie die rote Karte nach der Devise: Wartungs- und Garantiearbeiten sind unsere Sache! Wie wollen Sie konkret vorgehen?

Landsberger: In der Innung Bochum ist dieses Problem intensiv beraten worden, da Kollegen immer wieder davon berichteten, dass Hersteller unseren Endkunden vermehrt Wartungen direkt angeboten haben. Es kann nicht sein, dass Monteure freigestellt, verselbstständigt werden, um Aufgaben des SHK-Handwerks durchzuführen. Es gibt leider zunehmend Fälle, wo Herstellerfirmen ganze Anlagen- oder Anlagenteile beim Endkunden montieren.

Wenn sich die Kundendienstabteilungen der Industrie nicht über das gewünschte Maß hinaus entwickelt hätten, wäre auch kein Problem entstanden. Wir stellen aber vermehrt fest, dass neben den Garantie- auch Wartungsarbeiten durchgeführt werden und zwar im direkten Endkundenauftrag. Dies kann vom Fachhandwerk so nicht hingenommen werden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Bürgermann, als Obermeister der Innung Bochum haben Sie in einer Umfrage erstaunliche Ergebnisse festgestellt. Wie sehen diese Ergebnisse im Einzelnen aus?

OM Bürgermann hatte den KD-Bereich der Industrie im Fokus und kam zu ernüchternden Ergebnissen.

Bürgermann: Im Bereich von Nordrhein-Westfalen gehen wir von etwa 1500 Arbeitsplätzen aus, die nur in dem Bereich Wartung und Störungsbeseitigung durch Hersteller eingerichtet worden sind. Dies bedeutet einen direkten Eingriff in die Tätigkeitsfelder der Betriebe. Denn nach der Störungsbeseitigung und der Wartung kommt der Geräteaustausch. Hier werden wir deutlich Flagge zeigen, sonst wäre zu befürchten, dass uns ein weiteres Marktsegment verloren ginge. Letztendlich würden wir zu Schraubern degradiert und das werden wir nicht hinnehmen.

Dr. Geißdörfer: Dies sind allesamt Arbeitsplätze in dem Bereich Reparatur, Wartung und Notdienst. Die von Herrn Bürgermann angeführte Zahl bezieht sich nicht nur auf den Heizungsbereich, sondern schließt alle SHK-Tätigkeitsfelder mit ein, z. B. wartungsintensive Bereiche wie Fäkalienhebeanlagen, Wandgeräte, Sanitärarmaturen, Solartechnik und Regenwassernutzung. Es ist also das gesamte Spektrum unseres Gewerkes berührt. Und hier sagen wir: Stopp. Aus ordnungspolitischer Sicht der einzig sinnvolle Weg.

IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Leistungen könnten durch die Industrie erledigt werden?

Bürgermann: Leistungen bei unseren Kunden? Keine! Wir sind der Meinung, dass die Industrie grundsätzlich nichts im Haus unseres Kunden verloren hat. Vielmehr sollte uns die Industrie umfassend unterstützen, damit wir diese vom Kunden gewünschten Dienstleistungen erbringen können.

IKZ-HAUSTECHNIK: Bezieht sich diese Aussage auch auf Garantieleistungen?

Landsberger: Im Grundsatz schon, denn es gibt zahlreiche andere Gewerke, die auch diesen Aspekt voll durch ihre Partner abdecken. Wenn einmal Garantieleistungen nicht durch das Fachhandwerk, aus welchen Gründen auch immer, abgedeckt werden können, muss diese Leistung immer im Beisein des zuständigen Betriebes erfolgen. Dabei ist zu betonen, dass wir keine Front gegen die Industrie aufmachen wollen. Wir wollen klare Grenzen ziehen, um die einzelnen Arbeitsbereiche der Partnerfirmen deutlich zu umreißen. Vor unserem Kunden wollen wir uns als fachkompetente Handwerker präsentieren.

Die Bochumer Runde: (v.l.) es diskutierten OM Adam Gungel, Albert Landsberger, OM Bürgermann und HGF Fachverband SHK NRW Dr. Hans-Georg Geißdörfer.

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie sie sagen, sind die originären Leistungen vom Handwerk zur Industrie gewandert, weil es der Markt damals forderte. Es ist nach ihren Aussagen ein qualifizierter Kundendienst auf der Herstellerseite entstanden. Heißt das, dass die Qualität des Handwerks nicht mehr ausreicht, um dieses Potenzial abzudecken und muss sich als Folge daraus das SHK-Handwerk nicht zusätzlich qualifizieren?

Landsberger: Das wir nachqualifizieren müssen ist allen vollkommen klar. Um den zunehmend schnelleren Innovationszyklen folgen zu können, muss sowohl in der Theorie als auch in der Praxis intensiv geschult werden. Doch der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern wird sehr wohl durch das Fachhandwerk abgedeckt. Das heißt: Es können nicht alle ein Gerät eines bestimmten Herstellers reparieren, aber innerhalb einer Innung gibt es genügend befähigte Betriebe, die dies abdecken.

Dr. Geißdörfer: Wir haben bereits Gespräche mit der Industrie geführt und sind durch einige Hersteller in unserer Auffassung bestätigt worden. Sie wollen eine solche Qualifikation des Handwerks durchführen.

Kritisch rückten Gungel (links) und Landsberger die Sachthemen der Wartungsinitiative in den Brennpunkt.

Gungel: Im Vorfeld gab es bei der Industrie durchaus die Meinung, dass die Fachbetriebe diese Qualifizierung nicht erfüllen könnten. Doch in diesem Punkt konnten wir deutlich machen, dass das SHK-Handwerk bereit und willens ist, fachliche Kompetenz nachzuweisen. Wir haben in Dortmund bereits seit drei Jahren ein Konzept zusammen mit den Stadtwerken erarbeitet. Alle Notdienstleistungen, beziehungsweise Nachfragen, werden direkt an das Handwerk weitergeleitet. Als Verpflichtung daraus halten wir einen 24 Stunden Notdienst an 365 Tagen im Jahr bereit. Dies funktioniert deshalb störungsfrei, da die Fachschiene eine Ersatzteilversorgung durch den Fachhandel auch außerhalb der Geschäftszeiten garantieren kann. Dieser Rund-um-die-Uhr-Service unterstützt die professionelle Schiene und geht sogar über das Angebot der Industrie hinaus.

IKZ-HAUSTECHNIK: Trotz dieser Ansätze sehe ich erhebliche Probleme bei der Umsetzung. Status in der Heizungstechnik ist doch, dass jeder Hersteller seine eigenen Elektronikbauteile herstellt oder herstellen lässt. Eine Standardisierung gibt es nicht mehr und in Folge dessen müsste jeder Heizungsbauer eine Unmenge an E-Bausteinen lagern und händeln. Wie soll das überhaupt erreicht werden?

Dr. Geißdörfer: Diese Punkte wurden mit der Industrie besprochen, was wir aber benötigen ist eine Selbstverpflichtungserklärung der Industrie mit den Verbänden. Es muss eine neue Seite aufgeschlagen werden. Die Qualifikation bei den Gesellen ist unverzichtbarer Bestandteil einer solchen Übereinkunft. Wir als SHK-Handwerk erklären uns bereit, diese Terminabstimmungen und Notdienste finanziell, personell und organisatorisch aus eigener Hand zu regeln. In Bochum ist das Thema Notdienst aus diesem Grund revitalisiert worden. Die Innungen haben es also in der Hand, diese genannten Bereiche selbst zu regeln.

Gungel berichtete über das positive Ergebnis der Dortmunder Notdienstinitiative. Vor nunmehr drei Jahren wurde in Kooperation mit den Stadtwerken ein Rund-um-die-Uhr-Service eingerichtet.

IKZ-HAUSTECHNIK: Das Konzept macht doch nur Sinn, wenn eine flächendeckende Übereinkunft erreicht wird?

Dr. Geißdörfer: Für NRW ist das kein Thema mehr, denn wir haben mit den Innungen dieses Problem erörtert und sind uns einig, diese Forderungen umzusetzen. Alle Bezirksvereine haben dieser Initiative zugestimmt. Ziel ist es, eine Selbstverpflichtungserklärung der Industrie zu erreichen, die Entwürfe dazu liegen bereits auf dem Tisch.


Resolution:

Selbstverpflichtungserklärung der Industrie

Die Forderungen:


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