IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2001, Seite 44 ff


REPORT


Hydraulische Sanierung am Beispiel eines Kindergartens

Heizkörperventil mit integriertem hydraulischem Abgleich beendet jahrelange Heizprobleme

Dipl.-Ing. Heinz Trierscheidt*

Mit einer breiten Palette an Durchfluss- und Differenzdruckreglern versucht die Armaturenindustrie seit Jahren den Heizungsbauer beim Dauerproblem "hydraulischer Abgleich" zu unterstützen. Doch nicht jede Heizungsanlage eignet sich für eine Nachrüstung mit Strangreglern und nicht immer ist der zusätzliche Installationsaufwand gerechtfertigt bzw. finanzierbar. Eine wirtschaftlich interessante und technisch elegante Lösung wurde bei einem Kindergarten in einer westfälischen Stadt in einem Musterprojekt realisiert. Dadurch, dass sich die gesamte Rohrverteilung im Estrich befindet und die Revisionsunterlagen nicht mit der Ausführung übereinstimmten, bot sich für den Austausch der vorhandenen Feinregulierventile der Einsatz neuartiger Heizkörperventile mit integriertem, selbsttätig wirkendem Druckregler an. Der Aufwand war gering - der Erfolg überragend.

Wärmeschutzfenster der ersten Generation, durchfeuchtete Wärmedämmschichten im Dachbereich sowie schwierige hydraulische Verhältnisse in der Warmwasserheizung führten in diesem Kindergarten zu einer Über- bzw. Unterversorgung mit Wärme.

Viele Pumpenwarmwasser-Heizungsanlagen entwickeln - allen Rohrnetzberechnungen und voreingestellten Ventilen zum Trotz - ein hydraulisches Eigenleben. Mit dem vielzitierten hydraulischen Abgleich nach DIN 18 380, Pflichtübung für jeden Heizungsfachmann, wird oftmals der Versuch unternommen, in tagelangem Fine-Tuning die Massenströme doch noch zu zähmen; Sisyphus lässt grüßen. Um die ungeliebten Einstellarbeiten zu umgehen, bauen mehr und mehr Heizungsfachleute bei Neuanlagen von vornherein Strangregulierventile ein.

Bei vorhandenen, hydraulisch schwierigen Heizungsanlagen ist die Ausgangslage komplexer: Meist werden zunächst alle Register heizungstechnischer Tricks gezogen, um die vagabundierenden Wasserströme doch noch in den Griff zu bekommen. Die oft beschriebene "problemlose Nachrüstung" von Strangreglern scheitert nicht selten an der Platzfrage, an der Zugänglichkeit der Steigstränge, an brandschutztechnischen Problemen oder ganz einfach an den Kosten. Oft fehlen auch die Revisionsunterlagen ganz, sind fehlerhaft oder unvollständig, sodass eine Nachrechnung des Rohrnetzes nur durch aufwendige, nachträgliche Aufnahme des Verteilungssystems möglich wird.


Volumen- und Druckregler in einer Einheit

Nach Aussage von Landis & Staefa erfüllt das MiniCombiVentil als bislang erstes und einziges Heizkörperventil zwei Funktionen gleichzeitig: Als Regelventil beeinflusst es den Volumenstrom; der integrierte Druckregler sorgt automatisch für den Druckabgleich. Zusammen mit dem Thermostatkopf ermöglicht das MiniCombiVentil die Optimierung von Heizkreisen auch bei schwierigen hydraulischen Bedingungen. Auf den Einbau von Strangregelsystemen kann verzichtet werden. Für die Auslegung und Voreinstellung der Ventile mittels Schlitzschraube genügt die Wärmebedarfsberechnung.

Das MiniCombiVentil eignet sich für alle Arten von Pumpen-Warmwasserheizungen. Die besonderen Vorzüge dieser Ventilbauart greifen besonders bei:
• Sanierungen von Altanlagen mit wenigen Heizkreisen, aber einem weitläufigen Verteilsystem,
• Heizkörpern mit ungleichmäßiger Wärmeabgabe; ermöglicht gerechtere Heizkostenabrechnung durch die gleichmäßige Temperaturbeaufschlagung des Heizkörpers,
• Aktivierung von Heizflächenreserven (bei vorhandener Überdimensionierung) zur Verbesserung der Temperaturspreizung für Brennwertkessel und Fernwärmesysteme (zusätzlich ca. 6 - 8 K),
• Anlagen mit Strömungsgeräuschen, reduziert das berüchtigte Pfeifen der Ventile.
• Da der Aufwand für einen hydraulischen Abgleich überproportional mit der Anzahl der Heizkörper wächst, eignet sich das MiniCombiVentil insbesondere bei größeren Objekten wie Wohnanlagen, Schulen, Gewerbebauten und öffentlichen Verwaltungsgebäuden.


Eisblumen und Sauna

Nicht wenige Nutzer von Heizungsanlagen mit schlecht ausbalancierter Hydraulik arrangieren sich nach einer gewissen Zeit mit dem Problem, so auch die Erzieherinnen des erwähnten Kindergartens. Der 700 m2 große Hort in eingeschossiger Bauweise aus den 70er-Jahren war von jeher bekannt für Räume mit Sauna-Atmosphäre und solchen, in denen man sich warm anziehen musste. Durch die Alterung der Fensterdichtungen und die Durchfeuchtung der Wärmedämmung im Dach verschärfte sich das Problem im Laufe der Jahre so sehr, dass sich im Winter bei Temperaturen unter 0 °C an den am weitesten vom Heizraum entfernten Spielzimmern sogar Eisblumen an den Fenstern bildeten. Reklamationen bei der zuständigen Heizungsfirma brachten nur kurzfristigen Erfolg. Den Kindern und Erzieherinnen blieb nichts anderes übrig, als die Wärmedefizite durch elektrisches Nachheizen bzw. die Wärmeüberschüsse mit Öffnen der Fenster auszugleichen.

Alle Heizkörperventile wurden durch MiniCombiVentile ersetzt. Ein weiterer hydraulischer Abgleich war aufgrund des integrierten Druckreglers nicht erforderlich.

Erstmals werden auch in den weit von der Heizzentrale entfernt liegenden Räumen die Auslegungstemperaturen von 90/70 °C erreicht. Vor dem Einbau der MiniCombiVentile wurden an manchen Heizkörpern nur noch 70/30 °C gemessen.

Performance Contracting schafft Abhilfe

Durch die Feinanalyse im Rahmen eines Performance Contracting-Projektes (s. Kasten) zur Sanierung städtischer Liegenschaften zeigten sich im Kindergarten folgende Schwachstellen:

Ob das Rohrnetz richtig ausgelegt war, konnte aufgrund unvollständiger Revisionsunterlagen bzw. wegen der vollständig im Estrich verlegten Rohrverteilung nicht überprüft werden. Man fand jedoch heraus, dass zumindest ein gestuftes Rohrnetz vorliegt. Rein theoretisch wäre die installierte Pumpenleistung für ein hydraulisch optimal abgeglichenes Verteilsystem ausreichend gewesen. Wie in der Zeit der Erstellung üblich, ist die Anlage auf 90/70 °C ausgelegt. Messungen bei Heizkörpern nahe der Heizzentrale ergaben Temperaturen von 90/85 °C, in den entfernt liegenden Räumen aber nur noch 70/30 °C. Alle Heizkörper waren mit den ursprünglich eingebauten Feinregulierventilen ausgestattet. Die Raumtemperaturregelung erfolgte über zwei digitale Heizkreisregelungen mit Raumtemperaturaufschaltung; der atmosphärische Gaskessel wurde mit konstant 90 °C gefahren.

Die MiniCombiVentile decken alle Bauformen herkömmlicher Heizkörperventile ab.

Wirtschaftlichkeitsgebot diktiert Maßnahmen

Da die Anlage schon allein auf Grund der aktuellen Heizungsanlagen-Verordnung mit Thermostatventilen nachgerüstet werden musste, der Einbau von Strangreglern für den unbedingt notwendigen hydraulischen Abgleich wirtschaftlich und technisch aber nicht zu realisieren war, entschied sich der Contractor für den Einbau von MiniCombiVentilen (Fabrikat Landis & Staefa) mit integriertem, selbsttätig wirkendem Druckregler. Wegen der beiden vorhandenen Raumtemperaturreglungen wurden nur etwa 50 Prozent dieser Ventile mit Thermostatköpfen bestückt; die anderen Ventile fungieren als hydraulische Regler (Volumenstrombegrenzer).

Regelcharakteristik eines konventionellen Heizungsventils (links) und eines MiniCombiVentils (rechts).

Eigentlicher Auslöser der Sanierungsmaßnahmen war ein defektes Gusskesselglied. Nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit beim Performance Contracting wurde der atmosphärische Gaskessel durch ein neues Modell gleicher Bauart und gleicher Leistung ersetzt. Ein Brennwertkessel hätte hier wegen der hohen Auslegungstemperaturen von 90/70 °C keine wirtschaftlich vertretbare energetische Verbesserung gebracht. Die ursprüngliche Wärmeleistung des Heizkessels wurde aufgrund der geplanten Sanierung des Flachdaches und der Fenster beibehalten. Der neue Gasheizkessel wird gleitend, in Anlehnung an die von den beiden Raumtemperaturregelungen geforderten Sollwerten gefahren. Diese Art der Regelung garantiert bei Wärmeleistungsdefiziten - auch bei extremen Außentemperaturen - noch akzeptable Aufheizzeiten nach der Nachtabsenkung.

Nach Inbetriebnahme der sanierten Heizungsanlage zeigte sich der Erfolg bereits ohne Nachregulierung: Alle Heizkörper wurden gleichmäßig warm und die Raumtemperaturen variierten nur noch innerhalb der Behaglichkeitsgrenzen. Erstmals seit Bestehen des Kindergartens wurden auch in den am weitesten von der Heizzentrale entfernten Räume die Auslegungstemperaturen erreicht. Dank der hydraulisch entkoppelten Heizkörperventile konnte auf weitere hydraulische Maßnahmen verzichtet und Investitionen minimiert werden.


Performance Contracting

Unter Performance Contracting versteht man eine Leistung, die durch Optimierungsmaßnahmen in der Gebäudetechnik und im Gebäudebetrieb zu Einsparungen von Energie- und Betriebskosten führt. Die für die Optimierungsmaßnahmen notwendigen Investitionen refinanzieren sich aus einer durch den Contractor garantierten Einsparung innerhalb einer definierten Vertragslaufzeit. Die Mittel für die Investitionsmaßnahmen werden ganz oder teilweise vom Contractor bereitgestellt. Allerdings sind auch kombinierte Finanzierungen in Form von Baukostenzuschüssen durch den Eigentümer möglich, um z.B. Vertragslaufzeiten kurz zu halten oder zusätzliche Sanierungen durchzuführen, die nicht durch Energiekosteneinsparungen finanziert werden können. Nach Beendigung des Vertrages geht die modernisierte Anlage inklusive aller vertraglich festgelegten Installationen an den Eigentümer der Liegenschaft über. Während der Vertragslaufzeit liegt die Verantwortung für die Anlage meist als Ganzes oder in Teilen beim Contractor. 

 


* Dipl.-Ing. Heinz Trierscheidt, Landis & Staefa, Gebäude & Energiemanagement, Köln

 


B i l d e r :   Landis & Staefa


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