IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2001, Seite 40 ff


INTERVIEW


Hansgrohe

Fit ins zweite Jahrhundert

Auf eine hundertjährige Geschichte blickt Hansgrohe, der Schiltacher Weltmarktführer in Sachen Brausen, in diesem Jahr zurück. Mit dem Vorsitzenden des Vorstands Klaus Grohe sprach IKZ-HAUSTECHNIK Chefredakteur Günther Klauke.

"Produkte voller Ideen" verpackt Klaus Grohe in den drei Marken "Hansgrohe"...

Offenes Hemd, hochgekrempelte Ärmel, lässige Straßenschuhe, gelassen und pünktlich kommt Klaus Grohe zu einem seiner spärlich gesäten Pressetermine. Der jung gebliebene Mittsechziger hält sich mit Ausdauersportarten wie Mountainbiking fit und macht so gar nicht den Eindruck eines typischen Firmenbosses.

Nachdenklich, aber nicht niedergeschlagen, als die Rede auf die Terroranschläge vom 11. September kommt, wodurch die mit viel Engagement und persönlichem Einsatz der Mitarbeiter geplanten Feierlichkeiten zum dreistelligen Geburtstag am 14. September abgesagt wurden. Eine Entscheidung, die man sich ganz und gar nicht leicht gemacht hat: "Mit der Feier zum 100. Geburtstag war für die Schiltacher ein Stadtfest vorgesehen. Beides ist ausgefallen, was für die Bevölkerung und die Mitarbeiter nicht leicht war. Unsere Freunde in den USA haben die Entscheidung mit größtem Wohlwollen begrüßt. Sie waren sehr angetan von der Solidarität im fernen Germany", erläutert Grohe.

Für Klaus Grohe, der in den USA lange Zeit gearbeitet hatte, eine Selbstverständlichkeit. Zumal er weiß: "Wir sind in diesem Jahr 100 Jahre alt, dann sind wir es im nächsten Jahr auch und werden das Versäumte nachholen."

Hansgrohe ist größter Arbeitgeber der Region und im Hinblick auf die lange Tradition ist die Bevölkerung eng mit dem Unternehmen verbunden. Ebenso wie mit dem Felgenhersteller BBS (Baumgartner Braungart Schiltach), dessen Firmenchef Baumgartner ein Nachbar des Hansgrohe-Chefs ist. Mit einem Schmunzeln erzählt Grohe aus der gemeinsamen Jugend, als der Nachbar mit einer unbegrenzten Auswahl an Kugellagerkugeln über die bessere Munition für seine Schleuder verfügte.

Als Klaus Grohe 1968 in das väterliche Unternehmen kam, verbuchte man einen Umsatz von 60 Mio. Mark, war eng verwoben mit Friedrich Grohe im Sauerland und verfügte nur begrenzt über einen eigenen Vertrieb. Klaus Grohe nahm den Aufbau von EDV, Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung in Angriff. Gleichzeitig kam mit der "Selecta" die erste verstellbare Handbrause auf den Markt. Das Erfolgsmodell wurde bis heute über 30 Millionen mal produziert.

..."Pharo"...

Zum hundertsten Geburtstag ist man, wie der Firmenchef sagt, "ein gutes Stück weiter", verbuchte im Jahr 2000 einen Umsatz von knapp 350 Mio. Euro und wächst vor allem im Ausland. Dieser Erfolg passt zu Klaus Grohe, der mit dem Mountainbike nicht nur gerne die Berge runter, sondern auch rauf fährt. Speziell der schwierige US-amerikanische Markt hat es ihm angetan. Immerhin steigerte die dortige Tochtergesellschaft in Atlanta ihren Umsatz im vergangenen Jahr um über 30 Prozent und ist mit 44 Mio. Euro und ca. 300 Beschäftigten die stärkste Tochtergesellschaft im Konzern. Daneben setzt Hansgrohe im Rahmen der Internationalisierung des Unternehmens vor allem auf Far East. "In China", so sagt Klaus Grohe, "da geht ungeheuer was ab".

Wie bei Hansgrohe, seit einiger Zeit "AG". Den Vorsatz an die Börse zu gehen, hat man aber bisher nicht realisiert. Dazu ist das Wirtschaftsklima derzeit nicht geeignet. "Mit den heutigen Familienaktionären kann man es da schon besser aushalten," resümiert der Vorstandsvorsitzende.

... "Axor".

Ein Unternehmen - drei Marken

Den Weg nach oben sollen dem Schwarzwälder Badausstatter die drei Marken Hansgrohe (Profimarke), Axor (Designermarke) und Pharo (Wellnessmarke) ebnen. "Klasse statt Masse", nach dieser Devise leitet Klaus Grohe das Unternehmen und sieht speziell hier den engen Bezug zum Fachhandwerk. "Mehrwert über Design und bessere Funktion geht nur über den professionellen Vertriebsweg", fasst der nur leicht ergraute Vorstandsvorsitzende seine Gedanken zusammen. "Ohne hochqualifizierte Fachleute bei der Herstellung, im Fachgroßhandel und im Fachhandwerk läuft nichts". Der alte Hansgrohe-Slogan "Produkte voller Ideen" bringt für den Macher aus dem Kinzigtal die Firmenphilosophie immer noch am besten rüber. Der Nähe zum Kunden, gemeint sind in erster Linie der Fachgroßhandel und das Fachhandwerk, misst er besondere Bedeutung bei. Darum sind auch alle Manager des Unternehmens angehalten, mindestens einmal jährlich "die Luft vor Ort zu schnuppern", sprich draußen beim Kunden zu sein. In einem eigens eingerichteten Arbeitskreis berichtet jeder einzelne über seine Erfahrungen an der Front. Auf diese Weise - und durch die Arbeit im Igel-Innovations-Kreis - fließen die Wünsche und Vorstellungen des Handwerks auch in die Produktentwicklung ein. "Wir versuchen immer ,hands on', wie die Amerikaner sagen, dranzubleiben und nicht immer nur alles in Richtung Außendienst zu delegieren. So weiß auch jeder, wovon er redet", fasst Klaus Grohe die Vorgehensweise zusammen.

Die Strategie der drei Marken lässt sich speziell in der Profischiene nur schwer und mit erheblichem Kostenaufwand kommunizieren. Allerdings hilft das Konzept weltweit bei der selektiven Marktbearbeitung. So wird derzeit in Deutschland bei ca. 250 Wellness-Partnern die Marke Pharo bei Handel und Handwerk forciert. Länderspezifische Gewohnheiten, wie etwa der Wunsch der Amerikaner nach Kopfbrausen, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Märkte zu missionieren, davon hält Klaus Grohe nach den amerikanischen Erfahrungen überhaupt nichts: "Richtig los ging es mit den Erfolgen in den USA erst, als wir die Marktbedürfnisse dort ernst nahmen."

Die Drei-Marken-Strategie ist für den weltläufigen Unternehmer Klaus Grohe der bessere Weg zum Ziel. Und das, obwohl er sich über die Schwierigkeiten bei Produktentwicklung, Marktbearbeitung und Kundendienst bewusst ist.

Die Lösung sieht Grohe in hauseigenen Experten für die in- und externe Schulung, die bei besonders anspruchsvollen Produkten und/oder komplizierten Fehlermeldungen auch vor Ort tätig werden. Separate Kunden- und Außendienste für die einzelnen Marken werden aus Kostengründen nicht in Betracht gezogen.

Umweltbewusst aus Überzeugung. Klaus Grohe: "Unsere neu gegründete Tochterfirma Pontos in Schiltach wird Duschwasser-Recyclinganlagen auf den Markt bringen, die unseren Ruf als Anwalt des Wassers untermauern sollen."

Bei einem aktuellen Exportanteil von ca. 70 Prozent aus Umsatz sorgt sich Klaus Grohe vor dem Hintergrund der derzeitigen weltpolitischen Lage um die Zukunft. "Weltweite Konflikte", so meint er, "sind die Achillesferse der Internationalisierung. Und so wünscht er inständig, dass durch den "Heiligen Krieg" keine weltweite Rezession ausgelöst wird, die den Inlandsmarkt noch stärker unter Druck setzen würde. Ein Inlandsmarkt, der - konventionell gesehen - nur noch die Hälfte wert ist. Den Rest decken Baumärkte, Kauf- und Möbelhäuser sowie die Hausserien des Fachgroßhandels ab - nicht selten mit importierter Ware.

Klaus Grohe ist ein in der Wolle gefärbter Naturliebhaber. Die Lage Schiltachs im idyllischen, wasserreichen Kinzigtal beeinflusst den Firmenchef nicht nur in der Denke, sondern auch in seinen unternehmerischen Entscheidungen. Bevor umweltgerechtes Verhalten ein Modethema wurde, standen Umweltschutz, alternative Energien und der nachhaltige Umgang mit dem wertvollen Lebensmittel Wasser auf der Tagesordnung. "Aus Überzeugung, nicht wegen einer billigen Effekthascherei", wie Grohe anmerkt.

Nach Abwasserreinigung, Solaranlagen und Maßnahmen zum Wasser einsparen steht nunmehr Grauwasser auf der Tagesordnung. Dass Klaus Grohe echtes Interesse am Umweltschutz hat, davon zeugen allein schon die Versuchsanlagen, die über fünf bis sechs Jahre (bis heute) in seinem Wohnhaus installiert sind. Üble Gerüche und viel Lärm musste er anfangs dafür in Kauf nehmen.

"Unsere neu gegründete Tochterfirma Pontos in Schiltach wird Duschwasser-Recyclinganlagen auf den Markt bringen, die unseren Ruf als Anwalt des Wassers untermauern sollen. Mit ihnen wollen wir erklärte Umweltinstallateure ansprechen, die für die Installation, Betreuung und Wartung der Anlagen nötig sind."

Hansgrohe will kein Universalist in Sachen Bad werden, auch das Angebot von Komplettbädern ist nicht das Ziel des dynamischen Vorstandsvorsitzenden. "Wir sehen unsere Zukunft eher in Kooperationen. Mit dem Starck-Bad haben wir gute Erfahrungen gemacht, diesen Weg wollen wir weiter gehen. Dem Bad wird allgemein eine gute Zukunft vorhergesagt: mehr Bäder pro Wohneinheit und dank des Megatrends Cocooning höhere Ausgaben für interessante Produkte im Bad. Dazu kommt Wellness by Wetness. Ich denke, Hansgrohe ist auf dem richtigen Weg in sein zweites Firmenjahrhundert" fasst Klaus Grohe seine Vision in Worte.

 


[Zurück]   [Übersicht]   [www.ikz.de]