IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 24/2001, Seite 28 ff


SANITÄRTECHNIK


Neues Regelwerk zum Schutz des Trinkwassers

DIN 1988-4 und DIN EN 1717 existieren einstweilig parallel

Dipl.-Ing. Ulrich Petzolt*

Im Zuge der EU-Harmonisierung ist für den Bereich Trinkwasserschutz auf europäischer Ebene im Mai 2001 die DIN EN 1717 erschienen. Über die Inhalte und Konsequenzen der neuen Euro-Norm für Planer und Handwerk berichtet nachfolgender Beitrag.

Da sowohl die bisherigen DIN-Normen zur Trinkwasserinstallation - DIN 1988 Teile 1 bis 8 - als auch die entsprechenden europäischen Normen - DIN EN 1717 sowie EN 806 Teile 1/A1 bis 5 - jeweils ein Paket bilden, ist ein Ersatz von einzelnen DIN-Normen durch DIN-EN-Normen erst dann möglich, wenn alle Elemente1) des neuen Normenpaketes vorliegen. Das ist bisher noch nicht der Fall, denn zur Zeit liegt lediglich der erste Teil der EN 806 im Weißdruck vor. In der Konsequenz heißt das, dass bis zur endgültigen Verabschiedung der kompletten europäischen Normenreihe EN 806 - voraussichtlich erst in einigen Jahren - sowohl die DIN EN 1717 als auch die DIN 1988-4 gültig sind.

Tabelle 1: Schutzmatrix der Sicherungs-
einrichtungen: Gegenüberstellung DIN EN 1717 zu DIN 1988-4, aufgestellt von Fa. Gebr. Kemper GmbH + Co. KG.

Wie ist mit parallel existierenden Normen in der Praxis umzugehen?

Planer und ausführende Unternehmen sollten sich mit dem Inhalt der DIN EN 1717 vertraut machen, um entsprechend der europäischen Anforderungen an Installationen im In- und Ausland informiert und vorbereitet zu sein.

Wichtig: Bereits in der Planungsphase ist mit dem Bauherrn oder Auftraggeber festzulegen, nach welcher Norm die Installationen in einem Projekt zu realisieren sind. Eine Mixtur aus DIN EN 1717 und DIN 1988-4 ist nicht zulässig.

Was ist für die Auswahl von Sicherungseinrichtungen zu beachten?

Für die Praxis im Umgang mit der neuen DIN EN 1717 sind Planungs- und Ausführungshilfen im Nationalen Anhang aufgenommen worden, wie sie auch in der DIN 1988-4 enthalten waren. Unter "Nationaler Anhang" Punkt 1 bis 4 werden nähere Erläuterungen zu einzelnen Abschnitten abgegeben, die Bestandteil der DIN EN 1717 sind. Die Auswahl der benötigten Sicherungseinrichtungen wird durch eine Tabelle unter "Nationaler Anhang" Punkt 5 erleichtert, in der die in Deutschland bis dato gebräuchlichen und nicht gebräuchlichen (grau unterlegt) Sicherungsarmaturen gekennzeichnet und den Entnahmestellen/Apparaten zugeordnet sind.

Bild 1: Rückflussverhinderer nach DIN EN 1717.

Bild 2: Systemtrenner BA nach DIN EN 1717 - zur Sicherung von Trinkwasser gegen Nichttrinkwasser bis einschließlich Flüssigkeitskategorie 4.

Anzahl der Sicherungseinrichtungen ist größer geworden

Neu sind neben den bisher zehn Sicherungseinrichtungen der DIN 1988 weitere Sicherungseinrichtungen der einzelnen Mitgliedsstaaten. Es werden sechs freie Ausläufe, ein Rohrtrenner mit kontrollierter Mitteldruckzone (Systemtrenner), ein Rohrtrenner mit nicht kontrollierbaren Druckzonen, ein durchflussgesteuerter Rohrtrenner sowie ein nicht durchflussgesteuerter Rohrtrenner, fünf Rohrbelüfter, fünf Rückflussverhinderer, zwei Sicherungskombinationen und ein automatischer Umsteller zur Auswahl angeführt. Die einzelnen Sicherungseinrichtungen haben jeweils ein neues Symbol erhalten. Die Gefährdungsklasse (Wasserklasse s. Tabelle 1) 1 bis 5 nach DIN 1988 werden in der DIN EN 1717 als Flüssigkeitskategorien 1 bis 5 bezeichnet. Die Sicherungseinrichtungen werden in Gruppen und innerhalb der Gruppe in Typen unterteilt. Zur Auswahl der Sicherungseinrichtungen mit Gruppen- und Typbezeichnung ist in DIN EN 1717 eine Tabelle (Schutzmatrix der Sicherungseinrichtungen und der zugeordneten Flüssigkeitskategorien) aufgenommen worden, die ähnlich der Tabelle 2 DIN 1988-4 alle Sicherungseinrichtungen den Flüssigkeitskategorien zuordnet. Um die neue Schutzmatrix im Vergleich zur DIN 1988-4 transparent zu machen, wurde eine Gegenüberstellung in einer Vergleichstabelle (Tabelle 1) vorgenommen.

Bild 3: Frostsichere Außen-Wasserentnahmestelle "FROSTI" mit Sicherungskombination nach DIN 1988-4 bzw. DIN EN 1717, Typ HD.

Wichtige Neuerung: Alle Anschlüsse gelten als "ständig". Daher wird der Fall "kurzzeitiger Anschluss" nicht mehr erwähnt.

Die DIN EN 1717 ist an einigen Stellen strenger, was den zulässigen Einsatz der Sicherungsarmaturen betrifft. So wird der kontrollierbare Rückflussverhinderer EA ausschließlich für die Flüssigkeitskategorie 2 zugelassen, die Sicherungskombination HD nur dann bis Flüssigkeitskategorie 3, wenn am Ort der Sicherungseinrichtung p = atm ist. Um diesen Fall p = atm (Atmosphärendruck) deutlicher zu erläutern, folgendes Beispiel: Der zitierte Rohrbelüfter HB in Verbindung mit dem Rückflussverhinderer EB, z.B. an einer Gartenwasser-Entnahmestelle, verliert seine Sicherungsfunktion, wenn der Rohrbelüfter druckbeaufschlagt ist. Der Rohrbelüfter muss ausgangsseitig also drucklos sein, um aufgrund seiner konstruktiven Vorgaben ein Öffnen und damit das Belüften der folgenden Leitung (z.B. Schlauch) realisieren zu können. Die Fehlfunktion tritt auf, wenn beispielsweise ein ständig mit Wasser gefüllter Gartenschlauch mit Absperreinheit am Schlauchende angeschlossen ist (keine Entleerung nach Wasserentnahme, da unter statischem Druck stehend). Die Fehlfunktion ist in diesem Fall auch gegeben, wenn sich ein voll gefüllter Schlauch ohne Absperreinheit mit seinem Schlauchende über dem Höhenniveau der Entnahmearmatur befindet. Um die Fehlfunktion der Sicherungseinrichtung HD zu verhindern und ein zuverlässiges Öffnen des Rohrbelüfters zu realisieren, wird daher gefordert, dass p = atm an der Entnahmearmatur zu gewährleisten ist. Dies hat zur Folge, dass eventuelle, an die Armatur nachinstallierte Leitungen, zu demontieren sind, um den Effekt des Rückdrückens zu unterbinden (Bild 4).

Bild 4: Erläuterung aus der DIN EN 1717 zum Einbau der Sicherungskombination HD (Belüftungsarmatur für Schlauchanschlüsse).

Um den Rückfluss von Nichttrinkwasser oder anderen Stoffen aus einem defekten Apparat in das Trinkwasserversorgungssystem sicher zu verhindern, wird der Systemtrenner BA (3-Kammer-System) mit kontrollierbarer Mitteldruckzone (Bild 3) als für Europa zugelassene Sicherungsarmatur eingesetzt. Dieser kann bis Flüssigkeitskategorie 4 absichern. Der Systemtrenner darf im Vergleich zum Rohrtrenner der Einbauart 2 (EA 2 nach DIN 1988-4) auch unterhalb des höchstmöglichen Schmutzwasserspiegels eingebaut werden und ist für gewerbliche und häusliche Zwecke einsetzbar. Der höchstmögliche Schmutzwasserspiegel ist der maximale Wasserspiegel, der sich in einem abzusichernden Apparat einstellen kann und darf an dieser Stelle nicht mit der Rückstauebene des Abwassers verwechselt werden. Systemtrenner BA dürfen (z.B. bei Überflutung von Kellern) nicht mit Abwasser in Kontakt kommen. Da stets auch ein höherwertiges als in DIN EN 1717 beschriebenes Schutzniveau angewendet werden darf, ist der Systemtrenner BA auch im Bereich des Hausanschlusses eine sichere Lösung, die vor Rückfließen, Rücksaugen und Rückdrücken Schutz bietet. Die in der DIN EN genannten Sicherungseinrichtungen gelten für häusliche und gewerblich angeschlossene Entnahmestellen und Apparate. In Kapitel 6 werden in Tabelle 3 zugelassene Sicherungseinrichtungen für häusliche Anwendungsfälle genannt, die in Kategorie 5 einzustufen sind. Dazu gehören beispielsweise die Entnahmestelle mit Brause an Waschbecken, Badewanne mit Einlauf unterhalb der Oberkante, Entnahmearmaturen mit Schlauchverschraubung, Beregnungsanlage für Grünflächen-Unterflur (Tabelle 2). Für gewerblich angeschlossene Entnahmestellen und Apparate wird unter Kapitel 7 eine detaillierte Einzelfallanalyse zur Findung der geeigneten Sicherungseinrichtung empfohlen, dort gelten schließlich strengere Vorschriften bezüglich der zulässigen Absicherungsmaßnahmen als im häuslichen Bereich.

Tabelle 2: Sicherungseinrichtungen für Entnahmestellen und Apparate in der Trinkwasserinstallation für den häuslichen Gebrauch, nach DIN EN 1717.

Praxisfrage: Mit welcher Sicherungseinrichtung ist der Füllanschluss für das Heizungssystem auszuführen?

Für die Planung und Ausführung von Installationen für Trinkwasser in Gebäuden ist, wie bereits anfänglich erwähnt, keine Mixtur der beiden Normen erlaubt.

Bei der Planung und Ausführung nach DIN 1988-4 kann zur Befüllung von Heizkreisläufen, die Wasser mit wenig giftigen Inhibitoren beinhalten, mit der Sicherungskombination (bis Gefährdungsklasse 3) abgesichert werden. Mehr Sicherheit in diesem Punkt wird bei konsequenter Anwendung der DIN EN 1717 gefordert. Hier ist die Sicherungskombination HD für vorgenannten Zweck eingeschränkt erlaubt (Flüssigkeitskategorie 3, nur wenn p = atm). Wird die Verbindung zwischen Trinkwasserentnahmestelle und Heizungssystem nach der Befüllung des Heizungssystems nicht von Hand getrennt, was häufig der Fall ist, kann es zum Rückdrücken oder Rücksaugen von Heizungswasser in das Trinkwassersystem kommen (Kontamination des Trinkwassersystems). Um sicher zu sein, dass eine ständige Verbindung zwischen Trinkwasser- und Heizungswasserkreislauf auf Dauer nicht bestehen kann, wird empfohlen, Sicherungseinrichtungen zu verwenden, die z.B. differenzdruckgesteuert eine Trennung bei Rücksaugen bzw. Rückdrücken vornehmen. Für diesen Fall steht der Systemtrenner BA mit DVGW-/SVGW-Zulassung zur Verfügung (bis Flüssigkeitskategorie 4). Nach DIN EN 1717 wäre auch die Möglichkeit des Einbaus eines Rohrtrenners CA (bis Flüssigkeitskategorie 3) erlaubt. Für Sicherungseinrichtungen dieses Typs gibt es jedoch zur Zeit keine DVGW-Zulassung.

Internetinformationen:
http://www.kemper-olpe.de


*) Dipl.-Ing. Ulrich Petzolt, Produktmanager Armaturen, Gebr. Kemper GmbH + Co. KG, Olpe


L i t e r a t u r :

DIN EN 1717, Schutz des Trinkwassers vor Verunreinigungen in Trinkwasser-Installationen und allgemeine Anforderungen an Sicherungseinrichtungen zur Verhütung von Trinkwasserverunreinigungen durch Rückfließen. Deutsche Fassung EN 1717:2000 Technische Regel des DVGW

DIN 1988, Technische Regel für Trinkwasser-Installationen (TRWI) Schutz des Trinkwassers, Erhaltung der Trinkwassergüte, Technische Regel des DVGW

1) Die Normenreihe EN 806 und die DIN EN 1717 werden in voll ratifiziertem Umfang folgende Teile beinhalten und somit ein Paket bilden:
EN 806 - 1/A1: Allgemeines
EN 806 - 2: Planung
EN 806 - 3: Ermittlung der Rohrinnendurchmesser
DIN EN 1717: Schutz des TW vor Verunreinigungen im TW... Anforderungen an Sicherungseinrichtungen....
EN 806 - 4: Bau
EN 806 - 5: Betrieb und Instandhaltung


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