IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 22/2001, Seite 35 ff.


SANITÄRTECHNIK


Strömungsfärbung in einem Schwimmbecken

Ergebnisse einer Untersuchung

Dipl.-Ing. Joachim Jutz*

Will man die ordnungsgemäße Durchströmung eines Schwimmbeckens untersuchen, so bedient man sich bereits seit längerem der Färbedemonstration. Welche Kriterien dabei zu beachten sind, will der nachfolgende Beitrag aufzeigen.

Die ordnungsgemäße Hygiene eines Schwimmbeckens hängt im Allgemeinen von vier Parametern ab:

1. Dem Frischwasserzusatz

2. Der Flockung mit anschließender Filtration

3. Der Desinfektion des Reinwassers

4. Der Beckendurchströmung, welche die Desinfektion des Beckenwassers zu gewährleisten hat.

Versagt eine dieser Einflussgrößen, oder wird sie sogar bewusst vernachlässigt, können meist die anderen, auch wenn sie optimal funktionieren, einen Rückgang der Beckenwasserqualität nicht vermeiden. Um eine Analogie zu verwenden: Die Kette ist nur so stark, wie das schwächste Glied; es nutzt nicht, wenn Filter Schmutzstoffe bis zu 100% "eliminieren" können, wenn die Belastungsstoffe gar nicht erst die Überlaufrinne erreichen.

Spielen die vier Hauptgruppen nicht zusammen, wie es oft der Fall ist, so hilft meist nur noch die chemische Keule, sprich die Überdosierung von Chlor. Es ist daher nicht nur sinnvoll, sondern auch für den Planer einfacher, ein Teilsystem von 50% auf 90% Wirkungsgrad zu verbessern als eine Erhöhung von 95% auf 99%. Auch auf der Kostenseite sind meist die Verbesserungen wirtschaftlicher, die mit einfachen Mitteln durchzuführen sind. Letztendlich kann man die Aufgaben der Wasserführung mit zwei Punkten beschreiben: Sie soll das freie Chlor in alle Teile des Beckens einmischen, sodass in keinem Teil des Beckens so genannte Totstellen entstehen. Außerdem sollen Schmutzstoffe durch die Strömung aus dem Becken in die Überlaufrinnen verdrängt werden. Somit müssen Belastungsstoffe, im gleichen Maße wie sie eingetragen, auch wieder abgeführt werden, damit ein "Verschmutzungsgleichgewicht" erhalten bleibt. Um die bestehende Durchströmung eines Schwimmbeckens visuell darzustellen, bedient man sich seit einiger Zeit der Färbungsdemonstration. Im Rahmen einer von mir und dem Ingenieurbüro PEG in Gilching erstellten Diplomarbeit, in der die Veralgung von Schwimmbädern untersucht wurde, war es naheliegend, einen solchen Versuch zu unternehmen. Da es hierzu keine einheitliche Vorgehensweise gibt, musste eine solche aus den Aussagen verschiedener Fachleute erstellt werden. Die folgenden Ausführungen fassen die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.

Untersuchung der bestehenden Beckenströmung mittels Färbung des Reinwassers

Natürlich ist die Strömung in einem Becken höchst unterschiedlich. Jedoch interessiert nicht der Betriebsfall, bei dem das Becken zusätzlich durch Badende durchmischt wird, sondern der Zustand der eintritt, wenn das Becken und seine Hydraulik sich selbst überlassen werden. Dies war im untersuchten Becken immerhin zirka 3/4 der Gesamtzeit der Fall.

Bild 1: 100 Gramm Eriochromschwarz T, pulverförmig.

Die Theorie

Nachdem also die Badenden das Becken verlassen haben, tritt mit einer gewissen Verzögerung ein stationärer Strömungszustand ein, der genauer untersucht werden soll. In einer Färbungsdemonstration kann dieser Strömungsverlauf grundsätzlich nachvollzogen werden. Ein Schluss auf die genaue Verteilung des Chlors im Becken ist durch einen solchen Versuch nur bedingt möglich. Ursache hierfür ist die unterschiedliche Molekularbewegung von freiem Chlor und dem eingesetzten Farbstoff, welche stark temperaturabhängig ist. Bei den vorliegenden Wassertemperaturen von ca. 27° C kann jedoch angenommen werden, dass die Fehlerquote ausreichend gering ist.

Versuchserläuterung

Durch eine Injektionsstelle in der Reinwasserleitung des Beckens, wird ein gewählter Farbstoff kontinuierlich zugegeben. Ist der Farbstoff genügend stark konzentriert, führt er zu einer Verfärbung des zugeführten Wassers sowie des in den Strahl injizierten Beckenwassers. Über einen erhöhten Standpunkt kann diese Verfärbung nun via Fotoapparat oder Videokamera dokumentiert werden, sodass eine anschließende Auswertung möglich ist. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, sind mehrere Voruntersuchungen nötig:

Bild 2: Schematische Darstellung der Chlorgasinjektion.

Auswahl des Farbstoffes

Grundsätzlich ist zu klären, welchen Farbstoff man für die Strömungsuntersuchung benutzt. Hierfür kommen mehrere in Frage: Alle sind Indikatoren, die, bei dem vorhandenen Zustand im Beckenwasser, eine mehr oder weniger intensive Farbe besitzen. In der Praxis werden meist folgende drei Stoffe benutzt:

- Uranin AP, ein gelblicher Farbstoff, der u. a. auch für versickernde Gewässer und hervorsprudelnde Quellen, undichte Flachdächer und feuchte Keller eingesetzt wird, da seine Giftigkeit in der Größenordnung von Speisesalz liegt;

- Rhodamin B, ein klassischer PH-Indikator mit rot bis rötlicher Färbung;

- Eriochromschwarz T, ein Metallindikator, der vor allem zur komplexometrischen Bestimmung von Magnesium und Calcium benutzt wird.

Obwohl Uranin und Rhodamin in mancher Hinsicht vorteilhafter sind, fiel die Entscheidung in unserem Fall aus zwei Gründen auf EriochromschwarzT: Mit seiner dichten, violett-blauen Farbgebung ist dieser Farbstoff am günstigsten für die Dokumentation geeignet, denn mit dem blauen Grundton des Beckens ergeben Uranin und Rhodamin nur einen fluoreszierenden, grünen beziehungsweise roten Farbton.

Der zweite Grund ist die Tatsache, dass sich die Chemikalie mit der Zugabe von Chlor sehr schnell abbaut. Da sie relativ teuer ist (100 g kosten ca. 50 DM), sollten in mehreren Voruntersuchungen vor Ort folgende Parameter genau bestimmt werden:

Bild 3: Versuchsaufbau zur Ermittlung der Beimischleistung im Injektor.

Wahl der Injektionsstelle

Art und Lage der Injektionsstelle sind für den Versuch entscheidend. Das Farbmittel sollte in ausreichender Menge zudosiert werden können und sich in der Leitung ausreichend vermischen. Denn ist die Dosis zu gering, tritt eine zu schwache Färbung ein. Außerdem sollte das Färbemittel möglichst nicht in den Filter injiziert werden, vor allem nicht, wenn Aktivkohle im System verwendet wird. Gewählt wurde in unseren Untersuchungen die Chlorgas-Injektionsstelle, da hier keinerlei Fremdenergie für die Einmischung notwendig war und die injizierte Leistung deutlich höher ist, als bei Impfstellen mit Dosierpumpen.

Die Chlorgaszugabe wird für die Dauer des Versuchs unterbrochen, indem der Kugelhahn über der Impfstelle geschlossen wird. Zur Sicherheit sollten, um ein mögliches Austreten von Chlorgas durch eine undichte Stelle zu vermeiden, auch die Druckgasflaschen versperrt werden. Danach kann ein neuer Schlauch am Injektor angeschlossen werden.

Bild 4: Volumenbestimmung des Schwimmbeckens mittels CAD-Programm.

Der bestehende Schlauch sollte nicht benutzt werden, da verbleibende Flüssigkeit in der Leitung zusammen mit Chlorgas Salzsäure bildet, welches die Membran im Injektor angreifen würde. In einem Behälter, der in Reichweite des Schlauches auf einer Waage steht, werden zirka 2 Liter Wasser bereitgehalten. Nun werden mehrmals die gleichen Messungen gemacht: Es wird der Anfangswert der Masse an Wasser im Behälter an der Waage abgelesen und notiert. Hiernach wird der Schlauch manuell eine vorgegebene Zeit in den Behälter gehalten. Wichtig hierbei ist, dass der Schlauch mittig und in ausreichender Höhe zum Boden im Behälter gehalten wird, da sonst durch die unterschiedlichen Einströmverhältnisse die Messergebnisse verfälscht werden. Nach Ablauf der Zeit, die mit einer Stoppuhr gemessen wird, zieht man den Schlauch wieder aus dem Behälter und notiert die verbleibende Masse an Wasser im Behälter. Alle wiederkehrenden Messungen werden von der gleichen Person in den selben Intervallen durchgeführt, um Abweichungen bei den Messungen möglichst gering zu halten. Nach Beendigung der Versuche, sollte der benutzte Schlauch vom Injektor abgezogen, 15 Minuten gewartet und erst dann der Chlorgasschlauch montiert werden. Diese Maßnahme soll dafür sorgen, dass der normalerweise mit Chlorgas beaufschlagte Teil des Injektors austrocknen und sich im Betrieb keine Salzsäure bilden kann. Die Auswertung der Messungen wird üblicherweise mit einem Tabellenkalkulationsprogramm vorgenommen.

Über die Dichte des Wassers kann man den Masseverlust des Behälters in einen Volumenverlust umrechnen. Teilt man diesen Wert durch die verstrichene Zeit, so erhält man einen Volumenstrom. Mittelwert und Extremwerte geben die Schwankungen während des Versuchs an.

Durch Auswertung in einem Tabellenkalkulationsprogramm ergibt sich eine mittlere Saugleistung, in unserem Fall waren dies 4,0 Liter/Minute. Die Gesamtdauer des Versuches wird normalerweise auf 5 bis 10 Minuten, bei Beckendurchströmung nach DIN angesetzt. Da jedoch die Einströmverhältnisse im vorliegenden Fall deutlich ungünstiger waren, wurde von 15 Minuten Versuchsdauer ausgegangen, was demnach einer Ansatzmenge von 60,5 Litern entspricht, die dem System zugeführt werden. Diese Mindestmenge ist in einem ausreichend großen Behältnis vorzuhalten. Hierfür wird zumeist eine PVC-Regentonne mit ca. 140 Liter genutzt, die skaliert wird, damit sie vor Ort richtig befüllt werden kann. Auch andere Behältnisse sind geeignet, jedoch der Vorteil einer Tonne ist der relativ große Durchmesser: Bei einem relativ schmalen Gefäß würde sich durch das rasche Absenken des Wasserspiegels und die dadurch hervorgerufene Änderung des Druckes auf der Saugseite der injizierte Massenstrom stark ändern.

Bild 5: Strömungsverlauf der flachen Seite nach einer Minute...

Zuletzt, jedoch entscheidend für die Dokumentation des Versuches ist die angesetzte Menge an Färbemittel. Hier gehen die Expertenmeinungen weit auseinander; von 20 bis 50 Gramm pro 100 Kubikmeter Beckeninhalt ist die Rede. Um dies auf das vorhandene Becken umzurechnen, muss der Wasserinhalt bestimmt werden: Bei komplizierteren Querschnitten kann es durchaus problematisch werden, dieses Volumen per Hand zu bestimmen. Einfacher ist es, wenn man die Möglichkeit der Benutzung eines CAD-Programms und eines Scanners hat. Den eingescannten Schnitt aus dem Plan kann man sich als Pixelbild in den Hintergrund legen und hiernach die einzelnen Linien nachzeichnen. Mit dem Befehl "Fläche" berechnet das Programm anschließend genau den Inhalt des Schnittes. Multipliziert man diese Zahl mit der Breite, so erhält man das genaue Volumen des Beckens. Dies führte in unserem Beispiel zu einer Farbmittelmenge von 171 bis 428 Gramm EriochromschwarzT. Aus Sicherheitsgründen wurden 400 Gramm gewählt die einer Dosierung von 47 g/ 100 m³ entsprachen.

Filmmaterial

Werden für die Versuchsdokumentation Fotofilme eingesetzt, sind vor Kauf der Filme die ungefähren Lichtverhältnisse zu klären. So sollte man aus Sicherheitsgründen immer einen höherempfindlichen Film (mindestens 400 ASA) vorhalten. Als Material wurde ein Farbdiafilm gewählt, da dieser beste Bildqualität bietet.

Bild 6: ...der tiefen Seite nach drei Minuten...

Bild 7: ...undurchströmte Zone der tiefen Seite nach 20 Minuten.

Versuchsdurchführung im speziellen Fall

Um die einwandfreie Einbringung der Chemikalie zu erhalten, wurde zwei Tage vor Versuchsbeginn die Chlorgaszugabe, wie bereits im Vorversuch zur Durchflussbestimmung, abgedreht. Dabei zeigte sich, dass sich das freie Chlor mit einer Geschwindigkeit von ca. 0,01 mg/l h im Becken abbaute, was eine Chlorfreiheit vor Versuchsbeginn gewährleistete. Eine Chlorkonzentrationsmessung kurz vor Versuchsbeginn bestätigt jegliches Fehlen von freiem Chlor im Becken.

Zur Dokumentation wurde eine Spiegelreflexkamera in 3,70 Meter Höhe und 5,5 Meter Abstand zum Beckenkopf auf den stirnseitigen Zuschauerplätzen positioniert. Ist eine solche Möglichkeit nicht vorhanden, kann auch eine Feuerwehrleiter genutzt werden (je höher, desto besser). Die Verwendung eines Stativs ist unvermeidlich, ein Polfilter vor der Linse vermindert störende Spiegelungen auf der Wasseroberfläche und ein Fernauslöser an der Kamera garantiert verwacklungsfreies Auslösen. Außerdem sollte das rückwärtige Okular der Kamera verschlossen werden. Denn verschattet die fotografierende Person nicht mit dem Auge das Okular, kann Fremdlichteinfall durch die Rückseite der Kamera die Belichtungsmessung störend beeinflussen. Eine große Stoppuhr und ein Zeitplan mit Auslösepunkten ermöglicht dem Fotografen eine zeitlich möglichst exakte Dokumentation.

Bild 8: Grafische Darstellung der Strömungsauswertung.

Während der Kameramontage, wurden in der Technikzentrale 65 Liter Wasser mit 400 Gramm EriochromschwarzT angesetzt. Beim Umgang mit der Chemikalie ist Vorsicht geboten, da es nicht nur im Wasser, sondern auch auf Kleidungsstücken eine starke Farbentwicklung zeigt. Mit einem Rührstock wird die Mischung gut verrührt, sodass keine Klumpen mehr auf der Wasseroberfläche schwimmen. Anschließend wird dem Ansatz noch 1 Liter 25%ige Ammoniaklösung hinzugefügt, wobei darauf geachtet wird, dass die Augen sowie Kleidung geschützt sind und der Technikraum ausreichend belüftet ist.

Um den Farbstoff in die Hauptwasserleitung zu saugen, wird ein vorbereiteter Schlauch mit Absperreinrichtung in den Ansatz gegeben und an der Chlorgasinjektionsstelle angeschlossen. Nach dem Öffnen der Schlauchabsperrung wird Farbstoff in das System gezogen und der Versuch beginnt.

Den Eintritt des Farbmittels erkennt man sofort, da es stark dunkelblaue Färbung hat. Man kann genau verfolgen, welche Hauptströmungsfäden sich im Becken befinden, wie sich unterschiedliche Strömungen gegenseitig beeinflussen und wo im Becken Todstellen vorhanden sind. Das Ende des Versuchs zeigt sich, wenn das Farbmittel im Behälter verbraucht ist, die Injektionsstelle Luft ansaugt und so Luftblasen aus den Auslässen im Becken austreten. Hiernach wird in der Technikzentrale die Injektionsstelle mit 5 Litern Wasser klargespült und der Farbschlauch entfernt.

Bevor das Chlorgas erneut angeschlossen wird, trocknet frei angesaugte Luft die Membran des Injektors. Dies geschieht, wie bereits oben erwähnt, um eine Salzsäurebildung zwischen Chlorgas und Wasser auf der Membranoberseite zu vermeiden und dauert aus Sicherheitsgründen 15 Minuten. Ist die Trockenzeit vergangen, so wird der Chlorgasschlauch erneut angeschlossen und gechlort. Nun kann zusätzlich die Farbzehrung im Becken unter der Zugabe von Chlor beobachtet werden.

Auswertung

Es gibt natürlich verschiedene Möglichkeiten, die gewonnenen Ergebnisse einer solchen Strömungsfärbung zu deuten. Hier möchte ich die Art der zweidimensionalen Auswertung vorstellen die in meiner Arbeit vorgenommen wurde. Bild für Bild wurde hier die Veränderung der Strömung in einem CAD-Programm skizziert. Dabei wurde aus jeweils zwei aufeinanderfolgenden Zeichnungen eine Strömungsrichtung gefolgert und mit einem Pfeil symbolisiert.

Wie zu erkennen ist, schiebt die Strömung den Farbstoff auf beiden Seiten gegen die Beckenwandungen. Von dort aus bewegt er sich in Richtung der Beckenmitte. An drei Punkten verlässt er die Strömung, die Wandbereiche und orientiert sich in das Becken. Dadurch entstanden zuletzt drei undurchströmte Löcher, die erst nach 30 Minuten durch Farbmittel beaufschlagt wurden. Und auch wenn diese Teile nach einer halben Stunde Vollfärbung erhalten, geschieht dies alleinig durch die natürliche Molekularbewegung im Wasser. Eine direkte Strömung, die die Schmutzpartikel entfernt, ist nicht vorhanden.

Fazit

Obwohl Desinfektion, Filterung und Frischwasserzufuhr im vorhandenen Beispiel einwandfrei arbeiteten, konnte die allgemeine Beckenhygiene alleinig durch die mangelnde Strömungsführung nicht mehr gewährleistet werden. Darum sollten bei der nachträglichen Begutachtung eines Schwimmbades nicht nur die technischen Komponenten überprüft werden, sondern auch das Verhalten des Desinfektionsmittels im Becken.  


*) Dipl.-Ing. Joachim Jutz, Ingenieurbüro PEG GmbH in Gilching/München


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