IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 21/2001, Seite 40 ff


HEIZUNGSTECHNIK


Heizungs- und Lüftungstechnik in Passivhäusern

Ergebnisse aus dem europäischen Demonstrationsprojekt CEPHEUS

Rainer Pfluger, Dr. Wolfgang Feist*  Teil 2

Im ersten Teil der Artikelserie wurde bereits auf die allgemeinen Grundlagen zur Luftführung in Passivhäusern eingegangen, wie beispielsweise die Minimierung des Druckverlustes durch möglichst einfache Kanalnetze oder die Vermeidung von Kurzschlussströmungen. Der nachfolgende zweite Teil beschreibt die Zuluftheizung im Passivhaus.

Im Rahmen des europäischen Demonstrationsprojektes CEPHEUS wurden insgesamt 14 Projekte geplant, errichtet und wissenschaftlich begleitet, davon waren 11 mit Zuluftheizung ausgestattet (zwei Einfamilien-, fünf Reihenhaus- und vier Geschosswohnungsbauprojekte). Bis auf zwei Projekte werden die Wohnungen vollständig über die Zuluft beheizt, d.h. die statischen Heizkörper und das entsprechende Wärmeverteilnetz konnte in den Wohnräumen vollständig entfallen, lediglich im Bad wurde häufig noch ein kleiner Radiator (Handtuchwärmer) mit kurzen Leitungswegen an die hydraulische Wärmeverteilung angeschlossen. Die Wärmeverteilung konnte ansonsten vom ohnehin vorhandenen Zuluftverteilnetz gleich mit übernommen werden - das spart Investitionskosten und Wohnraum. Als Zuluft wird allein Außenluft verwendet - es gibt keinen Umluftanteil.

Bild 1: Messwerte der Heizlasten. Beispiel aus dem CEPHEUS-Projekt Hannover Kronsberg. Im Diagramm ist ferner die theoretische Heizgerade eingetragen, die die Heizleistung beschreibt, die dem Haus bei Vernachlässigung solarer Gewinne zugeführt werden müsste. Erwartungsgemäß sind die tatsächlichen Heizleistungen geringer - und bis auf einen Ausreißer kleiner als 8 W/m².

Heizlastkriterium: 10 W/m²

Wichtige Voraussetzung dafür, dass die Heizwärme vollständig mit der Zuluft (und ohne Umluft) zugeführt werden kann, ist die Begrenzung der Heizlast durch den Wärmeschutz des Gebäudes. Um Staubverschwelung zu vermeiden, sollte die Oberflächentemperatur im Nacherhitzer an keiner Stelle über 55°C liegen. Dadurch wird die maximale Lufttemperatur auf etwa 50°C und die maximal verfügbare Heizleistung auf 10 W/m² begrenzt (Annahme: Luftvolumenstrom 1 m³/(h m²)). Dass derart geringe Heizlasten in der Praxis schon in der ersten Heizperiode grundsätzlich unterschritten wurden, zeigen die Messungen aus dem CEPHEUS-Projekt [Schnieders 2001].

Bild 2: Strangschema der Lüftungsanlage mit Zuluftheizung in der Passivhaus-Siedlung in Hannover.

Systeme der Nachheizung

Im Einfamilien- und Reihenhaus kann die Nachheizung der Zuluft mit einem Heizregister (Wasser/Luft-Wärmeübertrager) mit einer Leistung von ca. 1,5 kW im Zuluftvolumenstrom realisiert werden. Bild 2 zeigt das Strangschema der Lüftungsanlage in einem Reihenhaus der Passivhaus-Siedlung in Hannover (32 Wohneinheiten). Nach dem Austritt der Zuluft aus dem Wärmerückgewinnungsgerät (WT) ist ein zentrales Heizregister (Bild 3, maximale Leistung 1,1 kW) für die gesamte Wohneinheit angeordnet. Die Zuluftkanäle wurden in diesem Fall mit einer Wärmedämmung versehen, damit die Wärmeabgabe in möglichst hohem Umfang in den Wohnräumen erfolgt.

Bild 3: Heizregister für die Zuluftnacherwärmung (noch ungedämmt).

Es handelt sich dabei um eine dezentrale Anlage, weil jede Wohneinheit über einen eigenen Wärmeübertrager verfügt. Die Nacherwärmung der Zuluft erfolgt mit einem Heizregister für alle Räume. Nach dem gleichen Verfahren können auch Lüftungsanlagen im Geschosswohnungsbau realisiert werden. Jede Wohneinheit wird dabei mit einem Wärmeübertrager und einem eigenen Nachheizregister ausgestattet (Bild 4). Da sich dieses Konzept bereits bei zahlreichen Einfamilien- und Reihenhausprojekten bewährt hat, wurde es im CEPHEUS-Projekt bei fünf von sieben Geschosswohnungsbauten eingesetzt.

Bild 4: Dezentrale (links) und semizentrale (rechts) Lüftungsanlage, Geschosswohnungsbau (Nachheizregister jeweils dezentral).

Im Projekt Kassel-Marbachshöhe wurden dagegen sogenannte semizentrale Anlagen realisiert, d.h. die Luft/Luft-Wärmeübertrager wurden zentral für bis zu acht Wohneinheiten auf dem Dach des Gebäudes angeordnet, Ventilatoren und Nachheizregister aber dezentral in den Installationsschächten der einzelnen Wohneinheiten [Otte 2000]. Um den individuellen Raumlufttemperaturwünschen der Nutzer nachkommen zu können, müssen diese Heizregister mit wohnungsweisen Thermostaten geregelt werden. Ein zentrales Nachheizregister für alle Wohnungen ist daher nicht ausreichend. Ebenso wie das Kanalnetz und die Schalldämpfer können die dezentralen Komponenten platzsparend hinter der Vorwandinstallation bzw. dem Installationsschacht untergebracht werden (Bild 5). Mit kurzen Leitungswegen wurde zusätzlich ein Badheizkörper angeschlossen. Vom Haustechniker wurden darüber hinaus zur Sicherheit in jeder Wohneinheit Blindstutzen vorgesehen, an die im Falle nicht ausreichender Heizleistung mit geringem Aufwand nachträglich Heizkörper hätten montiert werden können. Diese Maßnahme war jedoch in keiner der 40 Wohneinheiten in Kassel-Marbachshöhe erforderlich.

Bild 5: Dezentrale Komponenten der semizentralen Wohnungslüftungsanlage in Kassel Marbachshöhe.

Restheizung im Passivhaus - so einfach wie möglich

Zusammenfassend kann aufgrund der Erfahrungen im CEPHEUS-Projekt festgestellt werden, dass sich die Zuluftheizung im Passivhaus bei zahlreichen Projekten sowohl im Einfamilien- und Reihenhausbereich als auch im Geschosswohnungsbau bewährt hat und durch geringeren Aufwand für das Wärmeverteilnetz zu Investitionskosteneinsparungen führt. Komplexe Regelungen sind nicht erforderlich, eine einfache Konstanttemperaturregelung (PI-Regelung) mit nur einem Raumtemperatursensor im Kern der Wohneinheit als Führungsgröße erwies sich als ausreichend. Zusätzliche Heizkörper mit Ausnahme eines Handtuchwärmers im Bad werden nicht benötigt, wenn die maximale Heizlast auf 10 W/m² begrenzt werden kann. Fortsetzung folgt 

 


*) Rainer Pfluger, Dr. Wolfgang Feist, Passivhaus Institut Darmstadt; www.passiv.de


L i t e r a t u r :

[Schnieders 2001]
Schnieders, J., Feist, W., Pfluger, R., Kah, O.:
CEPHEUS - Wissenschaftliche Begleitung und Auswertung - Endbericht; Projektinformation Nr. 22, Passivhaus Institut, Darmstadt 2001, gefördert durch die Europäische Kommission und das Hessische Umweltministerium

[Otte 2000]
Blume, D., Ludwig, S., Otte, J.:
Anforderungen an kostengünstige passivhausgeeignete MFH-Lüftungsanlagen und Überprüfung am Pilotprojekt. Teil 3 des Abschlussberichtes "Das kostengünstige mehrgeschossige Passivhaus in verdichteter Bauweise", gefördert durch das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Bonn 2000


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